Unentgeltliche pro bono Rechtsberatung: Berliner Anwälte beraten kostenlos
Das im geltenden Recht angelegte Verbot unentgeltlicher Rechtsberatung ist nicht zeitgemäß und steht mit dem Gedanken von bürgerschaftlichem Engagement nicht mehr im Einklang”. – Mit dieser Begründung hat jüngst der Gesetzgeber mit § 6 RDG das grundsätzliche Verbot der unentgeltlichen Rechtsberatung durch Nicht-Anwälte aufgehoben. Umso mehr überrascht es, dass es nach wie vor gelegentlich für Irritationen sorgt, wenn gerade ein Rechtsanwalt unentgeltlich – „pro bono” – seine Dienste für eine gute Sache erbringt (Bälz/Moelle/Zeidler in NJW 2008, 3383).
Die Zeit berichtet, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu den Hartz-IV-Regelsätzen vom Berliner Anwaltsverein eine kostenlose Erste Hilfe für Betroffene angeboten wird. Empfänger von Arbeitslosengeld II könnten am Freitag Rat bei einer Sprechstunde bekommen.
Ich verstehe nicht ganz, warum ein solches Vorgehen – insbesondere bei den größeren Sozietäten – immer noch nicht weitgehend verbreitet ist (es muss ja keine Beratung im Sozialrecht sein – den Rechtsgebieten sind insofern keine Grenzen gesetzt).
Ich kann mir jedenfalls kaum eine bessere Werbung für Kanzleien vorstellen. Insbesondere bestünde auch die Möglichkeit, dass Jurastudenten die unentgeltliche Rechtsberatung übernehmen, jedenfalls dann, sofern sie entsprechend den Vorgaben des RDG von einem Volljuristen geschult und regelmäßig überwacht werden (vertieft zur Rechtsberatung durch Laien Wreesmann/Schmidt-Kessel, NJW 2008, 3389). Durch solche beaufsichtigten Beratungsleistungen hätten Studenten zudem eine Chance, Kanzleien außerhalb von peinlichen Workshops, Powerbreakfasts und Wine and Cheese Events kennen zu lernen (Stichwort „War on Talents“).
Na ja, §49b BORA verbietet eben per se den Verzicht.
Die Beratung durch Jurastudenten macht kaum Sinn, da diese kaum über die entsprechenden Kenntnisse verfügen. Erst ab dem Referendariat kann man als Anwalt mit ruhigem Gewissen jemanden die Beratung in einfachen Fällen überlassen. Die kostenlose Beratung wird kaum Werbeeffekt haben, die die Berliner Mandanten nehmen einfach die Beratung mit und kommen nicht wieder. Der Grund dafür ist der, dass der Berliner Anwaltsmarkt sehr schwierig ist.
@egal: Bei einer Rechtsberatung durch Laien (Studenten) gilt zumindest ein verminderter Haftungsmaßstab. Dass Risiken bestehen, stimmt aber natürlich, insbesondere bei der Beratung durch Volljuristen, wo volle Haftung besteht.
@AndyM: Ich glaube schon, dass so mancher Jurastudent bei entsprechender Einweisung über die Kenntnisse verfügt, bei leichten Fälle zu beraten – sofern das ganze zu „schwierig“ wird, kann das ganze ja immer noch an einen Volljuristen gehen. Jedenfalls bei reinen „Rechtsfragen“ geht es nur um die Kenntnis des materiellen Rechts und nicht um Prozessführungstaktik etc.
Der Werbeeffekt soll nicht daran liegen, dass man dadurch Mandanten anzieht, sondern eher in einer erweiterten Wahrnehmung in der Öffentlichkeit – solche Werbeeffekte sind nicht messbar, bringen jedoch publicity und sind deshalb wichtig (oder warum schickt Freshfields seine Associates regelmäßig zum Pflastern neuer Straßen oder zum Anstreichen von Waisenhäusern).
@RA Michael Langhans: Irre ich mich, oder hat die BORA (Berufsordnung für Rechtsanwälte) nur 35 Paragraphen? Einen § 49b kann ich jedenfalls nicht finden.
Hallo Christoph,
hoffe, bei Dir läuft’s rund 😉
BORA = BRAO ???
https://www.gesetze-im-internet.de/brao/__49b.html ???
Viele Grüße
Philipp
Für „pro bono“ besteht überhaupt kein Anlass – Bedürftige bekommen Beratungshilfe und können sich ihren Anwalt genauso aussuchen wie selbst zahlende Mandanten. Angesichts der eher symbolischen Vergütung ist das ein erheblicher Dienst der Anwaltschaft am Gemeinwesen.
Sollte es Kanzleien geben, die dann trotzdem vollständig umsonst arbeiten – was, wie oben ausgeführt, nur außergerichtlich funktioniert -, dokumentieren sie damit eigentlich nur eins: das sie nicht unternehmerisch denken und unreflektiert amerikanischen Quatsch abkupfern.
Wie soll man denn einen Werbewert aus so einem Mandat schlagen, wenn bereits das Bestehen des Mandatsverhältnisses der Verschwiegenheitspflicht unterliegt?! Das ist doch nicht zu Ende gedacht.
Und zu dem Vorschlag, Studenten mal rumprobieren zu lassen: angesichts des bisherigen Haftungsmaßstabs, den der BGH bei Anwälten anlegt, würde man sich dort bestimmt ganz neue Sanktionen einfallen lassen. Ich denke, Hände abhacken wäre realistisch. Und bei allem Respekt vor den Fähigkeiten von Studenten: die Operation am lebenden Objekt setzt (jedenfalls im Zivilrecht) das intuitive Beherrschen der Relationstechnik voraus – und die spielt erst im Referendariat eine Rolle. Das dürfte also eher keine so gute Idee sein…
Für viele Anwälte, die Beratungshilfesachen ausüben ist die dafür vom Staat gewährte Leistung so gering, dass das auch schon als unentgeltlich gelten kann.
Und man darf eines nicht vergessen: Wenn die Großkanzleien „aus Güte und Menschenfreude“ kostenlosen Rechtsrat erteilen, nehmen sie kleineren Kanzleien, die sich z.B. im Sozialrecht mühsam eine Existenzgrundlage erarbeitet haben, letztere weg.
Und letztlich: In der Regel (nicht immer – das ist mir bekannt) werden die Gebühren von Hartz IV-Empfängern vom Jobcenter übernommen. Dementsprechend muss die Vermutungen dahingehend korrigieren, dass längst nicht jeder Bedürftige keinen Zugang zu rechtlicher Beratung hat.
Ist eine nicht beweisbare und angeeignete apostolische Sukzession strafber und unter welchem Paragraph?
@ It is really interesting post. I never read such kind of post. It impressed me. Thanks for sharing…