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Schlagwortarchiv für: Dienstvertrag

Gastautor

Abnehmen (doch nicht so) leicht gemacht: Was ist ein Behandlungsvertrag nach § 630a BGB?

Arztrecht, Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Wir freuen uns, einen Beitrag von Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard) zu einer aktuellen Entscheidung des AG Frankfurt a.M. veröffentlichen zu können. Der Autor ist Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit in Bonn.
 
Die Inserate in Internet und Illustrierten versprechen zuweilen viel: „Fett weg: 10 Kilo in 4 Wochen“. Man muss nur den ein oder anderen Shake trinken und sonst möglichst wenig zu sich nehmen, und schon klappt es. Das alles für einen stolzen Preis, aber dafür sind dann auch die Pfunde weg.
Manchmal – vielleicht oft – klappt das aber nicht. Und so einen Fall entschiede das Amtsgericht Frankfurt a. M., Urt. v. 22.03.2019, Az.: 31 C 2664/18 (23). Wegen Schlechtleistung wollte die Dickgebliebene die zweite Rate von 1.390 Euro nicht zahlen, die fällig war für eine vierwöchige Gewichtsabnahmeberatung, die eine regelmäßige Diätkontrolle unter Gabe von homöopathischen Mitteln (Shakes) umfasste.
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat (auf knappen zwei Seiten Entscheidungsgründen) entschieden, dass durch die Annahme des Angebots zu einer Gewichtsabnahmetherapie im konkreten Fall aber kein Behandlungs-, sondern (lediglich) ein Dienstleistungsvertrag zustande gekommen sei. Gegenstand des geschlossenen Vertrages sei im konkreten Fall keine „medizinische Behandlung“ i.S.v. § 630a BGB gewesen, da weder die abstrakte Feststellung von Übergewicht an sich eine fachliche Qualifikation erfordere, noch ein individuelles Beschwerde- oder Leidensbild der Beklagten einer heilkundigen oder ernährungsberatenden Behandlung unterzogen worden sei. Bei dem damit vorliegenden Dienstleistungsvertrag sehe das Gesetz den Einwand der Schlechtleistung nicht vor (wie übrigens auch beim Behandlungsvertrag, s. § 630b BGB).
Was hätte die Beklagte machen können, um Ihren Einwand, sie sei dick geblieben, auch juristisch fruchtbar zu machen? Das Gericht weist auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen (§§ 280, 241 BGB) hin, die die Beklagte aber im Rechtstreit nicht im Wege der Aufrechnung einbrachte. Der Hinweis der Beklagten, der Vertrag sei sittenwidrig und deshalb nichtig, verfing ebenso nicht. Das mag alles reichlich teuer gewesen sein – man mag also ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung bejahen. Das allein reicht aber nicht. Man kann auch teuer kaufen, wenn man das eben will und keine rechtserhebliche Trübung des Wilens vorliegt. Die bloße laesio enormis reicht nicht. Die Anwendung von § 138 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass in subjektiver Hinsicht der Wucherer (hier: die Klägerin) eines der dort genannten Defizite, also eine Zwangslage, Unerfahrenheit, mangelndes Urteilsvermögen oder erhebliche Willensschwächen bei seinem Vertragspartner ausbeutet. Das muss vorgetragen und ggf. nachgewiesen werden, und das war vorliegend nicht der Fall.
Bleibt die Anfechtung. War die möglich, etwa wegen Täuschung durch allzu vollmundige Versprechungen? Das  Gericht sagt nein und betont, dass eine „erfolgreiche Anfechtung wegen arglistiger Täuschung neben einer objektiven Täuschungshandlung im Sinne einer Erregung, Verstärkung oder Unterhaltung eines Irrtums, der für die Willenserklärung des Getäuschten kausal werden muss, in subjektiver Hinsicht eine Arglist des Täuschenden – bzw. eines Dritten im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB – voraus[setzt]. Arglist liegt vor bei bewusst unwahren Angaben oder Verschweigen von Tatsachen, aber auch bei Angaben „ins Blaue hinein“, bei denen der Täuschende damit rechnet, dass sie falsch sein können. Die Beklagte hat indes nichts vorgetragen, was die konkrete Annahme eines solchen der Klägerin zurechenbaren Verhaltens rechtfertigen würde.“
Alles in allem also einige Rechtfragen, die auch im mündlichen Examen geprüft werden könnten, vor allem in Hessen, denn da hat die Justiz diese Entscheidung zum Urteil des Monats April gekürt. Zum Nachlesen siehe hier.

07.05.2020/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2020-05-07 09:00:322020-05-07 09:00:32Abnehmen (doch nicht so) leicht gemacht: Was ist ein Behandlungsvertrag nach § 630a BGB?
Redaktion

Simulation mündliche Prüfung: Privatier P hält die Ohren steif – Zur analogen Anwendung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage

BGH-Klassiker, Examensvorbereitung, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht

Die Simulation ist einer brandaktuellen Entscheidung des BGH nachgebildet. Das Gericht äußert sich zu grundlegenden Fragen des allgemeinen Schuldrechts und nimmt darüber hinaus erstmalig zu einem neuen, bislang wenig Beachtung gefundenen Vertragstypus Stellung. Die Entscheidung ist bereits deshalb besonders examensrelevant und kann nicht nur Gegenstand einer mündlichen Prüfung, sondern auch universitärer Klausuren sein. Ein vertiefter Blick in das Urteil ist deshalb dringend geboten.  
 
Prüfer:  Willkommen zur Prüfung im Zivilrecht. Lassen Sie mich einen Fall referieren, der mir neulich zu Ohren kam. Die Entscheidung ist einem Fall des XIII. Senats des BGH v. 01.04.2019 (Az. 70 PSG 200) nachgebildet. Der Fall ist recht umfangreich, also spitzen Sie die Ohren:
Der dauerhaft in Berlin lebende, vom Hals abwärts gelähmte französische Staatsbürger P sowie sein senegalesisch-stämmiger Pfleger D beschließen, sich nach einem anstrengenden Arbeitstag eine kleine Belohnung zu genehmigen. Pfleger D beschafft dazu – neben mehreren Marihuana-Zigaretten (sog. „Johnys“) – zwei mit den thailändischen Massagekünsten bestens vertraute Prosituierte (B und J), die dem D aus älteren „Geschäftsbeziehungen“ bereits hinlänglich bekannt sind. Gegen 21:30h treffen B und J am prunkvollen Anwesen des P ein.
P und D konsumieren über den Abend verteilt mehrere „Blunts“, wobei zunächst D den Löwenanteil der Rauchwaren verputzt. Während P wie gewohnt in seinem Rollstuhl sitzt, lässt sich D auf einem barocken Ohrensessel neben D nieder. Sodann positionieren sich B und J hinter D und P. Während D sich unverzüglich seines Oberteils entledigt, beschließt P, sich das Oberhemd nur ein wenig aufknöpfen zu lassen. B und J beginnen, P und D zu massieren. D nutzt dabei die Gelegenheit, und zündet eine weitere „Kräuterrakete“ an. Entsprechend seinen Wünschen massiert B den D von Kopf bis zu seiner stählernen Brust. P bevorzugt es hingegen, die Massageeinheit auf seine besonders empfindlichen Ohrläppchen zu beschränken. Als J beginnt, ihre Hände von den Ohrläppchen des P an dessen Körper herabgleiten zulassen, interveniert D energisch: „Nein, nein, nein, bleib schön am Ohr. Das mag er.“ – während er P eine frische „Tüte“ anreicht. J kommt diesem Wunsch nach.
Aufgrund des durch die hohe Anzahl an „Doobys“ ausgelösten Rausches, schläft der Gelegenheitsstoner P nach achtminütiger Massageeinheit unvermittelt ein. J stellt daraufhin die Arbeit ein, steckt das auf dem Couchtisch des P platzierte Entgelt in Höhe von 150 € ein und verlässt das Anwesen des P. D – der mittlerweile zusammen mit B den Raum gewechselt hat – bekommt von alldem nichts mehr mit.
P verlangt von J nun anteilige Rückzahlung des bereits gezahlten Entgelts in Höhe von 50 €: Die Leistung sei nicht vollständig erbracht worden. Seine Ohren seien nicht bis zur endgültigen Befriedigung gekrault worden – nicht mal ein leichtes, frohlockendes Zucken seiner Ohrläppchen habe er verspüren können. Auch sei die Dauer von lediglich acht Minuten nicht angemessen, ein derart hohes Entgelt zu rechtfertigen.
J entgegnet, sie habe ausreichend lange „an den Löffeln herumgefummelt“. Dass ihre Leistung durchaus zufriedenstellend war, könne man daran erkennen, dass P bereits nach kurzer Zeit in das Land der Träume versunken sei. Gewährleistungsansprüche bestünden bereits gar nicht. Hilfsweise rechnet sie mit einem Schadensersatzanspruch auf: Durch die für sie ungewohnte Tätigkeit habe sie sich eine Sehnenscheitentzündung zugezogen, sie habe dadurch einen mehrnächtigen Arbeitsausfall erlitten.
Herr Wenneck, haben Sie den Fall verstanden? Dann lassen Sie uns mal an Ihren Gedanken teilhaben: Was für ein Vertrag kommt hier in Betracht?
Herr Wenneck: Also, es kommt ein Geschäftsbesorgungsvertrag in Betracht…
Prüfer: Sie wollen mich wohl übers Ohr hauen! Sie haben da etwas grundlegend falsch verstanden. Frau Garner, was sagen Sie dazu?
Frau Garner: Der Vertragstypus ist anhand des Parteiwillens zu bestimmen. Zu fragen ist also, was die Parteien hier vereinbart haben. Ich würde zwischen einem Dienstvertrag nach §§ 611 ff. BGB und einem Werkvertrag nach den §§ 631 ff. BGB differenzieren. Beim Dienstvertrag ist lediglich ein Tätigwerden geschuldet, während beim Werkvertrag ein bestimmter Erfolg herbeigeführt werden muss.
Prüfer: Da werde ich hellhörig. Überlegen Sie doch einmal, in welchem Gewerbe die Damen normalerweise tätig sind. Wäre das auch hier zu berücksichtigen, Herr Carlos?
Herr Carlos:  Es ließe sich natürlich auch über einen Prostitutionsvertrag nachdenken. Der Prostitutionsvertrag ist in Deutschland ein lediglich einseitig verpflichtender Vertrag, d.h. nur der Freier wird verpflichtet die Gegenleistung, also die Bezahlung, zu leisten, während die Erbringung der sexuellen Leistung vom freien Willen der Prostituierten abhängt.
Prüfer: Sehr richtig. Und wie wäre es in unserem Fall?
Herr Carlos: Hier stellt sich natürlich die Frage, ob es sich überhaupt um eine sexuelle Leistung handelt. Denn selbstverständlich kann eine Prosituierte auch andere Verträge schließen: Wenn ich zu einer Prosituierten gehe und von ihr verlange, dass sie mir nur für ein paar Minuten ein Ohr leiht, dann ist das mit Nichten ein Prostitutionsvertrag.
In unserem Fall ist meiner Meinung nach ein Prostitutionsvertrag abzulehnen. Das reine Kraulen an den Ohren stellt keine sexuelle Leistung dar. Es ist eine Leistung, die von der überwiegenden Mehrzahl der Bürger nicht in einem sexuellen Kontext gesehen wird. Denn auch die handelsübliche Thai-Massage fällt nicht in den Rahmen des Prostitutionsschutzgesetzes – und diese ist meines Erachtens doch intimer als ein bloßes Streicheln der Ohrläppchen.
Prüfer: In der Tat! Man merkt, Sie wissen wovon Sie reden. Kommen wir nochmal auf unsere Ausgangsfrage zurück: Werk- oder Dienstvertrag? Mr. Chow, Sie haben sich bislang noch sehr bedeckt gehalten. Lassen Sie mal die Katze aus dem Sack!
Mr. Chow: Ich will sofort mein Handtäschchen wieder!
Prüfer: Wie bitte?
Mr. Chow: Gebt mir sofort mein Handtäschchen wieder!
Prüfer: Ich ziehe ihnen gleich das Fell über die Ohren. Herr Wenneck, können Sie uns hier weiterhelfen?
Herr Wenneck: Entscheidend ist, was Frau J schuldet. Mit Blick auf einen Werkvertrag ist bereits fraglich, welcher Erfolg von J überhaupt zu erbringen wäre. Das Ohrkraulen „an sich“ ist jedenfalls kein Erfolg. Es müsste vielmehr ein hierüber hinausgehender Erfolg geschuldet sein. Zu denken wäre etwa an ein – und hier spreche ich untechnisch – „Happy End“. Ein dahingehender Parteiwille ist jedoch nicht ersichtlich. In Betracht kommt also allenfalls ein Dienstvertrag.
Prüfer: Frau Garner, stimmen Sie Ihrem Kollegen zu?
Frau Garner: Da ist der Kollege wohl noch ein bisschen grün hinter den Ohren. In einer aktuellen Entscheidung hat der BGH einen sog. „Ohrläppchenvertrag“ sui generis angenommen. Dieser Vertragstypus bildet die Schnittstelle zwischen Werk- und Dienstvertrag. Es ist in der Tat richtig,  dass eine Tätigkeit geschuldet ist. Die Hauptleistungspflicht beim „Ohrläppchenvertrag“ geht jedoch über das bloße Massieren der Lauscher hinaus. Notwendig ist nämlich, dass zumindest zeitweilig ein wohliges – vielleicht gar genüssliches – Stöhnen das Bekraulten zu vernehmen ist. Tritt dies ein, ist der Vertrag zwar nicht automatisch erfüllt. Wäre dies so, hätten wir es mit einem Werkvertrag zu tun. Auch bei Eintritt derartiger Geräusche kann es nach den Umständen des Einzelfalls sein, dass weitere Kraultätigkeiten noch zu erbringen sind. Deutlich wird: Keiner der ausdrücklich normierten Vertragstypen passt, mit der Folge, dass der Pflichtenkanon des „Ohrläppchenvertrags“ losgelöst von den Vertragstypen des BGB zu bestimmen ist.
Prüfer: A la bonne heure, Sie sind ein richtiges Schlitzohr! Jetzt, da wir den Vertragstyp bestimmt haben, stellt sich die Frage, ob Frau J den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hat oder ob der P hier das vereinbarte Entgelt mindern durfte. Herr Carlos, was sagen Sie dazu?
Herr Carlos: Zunächst muss erörtert werden, ob ordnungsgemäß erfüllt worden ist. Anschließend lässt sich gegebenenfalls darüber nachdenken, ob der „Ohrläppchenvertrag“ ein Mängelgewährleistungsrecht kennt.
Die Frage, ob hier ordnungsgemäß erfüllt wurde, würde ich verneinen: Wie Frau Garner dargelegt hat, muss das Kraulen der Ohrläppchen zu einem „wohligen Stöhnen“ des Bekraulten führen. Der P führt aber aus, dass es nicht mal zu einem „leichten, frohlockenden Zucken der Ohrläppchen“ gekommen sei. Ein Einschlafen des Leistungsempfängers genügt den Anforderungen nicht, die an den Erfolg angelegt werden. 
Prüfer: Das ist Musik in meinen Ohren! Sehr schön Herr Carlos. Also hat Frau J den Vertrag somit nicht ordnungsgemäß erfüllt. Frau Garner, gehen Sie einmal davon aus, dass wir es bei der J mit einer geübten Ohrmasseurin zu tun haben, die dem P sicherlich noch ein kleines Stöhnen hätte entlocken können. Woran könnte man in diesem Fall denken?
Frau Garner: Das entscheidende Momentum ist in dem Einschlafen des P zu sehen. Wäre P nicht eingenickt, hätte J den geschuldeten Erfolg noch herbeiführen können. An eine Mängelgewährleistung ist deshalb nur zu denken, wenn das Einschlafen des Leistungsberechtigten beim „Ohrläppchenvertrag“ der Risikosphäre der Kraulerin zugerechnet werden müsste. Beim „Ohrläppchenvertrag“ hat die Kraulerin zwar die Ohren, nicht hingegen das Einschlafen des Bekraulten in der Hand. Zudem würde eine sehr beruhigende Kraulweise, die regelmäßig notwendig ist, um ein frohlockendes Zucken herbeizuzaubern, ihre Wirkung rechtlich betrachtet ins Gegenteil verkehren. Andernfalls würde man von der Kraulerin einen Satz heiße Ohren verlangen – das wird auch vom Berkraulten nur in einzelnen Sonderfällen gewünscht sein.
Prüfer: Ihr Wort in Gottes Ohr, Frau Garner! Und in welchen Teil des allgemeinen Schuldrechts würden Sie in der Konsequenz schauen, Herr Wenneck?
Herr Wenneck: § 313 BGB scheint mir hier sehr passend. Wenn ich mich recht entsinne, hat auch der BGH hier eine analoge Anwendung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage angenommen. Die Geschäftsgrundlage – hier das Wachbleiben des Bekraulten – ist entfallen. Treffend lässt sich hier vom „Wegschlafen der Geschäftsgrundlage“ sprechen. Daher auch die analoge Anwendung.
Prüfer: Herr Wenneck, Sie haben es faustdick hinter den Ohren! Ich möchte ein Zitat des BGH anmerken. Dieser führte aus: „Wer im Geiste ruht, dessen Ohrläppchen können nicht wachen.“ Ist das nicht schön formuliert? Nun gut, ich merke, ich schweife ab. Reicht uns ein Wegschlafen der Geschäftsgrundlage bereits für eine entsprechende Anwendung des § 313 BGB, Herr Carlos?
Herr Carlos: Tut mir Leid, ich hatte gerade auf Durchzug geschaltet. 
Prüfer: Herr Carlos, Sie sollten aufmerksam bleiben, wenn ihr Kollege subsumiert. Schreiben Sie sich das hinter die Löffel! Neben dem Wegfallen – oder hier dem Wegschlafen – erfordert die Anwendung des § 313 BGB als weitere Voraussetzung…
Herr Carlos: Das Wegschlafen darf nicht in den Risikobereich einer der Parteien fallen. Dass das Wegschlafen nicht in den Risikobereich der Kraulerin fällt, haben wir bereits festgestellt – da war ich noch am Ball. Wir müssen nun noch klären, ob ein Wegnicken in den Risikobereich des Bekraulten fällt. Die Umstände des Falles können hier dafür sprechen: P und D hatten einige „Sandwiches“ gemampft – eine Tatsache, die, wie jedem bekannt sein dürfte, schnell zu großer Müdigkeit führen kann.
Prüfer: Das ist doch an den Ohren herbeigezogen. Frau Garner, klären Sie uns auf!
Frau Garner: Abzustellen ist auf den jeweiligen Verkehrsteilnehmerkreis: Es ist gerade nicht atypisch, dass vor und während des „Ohrläppchenkraulens“ auch „gedübelt“ wird. Für die Annahme, dass die hiermit verbundene Gefahr des Wegnickens in den Risikobereich einer der Vertragsparteien fallen soll, bedarf es deshalb besonderer Anhaltspunkte. Zu denken ist etwa an die Einnahme von Schlaftabletten, ein besonders langweiliges Kraulprogramm oder eine äußerst einschläfernde Hintergrundmusik, wie man sie von zweitklassigen Thaimassagestudios kennt. All das haben wir hier jedoch nicht. Vor diesem Hintergrund kommen wir zu dem Ergebnis, dass das Wegschlafen des P nicht in dessen vertragliche Risikosphäre fällt. Die Voraussetzungen des § 313 BGB analog liegen vor.
Prüfer:  Sehr schön, Frau Garner. Herr Carlos, machen Sie den Sack zu.
Herr Carlos: Ein Wegschlafen der Geschäftsgrundlage führt in analoger Anwendung des § 313 BGB zu einer Anpassung des Vertrags oder – soweit dies nicht möglich ist – zu einem Rücktrittsrecht des Bekraulten. Hier vergingen acht Minuten bis zum Wegschlafen, die Vergütung ist dementsprechend zu mindern. Der Bekraulte hat somit einen Rückzahlungsanspruch gegen die Kraulerin.
Prüfer: In der Tat! Kommt denn eine Aufrechnung mit dem Schadensersatzanspruch der Kraulerin J in Betracht? Herr Wenneck, lassen Sie uns an Ihren Gedanken teilhaben.
Herr Wenneck: Also um einen Schadensersatzanspruch zu begründen, bedarf es einer Pflichtverletzung des Bekraulten. Es ist doch gerade Gegenstand des Vertrages, sich die Ohren massieren zu lassen, mehr hat der P nicht getan – wie denn auch? „Keine Arme, keine Schokolade.“ Eine Pflichtverletzung haben wir somit nicht. Im Ergebnis kann somit auch keine Aufrechnung erfolgen.
Prüfer:  Sehr ohrdentlich, Herr Wenneck. Das soll uns für die Zivilrechtsprüfung genügen. Wenn Sie mehr zu diesem Ohrbiter Dictum des XIII. Senats lesen möchten, sollten Sie die Entscheidung unbedingt bei Gelegenheit nachlesen.

01.04.2019/8 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2019-04-01 09:30:252019-04-01 09:30:25Simulation mündliche Prüfung: Privatier P hält die Ohren steif – Zur analogen Anwendung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage
Gastautor

AG München: Minderungsrecht bei mangelhafter Bewirtung im Restaurant

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Wir freuen uns, (erneut) heute einen Gastbeitrag von Jonas Hensinger veröffentlichen zu können. Der Autor hat in Heidelberg Jura studiert und wartet gerade auf die mündliche Prüfung seines Zweiten Staatsexamens am LG Stuttgart.
Zivilrechtliche Streitigkeiten aus Bewirtungsverträgen sind recht selten Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen, eignen sich ob ihrer Übersichtlichkeit aber sehr gut für eine Klausur im Examen. Gerade eine ausdrückliche Normierung dieses (speziellen) Vertragstyps sucht man im BGB vergebens. Umso mehr lohnt eine kurze Auseinandersetzung mit einer aktuellen Entscheidung des AG München (Urt. v. 18.3.2016, Az: 159 C 601/15) zu besagtem Themenkomplex.
I. Sachverhalt
A betreibt eine Gaststätte, in welcher B seine Hochzeit feierte. Beide schlossen einen Vertrag über die Verpflegung von 170 Erwachsenen zu je 42 € und 26 Kindern zu je 15 €. Die Verpflegung sollte einen Sektempfang mit Gemüse-Sticks, ein Hauptmenü mit Suppe, Fleischplatten und Beilagen sowie ein Abendbuffet mit verschiedenen Vorspeisen, Fisch und Brot umfassen. Darüber hinaus sollten alkoholfreie Getränke, Bier und Wein sowie ein Kindermenü serviert werden.
B zahlte von den vereinbarten 7.530 € nur 3.000 €. A verlangt vom B daher den Restbetrag von 4.530 €. Dieser weigert sich zu zahlen, da für die 150 erschienenen Gäste nur zwei Kellner zur Verfügung gestanden hätten. Die Familie und Freunde des Hochzeitspaares hätten beim Servieren mithelfen müssen. Allein das Servieren der Suppe habe 90 Minuten gedauert. Das spezielle Kinderessen sei nicht serviert worden.
A erhob vor dem AG München Klage auf Zahlung des rückständigen Betrages.
II. Rechtslage
Ein hierauf gerichteter Anspruch könnte sich aus § 611 Abs. 1 BGB ergeben. Danach wird durch einen Dienstvertrag derjenige, welcher Dienste in Anspruch nimmt, zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Fraglich ist aber, ob es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag auch um einen Dienstvertrag handelt.
Ein erstes Problem ergibt sich vorliegend daraus, dass sich der Leistungskatalog des A aus Elementen verschiedener Vertragstypen zusammensetzt. So wurden nicht nur Speisen zubereitet, sondern auch Räumlichkeiten bereitgestellt und eine persönliche Bedienung gewährt. Der vorliegende Vertrag vereint somit Elemente des Kauf-, Miet-, Werk- und Dienstvertrags. Es liegt daher eine Einordnung des Vertrags als sogenannter gemischter Vertrag nahe. Dessen Behandlung ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten.
Grundlegend lassen sich zwei Ansätze voneinander unterscheiden. Während die Absorptionstheorie das Recht der Hauptleistung für alle Vertragsbestandteile verbindlich erklärt, sind laut der Kombinationstheorie die den jeweiligen Komponenten entsprechenden Normen heranzuziehen. Gleichwohl ist unabhängig davon, welchem Ansatz man folgt, stets darauf zu achten, je nach Art der Mischform ausgehend von Parteiwille sowie Sinn und Zweck des Vertrages im Einzelfall einen interessengerechten Ausgleich zu suchen.
Vorliegend wurde vorwiegend der mangelhafte Service gerügt, sodass die Heranziehung des Dienstvertragsrechts insgesamt gerechtfertigt ist. Allein hinsichtlich der unterlassenen Zubereitung der Kindermenüs wäre streng genommen Werkvertragsrecht anzuwenden gewesen, was das AG jedoch (wohl aus Vereinfachungszwecken) unterließ.
Das zweite Problem des Falles liegt nun darin, dass das Dienstvertragsrecht (anders als das Kauf- und Werkvertragsrecht, vgl. §§ 437 Nr. 2, 441 bzw. §§ 634 Nr. 3, 638 BGB) bei mangelhafter Erbringung der Dienstleistung grundsätzlich kein Minderungsrecht, sondern lediglich gem. § 626 BGB ein Recht zur Kündigung oder ggf. über § 280 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz bereitstellt. Deshalb sei der Gast bei verzögerter Bedienung auch nach Auffassung des AG in der Regel auf die Kündigungsmöglichkeit beschränkt.
Für B sei es vorliegend jedoch wegen des festlichen Charakters und der 150-köpfigen Hochzeitsgesellschaft von vornherein ausgeschlossen gewesen, im Hinblick auf die schlechte Bewirtung den Vertrag mit A zu kündigen oder in eine andere Gaststätte zu verlegen. Unter Beachtung der beiderseitigen Vertragsinteressen sei es daher ausnahmsweise gerechtfertigt, B ein Minderungsrecht zuzubilligen. Aus der Pressemitteilung wird zwar dessen dogmatische Herleitung nicht deutlich, jedoch liegt es nahe, dass das AG nach Treu und Glauben eine entsprechende Anwendung der §§ 437 Nr. 2, 634 Nr. 3 BGB gestattet.
Im Ergebnis stand A nach Auffassung des AG somit nur noch ein um den geminderten Betrag gekürzter Zahlungsanspruch von knapp 2.000 € zu.
Hingegen scheidet eine Minderung bzgl. der zu geringen Gästezahl (150 statt 170) aus. Dieses Risiko trägt der Veranstalter, da das Restaurant bereits für 140 Personen geplant hat und sich hierauf einstellte.
III. Fazit
Die Entscheidung vermag zwar im Ergebnis zu überzeugen. Bedenken ergeben sich jedoch hinsichtlich dessen dogmatischer Anknüpfung. Hier sei am Rande erwähnt, dass das Problem der Minderung im Dienstvertragsrecht häufig auch im arbeitsrechtlichen Kontext eine Rolle spielt. Nach Auffassung des BAG ist eine Minderung des Arbeitsentgelts wegen Schlechtleistung jedoch ausgeschlossen. Dies steht auch in Einklang mit der in § 326 Abs. 1 Satz 2 zum Ausdruck kommenden Wertung, wonach bei einer nicht vertragsgemäßen Leistung der Anspruch auf die Gegenleistung nicht per se entfällt. Der Arbeitgeber könne somit allenfalls bei schuldhafter Schlechtleistung mit einem Schadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 BGB gegen den Vergütungsanspruch nach §§ 387 ff. BGB aufrechnen. Dieser Lösungsweg erscheint auch vorliegend überzeugender.
Weitere Bedenken ergeben sich schließlich im Hinblick auf die Formulierung der Pressemitteilung, in welcher eine massenhafte Verwendung von Textbausteinen einer Entscheidung des LG Karlsruhe (Urt. v. 12.05.1993, Az: 1 S 196/92) erfolgt, ohne diese als Quelle kenntlich zu machen.

24.03.2016/4 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2016-03-24 11:30:142016-03-24 11:30:14AG München: Minderungsrecht bei mangelhafter Bewirtung im Restaurant
Gastautor

OLG München: Kein Schadensersatz bei Verkauf unter Wert

Bereicherungsrecht, Fallbearbeitung und Methodik, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Wir freuen uns nachfolgend einen Gastbeitrag von Nikolaus J. Plitzko veröffentlichen zu dürfen. Der Verfasser ist Student der Rechtswissenschaften an der Universität Bonn und besuchte im Rahmen eines ERASMUS-Stipendiums die University of St. Gallen Law School.

Dem leicht erweiterten Sachverhalt liegt eine Entscheidung des OLG München vom 20.03.2014, „Der teuerste Teppich der Welt“ (Az 14 U 764/12) zugrunde.
A. Sachverhalt
A lieferte Ihren alten Perserteppich bei dem nicht auf die Versteigerung von Teppichen spezialisierten, sondern in einer großen Bandbreite aufgestellten Auktionshaus der R-GmbH (R) (sog. Varia-Auktionshaus) ein.
Anhand der Fachliteratur versuchte ein Auktionator der R Herkunft und Alter des Teppichs zu bestimmen und nahm den Teppich letztlich unter der Bezeichnung „Persische Galerie, antik, blaugrundig, floral durchgemustertes Mittelfeld, Laufstellen, Sammlerstück“ mit einer Abbildung in den Auktionskatalog auf und schätze seinen Wert auf 900 €. In der Auktion wurde der Teppich für 19.500 € an K versteigert und später übereignet.
Wenige Monate später übergab K seinerseits den Teppich dem renommierten Auktionshaus C in London. Ein spezialisierter Mitarbeiter der C erkannte – im Gegensatz zu vielen anderen Fachleuten – den tatsächlichen Wert des Teppichs und setzte diesen mit 250.000 – 350.000 € in Ihrem Katalog fest. C versteigerte den Teppich für 7,2 Mio. € an X. Eine Übereignung des Teppich an X hat indes noch nicht stattgefunden.
Wie ist die Rechtslage?
B. Fallbesprechung
I. A könnte einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die R aus §§ 280 I, 241 II, 611 I, 675 I BGB haben.
1. Schuldverhältnis
A und R haben gem. §§ 611 I, 675 I, 145, 147 BGB einen Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Inhalt hat geschlossen. Eine Einordnung als Werkvertrag ist schon deshalb abzulehnen, weil R auf eine erfolgreiche Versteigerung des Teppichs keinen alleinigen Einfluss hat.[1] Von einer wirksamen Vertretung der R ist auszugehen.
2. Pflichtverletzung
R könnte durch die fehlerhafte Schätzung ihres Auktionators die Interessen der A und somit eine Nebenpflicht iSd § 241 II BGB verletzt haben. Hierbei ist insbesondere fraglich, welcher Maßstab bei der Schätzung anzuwenden ist.
Dieser könnte erhöht sein, wenn es sich für R um ein Kommissionsgeschäft gehandelt hat und Sie gem. § 384 I HGB die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns eingehalten musste.
Gem. § 383 I HGB liegt ein Kommissionsgeschäft vor, wenn R in Ausführung Ihres Gewerbes den Teppich in eigenem Namen für Rechnung des A verkauft hat.
Andererseits könnte R den Teppich auch im Namen des A verkauft haben, so dass nur eine Stellvertretung iSd §§ 164ff. BGB vorliegen könnte.
Es ist somit durch Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu ermitteln, ob ein Kommissionsgeschäft oder eine einfache Stellvertretung vorlag. R ist gem. § 6 I HGB iVm § 13 III GmbHG Formkaufmann und handelte somit gewerblich. Auch spricht die Aufnahme in den Katalog und die Nichtoffenbarung des Eigentümers für ein Kommissionsgeschäft und gegen eine Stellvertretung[2].
(Anm.: Das Vorliegen eines Kommissionsgeschäfts könnte auch schon beim Vorliegen des Schuldverhältnisses geprüft werden. Da es aber erst bei der Pflichtverletzung relevant wird, ist es vorzugswürdig dort zu prüfen[3].)
Ob der Auktionator bei der Begutachtung und Schätzung des Teppichs – welche der R gem. § 278 I BGB zuzurechnen sind – die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns verletzt hat, kann nicht anhand von objektiven Merkmalen festgestellt werden, sondern bemisst sich anhand der Umstände des Einzelfalls.
Hierbei könnte zunächst davon ausgegangen werden, dass von einem Auktionator eine gewisse Sachkunde erwartet werden kann und er durch die Aufnahme in die Auktion den Schein setzt, dass der Wert des Teppichs in etwa dem Aufrufpreis entspricht.
Jedoch geht diese Ansichtsweise fehl, denn ein entsprechender Sachschein kann wohl nur gegenüber fachkundigen Bietern ergehen, nicht aber bei einer Varia-Auktion gegenüber „normalen“ Bietern.
Vielmehr hat der Auktionator im Rahmen seiner Möglichkeiten alles Erforderliche getan, um Alter und Herkunft des Teppichs zu bestimmen. Er war nicht verpflichtet über das Studium der Fachliteratur hinaus weitere Erkundigungen einzuholen, wobei anzumerken ist, dass auch im Nachhinein ausgeschriebene Fachleute den Wert des Teppichs verkannt hatten. Zwar war die Artikelbeschreibung vage, aber dennoch zutreffend. Bei einem Varia-Auktionshaus kann nicht die selbe Fachkunde wie von einem auf den Verkauf von Teppichen spezialisierten Auktionshaus erwartet werden.
Mangels Pflichtverletzung hat A keinen Anspruch auf Schadensersatz.
II. A könnte gegen K aus § 812 I S.1, 2. Alt BGB einen Anspruch auf Herausgabe des Teppichs haben.
(Anm.: Herausgabeansprüche aus §§ 346 I; 861 I; 985 sind fernliegend und bedürfen keiner Erwähnung)
K hat Eigentum und Besitz am Teppich erlangt.
Dies müsste K in sonstiger Weise, also nicht durch Leistung erhalten haben. Es könnte aber eine Leistung der R vorliegen, so dass für A die allgemeine Nichtleistungskondiktion gesperrt wäre. Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens und bestimmt sich nach h.M. nach dem verobjektivierten Empfängerhorizont gem. §§ 133,157 BGB[4]. (a.A.: Nach dem subjektiven Willen des Leistenden[5]),
Es ist darauf abzustellen, ob K eine Leistung von A oder der R erwarten durfte. In Bezug auf die Eigentumserlangung musste K davon ausgehen, dass der Teppich nicht der R, sondern A gehörte und die R nur in Stellvertretung bzw. auf Geheiß der A agierte. Die Besitzerlangung erfolgte hingegen direkt von R. Zu berücksichtigen ist auch hier die Stellung der R als Kommissionär der A. R verkaufte den Teppich in eigenem Namen, so dass nicht A, sondern die R Vertragspartner des K wurde. Nach lebensnaher Auslegung des Sachverhalts ist auch davon auszugehen, dass K nur in Geschäftskontakt zu R stand. Somit durfte A davon ausgehen, dass R zur Erfüllung seiner kaufvertraglichen Pflichten geleistet hat. Zwar verbietet sich in einem Mehrpersonenverhältnis jede schematische Lösung, jedoch liegen keine besonderen Umstände vor, die eine Direktkondiktion zwischen A und K rechtfertigen würden. Weder hat R arglistig über den Wert getäuscht, noch kannte K den tatsächlichen Wert[6]. Somit scheidet auch eine Herausgabe des Teppichs aus.
(Anm.: Nimmt man eine Erlangung in sonstiger Weise oder gar eine Leistung der A an, stellt sich im Weiteren das Problem, ob A den Kaufvertrag zwischen R und K wirksam anfechten kann. Vorliegend ist A nicht Vertragspartei geworden, so dass Ihr bereits die Anfechtungsberechtigung fehlt. Im Übrigen liegt auch kein Eigenschaftsirrtum iSd § 119 II BGB vor, da hierzu nur die wertbildenden Faktoren einer Sache, jedoch nicht der Wert an sich zählen.[7])
C. Fazit
Examenskandidaten sollten nicht nur aufgrund seiner Aktualität mit dem zugrundeliegenden Fall vertraut sein. Bei einer Versteigerung sind insbesondere die Abgrenzung zwischen der Stellvertretung und dem Kommissionsgeschäft sowie die Leistungsbeziehungen der Beteiligten zu erkennen und sauber zu prüfen. Interessant ist der Fall auch deswegen, da die Problematik des falschen Wertes einer Sache üblich in kaufrechtlichen Klausuren gestellt wird und hier in umgekehrter Form und anderer Konstellation relevant wird.
Aus Sicht der A ist der Fall wohl in die Kategorie „dumm gelaufen“ einzuordnen.


[1] Gaul, WM 2000, 1784; MK-BGB, Heermann § 675, Rn. 103.
[2] MK-HGB, Häuser, § 383, Rn. 16.
[3] MK-HGB, Häuser § 383, Rn. 29.
[4] BGHZ 72, 246 (249).
[5] Medicus, Rn. 688.
[6] Erman § 812, Rn. 15.
[7] Palandt, Ellenberger § 119, Rn. 27.

03.04.2014/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2014-04-03 08:00:172014-04-03 08:00:17OLG München: Kein Schadensersatz bei Verkauf unter Wert
Zaid Mansour

OLG Koblenz: Keine Arzthaftung bei Verweigerung einer fachgerechten Zweitbehandlung durch anderen Arzt

Arztrecht, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Der 5. Zivilsenat des OLG Koblenz hat entschieden, dass die Schadensersatzhaftung eines Arztes für eine Gesundheitsschädigung trotz eines groben Behandlungsfehlers entfallen kann, wenn der Patient eine fachgerechte Behandlung durch einen zweitbehandelnden Arzt verweigert (Az. 5 U 1510/11).
I. Sachverhalt
Der Kläger, ein Profifußballer, erlitt während eines Fußballspiels eine Bissverletzung, die im weiteren Verlauf zu einer Kniegelenksinfektion führte. Bei einem harten Zweikampf verursachten die Schneidezähne des Gegenspielers eine Rissverletzung am rechten Knie des Klägers. Die Erstversorgung der Wunde wurde vom beklagten Arzt übernommen. Er nähte die Verletzung und überwies den Kläger zur weiteren Untersuchung ins Krankenhaus. Der dort behandelnde Arzt empfahl dem Kläger dringend die Öffnung der Naht und die Durchführung einer antibiotischen Therapie. Der Kläger lehnte dies ab, in der Folge wurde diese (richtige) Empfehlung nicht umgesetzt. Letztlich stellte sich beim Kläger ein irreparabler Knieschaden ein, sodass er seinen Beruf als Fußballspieler künftig nicht mehr ausüben kann. Der Patient warf dem erstbehandelnden Arzt einen groben Behandlungsfehler vor und verlangte Schadensersatz (Verdienstausfall i.H.v. 1,3 Mio € und eine monatliche Rente i.H.v 200 €) sowie ein Schmerzensgeld i.H.v. 75000 €.
II. Rechtliche Würdigung
Im Rahmen einer gutachterlichen Prüfung wird man zunächst gefordert sein, den Typus des Arztvertrages rechtlich einzuordnen. Der Arztvertrag ist im Gesetz nicht speziell geregelt, sodass man bei der Einordnung des Arztvertrages auf allgemeine Grundsätze zurückgreifen muss. Da der behandelnde Arzt keinen Heilerfolg – dessen Eintritt er ohnehin nicht kontrollieren kann – als solchen, sondern lediglich eine lege artis durchgeführte medizinische Behandlung schuldet, sind Arztverträge in der Regel als freie Dienstverträge (§ 611 BGB) zu qualifizieren (Looschelders, Schuldrecht BT, 7. Auflage, Rn. 613). Etwas anderes gilt dann, wenn die Hauptleistungspflicht des Arztes tatsächlich in der Herbeiführung eines spezifischen Erfolges liegt. So werden beispielsweise kosmetische Operationen, wie Fettabsaugungen oder das Einsetzen einer Prothese, teilweise als Werkverträge qualifiziert (Fikentscher, Schuldrecht, 10. Auflage, Rn. 568).  Als Leitlinie kann bei der rechtlichen Einstufung darauf abgestellt werden, ob im konkreten Fall die Heilbehandlung oder das Herbeiführen eines bestimmten Erfolges den Schwerpunkt der vertraglichen Parteivereinbarung bildet. Dies ist durch Auslegung zu ermitteln. Entscheidend ist letztendlich, gerade in mündlichen Prüfungen, weniger das Ergebnis, sondern vielmehr eine an den allgemeinen Grundsätzen und an den Umständen des Einzelfalles orientierte sowie in sich kohärente Argumentation des Prüflings.
Hinsichtlich des Zustandekommens eines Arztvertrages gelten die allgemeinen Regelungen (§§ 104 ff. BGB). Zu beachten ist dabei, dass auch Kassenpatienten Vertragsparteien eines ärztlichen Behandlungsvertrages werden, wobei sich der Vergütungsanspruch des Arztes jedoch gegen die kassenärztliche Vereinigung richtet und nicht gegen den behandelten Kassenpatienten. Hinsichtlich der Haftung des behandelnden Arztes ist dies ohne weitere Bedeutung. Dies ergibt sich aus § 76 IV SGB V.

 (4) Die Übernahme der Behandlung verpflichtet die in Absatz 1 genannten Personen oder Einrichtungen dem Versicherten gegenüber zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts.

Das vertragliche Pflichtenprogramm des Arztes umfasst neben einer kunstgerecht durchzuführenden medizinischen Behandlung auch eine Aufklärungs-, Dokumentations- und Schweigepflicht gegenüber dem Patienten (dazu MüKoBGB/Müller-Glöge, § 611 Rn. 90 ff m.w.N).
Verletzt der Arzt eine der o.g. Pflichten, so kommt zunächst eine Schadensersatzhaftung nach §§ 280 ff. BGB in Betracht. Daneben steht dem Patienten möglicherweise auch ein angemessenes Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB) zu. Zusätzlich zu einem vertraglichen Schadensersatzanspruch sind im Rahmen einer rechtlichen Begutachtung auch deliktische Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i.Vm. § 222 StGB  oder § 839 BGB zu prüfen. Das vertragliche Pflichtenprogramm und die deliktsrechtlichen Sorgfaltsmaßstäbe sind dabei identisch (BGH, NJW 1989, 767 (768)). Im Arzthaftungsrecht ist zudem eine prozessrechtliche Besonderheit hinsichtlich der Beweisführung zu berücksichtigen. Grundsätzlich gilt, dass derjenige die Beweislast für solche Umstände trägt, aus denen er für sich günstige Rechte herleiten will. Wurde das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers bejaht, so hilft die Rechtsprechung etwaigen Schwierigkeiten des Patienten beim Nachweis der Kausalität des Behandlungsfehlers für den eingetretenen  Schaden mit Hilfe einer Beweislastumkehr dergestalt ab, dass die Kausalität bei Gegebensein eines groben Behandlungsfehlers widerleglich vermutet wird (bei einfachen Behandlungsfehlern gilt lediglich eine Beweiserleichterung).
Das OLG Koblenz hat einen groben Behandlungsfehler des erstbehandelnden Arztes im vorliegenden Fall, im Gegensatz zur Vorinstanz, bejaht. Der Kausalzusammenhang zwischen Behandlungsfehler und dem eingetretenen Körperschaden wurde hingegen verneint. Dazu heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts:

Allerdings sah der Senat in der medizinischen Erstbehandlung einen groben Behandlungsfehler des ersten Arztes. Eine menschliche Bissverletzung könne eine Wundinfizierung durch Bakterien auslösen, was ein Vernähen der Wunde verbiete. Allerdings scheitere die Haftung des Beklagten daran, dass der Kläger die dringende Empfehlung des zweitbehandelnden Arztes nicht befolgt habe, die Wunde zu öffnen und antibiotisch zu therapieren. Der Kläger sei im Krankenhaus nachdrücklich darauf hingewiesen worden, welche gesundheitlichen Folgen ihm drohten, sollte er diese ärztliche Empfehlung nicht annehmen. Dennoch habe sich der Kläger bewusst gegen diese Behandlung entschieden. Damit habe er selbst eine derart gravierende Ursache für seine bleibende Knieverletzung gesetzt, dass eine Haftung des Beklagten aufgrund der Erstversorgung nicht mehr angenommen werden könne.

III. Fazit
Dem vorliegenden Fall kann jedenfalls hinsichtlich anstehender mündlicher Prüfungen eine erhöhte Examensrelevanz beigemessen werden. Vertiefte Kenntnisse des Arzthaftungsrechts werden dabei allerdings nicht verlangt, sodass die Lektüre kurzer Lehrbuchabhandlungen zu diesem Thema ausreichen dürfte (Leseempfehlung: Looschelders, Schuldrecht BT, 7. Auflage, Rn. 612 ff.)
 

20.09.2012/0 Kommentare/von Zaid Mansour
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Zaid Mansour https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Zaid Mansour2012-09-20 08:43:212012-09-20 08:43:21OLG Koblenz: Keine Arzthaftung bei Verweigerung einer fachgerechten Zweitbehandlung durch anderen Arzt

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