Wir danken Nicolas für die Zusendung eines weiteren Gastbeitrags.
In einem heute veröffentlichten Urteil (VIII ZR 164/10 – Urteil vom 2.März 2011) hat der BGH dazu Stellung genommen, ob der Vermieter einer Mietwohnung eine Mieterhöhung gemäß § 559 Abs.1 BGB geltend machen kann, wenn die erfolgten Modernisierungsmaßnahmen nicht nach § 554 Abs. 3 BGB vorher angekündigt worden waren.
Sachverhalt
M ist Mieter einer Mietwohnung des V. Mit Schreiben vom 7. September 2007 kündigte V an, dass alsbald ein Fahrstuhl installiert werden soll, um das Gebäude auf den neuesten Stand der Technik zu bringen. M widersprach umgehend dem Vorhaben des V, der in einem Schreiben vom 13. Februar 2008 die Ankündigung wieder zurückzog.
Gleichwohl wurden die Arbeiten zur Installation eines Fahrstuhls nach einigen Monaten aufgenommen und im September 2008 abgeschlossen. Am 29. September 2008 teilte V dem M mit, dass sich die Nettomiete um 120,78 Euro erhöhen werde. Auch die Betriebskostenvorauszahlung werde um 10,24 Euro angehoben. M ist nicht erfreut und verweigert die Zahlung. Der Vermieter habe die Modernisierungsmaßnahmen nicht ordnungsgemäß angekündigt und hätte diese somit gar nicht durchführen dürfen. Entsprechend könne er den M auch nicht mit den entstanden Kosten belasten. Außerdem habe M gar keinen Nutzen von der Maßnahme und ist damit erheblich beeinträchtigt, da er im zweiten Stock wohne und der Fahrstuhl somit keine nennenswerte Zeitersparnis bringe. V verlangt von M die Zahlung der Erhöhungsbeträge für die Monate Juni bis August in Höhe von insgesamt 393,06 Euro nebst Zinsen. M hat ein Nettoeinkommen von monatlich 1600 Euro. Besteht ein Zahlungsanspruch des Vermieters V?
Modernisierungsmaßnahme setzt keine entsprechende Ankündigung voraus
Eine Mieterhöhung ist nach den dafür geltenden Regeln nicht per se von einer Ankündigung der Modernisierungsmaßnahmen abhängig. Die Ankündigung ist vielmehr für die Frage relevant, ob der Mieter die Maßnahme zu dulden hat und dient damit in erster Linie dem Schutz des Mieters. Das Berufungsgericht (LG Berlin) habe dazu schon ausgeführt:
Zwar werde in Rechtsprechung und Literatur vielfach vertreten, dass eine ordnungsgemäße Modernisierungsankündigung unabdingbare Voraussetzung einer späteren Mieterhöhung sei, weil nur dann eine Pflicht des Mieters zur Duldung bestehe. Eine Modernisierungsankündigung sei hier nicht erfolgt, weil der Kläger die zunächst vorgenommene Ankündigung zurückgezogen habe und sich deshalb so behandeln lassen müsse, als sei sie nie erklärt worden. Es sei aber zwischen der Pflicht des Mieters zur Duldung der Modernisierung einerseits und der Pflicht zur Zahlung einer erhöhten Miete nach erfolgter Modernisierung andererseits zu unterscheiden. Die Duldungspflicht diene nur dazu, die tatsächliche Durchführung der Maßnahmen zu ermöglichen; Arbeiten in der Wohnung des Mieters könnten gegen dessen Willen nur bei Bestehen einer Duldungspflicht durchgesetzt werden.
Der BGH folgt diesem Ansatz und begründet dies mit dem Schutzzweck der Mitteilung an den Mieter:
Entgegen der Auffassung der Revision setzt die Mieterhöhung wegen einer bereits durchgeführten Modernisierung nicht voraus, dass dem Mieter vor Durchführung der Arbeiten eine Modernisierungsankündigung gemäß § 554 Abs. 3 BGB zugegangen ist. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus der gesetzlichen Regelung in § 559b Abs. 2 Satz 2 BGB; darin ist (lediglich) vorgesehen, dass sich die Frist, zu der die Mieterhöhung wirksam wird, um sechs Monate verlängert, wenn der Vermieter die zu erwartende Erhöhung der Miete nicht nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB mitgeteilt hat oder die tatsächliche Mieterhöhung mehr als 10 % höher ist als zunächst mitgeteilt. Die Mitteilungspflicht nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB dient dem Schutz des Mieters bei der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen. Zum einen soll ihm ein gewisser Zeitraum zugebilligt werden, sich auf die zu erwartenden Baumaßnahmen in seiner Wohnung einzustellen; zum anderen wird er durch das Sonderkündigungsrecht in die Lage versetzt, das Mietverhältnis gegebenenfalls vor Beginn etwaiger Arbeiten und dem Wirksamwerden einer Mieterhöhung zu beenden. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, kann der Vermieter ohne ordnungsgemäße Ankündigung nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB Modernisierungsarbeiten in der Wohnung des Mieters gegen dessen Willen nicht durchsetzen, weil eine entsprechende Duldungsklage abzuweisen wäre.
Zweck des Ankündigungserfordernisses ist hingegen nicht die Einschränkung der Befugnis des Vermieters, die Kosten einer tatsächlich durchgeführten Modernisierung im Rahmen des § 559 BGB auf den Mieter umzulegen. Diese Bestimmung soll dem Vermieter – wie schon die Vorgängervorschrift des § 3 MHG – im Interesse der allgemeinen Verbesserung der Wohnverhältnisse einen finanziellen Anreiz zur Modernisierung geben (Senatsurteil vom 19. September 2007 – VIII ZR 6/07, NZM 2007, 882 Rn. 15). Die Interessen des Mieters werden ausreichend dadurch gewahrt, dass bei unterbliebener Ankündigung die Mieterhöhung nach § 559 BGB erst sechs Monate später wirksam wird. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 4. März 2009 (VIII ZR 110/08, NZM 2009, 394 Rn. 16) keine andere Beurteilung, denn jene Entscheidung hatte nicht eine Mieterhöhung nach durchgeführter Modernisierung zum Gegenstand, sondern betraf die Pflicht des Mieters zur Duldung noch durchzuführender Instandhaltungsmaßnahmen.
Im Übrigen wird die Mitteilung über die Mieterhöhungen nach § 559b BGB den Anforderungen der §§ 559, 559a BGB gerecht
Keine unangemessene Härte durch die Mieterhöhung
Der BGH sieht diesbezüglich bei der Vorinstanz keine Rechtsfehler, im übrigen sei das Vorbringen der Revision betreffend einer unangemessenen Härte für M durch die Mieterhöhung revisionsrechtlich nicht relevant. Dennoch interessant ist, was das LG Berlin dazu geäußert hat:
Die Mieterhöhung sei nach § 559 BGB auch begründet. Der Einbau eines Fahrstuhls erhöhe objektiv den Gebrauchswert der Wohnung der Beklagten, weil sie bequemer zu erreichen sei, auch im Hinblick auf den Transport von Einkäufen und anderen Lasten. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beklagte durch die Benutzung des Aufzugs nur etwa die Hälfte der Treppenstufen spare, die sie zum Erreichen ihrer Wohnung im zweiten Stock überwinden müsse. Die Mieterhöhung stelle auch keine unzumutbare Härte für die Beklagte dar. Zwar sei die Mieterhöhung um gut ein Drittel auf nunmehr 601,37 € monatlich bruttoerheblich, doch ergebe sich daraus angesichts des Nettoeinkommens der Beklagten von monatlich 1.600 € keine unzumutbare Härte.
Fazit
V kann von M die Erhöhungsbeträge für die Monate Juni bis August verlangen. Zu erkennen ist, in welchem Verhältnis die Modernisierungsmaßnahme nach § 554 Abs.2 S.1 BGB zur Ankündigung derselben nach § 554 Abs.3 BGB steht und wie sich ein eine Nichtankündigung auf die Geltendmachung einer entsprechenden Mieterhöhung auswirkt. Abzustellen ist dabei in erster Linie auf den Schutzzweck der Ankündigung der Modernisierungsmaßnahme und Mieterhöhung (Stichwort: Duldungspflichten des Mieters), durch die dem Mieter Zeit gegeben werden soll, sich auf die Veränderungen einzustellen oder gleich zu kündigen. Elegant wird die Nichterforderlichkeit einer Ankündigung der Modernisierung e contrario § 559b Abs.2 S.2 BGB hergeleitet, soweit – wie hier, September bis Juni – 9 Monate seit der Mitteilung über die Mieterhöhung vergangen sind. Hierdurch werden das Mieterinteresse an einer transparenten Mietkostensituation mit dem Interesse des Mieters an einer Instandhaltung der Mietsache zum Ausgleich gebracht.
Anspruchsvoller Fall, der durch Auslegung der vorhandenen Regelungen im Gesetz zu Modernisierungsmaßnahmen und Mieterhöhung in den Griff zu bekommen ist und durchaus Gegenstand einer Klausur sein kann.
