Das OLG Hamm hat am 10.01.2013 (15 W 79/12) einen Beschluss gefällt, der beim ersten Lesen etwas irritierend erscheint, sich bei näherer Durchsicht aber als richtig herausstellt.
I. Sachverhalt
Es ging dabei um das Problem, dass ein – unstrittiger – Alleinerbe ein Grundstück aus der Erbmasse wirksam übertragen wollte. Dabei war er nicht nur Alleinerbe, sondern war zusätzlich vom Erblasser mit einer notariell beurkundeten transmortalen Vollmacht ausgestattet.
Fraglich war nun, ob er unter Berufung auf die Vollmacht oder unter Berufung auf die Erbenstellung das Grundstück wirksam übertragen konnte.
II. Lösung des OLG
Zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück bedarf es der Einigung der Berechtigten (sog. Auflassung § 925 BGB) und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch (§ 873 BGB).
Eine Einigung der Berechtigten lag hier vor. Der Alleinerbe wurde hier nach § 1922 BGB Eigentümer des Grundstücks. Von der Einhaltung der Voraussetzungen des § 925 BGB ist auszugehen.
Fraglich ist aber, ob eine Eintragung in das Grundbuch erfolgen muss. Hierzu enthält die Grundbuchordnung GBO in §§ 13 ff. GBO eine Vielzahl von Vorschriften. Ein Antrag i.S.d. § 13 GBO lag vor.
Problematisch ist, dass dieser Antrag hier nicht durch den im Grundbuch Eingetragenen, sondern durch dessen Alleinerbe erfolgt. Grundsätzlich muss derjenige den Antrag stellen bzw. bewilligen, dessen Recht betroffen ist (§ 19 GBO). Allerdings enthält § 35 GBO eine spezielle Vorschrift:
Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden; erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins verlangen.
Ein solcher Erbschein hat hier nicht vorgelegen, sodass sich aus der – unstrittigen – Stellung als Erbe kein Anspruch auf Eintragung des Erwerbers ins Grundbuch ergibt. Auch eine öffentlich beglaubigte letztwillige Verfügung lag nicht vor.
Fraglich ist aber, ob sich die Antragsberechtigung des Erben aus der transmortalen Vollmacht ergeben kann – auch bei einer Bewilligung muss Stellvertretung möglich sein. Dazu müsste diese transmortale Vollmacht noch wirksam sein. Eine solche transmortale Vollmacht bleibt (aufgrund des ausdrücklichen Willens des Erblassers) über den Tod hinaus wirksam, mit der Folge, dass der Stellvertreter nunmehr den Erben – bezogen auf die Erbmasse – vertreten kann. Abzugrenzen ist diese Vollmacht über den Tod hinaus von einer postmortalen Vollmacht, deren Beginn zeitgleich mit dem Tod eintritt, die sonst von den Rechtsfolgen aber identisch ist.
Eine wirksame transmortale Vollmacht wurde hier erteilt. Diese erfüllt – durch die notarielle Beurkundung – auch die Formvorschriften nach §§ 29 und 30 GBO. Fraglich ist aber, ob diese weiterhin wirksam ist, oder durch die Stellung als Alleinerbe ersetzt wurde. Eine Vollmacht setzt stets die Personenverschiedenheit von Vollmachtgeber und Adressat voraus (vgl. Grundgedanke der §§ 164 ff. BGB). Dies ist dann nicht mehr erfüllt, wenn der Adressat und der Vollmachtgeber durch den Eintritt des Erbfalls faktisch personengleich werden – Adressat der Vollmacht bleibt der Erbe, der durch den Todesfall nunmehr aber auch an die Stelle des Erblassers tritt und damit als Vollmachtgeber anzusehen ist. Aus diesem Grund ist die transmortale Vollmacht erloschen.
Der Erbe kann damit die Eintragung des Käufers in das Grundbuch (noch) nicht verlangen.
III. Alternativen für Erben
Dem Erben bleiben damit zwei Möglichkeiten die Eintragung herbeizuführen. Entweder er beantragt einen Erbschein nach §§ 2353 ff. BGB oder aber er schlägt innerhalb der Frist des § 1944 BGB das Erbe nach den Vorschriften der §§ 1942 ff. BGB aus, mit der Folge, dass die Erbschaft nach § 1953 Abs. 1 BGB als nicht erfolgt anzusehen ist und damit die transmortale Vollmacht wirksam wird.
IV. Fazit
Ein sehr interessanter Fall, der Fragen des Sachen- und Grundbuchrechts mit Problemen der Stellvertretung und des Erbrechts verbindet. Auf den ersten Blick wirkt es irritierend, dass die Erbschaft einerseits als wirksam behandelt wird (hinsichtlich des Wegfalls der Vollmacht) andererseits aber nicht ausreicht um die Eintragung ins Grundbuch fordern zu können. Die gesetzlichen Regelungen sind aber insofern eindeutig, sodass ein abweichendes Ergebnis nur mit sehr guter Begründung vertretbar wäre und in der Klausur keinesfalls zu empfehlen ist.
Dennoch würde sich der Fall für eine Klausur sehr gut eignen, da er lediglich eine saubere Subsumtion unter die gesetzlichen Regelungen fordert.