• Suche
  • Lerntipps
    • Karteikarten
      • Strafrecht
      • Zivilrecht
      • Öffentliches Recht
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Juri§kripten
  • Click to open the search input field Click to open the search input field Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Verschuldenshaftung

Schlagwortarchiv für: Verschuldenshaftung

Redaktion

Haftung des Fahrzeughalters und Fahrzeugführers im StVG

Deliktsrecht, Karteikarten, Rechtsgebiete, Uncategorized, Zivilrecht, Zivilrecht

Haftung des Halters- § 7 StVG

I. Halter

→ Wer die tatsächliche Verfügungsgewalt auf Dauer ausübt, vgl. § 7 III StVG

II. Personen- oder Sachschäden
III. Beim Betrieb eines KFZ

a) Betrieb: Alles was geeignet ist, Gefahren in den Straßenverkehr zu tragen (verkehrstechnische Auffassung (str.))

b) Kausalität zwischen Betrieb und Personen- bzw. Sachschaden

IV. Gefährdungshaftung

→ Kein Verschulden erforderlich

V. Ausschluss der Haftung bei höherer Gewalt, § 7 II StVG
VI. Mitverschulden des Geschädigten, § 9 StVG

18 StVG – Ersatzpflicht des Fahrzeugführers

I. Fahrzeugführer

→ Wer das Fahrzeug eigenverantwortlich lenkt oder steuert

II. Personen- oder Sachschäden
III. Beim Betrieb eines KFZ
 IV. Verschuldenshaftung, § 18 I 2 StVG
 V.  Ggf. Mitverschulden des Geschädigten, § 9 StVG

→ Beachte bei Schadensverursachung durch mehrere KFZ: § 17 StVG

→ Weitere mögliche Anspruchsgrundlagen bei Unfällen im Straßenverkehr: § 823 I BGB; 823 II i.V.m. § 229 StGB bzw. StVO; § 115 VVG i.V.m. § 3 PflVG

18.10.2023/1 Kommentar/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2023-10-18 08:08:022023-10-18 08:08:05Haftung des Fahrzeughalters und Fahrzeugführers im StVG
Gastautor

Tierhalterhaftung gem. § 833 BGB: Kamele als Haustiere?

Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

Wir freuen uns sehr, nachfolgend einen Gastbeitrag von Charlotte Schippers veröffentlichen zu können. Die Autorin hat an der Universität Bonn Rechtswissenschaft studiert und ist am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit tätig. 
 
In der Praxis ergehen selten neue Entscheidungen zur Tierhaftung. Ist dies doch einmal der Fall, sind diese Entscheidungen immer examensrelevant, da sich hierbei deliktsrechtliche Fragen mit komplizierten Einzelfragen der Verschuldens- und Gefährdungshaftung verknüpfen lassen. § 833 S. 1 BGB regelt die Gefährdungshaftung des Tierhalters für Schäden, die durch ein sog. Luxustier verursacht werden: Für solche Schäden haftet er unabhängig von seinem Verschulden. Wird der Schaden hingegen durch ein sog. Nutztier verursacht, normiert § 833 S. 2 BGB eine Verschuldenshaftung des Tierhalters, sodass er sich u.U. exkulpieren kann. Das OLG Stuttgart hat sich in seinem Urteil vom 7.6.2018 (Az.: 13 U 194/17) mit der Frage beschäftigt, ob Kamele als Haustiere i.S.d. § 833 S. 2 BGB einzustufen sind, was wir zum Anlass genommen haben, einen Blick auf die Tierhaftung des BGB zu werfen.
 
A. Prüfungsschema: Schadensersatzanspruch gem. § 833 S. 1 BGB
I. Rechtsgutsverletzung
II. Durch ein Tier
III. Haltereigenschaft
IV. Kein Ausschluss, § 833 S. 2 BGB
V. Rechtsfolge: Schadensersatz
 
Zunächst muss für den Anspruch gem. § 833 S. 1 BGB eine Rechtsgutsverletzung vorliegen, also ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt worden sein. Insoweit sind die Begriffe so auszulegen wie i.R.v. § 823 BGB.
Diese Schadensverursachung muss durch ein Tier geschehen sein. Erfasst sind nach einem biologischen und funktionellen Begriffsverständnis Tiere jeder Art, unabhängig von ihrer Größe.[1]
Voraussetzung ist zunächst, dass das Tier den Schaden kausal (mit-)verursacht hat. Darüber hinaus ist wichtig, sich zu merken, dass sich auch die spezifische Tiergefahr im Erfolg realisiert haben muss. Diese ist zwar nicht explizit in der Norm genannt, wird aber in den Tatbestand hineingelesen und äußert sich nach der ständigen Rspr. des BGH in „einem der tierischen Natur entsprechenden unberechenbaren und selbstständigen Verhalten des Tieres“[2]. Typische Beispiele hierfür sind Fälle, in denen Pferde scheuen, ausschlagen oder durchgehen oder Hunde jemanden anspringen oder beißen.[3] Zu beachten ist, dass keine Realisierung der Tiergefahr gegeben ist, wenn ein Tier unter menschlicher Leitung einen Schaden zufügt, denn in diesem Fall dient es lediglich als Werkzeug.[4]
Eine der zentralen Fragen bei der Prüfung des Anspruchs aus § 833 S. 1 BGB ist, wer Tierhalter ist. Dies erschließt sich aus dem Zweck der Norm, demjenigen, der die tatsächliche Gewalt über das Tier ausübt, also die Kontrolle hat, haftungsrechtliche Anreize zur Beherrschung der Kreatur im Interesse der Schadensvermeidung zu geben.[5] Tierhalter i.S.d. § 833 BGB ist mithin derjenige, dem „die Bestimmungsmacht über das Tier zusteht und [d]er aus eigenem Interesse für die Kosten des Tieres aufkommt und das wirtschaftliche Risiko seines Verlustes trägt“[6]. Eigentum und unmittelbarer Eigenbesitz sind für die Haltereigenschaft irrelevant, sodass auch mittelbarer Besitz gem. § 868 BGB ausreichend ist.[7]
An diesem Punkt ist außerdem von der Tierhalterhaftung die Haftung des Tieraufsehers gem. § 834 BGB abzugrenzen. Tieraufseher ist, wer die selbstständige Sorge über das Tier übernimmt, ohne aber Halter zu werden, weil er das Tier nicht im eigenen Interesse und auf eigene Rechnung versorgt.[8] Hierbei setzt § 834 BGB die Übernahme der Aufsichtspflichten durch Vertrag voraus, wobei aber auch die konkludente Übernahme ausreichend ist, aber weder die gesetzliche Pflicht zur Führung der Aufsicht noch die rein tatsächliche Übernahme der Aufsicht sind erfasst.[9]
Des Weiteren dürfte der Anspruch nicht gem. § 833 S. 2 BGB ausgeschlossen sein. Hierbei kommt es maßgeblich auf die Unterscheidung von Luxus- und Nutztieren an, denn gem. § 833 S. 2 BGB tritt die Ersatzpflicht dann nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist. Darüber hinaus ist für den Ausschluss erforderlich, dass der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde: § 833 S. 2 BGB stellt also auf ein vermutetes Verschulden des Nutztierhalters ab, sodass es hier auch nicht auf die Realisierung einer typischen Tiergefahr ankommt. Folglich wird der gewerbliche Tierhalter privilegiert – er kann sich exkulpieren. In dieser Hinsicht wird § 833 S. 2 BGB allerdings auch kritisiert, da schwer einzusehen sei, warum jemand, der sein Tier regelmäßig besser unter Kontrolle habe und die Kosten eher abwälzen könne als eine Privatperson, privilegiert werden solle.[10]
Entscheidender für die Fallbearbeitung im Examen ist unabhängig davon jedenfalls die Einordnung als Haus- und Nutztier i.S.d. § 833 S. 2 BGB in Abgrenzung zu Luxustieren: Haustiere sind zahme Tiere, die zur Nutzung gezogen und gehalten werden, wie Hund, Katze, Schaf, Rind etc.,[11] wobei insb. die inländische Verkehrsauffassung entscheidend ist,[12] wie sich auch an der Entscheidung des OLG Stuttgart zeigt (s.u.). Darüber hinaus müsste das Tier dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt sein. Maßgeblich ist die allgemeine Widmung bzw. Zweckbestimmung des Tieres: Danach zählen zu den Nutztieren bspw. Tiere, die zur Milch- und Fleischproduktion gehalten werden, aber auch Blindenhunde.[13] Bei sog. „doppelfunktionalen“ Tieren, die sowohl dem Erwerbsstreben als auch der Freizeitgestaltung dienen, kommt es nicht darauf an, welchem Bereich die im Zeitpunkt der Schadensverursachung ausgeübte Tätigkeit zuzuordnen ist, sondern es ist auf die allgemeine Widmung des Tieres abzustellen.[14]
Liegt nun ein Haus- und Nutztier vor, kann der Tierhalter sich entlasten, wenn er entsprechend seiner Sorgfaltspflichten, deren Umfang und Intensität sich allgemein nach Größe des drohenden Schadens und Wahrscheinlichkeit seines Eintritts richten, dafür gesorgt hat, dass das Tier nicht außer Kontrolle gerät, wobei eine Begrenzung auf zumutbare Anstrengungen gilt.[15]
 
B. Entscheidung des OLG Stuttgart vom 7.6.2018 (Az.: 13 U 194/17)
In diesen Kontext reiht sich nun die o.g. Entscheidung des OLG Stuttgart vom 7.6.2018 ein, der (in Kurzfassung) folgender Sachverhalt zugrunde lag:
 
I. Sachverhalt
Die Klägerin unternahm mit ihrer Mutter bei der Kamelfarm des Beklagten einen Kamelausritt, wobei die Tiere vom Beklagten geführt wurden. Wegen der vorhergehenden Aussage des Beklagten, dass die meisten Kunden keinen Helm tragen würden, hatten die Klägerin und ihre Mutter sich auch dagegen entschieden. Als die Kamele beim Ausritt durch bellende Hunde erschreckt wurden, hielt der Beklagte sie kurz an. Nachdem das Bellen nachließ, führte er sie weiter, aber die Hunde bellten erneut los, sodass die Reittiere nach vorne liefen und eine plötzliche Linkswendung vollzogen. Die Klägerin fiel aufgrund dessen kopfüber zu Boden und zog sich schwere Kopfverletzungen zu.
 
II. Lösung
Das OLG bejahte hier nun zunächst unproblematisch Rechtsgutsverletzung, die Realisierung einer spezifischen Tiergefahr durch die Schreckreaktion der Kamele, die zu dem Sturz führte, sowie die Tierhaltereigenschaft des Beklagten. Zentral in der Entscheidung war schließlich die Frage, ob es sich bei dem Kamel um ein Haus- und Nutztier handelt und der Beklagte sich demnach auf den § 833 S. 2 BGB berufen konnte.
Das OLG hat zur Beantwortung dieser Frage maßgeblich auf die inländische Verkehrsauffassung abgestellt: Auch wenn Kamele andernorts als Haustiere einzuordnen seien, sei dies in Deutschland nicht der Fall. Zwar könnten sich Verkehrsauffassung und in der Folge auch der Haustierbegriff bzgl. einzelner Gattungen im Laufe der Zeit natürlich ändern, bzgl. Kamelen sei das allerdings – anders als beim Beispiel des Meerschweinchens, das das OLG nennt – in Ermangelung einer Verbreitung in Deutschland (noch) nicht geschehen. Vielmehr sei Kamelhaltung in Deutschland sehr selten. Ebenso stünde der gewöhnliche Sprachgebrauch, soweit dieser überhaupt maßgeblich sei (was der Beklagte vorgebracht hatte – damit hat sich das OLG aber nicht weiter befasst), der Ansehung eines Kamels als Haustier in Deutschland entgegen. Dass das Kamel domestiziert wurde, sei ebenfalls irrelevant, denn dies sei nicht in Deutschland geschehen.
Trotzdem prüfte das OLG noch, ob der Beklagte sich hätte exkulpieren können. Maßgeblich sei das Maß an Sorgfalt, das von einem besonnenen und umsichtigen Tierhalter in der jeweiligen Situation verlangt werden müsse. Für das schreckhafte Verhalten der Kamele, mit dem der Beklagte habe rechnen müssen, habe er daher Vorsorge treffen müssen. Insoweit reiche es nicht aus, dass er die beiden Tiere alleine führte. Es sei einleuchtend, dass derjenige, der zwei Kamele führe, weniger Kontrolle über die Tiere habe, als der, der alleine ein Tier führt. Mit einer dann möglichen kürzeren Leine hätte das Kamel auch nicht den großen Bogen gehen können, der zum Sturz der Klägerin führte. Eine Exkulpation des Beklagten war also auch unter diesem Gesichtspunkt nicht möglich.
Schließlich lehnte das Gericht auch ein Mitverschulden der Klägerin an der Verletzung wegen des fehlenden Helmes ab, da der Beklagte quasi vom Helmtragen abgeraten habe.
 
Durch diese Entscheidung des OLG wird vor allem deutlich, welche Relevanz der inländischen Verkehrsauffassung i.R.d. Prüfung von § 833 S. 2 BGB zukommen kann: Vorliegend ist sie fallentscheidend, denn der Beklagte konnte sich vor dem Hintergrund der Verkehrsauffassung in Deutschland nicht darauf berufen, dass es sich bei den Kamelen um Haustiere handelt. Das Privileg des § 833 S. 2 BGB war ihm damit verwehrt und folglich auch die Exkulpation durch den Nachweis pflichtgemäßen Verhaltens (den er sowieso nicht führen konnte). Dass die deutsche Verkehrsauffassung insoweit relevant ist, ergibt auch Sinn, denn, wie das OLG selbst klarstellt, es gibt keine gemeinsame internationale Verkehrsauffassung.
 
C. Fazit
Es bleibt festzuhalten, dass es sich bei der Tierhaftung des BGB um ein examensrelevantes Thema handelt, da neben Einzelwissen – wobei es bei den o.g. Abgrenzungsfragen natürlich regelmäßig auf eine gute Argumentation ankommt – auch die Grundlagen zur Gefährdungs- und Verschuldenshaftung abgefragt werden können.
Aus der Entscheidung des OLG Stuttgarts lässt sich jedenfalls mitnehmen, dass die inländische Verkehrsauffassung eine entscheidende Rolle bei der Anspruchsprüfung haben kann!
 
[1] HK-BGB/Staudinger, 10. Aufl. 2019, § 833 Rn. 3.
[2] Vgl. nur BGH, Urt. v. 27.1.2015 – VI ZR 467/13, NJW 2015, 1824 (1825).
[3] Diese und weitere Bsp. aus der Rspr. in MüKo BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 833 Rn. 13 m.w.N.
[4] MüKo BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 833 Rn. 17 f.
[5] MüKo BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 833 Rn. 2.
[6] BGH, Urt. v. 19.1.1988 – VI ZR 188/87, NJW-RR 1988, 655 (656).
[7] HK-BGB/Staudinger, 10. Aufl. 2019, § 833 Rn. 6.
[8] MüKo BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 834 Rn. 3.
[9] MüKo BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 834 Rn. 5.
[10] MüKo BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 833 BGB Rn. 3.
[11] BeckOK BGB/Spindler, 48. Ed. 2018, § 833 Rn. 27.
[12] MüKo BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 833 Rn. 39.
[13] MüKo BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 833 Rn. 47.
[14]MüKo BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 833 Rn. 49.
[15] MüKo BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 833 Rn. 54.

10.01.2019/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2019-01-10 09:42:292019-01-10 09:42:29Tierhalterhaftung gem. § 833 BGB: Kamele als Haustiere?
Nicolas Hohn-Hein

BGH: Keine Berücksichtigung gesetzlich vermuteten Verschuldens bei § 254 BGB

Deliktsrecht, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite

Der BGH (VI ZR 3/11 – Urteil vom 20.03.2012) hat sich jüngst mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit eigenes gesetzlich vermutetetes Verschulden dem Geschädigten nach § 254 BGB als Mitverschulden zurechenbar ist. Außerdem nimmt das Gericht zum Umfang der Aufsichtspflicht eines Erwachsenen hinsichtlich Minderjähriger Stellung.
Sachverhalt
Der 10-jährige S, der auf dem Bauernhof der Familie des T zu Besuch ist, spielt unbeaufsichtigt mit dem 8-jährigen T in einer Scheune, die im Eigentum der Eltern (M und E) des T steht. S schlägt vor mit einem Feuerzeug zu spielen, ohne dass er an die möglichen Konsequenzen denkt. Durch einen Funken gerät das eingelagerte Stroh in Brand und zerstört die gesamte Halle nebst der sich darin befindlichen Pferdeboxen vollständig. Die Kinder können sich retten. Der Schaden beläuft sich auf insgesamt 800.000 Euro.
M und ihr Ehemann E hielten sich zum Zeitpunkt des Brandes im Haupthaus des Grundstücks auf. Das Kinderspiel um den Bauernhof herum war bis dahin nie ein Problem. T und S hatten schon des Öfteren kleinere „Ausflüge“ in die Scheune und in die nähere Umgebung unternommen, ohne den Eindruck zu erwecken gerne mal zu „zündeln“. M verlangt von S Gesamtschadensersatz, nachdem E seinen Ersatzanspruch an M abgetreten hat. Der Anwalt des S wendet ein, M und E hätten ihre Aufsichtspflicht – die im übrigen tatsächlich bestand – verletzt und müssten sich diese Pflichtverletzung bei der Berechnung ihres Schadensersatzanspruchs zurechnen lassen.
Zu Recht?
Gesetzliches Verschulden im Rahmen von § 254 BGB nicht zu berücksichtigen
Der Geschädigte muss sich regelmäßig eigenes Verschulden über § 254 BGB bei der Berechnung seines Schadensersatzanspruches zurechnen lassen. Dazu kann auch die Verletzung einer Aufsichtspflicht gehören, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Schaden von einem Kind ausgeht, das zu der Zeit der schädigenden Handlung unter der Aufsicht des Geschädigten gestanden hat. Die Verletzung einer Aufsichtspflicht regelt § 832 BGB.  Es handelt sich hierbei um eine gesetzliche Vermutung für eigenes Verschulden hat (Staudinger, BGB, § 823, Rn. 5 ff). Nach allgemeiner Auffassung ist die Prüfung eines gesonderten Verschuldens bei Verletzung einer Aufsichtspflicht daher nicht notwendig (Verschuldenshaftung). Der Aufsichtspflichtige kann aber den Entlastungsbeweis führen, dass er seiner Aufsichtspflicht gerecht geworden ist, und sich auf diese Weise von der Haftung befreien.
Vor diesem Hintergrund lässt sich die Frage stellen, ob im Rahmen von § 254 BGB eine solche Verschuldenshaftung berücksichtigt werden kann. Das Gericht stellt zunächst die in der Literatur teilweise vertreten Auffassung dar, wonach auch bei § 254 BGB die (umgekehrte) Beweislast des § 832 BGB zur Anwendung kommen soll, denn

Sinn und Zweck der Verschuldensvermutungen liege darin, dem Begünstigten über etwaige nicht in seine Zuständigkeit fallende Beweisschwierigkeiten hinwegzuhelfen. Es vermöge nicht zu überzegen, dass im Rahmen des § 254 BGB eine andere Beweislastregelung gelten solle als bei der Haftungsbegründung. Ob eine Sphäre einer der Parteien zuzuweisen sei, hänge nicht von deren „Rolle“ als Schädiger oder Geschädigter ab. Der Richter habe bei der Abwägung die höchste nicht ausgeschlossene Verschuldensintensität zu berücksichtigen.

Der BGH vertritt in der vorliegenden Entscheidung jedoch eine gegenteilige Auffassung und verweist auf den Anknüpfungspunkt des § 254 BGB – an die Ursächlichkeit der jeweiligen Verschuldensanteile für das Schadensereignis. Diese Abwägungsentscheidung  orientiere sich an dem Verschulden des einzelnen in der konkreten Situation, nicht an einer gesetzlich vermuteten Beweislastregelung, die sich auf der Zielsetzung gründet, eine Haftungserleichterung für nur schwer beweisbare Umstände dem Geschädigten zu gewähren.

Wird ein Verschulden nur vemutet, so fehlt jeder Anhalt für das Maß dieses Verschuldens, das von der leichtesten Fahrlässigkeit bis zur gröbsten Sorgfaltspflichtverletzung reichen kann. Nur wenn das Maß der Verantwortlichkeit beider Teile feststeht, ist eine sachgemäße Abwägung möglich. Wollte man sie auf Unterstellungen und Vermutungen gründen, so würde man in unzulässiger Weise Gewisses mit Unbekanntem vergleichen und zu keinem gerechten Ergebnis gelangen. Nach dieser Rechtsprechung sind Verschuldensvermutungen nur für den Haftungsgrund relevant. Daran wird festgehalten. Auf die Frage, ob die Verschuldensvermutung des § 832 BGB bei einer Schädigung des Aufsichtspflichtigen durch den Aufsichtsbedürftigen überhaupt Anwendung findet, kommt es nicht an. Ein Mitverschulden des Aufsichtspflichtigen gemäß § 254 Abs. 1 BGB kommt […] nur in Betracht, wenn eine Aufsichtspflichtverletzung feststeht und der Aufsichtspflichtige aus tatsächlichem Verschulden haftet […].

Es kommt daher darauf an, ob – eine Aufsichtspflichtverletzung vorausgesetzt – M und E schuldhaft gehandelt haben.
Zum Umfang der Aufsichtspflicht bezüglich Kindern
Die Karlsruher Richter erläutern ferner sehr anschaulich die Anforderungen an die Verletzung einer Aufsichtspflicht über Minderjährige und orientieren sich an der hierzu gängigen Rechtsprechung.

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats bestimmt sich das Maß der gebotenen Aufsicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Aufsichtspflichtige nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ein Kind zu verhindern. Dabei kommt es für die Haftung nach § 832 BGB stets darauf an, ob der Aufsichtspflicht nach den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles genügt worden ist.
Danach sind sowohl hinsichtlich der Belehrung über die Gefahren des Feuers als auch der Überwachung eines möglichen Umgangs mit Zündmitteln strenge Anforderungen zu stellen. Dies gilt insbesondere in ländlichen Gebieten, in denen durch das Entzünden von Stroh eine besondere Brandgefahr besteht. Der Senat hat mehrfach entschieden, dass Eltern ihre sieben bis acht Jahre alten Kinder eindringlich über die Gefährlichkeit des Spiels mit dem Feuer belehren und darauf achten müssen, dass die Kinder nicht unerlaubt in den Besitz von Streichhölzern oder anderen Zündmitteln gelangen. Hierzu gehört auch, die Kinder davor zu warnen, anderen Kindern bei dem Entfachen und dem Unterhalten eines Feuers in irgendeiner Weise zu helfen oder sie dazu anzustiften. Eine tägliche Kontrolle der Taschen des Kindes ist von den Aufsichtspflichtigen im Regelfall nicht zu verlangen. Grundsätzlich müssen Kinder im Alter von sieben oder acht Jahren nur dann in dieser Weise auf den Besitz von Streichhölzern oder Feuerzeugen kontrolliert werden, wenn dazu ein besonderer Anlass besteht, wenn etwa beim Kind schon einmal Streichhölzer gefunden worden sind oder das Kind eine besondere Neigung zum Zündeln hat.
Grundsätzlich ist bereits bei Kindern im Alter ab sieben Jahren weder eine Überwachung „auf Schritt und Tritt“ noch eine regelmäßige Kontrolle in kurzen Zeitabständen erforderlich. Grundsätzlich muss Kindern in diesem Alter, wenn sie normal entwickelt sind, das Spielen im Freien auch ohne Aufsicht in einem räumlichen Bereich gestattet sein, der den Eltern ein sofortiges Eingreifen nicht ermöglicht. Zum Spiel der Kinder gehört es Neuland zu entdecken und zu „erobern“. Dies kann ihnen, wenn damit nicht besondere Gefahren für sie selbst oder für andere verbunden sind, nicht allgemein untersagt werden. Vielmehr muss es bei Kindern dieser Altersstufe im Allgemeinen genügen, dass die Aufsichtspflichtigen sich über das Tun und Treiben in großen Zügen einen Überblick verschaffen, sofern nicht konkreter Anlass zu besonderer Aufsicht besteht. Andernfalls würde jede vernünftige Entwicklung des Kindes, insbesondere der Lernprozess im Umgang mit Gefahren, gehemmt.

Diese Voraussetzung waren im vorliegenden Fall erfüllt, sodass schon keine Aufsichtspflichtverletzung vorlag. Auf ein (Mit-) Verschulden kam es daher nicht mehr an. Da die Beweislastregel des § 832 BGB nicht greift und damit die „normalen“ deliktischen Verschuldensregelungen zur Anwendung kommen, wäre es im übrigens Sache des Beklagten S gewesen, das Mitverschulden von M und E zu beweisen.
Fazit
M kann einen Schadensersatzanspruch geltend machen, ohne sich eigenes Mitverschulden entgegenhalten zu müssen.
Klassischer Fall aus dem Deliktsrecht, dessen Sachverhalt mit Ergänzungen 1:1 in einer Klausur kommen könnte. Mit der Nichtberücksichtung von § 832 BGB im Rahmen von § 254 BGB betritt der BGB kein Neuland, sondern festigt lediglich seine Rechtsprechung. Die Kenntnis von dieser grundsätzlichen und nicht unbedingt ins Auge springenden Problematik kann aber einige Extrapunkte bedeuten.
Zum „Standardwerkzeug“ hingegen sollte die Rechtssprechung zu den Aufsichtspflichten von Erwachsenen (Eltern) hinsichtlich Minderjähriger gehören.

15.06.2012/0 Kommentare/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2012-06-15 08:42:482012-06-15 08:42:48BGH: Keine Berücksichtigung gesetzlich vermuteten Verschuldens bei § 254 BGB

Über Juraexamen.info e.V.

Deine Online-Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat.

Wir sind ein gemeinnütziger Verein aus Bonn und auf Eure Unterstützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch Gastbeiträge. Über Zusendungen und Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur
  • Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW
  • Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Gastautor

Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur

Aktuelles, Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Karteikarten, Lerntipps, Rechtsgebiete, Startseite, Uncategorized, Verschiedenes, Zivilrecht, Zivilrecht

Im Ausgangspunkt ist klar: „Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch“ (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.1.2021 – VI ZR 194/18) Damit ist allerdings nicht geklärt, welche Anforderungen […]

Weiterlesen
12.06.2025/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2025-06-12 09:39:522025-06-12 09:39:53Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW

Aktuelles, Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Uncategorized, Verfassungsrecht

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des April-Durchgangs 2025 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Tim Muñoz Andres erneut ganz herzlich für die […]

Weiterlesen
04.06.2025/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2025-06-04 08:43:322025-06-04 08:44:08Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW
Miriam Hörnchen

Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Aktuelles, Examensvorbereitung, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Verwaltungsrecht

Die vom VG Berlin zu beantwortende Frage, ob die Ablehnung einer Bewerbung für den Polizeidienst wegen sichtbarer Tätowierungen rechtswidrig erfolgt, wirft eine Vielzahl examensrelevanter Fragestellungen auf: Aufgrund der Eilbedürftigkeit im […]

Weiterlesen
03.06.2025/0 Kommentare/von Miriam Hörnchen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Miriam Hörnchen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Miriam Hörnchen2025-06-03 08:45:032025-06-06 10:50:46Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Mitmachen

Du hast Lust, Autor bei uns zu werden? Wir freuen uns!

Mitmachen

  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© juraexamen.info e.V.

Nach oben scrollen Nach oben scrollen Nach oben scrollen