Im öffentlichen Recht gehören Klausuraufgaben zu § 80 Abs. 5 VwGO zum absoluten Standardrepertoire der Prüfungsämter. In Drittschutz-Situationen (insbesondere Nachbarstreitigkeiten im Baurecht) richtet sich der Eilrechtsschutz nach § 80 a Abs. 3 VwGO. Klausuren aus diesem Bereich sind sicher vergleichsweise seltener anzutreffen. Auch insoweit sollten die Grundlagen aber beherrscht werden, um Überraschungen zu vermeiden. Auf juraexamen.info findet Ihr bereits Lernbeiträge zu § 80 Abs. 5 VwGO (hier) und § 80 a Abs. 3 VwGO (hier).
Der heutige Beitrag befasst sich nun mit einem Spezialproblem des verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes, nämlich der formell rechtswidrigen Anordnung der sofortigen Vollziehung („Vollziehungsanordnung„) und ihrer Behandlung in der Examensklausur.
I. Regelungshintergrund
1. Wegfall der aufschiebenden Wirkung nach Maßgabe des § 80 Abs. 2 VwGO
Zum Einstieg nochmal ein Blick auf den Regelungshintergrund des § 80 VwGO: Widerspruch und Anfechtungsklage gegen belastende Verwaltungsakte haben aufschiebende Wirkung. Das folgt aus § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Macht der Betroffene von einem dieser Rechtsbehelfe Gebrauch, benötigt er deshalb grundsätzlich keinen besonderen Vollziehungsschutz (es sei denn, die Behörde gibt zu erkennen, dass sie die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs nicht beachten wird, dann kann § 80 Abs. 5 VwGO ebenfalls zur Anwendung gelangen). Diesen braucht er nur, wenn die aufschiebende Wirkung ausnahmsweise nach Maßgabe des § 80 Abs. 2 VwGO entfällt. Die Tatbestände in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1-3 VwGO betreffen jeweils Situationen, in denen dies von Gesetztes wegen der Fall ist (siehe zu den einzelnen Fallgruppen hier). Wichtigster und zugleich klausurrelevantester Fall ist aber § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Danach entfällt die aufschiebende Wirkung
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Will die Behörde von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, muss sie die Vollziehungsanordnung regelmäßig nach Maßgabe des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründen:
In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen.
Eine (praktisch kaum relevante) Ausnahme gilt für Notstandsmaßnahmen (§ 80 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
2. Anforderungen an die Begründung in Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO
Das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist formelle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung der Vollziehungsanordnung und hat primär zwei Funktionen.
a) Warnfunktion
Bei der Vollziehungsanordnung handelt es sich ausweislich der gesetzlichen Regel des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung!) um eine Ausnahme. Die Bejahung einer solchen Ausnahme setzt das Vorliegen besonderer Umstände voraus (sonst wäre sie die Regel). Ob solche besonderen, die sofortige Vollziehung rechtfertigenden Gründe vorliegen, soll die Behöre in jedem Einzelfall sorgfältig überprüfen. Sie dazu anzuhalten, ist die erste Funktion des Begründungserfordernisses.
b) Hinweisfunktion
Daneben soll die Begründung den Betroffenen über die Erwägungen, die der Entscheidung zugrundeliegen, unterrichten und ihn so in die Lage versetzen, die Erfolgsaussichten eines Aussetzungsantrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO abschätzen zu können.
c) deshalb: Erfordernis einer Einzelfallbegründung
Diesen beiden Funktionen wird die Behörde nur gerecht, wenn sie eine auf den konkreten Einzelfall bezogene Begründung liefert. Formelhafte, also für beliebige Fallgestaltungen passenden Wendungen, formblattmäßige oder pauschale Argumentationsmuster und die bloße Wiederholung des Gesetzestextes oder der Gesetzesbegründung genügen den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO vor diesem Hintergrund nicht (siehe dazu etwa Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 24. Ergänzungslieferung 2012, § 80 Rn. 247). Ob eine gegebene Begründung auch materiell (inhaltlich) zutreffend ist, spielt für § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO freilich keine Rolle.
In diesem Sinne äußert sich etwa der VGH Mannheim in einem Beschluss vom 21. 1. 2010 – 10 S 2391/09:
Der sich aus dieser Vorschrift ergebende Begründungszwang dient dem Zweck, die Behörde zu veranlassen, sich des Ausnahmecharakters der Vollzugsanordnung bewusst zu werden, und die Frage, ob das öffentliche Interesse die sofortige Vollziehung erfordert, sorgfältig zu prüfen und dem Betroffenen sowie gegebenenfalls dem Gericht die für die Vollzugsanordnung maßgeblichen Gründe zur Kenntnis zu bringen. Dementsprechend muss aus der Begründung hinreichend nachvollziehbar hervorgehen, welche besonderen Gründe die Behörde im konkreten Fall dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen und dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung den Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Betroffenen einzuräumen.
II. Die Klausursituation
In einer Klausur wird man nicht selten Zweifel an der ordnungsgemäßen Begründung einer Vollziehungsanordnung haben (dies gilt natürlich erst recht, wenn der Betroffenen dies schriftsätzlich rügt). So könnte etwa die sofortige Vollziehung einer straßenrechtlichen Beseitigungsverfügung (wegen fehlender Sondernutzungserlaubnis) wie folgt begründet werden:
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist im öffentlichen Interesse geboten. Anders kann nämlich die ordnende Kraft des formellen Straßenrechts nicht durchgesetzt werden. Bleibt ein potentieller Sondernutzer nicht ausschließlich auf die Möglichkeit verwiesen, sich unter Ausnutzung der gegebenen Rechtsbehelfe zunächst um die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu bemühen, würde dies einen allgemeinen Anreiz zur Missachtung des formellen Straßenrechts bieten und demjenigen, der sich über das formelle Straßenrecht hinwegsetzt, gegenüber dem Gesetzestreuen, nicht zuletzt auch wegen der unabsehbaren Dauer eines Widerspruchs- und Verwaltungsstreitverfahrens, einen erheblichen, ungerechtfertigten Vorteil einräumen. Diese schlechthin unerträgliche Benachteiligung des Gesetzestreuen kann nur durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsverfügung vermieden werden. Andernfalls könnte auch der mit der Beseitigungsverfügung bezweckte Effekt der Vermeidung des Eintritts der Störung der öffentlichen Sicherheit durch Einschreiten bereits im Stadium ihrer Gefährdung nicht erreicht werden.
Eine solche Begründug ist zwar umfangreich und klingt auch sehr plausibel. Bezüge zum konkreten Einzelfall zeigt sie aber nicht. Vielmehr ließe sich diese Begründung wohl für nahezu alle Fälle einer nicht erlaubten Sondernutzung heranziehen. Würde sie aber den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO bereits genügen, so drängte sich unweigerlich die Frage auf, wieso der Gesetzgeber straßenrechtliche Beseitigungsverfügungen nicht generell (d.h.) von Gesetzes wegen für sofort vollziehbar erklärt hat. Das Instrumentarium dazu bietet § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO. Ähnliche (und auch noch viel knappere) Begründungen sind in vielen Klausuren zu § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anzutreffen.
III. Der klausurtaktisch richtige Ansatz
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO) ist bereits begründet, wenn die Vollziehungsanordnung formell rechtswidrig ist. Einer Sachprüfung in Form der im Eilrechtsschutz typischerweise vorzunehmenden Interessenabwägung (Suspensivinteresse vs. Vollzugsinteresse) bedarf es nicht.
Nie wird aber einem Klausurersteller daran gelegen sein, den Fall mit der Feststellung der formell rechtwidrigen Vollziehungsanordnung zu beenden. Dies kommt regelmäßig schon dadurch zum Ausdruck, dass nach dem Bearbeitervermerk sämtliche rechtlichen Probleme notfalls hilfsgutachterlich zu würdigen sind. Ein Hilfsgutachten entspricht aber so gut wie nie der Musterlösung. Man sollte sich also an dieser Stelle fragen, wie der Fall elegant ohne Hilfsgutachten gelöst werden kann.
1. Annahme einer formell rechtmäßigen Begründung
Gangbar ist zunächst folgender Weg: Bei der Prüfung des § 80 Abs. 3 VwGO (also vor der materiellen Interessenabwägung) spricht man das Problem unter Hinweis auf die Funktionen des Begründungserfordernisses an (s.o.) und arbeitet heraus, dass insoweit erhebliche Bedenken bestehen. Als nächstes müsste man dann mit folgenden Erwägungen argumentieren, dass die Begründung im vorliegenden Fall ausnahmsweise noch den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügt:
In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann das besondere Vollzugsinteresse mit dem der betreffenden Vorschrift allgemein innewohnenden Vollzugsinteresse zusammenfallen. Andernfalls würde die Vollziehbarkeit letztlich von der zufälligen weiteren oder engeren Fassung der Eingriffsermächtigung abhängen und wäre die Vollziehung gerade in Fällen ausgeschlossen, in denen der Gesetzgeber aus rechtsstaatlichen Gründen Erwägungen besonders enge Eingriffsvoraussetzungen festgelegt hat.
Bei den in Rede stehenden Ermächtigungsgrundlagen (typischerweise aus dem Bereich des Sondergefahrensabwehrrechts) wird ein solcher Fall vorliegen oder dessen Annahme zumindest gut vertretbar sein. Hier ist dann natürlich Argumentation an der entsprechenden Norm erforderlich. Im Straßenrecht könnte man beispielsweise argumentieren, dass insoweit straßenrechtlich relevante Gefahren (= erlaubnispflichtige Sondernutzung) im öffentlichen Straßenraum sehr kurzfrsitig auftreten können, weshalb eine schnelle und flexible Reaktion der Behörde, anders als etwa im Gaststättenrecht, regelmäßig erforderlich ist.
Wie bereits gesagt, ist eine solche Argumentation unter Hinweis auf den Wortlaut und die Systematik des Gesetzes (Regelfall ist gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung) problematisch. Sofern die Behörde aber, wie im hier gegebenen Beispiel (wenn auch abstrakt), dargelgt hat, weshalb regelmäßig die sofortige Vollziehung (hier im Straßenrecht) erforderlich ist, sollte sie aber auf jeden Fall vertretbar sein. Die Rechtsprechung macht es zudem auch so.
Im Anschluss an die Prüfung des § 80 Abs. 3 VwGO kommt man dann wie gewohnt zur Interessenabwägung.
2. Vorgehen bei Annahme einer nicht ordnungsgemäß begründeten Vollziehungsanordnung
Kommt man nicht um die Annahme einer fehlerhaften Begründung herum, etwa weil die Behörde einfach pauschal auf das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung von (z.B.) Beseitigungsverfügungen verweist und/oder die Klausur dem Sachverhalt nach erkennbar darauf angelegt ist, sollte man trotzdem eine Prüfung in der Sache (Interesenabwägung) vornehmen. Ein solches Vorgehen ist möglich, muss aber begründet werden.
a) zur gutachterlichen Lösung
Dass eine materielle Prüfung trotz (schon) formell rechtswidriger Begründung interessengerecht sein dürfte, zeigt folgende Überlegung: Hat der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung Erfolg, weil das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt, lautet der Hauptsachetenor des Beschlusses:
Die aufschiebende Wirkung des [Rechtsbehelfs] des Antragstellers gegen die [(z.B.) Beseitigungsanordnung] [des Antragsgegners] vom [Datum] wird wiederhergestellt.
An einer erneuten Anordnung der sofortigen Vollziehung ist die Behörde wegen der Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung grds. gehindert. Sie kann allenfalls einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO stellen (der aber nur begründet ist, wenn ein Abänderungsgrund vorliegt, was selten der Fall sein wird). Vor diesem Hintergund erscheint die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung allein aus formellen Gründen (fehlerhafte Begründung) nicht sachgerecht.
Die Rechtsprechung (Nachweise bei Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 24. Ergänzungslieferung 2012, § 80 Rn. 442) billigt deshalb der Behörde mit unterschiedlicher Begründung die Möglichkeit zu, trotz der Begründetheit des Eilantrags umgehend eine neue ordnungsgemäße Vollziehungsanordnung zu erlassen. Dies gelingt entweder, indem nicht die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ausgesprochen, sondern nur die Vollziehungsanordnung aufgehoben wird. Der Hauptsachetenor lautet dann:
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung [(z.B.) der Beseitigungsanordnung] [des Antragsgegners] vom [Datum] wird aufgehoben.
Vertreten wird aber auch, dass die Bindungswirkung der die aufschiebende Wirkung wiederherstellenden Entscheidung nur soweit reicht, wie das Gericht auch eine Interessenabwägung in der Sache vorgenommen hat. Nach dieser Ansicht ist die Behörde gerade nicht auf den Weg des § 80 Abs. 7 VwGO verwiesen, wenn der Antrag nur aus formellen Gründen Erfolg gehabt hat.
Exemplarisch dazu etwa VGH München, NVwZ-RR 1997, 445, 446:
In der Rechtsprechung besteht keine Einigkeit, wie im Verfahren nach § 80 Absatz V 1 VwGO zu tenorieren ist, wenn die behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehung den Anforderungen des § 80 Absatz III VwGO nicht entspricht. Zum Teil wird – gegen den Wortlaut des § 80 Absatz V 1 VwGO (s. dazu Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz in Verwaltungsstreitverfahren, 3. Aufl., Rdnr. 687) – die Anordnung der sofortigen Vollziehung aufgehoben, um deutlich zu machen, daß es der Verwaltungsbehörde nicht verwehrt ist, eine erneute Anordnung mit tragfähiger Begründung zu erlassen (vgl. VGH München, BayVBl 1985, BAYVBL Jahr 1985 Seite 535; VGH Mannheim, DVBl 1976, DVBL Jahr 1976 Seite 948; OVG Lüneburg, NJW 1969, NJW Jahr 1969 Seite 478; Kopp, VwGO, 10. Aufl., § 80 Rdnr. 74). Zum Teil wird auch in diesem Fall die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt, wobei sich aus den Gründen ergibt, daß die Verwaltungsbehörde nicht an einer erneuten Anordnung gehindert ist (vgl. OVG Magdeburg, DÖV 1994, DÖV Jahr 1994 Seite 352; VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, NVWZ-RR Jahr 1989 Seite 627; Redeker/v. Oertzen, VwGO, 10. Aufl., § 80 Rdnr. 27a). Gleichwohl bleibt festzuhalten, daß unabhängig vom gewählten Tenor mit dem Entfall der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache eingelegte Rechtsbehelf die aufschiebende Wirkung nach § 80 Absatz I VwGO (erneut oder erstmals) auslöst, ohne daß die Behörde gehindert ist, eine erneute Anordnung zu erlassen (anders insoweit nur OVG Bremen, DVBl 1980, DVBL Jahr 1980 Seite 420).
Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass dem Bürger nicht an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung allein aus formellen Gründen gelegen sein kann, da der daraus gewonnene Vorteil für ihn voraussichlich von kurzer Dauer ist. In einer Klausur, in der man von der Fehlerhaftigkeit der Begründung überzeugt ist, sollte man also mit den dargelegten Argumenten im Anschluss eine materielle Prüfung anhand des gewohnten Maßstabs (insb. Erfolgsaussichten der Haupsache) vornehmen. Denn nur eine solche kann letztlich zu einer dem Rechtsschutzinteresses des Bürgers ensprechenden Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (aus materiellen Gründen) führen. Auch dazu exemplarisch der VGH München, aaO:
Im Gegensatz dazu ist aber die Behörde – abgesehen von Änderungen des Verwaltungsakts, mit denen insbesondere gerichtlichen Beanstandungen im Rahmen der Entscheidung nach § 80 Absatz V 1 VwGO Rechnung getragen wird – zu einem Antrag nach § 80 Absatz VII VwGO verpflichtet, wenn das VG in seiner Entscheidung nach § 80 Absatz V 1 VwGO eigenständig die widerstreitenden Interessen abgewogen hat (vgl. Kopp, VwGO, § VWGO § 80 Rdnrn. 85ff.).
Dieser Weg ist jedenfalls im Gutachten (erstes Examen) gangbar und demonstriert einen sicheren Umgang mit der prozessualen Situation.
b) die Situtaion in der Beschlussklausur
Schwieriger ist die Situtation, wenn man im zweiten Examen eine Entscheidung (Beschluss) entwerfen muss. Auch im verwaltungsgerichtlichen Urteil sind nämlich lediglich die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO, dies gilt über den Wortlaut des § 122 Abs. 1 VwGO hinaus auch für Beschlüsse). Will man im Ergebnis ein überwiegendes Suspensivinteresse annehmen, kann man die formelle Rechtmäßigkeit der Vollziehungsanordnung mit dem Verweis auf das weitergehende Rechtsschutzinteresse des Betroffenen offenlassen. Überwiegt nach der materiellen Prüfung dagegen das Vollzugsinteresse der Behörde (weil der Verwaltungsakt rechtmäßig ist und ein besonderes Vollzugsinteresse besteht), ist der Antrag bei formell rechtswidriger Begründung nach dem oben Gesagten aber gleichwohl begründet. Da allein die formelle Rechtswidrigkeit für die Entscheidung tragend ist, dürfte man im Beschluss streng genommen nun gar nicht auf die materielle Interessenabwägung eingehen. Dies kann indessen klausurtaktisch nicht gewollt sein (s.o.). Man ist gut beraten, einen anderen Weg zu finden. Dieser kann aber nur darin bestehen, mit den oben genannten Argumenten der Begründung der Vollziehungsanordnung zur Rechtmäßigkeit zu verhelfen. Eine Beschlussklausur mit formell rechtswidriger Vollziehungsanordnung und ohne Hilfsgutachten kann es also eigentlich gar nicht geben.