Ein arbeitsrechtlicher Klassiker für die Examensvorbereitung: Wann hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung, obwohl er nicht gearbeitet hat? Dieser Frage geht Tyrrell Blum in einem Gastbeitrag nach. Er ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn sowie Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Düsseldorfer Wirtschaftskanzlei „ARQIS“.
A. Einleitung
Auch im ersten Staatsexamen ist das Arbeitsrecht aufgrund der engen Verknüpfung mit dem Schuldrecht als Prüfungsgegenstand äußerst relevant. Die Haftung im Arbeitsverhältnis (Stichwort: Innerbetrieblicher Schadensausgleich) und die Kündigung des Arbeitnehmers nehmen hierbei eine prominente Stellung ein. Geprägt wird der arbeitsrechtliche Pflichtfachstoff jedoch auch durch den Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ und die dazugehörigen Ausnahmen. Dieser soll im folgenden Beitrag mit Schwerpunktsetzung auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall näher dargestellt werden.
B. Der Grundsatz und dessen rechtliche Einordnung
Bevor eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalls erfolgt, müssen zunächst der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ sowie dessen zahlreichen Ausnahmen näher beleuchtet werden. Im Anschluss gilt es sodann, diese Ausnahmen rechtlich einzuordnen, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf den Entgeltfortzahlungsanspruch gelegt wird.
I. „Ohne Arbeit kein Lohn“: Kein Grundsatz ohne Ausnahmen
Der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ ist für sich genommen keine arbeitsrechtliche Besonderheit, sondern schlichtweg eine konsequente Anwendung der schuldrechtlichen Regelungen. Das Leistungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist synallagmatischer Natur uns wird maßgeblich durch § 611a BGB bestimmt. Die Hauptleistungspflicht des Arbeitnehmers besteht gem. § 611a Abs. 1 S. 1 BGB in der Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit, während die des Arbeitgebers gem. § 611a Abs. 2 BGB in der Zahlung der vereinbarten Vergütung besteht. Kommt der Arbeitnehmer seiner Arbeit nach, entsteht sein Lohnanspruch nach § 611a Abs. 2 BGB. Denn er (der Arbeitnehmer) ist gem. § 614 BGB vorleistungspflichtig.
(Rechtlich) interessant wird es immer dann, wenn der Arbeitnehmer nicht gearbeitet hat: Bei der Arbeitsleistung handelt es sich nämlich um eine absolute Fixschuld, sodass im Falle der Nichtleistung Unmöglichkeit gem. § 275 Abs. 1 BGB eintritt. Dies hat gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB zur Folge, dass der Anspruch auf die Gegenleistung – in diesem Falle also der Anspruch auf den Lohn – untergeht (siehe hierzu Dütz/Thüsing, 28. Aufl. 2023, § 5 Rn. 249).
Doch gilt dies im Arbeitsrecht, wie auch sonst, nicht absolut: In bestimmten Fällen besteht auch ohne eine erbrachte Arbeitsleistung ein Anspruch des Arbeitnehmers auf seinen Lohn („Lohn ohne Arbeit“). Diese Fälle stellen eine Ausnahme von § 326 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Derartige Ausnahmen sind auch aus dem Schuldrecht bekannt (man denke hier etwa an § 326 Abs. 2 BGB), doch kommen im Arbeitsrecht noch weitere hinzu.
Die wichtigsten Ausnahmeregelungen, die es zu beachten gilt, lauten wie folgt:
- Krankheit des Arbeitnehmers (§ 3 EFZG) und Feiertage (§ 2 EFZG)
- Annahmeverzug des Arbeitgebers, § 615 S. 1 BGB
- Betriebsrisiko des Arbeitgebers, § 615 S. 3 BGB
- Unmöglichkeit ist vom Arbeitgeber zu vertreten, § 326 Abs. 2
- Mutterschaftsentgelt (§§ 18 ff. MuSchG) und Erholungsurlaub (§ 11 BurlG)
II. Die rechtliche Einordnung der Ausnahmen
Alle oben aufgezählten Fallgruppen stellen grundsätzlich eine Ausnahme von § 326 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Sie führen – wie im Falle des § 326 Abs. 1 S. 2 BGB – dazu, dass Satz 1 nicht eingreift und der Anspruch demnach nicht untergeht. Sollte beispielsweise ein Annahmeverzug des Arbeitgebers gem. § 615 S. 1 BGB dazu geführt haben, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht erbringen konnte, stellt dies eine Ausnahme zu § 326 Abs. 1 S. 1 BGB dar und der Vergütungsanspruch bleibt erhalten.
Anders verhält sich dies allein mit Blick auf die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 EFZG. Die rechtliche Einordnung dessen ist umstritten: Teilweise wird hierin ebenfalls eine Ausnahme von § 326 Abs. 1 S. 1 BGB gesehen (ErfK/Reinhard, 24. Aufl. 2024, EFZG § 3 Rn. 3; MüKoBGB/Müller-Glögle, 9. Aufl. 2023, EFZG § 3 Rn. 3). Andere sehen hierin eine eigene Anspruchsgrundlage, die den nach § 326 Abs. 1 BGB entfallenden Anspruch auf Arbeitsentgelt ersetzt (BeckOK ArbR/Ricken, 72. Ed. 1.6.2024, EFZG § 3 Rn. 2; Schmitt EFZG/Schmitt, 9. Aufl. 2023, EFZG § 3 Rn. 8). Für letztere Ansicht spricht vor allem der klare Wortlaut der Vorschrift („so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung“).
Beide Ansichten unterscheiden sich jedoch nur im dogmatischen Anknüpfungspunkt und wirken sich nicht auf die rechtliche Qualität des Anspruchs aus (siehe ausführlich zum Meinungsstand BeckOK ArbR/Ricken, 72. Ed. 1.6.2024, EFZG § 3 Rn. 2 f.) Folglich handelt es sich hierbei lediglich um eine Frage des Klausuraufbaus, weshalb ein Meinungsstreit nicht geführt werden muss. Es bleibt demnach dem Prüfling überlassen, welche Variante er bevorzugt – eine Begründung der gewählten Herangehensweise sollte in der Klausur in jedem Falle unterbleiben.
Hinweis: Vereinzelt wird in Vorlesungen empfohlen, alle Fallgruppen als eigene „Anspruchsgrundlage“ zu prüfen, um sich so den „Umweg“ über § 326 BGB zu sparen. Dies stellt jedoch eine äußerst unsaubere und juristisch zu beanstandende Prüfung dar, weshalb hiervon dringend abgeraten wird. Eine solche Prüfungsweise zeigt dem Prüfer, dass man den rechtlichen Gehalt der Fallgruppen „Lohn ohne Arbeit“ nicht verstanden hat.
C. Prüfungsweise in der Klausur
„Hat A einen Anspruch auf Zahlung seines Lohns i.H.v. 4.000 € für den Monat April?“ So (oder so ähnlich) sieht eine typische Fallfrage aus, die auf die hier dargestellte Problematik abzielt. Als Bearbeiter steht man nun vor der Frage, wie man das Gelernte umsetzen und darstellen soll. Hierfür muss auf Grundlage der oben dargestellten rechtlichen Einordnung zwischen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und den sonstigen Ausnahmen differenziert werden.
Aus didaktischen Gründen wird die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall in diesem Beitrag als eigene Anspruchsgrundlage klassifiziert, um so die unterschiedlichen Aufbauvarianten in einer Klausur darzustellen. Außerdem wird die Prüfungsweise in der Klausur aus Gründen der besseren Übersicht und Verständlichkeit im Rahmen eines gutachterlichen Aufbaus dargestellt.
I. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Im Falle der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall liegt stets eine zweigliedrige Prüfung vor. Zuerst muss in gewohnter Weise ein Anspruch auf Lohnzahlung nach § 611a Abs. 2 BGB geprüft werden und wegen dem Untergang nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB abgelehnt werden. Im Anschluss wird der Entgeltfortzahlungsanspruch gem. § 3 Abs. 1 EFZG als eigene Anspruchsgrundlage geprüft.
A könnte gem. § 611a Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung seines Lohns i.H.v. 4.000 € für den Monat April haben.
I. Anspruch entstanden
Ein wirksamer Arbeitsvertrag liegt vor. Es ist ein monatliches Entgelt in Höhe von 4.000 € vereinbart worden.
Hinweis: Unter „Anspruch entstanden“ muss geprüft werden, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag bzw. ein wirksames Arbeitsverhältnis vorliegt. Das häufigste Problem wird hierbei eine mögliche Anfechtung oder Kündigung des Arbeitgebers sein. Außerdem kann hier die Höhe des Anspruchs – also das vereinbarte Monatsgehalt – genannt werden.
II. Anspruch erloschen
Im Monat April hat der Arbeitnehmer jedoch nicht gearbeitet. Der Anspruch könnte daher gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB untergegangen sein (Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn“).
Bei dem Arbeitsvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag. Darüber hinaus müsste die geschuldete Leistung gem. § 275 BGB unmöglich geworden sein. Die Arbeitsleistung ist eine absolute Fixschuld, die nach Zeitablauf nicht nachgeholt werden kann. Dies muss vor allem aus Arbeitnehmerschutzerwägungen gelten, damit dieser nicht neben der regulär anfallenden Arbeit, zusätzlich auch noch die ausgefallene Arbeit nachholen muss. Folglich tritt mit Zeitablauf eine Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB ein, weshalb der Anspruch auf die Gegenleistung, also auf den Lohn, gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB erlischt. Etwaige Ausnahmetatbestände greifen hier nicht ein.
Somit ist der Anspruch gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB untergegangen.
Hinweis: Unter „Anspruch erloschen“ muss nach den allgemeinen schuldrechtlichen Grundregeln das Erlöschen des Lohnanspruchs nach § 326 Abs. 1 BGB aufgrund der synallagmatischen Verknüpfung mit der Arbeitsleistung geprüft werden („Ohne Arbeit kein Lohn“). Die obigen Ausführungen stellen den Regelfall dar und können daher grundsätzlich in der Form übernommen werden.
III. Ergebnis
A hat gem. § 611a Abs. 2 BGB keinen Anspruch auf Zahlung seines Lohns i.H.v. 4.000 € für den Monat April.
A könnte gem. § 3 Abs. 1 EFZG einen Anspruch auf Zahlung seines Lohns i.H.v. 4.000 € für den Monat April haben.
Hinweis: Hier müssen nun die Tatbestandsvoraussetzungen des Entgeltfortzahlungsanspruchs der Reihe nach geprüft werden (siehe hierzu C.).
II. Die sonstigen Ausnahmen
Hinweis: Die sonstigen Ausnahmen müssen dagegen im Rahmen des § 326 BGB angesprochen werden. Der Einstieg in die Klausur beginnt demnach auch hier mit § 611a Abs. 2 BGB und eben nicht direkt mit der Ausnahmeregelung.
A könnte gem. § 611a Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung seines Lohns i.H.v. 4.000 € für den Monat April haben.
A. Anspruch entstanden
Ein wirksamer Arbeitsvertrag liegt vor. Es ist ein monatliches Entgelt in Höhe von 4.000 € vereinbart worden.
Hinweis: Auch hier muss unter „Anspruch entstanden“ natürlich geprüft werden, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag bzw. ein wirksames Arbeitsverhältnis vorliegt.
B. Anspruch erloschen
Im Monat April hat der Arbeitnehmer jedoch nicht gearbeitet. Der Anspruch könnte daher gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB untergegangen sein (Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn“).
Bei dem Arbeitsvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen Vertrag. Darüber hinaus müsste die geschuldete Leistung gem. § 275 BGB unmöglich geworden sein. Die Arbeitsleistung ist eine absolute Fixschuld, die nach Zeitablauf nicht nachgeholt werden kann. Dies muss vor allem aus Arbeitnehmerschutzerwägungen gelten, damit dieser nicht neben der regulär anfallenden Arbeit, zusätzlich auch noch die ausgefallene Arbeit nachholen muss. Folglich tritt mit Zeitablauf eine Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB ein, weshalb der Anspruch auf die Gegenleistung, also auf den Lohn, zunächst gem. § 326 Abs. 1 S. 1 BGB erlischt.
Dem könnte jedoch die Ausnahmeregelung des § 615 S. 3 BGB i.V.m. Betriebsrisiko des Arbeitgebers entgegenstehen.
Hinweis: § 615 S. 3 BGB i.V.m. Betriebsrisiko dient hier nur als Beispiel für eine Ausnahmeregelung. Es könnte natürlich ebenso § 615 S. 1 BGB oder etwa § 326 Abs. 2 BGB sein. Anders als oben beim Entgeltfortzahlungsanspruch gem. § 3 Abs. 1 EFZG steigt man in diesen Fällen also nicht aus der Prüfung aus, sondern prüft den Ausnahmetatbestand unmittelbar als Ausnahme zu § 326 Abs. 1 BGB. An dieser Stelle müssen dann die Tatbestandsvoraussetzungen der jeweiligen Ausnahmeregelung geprüft werden.
C. Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Abschließend soll im Folgenden näher auf das Prüfungsschema des Entgeltfortzahlungsanspruchs und dessen Tatbestandsvoraussetzungen eingegangen werden.
I. Prüfungsschema des § 3 Abs. 1 EZG
- Wirksamer Arbeitsvertrag
2. Ablauf der Wartefrist, § 3 Abs. 3 EFZG
3. Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit
4. Ohne Verschulden des Arbeitnehmers
Hinweis: Das Prüfungsschema des Entgeltfortzahlungsanspruchs gem. § 3 Abs. 1 EFZG muss (und sollte!) keinesfalls auswendig gelernt werden, sondern lässt sich in Gänze aus dem Gesetz herleiten. Das vorgestellte Prüfungsschema dient lediglich als Empfehlung und Orientierung.
II. Einzelne Tatbestandsvoraussetzungen
Im Folgenden sollen die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen – entsprechend ihrem jeweiligen Bedeutungsgehalt in einer Klausur – in angemessenem Umfang dargestellt werden.
Hinweis: Die Verletzung der Pflicht des Arbeitnehmers zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (§ 5 Abs. 1 EFZG) sowie zur Angabe seiner ausländischen Urlaubsanschrift (§ 5 Abs. 2 EFZG) sind keine Tatbestandsvoraussetzungen des Entgeltsfortzahlungsanspruchs (MüKoBGB/Müller-Glögle, 9. Aufl. 2023, EFZG § 5 Rn. 2). Diese Nebenpflichtverletzungen lösen lediglich ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG aus (zu prüfen unter „Anspruch durchsetzbar“) bzw. können auch einen Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers begründen.
1. Wirksamer Arbeitsvertrag
Zu Beginn muss (wieder einmal) geprüft werden, ob ein wirksamer Arbeitsvertrag bzw. ein wirksames Arbeitsverhältnis vorliegt. Dem kann – insbesondere im Rahmen von Krankheitsfällen – vor allem eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung oder eine Anfechtung entgegenstehen. Dies muss an dieser Stelle dann gegebenenfalls inzident geprüft werden. Im Rahmen dieses Prüfungspunktes kann auch in gebotener Kürze die Anwendbarkeit des EFZG nach § 1 EFZG hinterfragt werden, sofern dem Sachverhalt Bedenken hinsichtlich der Arbeitnehmereigenschaft zu entnehmen sind.
2. Ablauf der Wartefrist, § 3 Abs. 3 EFZG
Der Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht gem. § 3 Abs. 3 EFZG erst, wenn das Arbeitsverhältnis 4 Wochen lang ununterbrochen bestanden hat. Der Arbeitnehmer muss hierbei nicht tatsächlich beschäftigt worden sein, es reicht der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses. Sollte er während dieser 4 Wochen krank werden, sind diese Krankheitstage nicht anzurechnen (MüKoBGB/Müller-Glögle, 9. Aufl. 2023, EFZG § 3 Rn. 48).
Hinweis: Dies kann auch bereits unter dem ersten Prüfungspunkt geprüft werden. Insbesondere wenn beide Aspekte unproblematisch gegeben sind, empfiehlt es sich diese in gebotener Kürze im (verkürzten) Gutachtenstil oder direkt im Urteilsstil zu prüfen.
3. Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit
Der Arbeitnehmer muss infolge der Krankheit außerstande sein, seine Arbeitsleistung zu erbringen („durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert“, § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG). Kerngegenstand der Prüfung ist hierbei, dass die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung sein muss (Dütz/Thüsing, 28. Aufl. 2023, § 5 Rn. 224a). Diese geforderte Kausalität kann dann zu Problemen führen, wenn mehrere mögliche Ursachen für den Arbeitsausfall bestehen. In solchen Fällen muss dann die Kausalität im Detail geprüft werden. Ist der Arbeitnehmer beispielsweise an einem Feiertag krank, so bleibt dennoch die Krankheit weiterhin die Ursache für den Arbeitsausfall. Es bleibt demnach bei der Anspruchsgrundlage des § 3 EFZG, lediglich die Höhe richtet sich sodann nach § 2 EFZG (§ 4 Abs. 2 EFZG; siehe auch Dütz/Thüsing, 28. Aufl. 2023, § 5 Rn. 224a).
4. Ohne Verschulden des Arbeitnehmers
Der Arbeitnehmer darf die Krankheit nicht zu verschulden haben („ohne dass ihn ein Verschulden trifft“, § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG).
Hierunter ist nicht Vorsatz und Fahrlässigkeit i.S.d. § 276 BGB zu verstehen, da ansonsten ausnahmslos jede Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt sofort zum Ausschluss des Entgeltfortzahlungsanspruchs führen würde. Vielmehr muss hierunter ein grobes Verschulden gegen sich selbst zu verstehen sein, das einen groben Verstoß gegen das eigene Interesse eines verständigen Menschen darstellt (Dütz/Thüsing, 28. Aufl. 2023, § 5 Rn. 224b). Das Verhalten des Arbeitnehmers muss demzufolge vorsätzlich oder besonders leichtfertig gewesen sein (MüKoBGB/Müller-Glögle, 9. Aufl. 2023, EFZG § 3 Rn. 36).
Hierzu hat sich über die Jahre eine sehr umfassende Kasuistik gebildet. Der Versuch diese auswendig zu lernen wäre vergeblich und führt nicht zum Ziel. Daher sollte man hier – wie so oft – auf sein juristisches Verständnis vertrauen.
Nichtsdestotrotz muss man im Hinblick auf Sportverletzungen mit der bestehenden Rechtsprechung vertraut sein: Allein die Ausübung eines Sports kann dem Arbeitnehmer wegen dem positiven Wert der sportlichen Betätigung nicht angelastet werden. Anders verhält sich dies jedoch bei besonders gefährlichen Sportarten, bei denen sich selbst ein professioneller Sportler unter Beachtung sämtlicher Regeln einem Verletzungsrisiko in gesteigertem Maße ausgesetzt sieht. Die Beurteilung des Verschuldens bleibt jedoch eine Einzelfallentscheidung. Maßgeblich ist, ob der Arbeitnehmer im Rahmen seines Sportunfalls besonders leichtfertig gegen die anerkannten Regeln des konkreten Sports verstoßen hat oder ob er an dem Sport in einer Weise teilgenommen hat, die seine bisherigen Fähigkeiten und Kräfte überstiegen hat. Als häufiges Beispiel lässt sich hierfür die vorsätzliche Nichtbeachtung von Schutzvorkehrungen anführen, vor allem, wenn der Arbeitnehmer auf die entsprechende Schutzausrüstung (z.B. ein Helm) verzichtet (vgl. zur Problematik der Sportverletzungen MüKoBGB/Müller-Glögle, 9. Aufl. 2023, EFZG § 3 Rn. 40).
5. Rechtsfolge, §§ 3, 4 EFZG
Nach § 4 EFZG hat der Arbeitnehmer ein Anspruch auf Fortzahlung seines Entgelts.
Die Dauer des Anspruchs bestimmt sich grundsätzlich nach § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG, wonach der Arbeitnehmer den Anspruch auf Entgeltfortzahlung bis zur Dauer von sechs Wochen hat. Sollte der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig werden, so steht ihm der Entgeltfortzahlungsanspruch für sechs weitere Wochen nur in den beiden Fällen des § 3 Abs. 1 S. 2 EFZG zu. Nach Nr. 1 darf er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Wochen nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig gewesen sein. Nach Nr. 2 müssen seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit mindestens zwölf Monate vergangen sein.
Die Höhe dieses Anspruchs bestimmt sich gem. § 4 Abs. 1 bis 3 EFZG nach dem sog. Lohnausfallprinzip in modifizierter Form (siehe hierzu im Detail Dütz/Thüsing, 28. Aufl. 2023, § 5 Rn. 227). Hiernach muss das Entgelt fortentrichtet werden, das ohne Eintritt der Krankheit zu zahlen gewesen wäre. Überstunden und Überstundenzuschläge bleiben hierbei im Rahmen des § 4 Abs. 1a EFZG außer Betracht. Per Tarifvertrag kann gem. §§ 4 Abs. 4, 12 EFZG von diesen Grundsätzen abgewichen werden. In der Klausur muss zu der Dauer des Anspruches nur bei Anlass im Sachverhalt etwas geschrieben werden. Die Höhe des Anspruchs bemisst sich in erster Linie nach der Höhe des normalen monatlichen Gehalts des Arbeitnehmers – weitergehende Berechnungen mit Blick auf etwaige Überstunden oder Ähnlichem sind in einer Klausur eher atypisch (Stichwort: „iudex non calculat“ – Ausnahme: im Schadensrecht, im Erbrecht und bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs im Familienrecht…).