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Dr. Yannik Beden, M.A.

Hochzeitstorte für homosexuelles Paar verweigert: US Supreme Court zum Antidiskriminierungsrecht – Ein Abgleich zum Kontrahierungszwang im deutschen Zivilrecht

Aktuelles, Schon gelesen?, Startseite

Mit seiner Entscheidung vom 4. Juni 2018 sorgte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten für mediale Kontroversen – nicht nur in den USA. Der Fall betrifft einen amerikanischen Bäcker aus dem Bundesstaat Colorado, der einem schwulen Paar unter Berufung auf sein religiöses Wertebekenntnis die Anfertigung einer Hochzeitstorte verweigerte. Die juristischen Fragestellungen des Rechtsstreits behandeln vordergründig das Staatenrecht von Colorado, sodass eine nähere Betrachtung nur als „Blick über den Tellerrand“ zu verstehen ist. Wie aber wäre die Streitigkeit nach deutschem Recht zu bewerten? Der nachstehende Beitrag soll aus dieser Überlegung heraus den Fall in den Kontext zur hierzulande bestehenden Vertragsschlussfreiheit und deren Beschränkungen setzen.
I. Worüber stritten die Parteien im Originalfall?
Der amerikanische Bäcker und Konditor Jack Phillips betreibt unter dem Firmennamen Masterpiece Cakeshop eine Konditorei in Lakewood nahe von Denver. Um ihre geplante Hochzeit in Massachusetts zu feiern, kontaktierte das gleichgeschlechtliche Paar David Mullins und Charlie Craig im Juli 2012 den Konditor und bat um die Anfertigung einer Hochzeitstorte. Diese verweigerte Phillips allerdings mit der Begründung, dass seine Unternehmensstandards eine Herstellung von Torten für gleichgeschlechtliche Hochzeiten verbiete, da dies „unmittelbar der Bibel entgegensteht“. Stattdessen wurden dem Paar alternative Produkte wie Geburtstagstorten und Kekse angeboten. Auch argumentierte Phillips, er habe als „kreativer Künstler“ das Recht zu entscheiden, was er verkaufe.
Mullins und Craig legten daraufhin Beschwerde bei der Bürgerrechtskommission des Staates Colorado ein und beriefen sich auf eine Diskriminierung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Colorado ist einer von insgesamt 22 Bundesstaaten der USA, der die sexuelle Orientierung als verpöntes Merkmal in seinen Antidiskriminierungsbestimmungen aufgenommen hat. Folgende Bestimmung sieht der „Colorado Anti-Discrimination Act (CADA)“ vor:
„It is a discriminatory practice and unlawful for person, directly or indirectly, to refuse, withhold from, or deny an individual or a group, because of disability, race, creed, color, sex, sexual orientation, marital status, national origin, or ancestry, the full and equal enjoyment of the goods, services, facilities, privileges, advantages, or accommodations of a place of public accommodation.” Colo. Rev. Stat. § 24-34-601(2)(a)(2017).
Die Bürgerrechtskommission entschied die Streitigkeit zugunsten von Mullins und Craig. Auch das in der Folge angerufene State Court des Bundesstaats Colorado bejahte einen Verstoß Phillips gegen die Antidiskriminierungsvorschriften des Bundesstaates. Phillips brachte den Rechtsstreit letztlich vor das höchste Gericht der USA.
II. Die Entscheidung des US Supreme Court
Das US Supreme Court urteilte nun zugunsten des Konditors, dessen religiöse Freiheit – so das Gericht in seiner 7 zu 2 Entscheidung – durch das Verdikt der Bürgerrechtskommission sowie der aufrechterhaltenden Entscheidung des State Courts von Colorado nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Justice Kennedy kam in seiner Rechtsausführung zu dem Schluss, dass die Entscheidung der Bürgerrechtskommission die Reichweite der in der Verfassung der Vereinigten Staaten garantierten Religionsfreiheit verkannt habe:
“The Commission’s hostility was inconsistent with the First Amendment’s guarantee that our laws be applied in a manner that is neutral toward religion. Phillips was entitled to a neutral decisionmaker who would give full and fair consideration to his religious objection as he sought to assert it in all of the circumstances in which this case was presented, considered, and decided. In this case the adjudication concerned a context that may well be different going forward in the respects noted above. However later cases raising these or similar concerns are resolved in the future, for these reasons the rulings of the Commission and of the state court that enforced the Commission’s order must be invalidated.”
Justice Kennedy betonte allerdings auch, dass die Entscheidung des Supreme Courts nicht als Präzedenzfall verstanden werden solle. Ähnlich gelagerte Konstellationen könnten also künftig durchaus anders entschieden werden. Maßgeblich sei der Grundsatz, dass derartige Streitigkeiten jeweils unter umfassender Berücksichtigung religiöser Glaubensbekenntnisse zu bewerten seien. Trotzdem müsse auch in jedem Fall berücksichtigt werden, dass homosexuelle Personen keinerlei Erniedrigungen erfahren sollen, wenn sie Güter und Dienstleistungen in einem freien Markt beschaffen möchten:
“The outcome of cases like this in other circumstances must await further elaboration in the courts, all in the context of recognizing that these disputes must be resolved with tolerance, without undue disrespect to sincere religious beliefs, and without subjecting gay persons to indignities when they seek goods and services in an open market.”
Das Gericht kam vor diesem Hintergrund zu der Entscheidung, das anderslautende Urteil der Berufungsinstanz aufzuheben. Besonders interessant dürfte sein, dass der Bundesstaat Colorado im streitgegenständlichen Jahr 2012 zwar bereits ein Antidiskriminierungsgesetz implementiert hatte, die gleichgeschlechtliche Ehe jedoch erst 2014 in Colorado staatenrechtlich anerkannt wurde. Für die Entscheidungsfindung des Supreme Courts war dieser Umstand jedoch von untergeordneter Bedeutung.
III. Vertragsfreiheit und Kontrahierungszwang im deutschen Zivilrecht
Wie würde nun der identische Sachverhalt nach deutschem Recht zu bewerten sein? Auch wenn in der Bundesrepublik die Vertragsabschlussfreiheit zu den grundlegenden Ordnungsprinzipien des Zivilrechts zählt, gibt es zahlreiche Beispiele für eine gesetzliche Anordnung von Kontrahierungszwang (vgl. Horcher, RdA 2014, 93 ff.). Man denke etwa an die Pflicht von Energieversorgungsunternehmen, in ihren Netzgebieten jeden Haushaltskunden zu versorgen, § 36 Abs. 1 EnWG, oder auch die Beförderungspflicht von Unternehmen nach dem Personenbeförderungsgesetz, § 22 PBefG. Ein Gesetz, das für Bäckerei- und Konditoreibetriebe eine Pflicht zur Versorgung der Bevölkerung mit Teigwaren, Torten etc. anordnet, gibt es offenkundig nicht. Für den hier besprochenen Fall wäre allenfalls an die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) zu denken. Darüber hinaus wäre zu prüfen, ob eine Pflicht zum Vertragsschluss durch eine mittelbare Drittwirkung von Grundrechten über die Generalklauseln des Zivilrechts bestehen kann:
1. Verpflichtung nach dem AGG?
In Betracht kommt zunächst eine Anknüpfung an die Bestimmungen des AGG. Ungeachtet der Rechtsfolgen, die ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot mit sich bringen kann (s. § 15 Abs. 6 AGG), müsste überhaupt der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes eröffnet sein. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 AGG gibt vor, auf welche Bezugspunkte hin eine Benachteiligung nach den in § 1 AGG bestimmten Merkmalen – wozu die sexuelle Identität ausdrücklich gehört – unzulässig ist. Für die Leistungen des Konditors kommt § 2 Abs. 1 Nr. 8 AGG in Betracht, wonach eine Benachteiligung unzulässig ist, wenn es sich um „den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum“ handelt. Die Norm ist bewusst weit gefasst worden. Entscheidend ist, dass der Anbieter des Guts bzw. der Dienstleistung über seine Privatsphäre hinausgehend Angebote an einen unbestimmten Personenkreis richtet (vgl. ErfK/Schlachter, AGG, 18. Auflage 2018, § 2 Rn. 14; Nickel, NJW 2001, 2668 (2669)). Dies dürfte bei einer Konditorei wie Masterpiece Cakeshop unzweifelhaft gegeben sein.
Bejaht man demnach die sachliche Anwendbarkeit des AGG, stellt sich die Frage, ob ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus § 1 AGG zu einer Vertragsabschlusspflicht führen kann. Für das Arbeitsrecht sieht § 15 Abs. 6 AGG ausdrücklich vor, dass eine Diskriminierung keinen Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses ergeben kann. Für den Inhalt des Beseitigungsanspruchs aus § 21 Abs. 1 GG gibt es eine solche Anordnung nicht. Daraus ziehen Stimmen der Literatur den Umkehrschluss, dass der Beseitigungsanspruch auch auf eine Pflicht zum Abschluss eines Vertrags gerichtet sein kann (Horcher, RdA 2014, 93 (93) m.w.N.; bejahend Thüsing/von Hoff, NJW 2007, 21 (21 ff.); Wagner/Potsch, JZ 2006, 1085 (1098); ablehnend Armbrüster, NJW 2007, 1494 (1498). Die Rechtsprechung hat sich hierzu freilich noch nicht geäußert. Geht man rechtsdogmatisch davon aus, dass der Beseitigungsanspruch bei einer Vertragsverweigerung – als actus contrarius – auf einen Vertragsabschluss gerichtet ist (vgl. MüKo/Thüsing, AGG, 7. Auflage 2015, § 21 Rn. 17), wäre wohl auch nach deutschem Recht eine Pflicht zur Anfertigung der Hochzeitstorte anzunehmen. Ob § 21 Abs. 1 S. 1 AGG einen Kontrahierungszwang anordnet, bedarf jedoch bislang noch einer Klärung durch das BAG.
2. Kontrahierungszwang über § 242 BGB – Drittwirkung der Grundrechte?
Abseits des AGG käme man zu einer Kontrahierungspflicht des Konditors nur über die Generalklausel des § 242 BGB. Ob die Norm jedoch grundsätzlich eine Vertragsabschlusspflicht statuieren kann bzw. soll, wird bereits äußerst zweifelhaft sein. Auch der BGH hat sich in einer Entscheidung zur Frage der Vertragsabschlussverpflichtung von Banken bislang gegen einen auf § 242 BGB gestützten Kontrahierungszwang ausgesprochen (BGH Urteil v. 15.1.2013 – XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519). Allerdings hat das Gericht bislang noch eine mittelbare Geltung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG anerkannt, sofern ein soziales Mächteverhältnis zwischen den Privatrechtssubjekten besteht (BGH Urteil v. 15.1.2013 – XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519). Doch auch diese Judikatur dürfte in Anbetracht der jüngsten Entscheidung des BVerfG zur mittelbaren Drittwirkung von Gleichheitsrechten überholt sein. Am 11. April 2018 urteilte das BVerfG, dass sich auch aus „Art. 3 Abs. 1 GG nach den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung kein objektives Verfassungsprinzip entnehmen [lässt], wonach die Rechtsbeziehungen zwischen Privaten von diesen prinzipiell gleichheitsgerecht zu gestalten wären. Grundsätzlich gehört es zur Freiheit jeder Person, nach eigenen Präferenzen darüber zu bestimmen, mit wem sie unter welchen Bedingungen Verträge abschließen will“ (BVerfG Urteil v. 11.4.2018 – 1 BvR 3080/09). Damit dürfte auch der Weg über eine mittelbare Drittwirkung regelmäßig verschlossen sein.
IV. Zusammenfassung
Die Entscheidung des US Supreme Courts verdeutlicht, dass das Antidiskriminierungsrecht auch in den USA noch in den Kinderschuhen steckt. Die 7 zu 2 Entscheidung des Gerichts lässt erkennen, dass die rechtliche Bewertung in gleichgelagerten Streitigkeiten künftig durchaus anders ausfallen kann. Überträgt man den Fall auf das deutsche Rechtssystem, ergeben sich eine Vielzahl juristischer Problemstellungen. Auch das AGG würde nach seiner jetzigen Fassung zu keinem eindeutigen Ergebnis kommen. Letztlich muss gefragt werden, ob und in welchem Umfang eine Privatrechtsordnung Kontrahierungszwänge vorsehen soll. Summa: Eine spannende Problemstellung, welche die Kernelemente des Zivilrechts – Privatautonomie und Vertragsfreiheit – betrifft.

18.06.2018/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2018-06-18 10:00:402018-06-18 10:00:40Hochzeitstorte für homosexuelles Paar verweigert: US Supreme Court zum Antidiskriminierungsrecht – Ein Abgleich zum Kontrahierungszwang im deutschen Zivilrecht
Tom Stiebert

BVerfG: Ehegattensplitting auch für eingetragene Lebenspartnerschaft

BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Das Bundesverfassungsgericht hat am heutigen 6.6.2013 die vor allem rechtspolitisch hoch umstrittene Frage entschieden, ob eine Ausdehnung des Ehegattensplitting auch auf die Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft geboten ist (2 BvR 909/06; 2 BvR 1981/06; 2 BvR 288/07). Das Bundesverfassungsgericht stellte nun fest: „Die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen beim Ehegattensplitting ist verfassungswidrig.“
I. Sachverhalt
Für homosexuelle Partnerschaften besteht in Deutschland nicht die Möglichkeit eine Ehe einzugehen. Stattdessen wurde für sie aber 2001 die der Ehe angenäherte Form der eingetragenen Lebenspartnerschaft geschaffen, die im Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) geregelt ist. Die Ehe steht damit weiterhin nur gemischt-geschlechtlichen Paaren zu.
An die Ehe sind aber diverse Privilegierungen geknüpft, die den eingetragenen Lebanspartnern nicht zustehen. Hier relevant war das sog. Ehegattensplitting, das seine Grundlagen im Einkommenssteuergesetz hat. Regelungen hierzu finden sich in §§ §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG. Grob zusammengefasst bedeuten die Regelungen, dass nicht jeder Ehepartner sein Einkommen separat versteuert, sondern eine gemeinsame Veranlagung zu erfolgen hat. Das Gesamteinkommen der Ehepartner wird also halbiert und die Steuern werden dann jeweils anhand dieses Einkommens berechnet. Steuerersparnisse sind insbesondere dann möglich, wenn die Einkommensdifferenz zwischen den einzelnen Ehepartnern sehr hoch ist.
Die Beschwerdeführer haben im konkreten Fall gerügt, dass diese Privilegierung nur die Ehen, nicht aber die eingetragenen Lebenspartnerschaften betrifft und damit ohne sachlichen Grund differenziert wird.
 
II. Entscheidung des BVerfG
Das Bundesverfassungsgericht hat nun entschieden, dass diese Privilegierung der Ehe gegenüber der eingetragenen Lebenspartnerschaft unzulässig sei.
1. Verletzung von Art. 3 GG
Maßstab der Prüfung muss hier der Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG sein. Das Bundesverfassungsgericht stellt in diesem Zusammenhang aber auch fest, dass die vorliegende Ungleichbehandlung den Vorgaben des Art. 3 Abs. 3 GG nahekommt und deshalb besonders rechtsfertigungsbedürftig sei. Die Unterscheidung zwischen zwei Partnerschaftsformen ist hier auch eine Unterscheidung hinsichtlich der sexuellen Orientierung.

Im Fall der Ungleichbehandlung von Personengruppen besteht regelmäßig eine strenge Bindung des Gesetzgebers an die Erfordernisse des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Die Anforderungen an die Rechtfertigung sind umso strenger, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale an die des Art. 3 Abs. 3 GG annähern, das heißt je größer die Gefahr ist, dass die Ungleichbehandlung zur Diskriminierung einer Minderheit führt. Dies ist bei Differenzierungen nach der sexuellen Orientierung der Fall.

2. Rechtfertigung allein aus Art. 6 Abs. 1 GG
Eine Möglichkeit der Rechtfertigung könnte sich aber aus dem Gebot der Privilegierung der Ehe aus Art. 6 GG ergeben. Unter Ehe in diesem Sinne ist weiterhin allein die Ehe zwischen Mann und Frau, nicht aber die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft zu verstehen. Fraglich ist also, ob die Berufung auf Art. 6 Abs. 1 GG als sachliche Rechtfertigung ausreicht. Dies verneint das BVerfG sehr knapp indem es darlegt:

Allein der besondere Schutz der Ehe und Familie in Art. 6 Abs. 1 GG vermag die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft nicht zu rechtfertigen. Die Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG bildet einen sachlichen Differenzierungsgrund, der in erster Linie dazu geeignet ist, die Ehe gegenüber anderen Lebensgemeinschaften besser zu stellen, die durch ein geringeres Maß an wechselseitiger Pflichtbindung geprägt sind. Geht die Privilegierung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer, in vergleichbarer Weise rechtlich verbindlich verfasster Lebensformen einher, rechtfertigt der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung indes nicht.

Die Privilegierung soll folglich nicht absolut greifen, sondern nur gegenüber anderen weniger starken partnerschaftlichen Verbindungen. Mit dieser Darlegung nähert das Bundesverfassungsgericht folglich die eingetragene Lebenspartnerschaft der Ehe stark an, indem es klarstellt, dass eine besondere Privilegierung nicht geboten ist.
3. Rechtfertigung aus weiteren Sachgründen
Das Bundesverfassungsgericht prüft aber dann, ob nicht weitere Sachgründe eine Privilegierung der Ehe begründen können. Der Status der Ehe reicht folglich nicht als Rechtfertigung, sodass geprüft wird, ob mit dem Status der Ehe im Zusammenhang stehende Umstände eine Privilegierung begründen können.
Der Zweck des Ehegattensplittings steht einer solchen Gleichbehandlung nicht entgegen.

Zweck des 1958 eingeführten Splittingverfahrens ist es, Ehen unabhängig von der Verteilung des Einkommens zwischen den Ehegatten bei gleichem Gesamteinkommen gleich zu besteuern. Das Splittingverfahren nimmt hierbei den zivilrechtlichen Grundgedanken der Ehe als Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs auf. Auch die eingetragene Lebenspartnerschaft ist als Gemeinschaft des Erwerbs und Verbrauchs ausgestaltet.

Auch familienpolitische Erwägungen – nicht Ehen an sich, sondern Kinder sollen gefördert werden – können die Differenzierung nicht begründen.

Nach dem Einkommensteuergesetz hängt die Gewährung des Splittingvorteils allein von der Existenz einer Ehe ab, in der die Partner nicht dauernd getrennt leben. Unbeachtlich ist demgegenüber das Vorhandensein von Kindern sowie die Möglichkeit, dass während der Ehe gemeinsame Kinder der Ehepartner geboren werden.

Die Typisierung des Gesetzgebers war damit unzulässig. Zwar darf er – gerade im Steuerrecht – Unterscheidungen zwischen einzelnen Gruppen vornehmen, dabei darf er aber keine sachfremden Kriterien anwenden, sondern ist auch an das Gleichbehandlungsgebot gebunden.

Der gesetzgeberische Spielraum für Typisierungen ist umso enger, je dichter die verfassungsrechtlichen Vorgaben außerhalb des Art. 3 Abs. 1 GG sind. Er endet dort, wo die speziellen Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 2 und 3 GG betroffen sind.

Damit ist eine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nicht möglich.
4. Rechtsfolge: Rückwirkende Unwirksamkeit ab 1. August 2001
Interessant ist, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil direkt formulierte, wie mit entsprechenden Fällen nun umzugehen sei. Es knüpft dabei an den Zeitpunkt des Erlasses des LPartG an; von diesem Zeitpunkt an sei eine Differenzierung unzulässig.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß rückwirkend zum Zeitpunkt der Einführung des Instituts der Lebenspartnerschaft am 1. August 2001 zu beseitigen.

5. Sondervotum
Eine andere Ansicht vertraten die Verfassungsrichter Landau und Kessal-Wulf, die für die Unzulässigkeit erst an das Jahr 2005 anknüpfen wollen, da bis zu diesem Zeitpunkt der Gesetzgeber die Lebenspartnerschaft nicht als der Ehe vergleichbar ansehen wollte. Zudem legen sie in ihrem Sondervotum dar, dass ihrer Ansicht nach die Ungleichbehandlung durch sachliche Gründe gerechtfertigt sei.

 Die Erstreckung des Splittingverfahrens auf eingetragene Lebenspartner für die Veranlagungsjahre vor 2005 läuft auf die Gewährung der einkommensteuerrechtlichen Vorteile einer Gemeinschaft von Erwerb und Verbrauch hinaus, ohne dass die hieraus spiegelbildlich erwachsenden Verpflichtungen zwischen den Lebenspartnern in auch nur annähernd vergleichbarem Umfang bestanden hätten. Auch blendet die Begründung des Senats aus, dass der Gesetzgeber bewusst von einer vollständigen Gleichstellung abgesehen und gerade die ökonomische Selbstständigkeit beider Partner als gesetzliches Leitbild herausgestellt hat. Somit setzt der Senat seine Einschätzung an die Stelle des hierzu alleine berufenen Gesetzgebers.

III. Folgen
Die Privilegierung der Ehe durch das Ehegattensplitting muss damit entfallen. Gleichwohl hat der Gesetzgeber bspw. die Möglichkeit ein sog. Familiensplitting einzuführen – die steuerliche Begünstigung wird dann an das Vorhandensein von Kindern (unabhängig von Ehe oder Lebenspartnerschaft) geknüpft. Die hiermit verfolgten familienpolitischen Ziele würden als Rechtfertigung der Ungleichbehandlung ausreichen.
IV. Examensrelevanz
Der Fall erscheint nicht sonderlich schwer und befasst sich nicht mit völlig unbekannten Normen, sodass er sehr gut im Examen laufen könnte. Auch für die mündliche Prüfung muss er auf jeden Fall beherrscht werden. Hier kann sowohl die standardisierte Prüfung des Art. 3 GG und die Rechtfertigungsmöglichkeit abgefragt werden. Es ist aber auch sehr gut denkbar, dass der Prüfer die unbekanntere Frage der Rechtsfolgen problematisieren würde. Hier ist dann eine gute Argumentation nötig, wie man gerade auch an den Sondervoten erkennt.

06.06.2013/1 Kommentar/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2013-06-06 10:39:052013-06-06 10:39:05BVerfG: Ehegattensplitting auch für eingetragene Lebenspartnerschaft

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