BVerwG: Versagung der Promotionszulassung wegen strafrechtlicher Verurteilung nur bei Wissenschaftsbezug
Das BVerwG hat mit Urteil vom 30.09.2015 – 6 C 45.14 eine für das juristische Staatsexamen relevante Entscheidung getroffen. Demnach kann eine Universität die Zulassung zum Promotionsverfahren wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung des Antragstellers nur dann ablehnen, wenn die begangene Straftat eine wissenschaftsbezogene Verfehlung darstellt.
Viele Universitäten verlangen zur Zulassung zur Promotion die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses. Im vorliegenden Fall tauchte eine Verurteilung des Antragsstellers wegen sexueller Nötigung zu 1 1/2 Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung noch nicht im Bundeszentralregister auf, so dass die Universtität in Unkenntnis dieses Umstands den ASt. promovierte. Später entzog sie den verliehenen Doktorgrad, da der spätere Kläger über wesentliche Zulassungsvoraussetzungen getäuscht habe, indem er die im polizeilichen Führungszeugnis fälschlich nicht eingetragene Vorstrafe nicht offengelegt habe.
Für die Prüfung dieses Falls sollte sich die gedankliche Reihenfolge klar gemacht werden: Eine zulassungsrelevante Täuschung kann nur vorliegen, wenn die Universität wegen des verschwiegenen Umstands die Verleihung des Doktorgrads hätte versagen können. Hierzu stellt das BVerwG fest (der Pressemitteilung entnommen):
Eine strafgerichtliche Verurteilung kann als Grund, die Zulassung zur Promotion zu versagen, nur dann legitimer Weise herangezogen werden, wenn die Universität dadurch die Funktionsfähigkeit des Wissenschaftsprozesses sichern will. Das ist nur dort der Fall, wo die strafrechtlichen Verfehlungen einen unmittelbaren Bezug zu der mit dem Doktorgrad verbundenen fachlich-wissenschaftlichen Qualifikation haben.
Eine Regelung die eine Ablehnung einer Zulassung zur Promotion bereits vorsieht, wenn der Antragsteller strafgerichtlich verurteilt ist, ohne jedoch die Fälle näher einzugrenzen, in denen eine strafgerichtliche Verurteilung eine Zulassung zur Promotion ausschließen soll, ist danach unverhältnismäßig.
Für eine mündliche Prüfung sei auf die Parallelen zum „Fragerecht des Arbeitgebers“ hingewiesen. Hier geht die Rechtsprechung davon aus, dass eine Täuschung i.S.d. § 123 Abs. 1 BGB nur vorliege, wenn der Bewerber eine Frage falsch beantwortet, an deren Beantwortung der Arbeitgeber ein „berechtigtes, billigenswertes Interesse“ hat. Dies ist nur bei solchen Umständen der Fall, die Beschäftigungsbezug aufweisen. Für andere Fragen (bspw. nach persönlichen Vorlieben etc.) besteht für den Bewerber ein „Recht zur Lüge“ – ebenso wie der ASt. im Promotionsverfahren ein „Recht zum Verschweigen“ nicht eingetragener, aber auch nicht wissenschaftsbezogener Straftaten hat.
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