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Schlagwortarchiv für: Reiserecht

Maria Lohse

AG München: Minderung des Reisepreises und Schadensersatz

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Reiserecht, Startseite, Zivilrecht

Mit Urteil vom 21.02.2013 hat das AG München (Az.: 244 C 15777/12) entschieden, dass der Reisepreis wegen Abweichungen der Umgebung der Unterkunft von den zuvor festgelegten Kriterien gemindert und etwaige dadurch entstandene Mehraufwendungen im Wege des Schadensersatzes herausverlangt werden können. Eine Minderung wegen Informationspflichtverletzung ist zudem möglich, wenn dem Reisenden erst bei Ankunft am Urlaubsort mitgeteilt wird, dass die ursprünglich vorgesehene Unterkunft nicht zur Verfügung stehe und ein Ausweichen auf eine andere Unterkunft daher erforderlich sei.

Sachverhalt

Die Mutter M buchte für sich und ihre beiden Töchter im August 2010 ein Appartement auf der griechischen Insel Korfu für 14 Tage zu einem Preis von insgesamt 2008,- €. Bei den Vertragsverhandlungen gab sie explizit an, dass unbedingte Voraussetzung für die Buchung eine direkte Strandlage sowie das Vorhandensein ausreichender Einkaufsmöglichkeiten vor Ort seien. Am Urlaubsort angekommen wurde ihr eine andere als die zuvor geplante Ferienwohnung zugewiesen, welche ca. 250 m vom Strand entfernt lag und in deren Nähe sich einzig ein „Minimarkt“ als Einkaufsmöglichkeit befand. Die M bemängelte zwar umgehend die geänderte Unterbringung. Abhilfe wurde jedoch nicht geschaffen. Die Familie bezog daraufhin die Wohnung. Während des Urlaubsaufenthaltes ging sie mehrfach Essen. Nach der Rückkehr aus dem Urlaub wendete sich die M an den Reiseunternehmer R, der seinerseits nicht Eigentümer der Ferienwohnung war, mit dem Begehren, einen Teil der Reisekosten erstattet zu erhalten, da das eigentlich für sie vorgesehene Appartement, das ihren klar geäußerten Wünschen bei der Buchung entsprochen hätte, nicht zur Verfügung gestanden hatte. Auch verlangte sie die Erstattung eines Teils der angefallenen Verpflegungskosten. Der R wandte ein, das Vorhandensein eines „Minimarktes“ vor Ort sei ausreichend gewesen, um sich selbst zu versorgen und die unmittelbare Strandnähe sei bei einer Entfernung von 250 m ebenfalls gegeben. Er verweigerte daher jegliche Zahlung.

Entscheidung:

Das AG München sprach der Reisenden ein Recht zur Minderung in Höhe von insgesamt 20% des Reisepreises sowie einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Mehraufwendungen durch das auswärtige Essengehen mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil zu.

I. Rückerstattung Reisepreis, §§ 651 d I 2, 638 IV BGB

 

Zunächst kommt ein Recht auf Rückforderung des wegen wirksamer Ausübung des Minderungsrechts zu viel gezahlten Reisepreises gemäß §§ 651 d I 2, 638 IV in Betracht. Dessen Voraussetzungen müssten dann erfüllt sein.

 

1. Reisevertrag, § 651 a BGB

 

Ein Reisevertrag setzt nach § 651 a I 1 BGB zunächst voraus, dass der Reiseveranstalter sich dem Reisenden gegenüber zur Erbringung einer Gesamtheit von Reiseleistungen verpflichtet. Vorliegend vermittelte jedoch der R lediglich eine Ferienwohnung an die M und verpflichtete sich ansonsten nicht zur Erbringung darüber hinausgehender Leistungen. Eine „Gesamtheit von Reiseleistungen“ war daher nicht Gegenstand des vorliegenden Vertrages.

Allerdings entspricht es höchstrichterlicher Rechtsprechung, insbesondere bei Ferienhausverträgen die Vorschriften des Reisevertragsrechts entsprechend anzuwenden (z.B. BGH NJW 1985, 906), sofern nicht der Reiseunternehmer selbst Eigentümer der entsprechenden Wohnung ist. In letzterem Fall soll sich das Verhältnis zwischen ihm und dem Reisenden ausschließlich nach Mietrecht bestimmen.

Vorliegend war der Reiseunternehmer nicht Eigentümer der Ferienwohnungen. Reisevertragsrecht ist daher vorliegend entsprechend anwendbar.

Ein Vertrag wurde zwischen der Reisenden und dem Reiseunternehmer auch wirksam geschlossen.

 

2. Mangel, § 651 c I BGB

 

Die Reise müsste zudem mangelhaft sein gemäß § 651 c I BGB. Das ist der Fall, wenn entweder die zugesicherten Eigenschaften fehlen oder die Reise mit Fehlern behaftet ist, welche den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.

Grundsätzlich ist ein Mangel der Reise bei Pauschalreisen nur zu bejahen, wenn ein Teil der Reise mangelhaft ist, dessen Mangelhaftigkeit sich negativ auf das gesamte Paket an Reiseleistungen auswirkt. Vorliegend bestand jedoch die Pflicht allein in der Beschaffung einer Ferienwohnung, die den Anforderungen entsprach, die bei Vertragsschluss vereinbart wurden. Diese allein kann folglich mangelhaft sein.

In Betracht kommt hier ein Abweichen der Unterkunft von der zugesicherten Eigenschaft.

Die Reisende M hat vorliegend gegenüber R deutlich gemacht, dass sie besonderen Wert darauf lege, dass die Wohnung in unmittelbarer Strandnähe liege. Dies wurde sogar zur unbedingten Buchungsvoraussetzung erhoben. Es handelte sich also um zugesicherte Eigenschaften im Sinne des § 651 c I BGB.

Fraglich ist, ob auch eine Abweichung davon vorliegt. Der R trägt vor, bei einer Entfernung der Wohnung vom Strand von 250 m sei eine unmittelbare Strandnähe zu bejahen. Das lehnte das AG aber ab. Nach seiner Ansicht ermögliche lediglich eine unmittelbare Strandlage ein spontanes und unkompliziertes Schwimmengehen am Morgen und sei daher nicht mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Anders sei es bei einer Entfernung von mindestens 250 m, die es erforderlich mache, sich entsprechend zu kleiden und jeweils eine Strecke zu Fuß zu gehen. Folglich wich die Wohnung hier von der zugesicherten Eigenschaft unmittelbarer Strandnähe ab.

 

3. Minderung

 

Auch müsste die Minderung des Reisepreises eingetreten sein. Dies ist abweichend von den Regelungen im Werkvertrags- und Kaufrecht schon dann der Fall, wenn die Voraussetzungen des § 651 d BGB vorliegen. Die Minderung tritt hier also automatisch ein und ist nicht von der Ausübung des Minderungsrechts abhängig.

Die Reiseleistung Ferienunterkunft war während der Dauer der gesamten Reise mangelhaft. Auch hatte M nach § 651 d II BGB den Mangel unmittelbar bei Ankunft auf Korfu angezeigt.

Die Minderungsquote bestimmt sich nach § 638 III BGB, der über § 651 d I BGB anwendbar ist. Danach ist die Vergütung in dem Maße herabzusetzen, in welchem der Wert der Reise in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert der Reise gestanden haben würde. Das AG hielt eine Minderungsquote von 5 % hier für angemessen.

 

4. Informationspflichtverletzung

 

Das AG hat weiterhin eine selbständige Minderung des Reisepreises wegen vorsätzlicher Informationspflichtverletzung durch den R angenommen. Eine Minderung wegen positiver Informationspflichtverletzung kommt im Reiserecht nach gefestigter Rechtsprechung in Betracht, wenn sich die verschwiegene Information auf wesentliche negative Abweichungen von der geschuldeten Hauptleistung bezieht. Von wesentlichen Reisemängeln ist in der Regel dann auszugehen, wenn diese im Ergebnis eine Kündigung des Reisevertrages gem. § BGB rechtfertigen würden. Insoweit muss sich die Informationspflichtverletzung in anschließenden wesentlichen Reisemängeln widerspiegeln.

Vorliegend unterließ der R es, die M vor Reiseantritt darüber in Kenntnis zu setzen, dass ihr eine Ersatzunterkunft statt der zunächst vertraglich vereinbarten Ferienwohnung zur Verfügung gestellt werde. Diese Ersatzunterkunft litt an Mängeln, die in der Lage begründet waren, welche von der zugesicherten Lage abwichen. Diese Mängel hätten auch eine Kündigung der Reise durch M getragen. Daher handelte es sich bei der verschwiegenen Information vorliegend um eine die Minderung auslösende Informationspflichtverletzung.

Das AG München hielt für selbige eine Minderungsquote in Höhe von 15% des Reisepreises für angemessen.

 

5. Ergebnis

 

Die M kann Rückgewähr des Reisepreises in Höhe von 20% aufgrund wirksamer Minderung verlangen.

 

II. Schadensersatz, § 651 f BGB

 

Möglicherweise kann M zudem Schadensersatz in Höhe der Mehraufwendungen verlangen, die ihr durch das auswärtige Essengehen entstanden sind. Grundsätzlich kann gemäß § 651 f I BGB ein Schadensersatz auch neben der Minderung des Reisepreises geltend gemacht werden.

 

1. Reisevertrag, § 651 a BGB

 

Wie oben dargestellt, liegt ein Reisevertrag vor.

 

2. Mangel, § 651 c I BGB

 

Es könnte wiederum an einer zugesicherten Eigenschaft dadurch fehlen, dass in unmittelbarer Nähe der Unterkunft lediglich ein „Minimarkt“ zur Deckung der erforderlichen Verpflegung vorhanden war.

Vertraglich vereinbart wurde, dass nahegelegene Einkaufsmöglichkeiten im Umfeld der Ferienwohnung vorhanden sein müssen. Fraglich ist, ob dafür das Vorhandensein eines „Minimarktes“ in 800 m Entfernung ausreichend sein kann.

Dies lehnte das AG München ab, da ein „Minimarkt“ schon seiner Bezeichnung entsprechend nicht mit einem regulären Supermarkt vergleichbar sei. Das vorhandene Warenangebot sei demgegenüber erheblich eingeschränkt. Daher sei ein solcher „Minimarkt“ auch nicht dazu geeignet, die Verpflegung über insgesamt 14 Tage in zumutbarer Art und Weise zu ermöglichen.

Ein Mangel liegt daher in Form der Abweichung von einer zugesicherten Eigenschaft vor.

 

3. Vertretenmüssen

 

Das Vertretenmüssen des R wird gemäß § 651 f I BGB vermutet. Eine Exkulpation ist nicht ersichtlich.

 

4. Schaden

 

Der Schaden, der der M entstanden ist, besteht nach der Differenzhypothese in den Mehraufwendungen für das häufigere Auswärtsessen im Vergleich zu den Kosten, die bei einer Selbstverpflegung durch Einkauf in einem nahe gelegenen Supermarkt entstanden wären.

 

5. Ergebnis

 

Der M steht auch ein Schadensersatzanspruch in Höhe der tatsächlich entstandenen Mehraufwendungen zu.

 

Stellungnahme:

Die vorliegende Entscheidung bietet zunächst neue Erkenntnisse, indem sie das fehlende Vorhandensein adäquater Einkaufsmöglichkeiten und fehlende unmittelbare Strandnähe zu Abweichungen zusicherbarer Eigenschaften erhebt. Zudem bietet sie Gelegenheit, sich mit einigen Besonderheiten des Reisevertragsrechts erneut zu befassen: Die Tatsache, dass ein Mangel sich aus der Zusicherung von Eigenschaften ergeben kann, die – anders als im Kaufrecht beispielsweise – nicht Vertragsinhalt geworden sind, stellt eine solche Besonderheit dar. Auch wird hier erneut die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Reisvertragsrechts über den Wortlaut des § 651 a BGB hinaus verdeutlicht. Eine entsprechende Anwendung wurde höchstrichterlich nicht nur für die Vermietung einer Ferienwohnung ohne weitere Reiseleistungen, sondern zum Beispiel auch bereits für die Charterung einer Yacht bejaht (BGH NJW 1995, 2629). Zudem werden abermals die Voraussetzungen konkretisiert, die an die Information zu stellen sind, deren Verletzung zu einer Minderung des Reisepreises führen kann.

Die vorliegende Entscheidung ist wegen ihrer Kombination aus altbekannten Grundsätzen und Konkretisierung im aktuellen Fall daher jedem Examenskandidaten ans Herz zu legen.

 

21.08.2013/0 Kommentare/von Maria Lohse
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Maria Lohse https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Maria Lohse2013-08-21 11:00:532013-08-21 11:00:53AG München: Minderung des Reisepreises und Schadensersatz
Gastautor

BGH: Minderung des Reisepreises bei einer Kreuzfahrt

Rechtsprechung, Reiserecht, Zivilrecht

Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Pierre-André Brandt veröffentlichen zu können. Pierre hat in Bonn und Düsseldorf studiert und promoviert aktuell rechtsvergleichend zu einem gesellschaftsrechtlichen Thema an der Universität Düsseldorf. Nebenbei ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einer Rechtsanwaltskanzlei in Düsseldorf tätig.

In einer aktuellen Entscheidung zum Reiserecht (BGH Urteil vom 14.05.2013 – X ZR 15/11) hatte sich der zuständige X. Zivilsenat des BGH, neben den Anforderungen an die Berechnung der Minderung des Reisepreises bei einer mangelhaften Reise, auch mit den Rechtsfolgen einer durch den Reisemangel bedingten Kündigung sowie dem Anspruch auf Ersatz von nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit auseinanderzusetzen. Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde (nach Pressemitteilung Nr. 88/2013 des BGH):

I. Sachverhalt

B veranstaltete eine 14tägige Kreuzfahrt „Sommer in Grönland“, an der Kunden des K, der ein Touristikunternehmen betreibt, teilnahmen. Während der Kreuzfahrt kam es zu Abweichungen von der ursprünglichen Reiseplanung. Es wurde eine andere Fahrtroute als geplant gewählt, ferner entfielen geplante Landgänge oder wurden erheblich verkürzt. Die vorgesehenen Besuche der Faröer- und der Orkney-Inseln entfielen, da die Maschinenleistung aufgrund verschmutzen Bunkeröls herabgesetzt werden musste. Mehrere der Reisenden brachen die Kreuzfahrt daraufhin in Reykjavik ab. Die übrigen Reisenden verbrachten die Tage bis zur Ankunft in Kiel auf See. B erstattete allen Reisenden 40 % des Reisepreises.

K verlangt von B aus abgetretenem Recht seiner Kunden nunmehr

1) Minderung des Reisepreises nach § 651d BGB um weitere 40 %

2) Ersatz der Kosten, die den einzelnen Reisenden durch Kündigung und Abbruch der Reise gemäß § 651e Abs. 1 BGB entstanden sind sowie

3) Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651f Abs. 2 BGB

II. Entscheidung

Das zuständige Landgericht Bremen hat die Klage abgewiesen; die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht Bremen zurückgewiesen. Das OLG Bremen hat angenommen, dass die Reise zwar mangelhaft i.S.v. § 651c Abs. 1 BGB war, jedoch die Mängel durch die Erstattung der Reisekosten i.H.v. 40 % des Reisepreises ausreichend seien. Ferner liege eine objektiv erhebliche Beeinträchtigung der gesamten Reise, die diese als Ganzes entwertet hätte, nicht vor, so dass auch keine Schadensersatzansprüche oder Ansprüche wegen vertaner Urlaubszeit vorliegen würden.

Der X. Zivilsenat hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz mit der Begründung verwiesen, dass die Gesamtumstände, die die Reiseleistung beeinträchtigt haben, unzureichend berücksichtigt wurden und zu Unrecht darauf abgestellt worden sei, dass der Charakter der Reise als „Grönland-Kreuzfahrt“ nicht in Frage gestellt gewesen sei.

Der zuständige Senat führt an, dass der Verlauf des zweiten Teils der Reise, bei dem der Aufenthalt in Reykjavik stark verkürzt worden sei und zudem die geplanten Besuche der Faröer- und der Orkney-Inseln entfielen, nicht hinreichend berücksichtigt worden seien.

Aus diesem Grund müsse das Berufungsgericht sowohl die Minderungsquote sowie die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Schadensersatzanspruches, als auch die Ansprüche wegen vertaner Urlaubszeit erneut überprüfen.

III. Rechtliche Würdigung

Das Urteil des BGH geht nicht näher auf den Sachverhalt und die ihm zugrunde liegenden Tatsachen ein, so dass im Folgenden eine allgemeine Betrachtung der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen der in der Klage durch K geltend gemachten Ansprüche vorgenommen wird.

1. Minderungsanspruch aus § 651 d BGB

Der Kläger macht zunächst einen Minderungsanspruch gemäß § 651d BGB gegenüber dem Reiseveranstalter geltend. Dem Reisenden steht hiernach ein Recht zur Minderung des Reisepreises zu, sofern die Reise mangelhaft i.S.v. § 651c Abs. 1 BGB ist.

Anzumerken ist, dass, um in den Anwendungsbereich der Gewährleistungsrechte der §§ 651c bis g zu gelangen, es stets des Vorliegens eines Reisevertrags nach § 651a BGB bedarf. Dieser lag hier unproblematisch vor.

a) Reisemangel

Ein Mangel i.S.v. § 651c Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Reiseleistungen von derjenigen abweicht, welche die Parteien bei Vertragsschluss vereinbart oder gemeinsam vorausgesetzt haben und dadurch der Nutzen der Reise für den Reisenden beeinträchtigt wird. Bloße Unannehmlichkeiten oder die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos reichen nicht aus, um einen Mangel zu begründen (vgl. A. Staudinger, in Staudinger BGB, § 651c, Rn. 4 ff.).

b) Minderung und Berechnung der Minderungshöhe

Die Berechnung der Minderungshöhe erfolgt nach der in § 638 Abs. 3 BGB niedergelegten Formel. Hierbei ist zunächst festzustellen, welche Reiseleistung tatsächlich beeinträchtigt worden ist. Anschließend ist durch Auslegung des Reisevertrages der Nutzen der Reise zu bestimmen, bevor die beeinträchtigte Reiseleistung und die Nutzen der Reise in Beziehung zu setzen sind und je nach Art, Intensität und Dauer des Mangels das Ausmaß der Beeinträchtigung des Nutzens festzustellen ist (vgl. A. Staudinger, in Staudinger BGB, § 651d Rn. 38).

Hierbei findet eine Gesamtwürdigung aller Tatsachen statt, wobei die Bewertung von Reisemängeln hinsichtlich ihrer Erheblichkeit dabei weitestgehend tatrichterlicher Beurteilung unterliegt und stets eine Frage des Einzelfalls ist (vgl. Tonner, MüKo BGB, § 651d, Rn. 14 ff).

Aus diesem Grund ist es auch nicht verwunderlich, dass der BGH im vorliegenden Fall an das Berufungsgericht zurückverweist, da aus der Sicht des X. Zivilsenats der zweite Teil der Reise bei der Berechnung der Minderungshöhe nicht ausreichend durch das OLG Bremen gewürdigt worden ist.

In der Praxis erfolgt die Minderung überwiegend durch Festlegung eines Prozentsatzes, der vom Reisepreis zu erstatten ist. Die genaue Höhe der Minderung wird in Anlehnung an die durch die Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze ermittelt.

c) Mängelanzeige und Rechtsfolge

Weitere tatbestandliche Voraussetzung ist die Mängelanzeige nach § 651 d Abs. 2 BGB.

Die Anspruchsgrundlage für die Rückforderung des Reisepreises ist § 651d Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 638 IV, 346, 347 BGB.

2. Entschädigungsanspruch aus § 651e Abs. 1, Abs. 4 BGB          

Ob dem Kläger ferner ein Anspruch auf angemessene Entschädigung aufgrund der ausgesprochenen Kündigung des Reisvertrags durch die Reisenden nach § 651e Abs. 1 und Abs. 4 zusteht, hat der X. Zivilsenat nicht entschieden.

Vollständigkeitshalber sollen vorliegend jedoch die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch dargestellt werden.

Neben dem Vorliegen eines Reisvertrags muss ein Mangel i.S.v. § 651c Abs. 1 BGB vorliegen. Aufgrund dieses Mangels muss die Reise erheblich beeinträchtigt (§ 651e Abs. 1 Satz 1 BGB) oder für den Reisenden unzumutbar sein (§ 651e Abs. 1 Satz 2 BGB).

a) Erhebliche Beeinträchtigung

Ob eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, ist auf Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere der konkreten Ausgestaltung der geschuldeten Reise sowie der Art und der Dauer der Beeinträchtigung, nach objektiven Maßstäben zu entscheiden, wobei insbesondere auch die Zumutbarkeit der Fortsetzung der Reise zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, NJW 2009, 287, 288; Tonner, MüKo BGB, § 651e, Rn. 6). In diesem Zusammenhang ist umstritten, ob bzw. ab welchem der Minderung zugrunde liegenden Prozentwert von einer erheblichen Beeinträchtigung auszugehen ist. Der Großteil der Literatur und der Instanz-Rechtsprechung stimmen mit dem BGH darin überein, dass sie eine schematische Anknüpfung an einen bestimmten Prozentwert ablehnen und somit die Frage einzelfallabhängig entschieden werden muss (vgl. etwa BGH NJW 2012, 2107, 2110; OLG Frankfurt NJW-RR 2005, 132 f.;  Tonner-Lindner NJW 2002, , ).

b) Unzumutbarkeit

Unzumutbarkeit nach § 651e Abs. 1 Satz 2 BGB liegt vor, wenn in der spezifischen Situation des Reisenden und seinen persönlichen Verhältnissen subjektive Gründe vorliegen, die einen Mangel begründen, die dem Reiseveranstalter bei Vertragsschluss auch erkennbar waren. Auch hier ist jeweils eine einzelfallabhängige Prüfung vorzunehmen, bei der insbesondere eine Plausibilitätskontrolle dahingehend erfolgen muss, ob aus dem Blickwinkel eines durchschnittlichen Reisenden der betreffenden Vergleichsgruppe auch die Unzumutbarkeit zu bejahen wäre (vgl. A. Staudinger, in Staudinger BGB, § 651e, Rn. 20).

Im zugrunde liegenden Fall kommt es deshalb entscheidend darauf an, ob und wie das OLG Bremen die Beeinträchtigung des zweiten Teils der Reise wertet, um eine erhebliche Beeinträchtigung bejahen zu können.

Der Reisende muss schließlich gemäß § 651e Abs. 2 dem Reiseveranstalter eine angemessene Frist zur Abhilfe setzen, welche fruchtlos ablaufen muss, bevor er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch machen darf.

3. Ersatz nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

Neben den Gewährleistungsrechten fordert der Kläger noch eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit vom Beklagten gemäß § 651f Abs. 2. Sofern die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt ist, kann der Reisende eine angemessene Entschädigung in Geld für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit verlangen.

Der Anspruch nach § 651f Abs. 2BGB setzt zunächst voraus, dass ein Reisemangel vorliegt, den der Reiseveranstalter zu vertreten hat (vgl. A. Staudinger, in Staudinger BGB, § 651f, Rn. 70). Hierdurch muss die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt worden sein.

a) Vereitelung der Reise

Eine Vereitelung der Reise liegt vor, wenn diese durch den Reisenden überhaupt nicht angetreten oder direkt zu Anfang der Reise abgebrochen worden ist (vgl. A. Staudinger, in Staudinger BGB, § 651f, Rn. 71). Alternativ kann der Anspruch auf Ersatz nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit entstehen, wenn die Reise durch den Mangel erheblich beeinträchtigt worden ist.

b) Erhebliche Beeinträchtigung der Reise

Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Erheblichkeit besteht Streit, ob dieses mit den Anforderungen von Art. 5 der Pauschalreiserichtlinie im Einklang steht oder ob es zu einer richtlinienkonformen Reduktion der Vorschrift kommen muss und somit das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit keine Berücksichtigung mehr im Anwendungsbereich der Pauschalreiserichtlinie erfahren darf (zum Streitstand siehe ausführlich A. Staudinger, in Staudinger BGB, § 651f, Rn. 72 m.w.N.).

Sofern man weiterhin von einer Anwendbarkeit des Tatbestandsmerkmals der Erheblichkeit ausgeht, ist umstritten, anhand welcher Voraussetzungen die Bewertung der Erheblichkeit erfolgt.

Eine Ansicht fordert, dass der Fehler unter Berücksichtigung des Reisezwecks und aller Umstände des Einzelfalls von ganz besonderem Gewicht sei. Hierbei seien dieselben Kriterien wie bei der Bestimmung der Erheblichkeit in § 651e Abs. 1 anzulegen (vgl. etwa OLG Celle, RRa 2004, 158, 159; A. Staudinger, in Staudinger BGB, § 651f, Rn. 72 m.w.N.).

In der Rechtsprechung und von Teilen der Literatur wird hingegen überwiegend die Auffassung vertreten, dass die Erheblichkeit fiktiv anhand des nach § 651d berechneten Minderungsbetrags festgestellt werden müsse. Danach soll Erheblichkeit erst Vorliegen, wenn die Mängel zu einer Minderung von mindestens 50% des Reisepreises berechtigen würden (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1986, 280, 280; A. Staudinger, in Staudinger BGB, § 651f, Rn. 74 m.w.N.).

c) Nutzlose Aufwendung der Urlaubszeit

Schließlich muss der Reisende die Urlaubszeit nutzlos aufgewendet haben. Dies ist der Fall, wenn der vertraglich festgesetzte Reisezweck infolge des Mangels nicht erreicht bzw. verfehlt wurde. Hierbei ist insbesondere auf die Dauer der erheblichen Beeinträchtigung abzustellen und die anderweitig verbrachte Resturlaubszeit zu berücksichtigen (vgl. A. Staudinger, in Staudinger BGB, § 651f, Rn. 77 m.w.N.).

Aus den bereits oben genannten Gründen ist es auch bei diesem Anspruch konsequent, dass der BGH hier nicht zur Sache entscheidet sondern an das OLG Bremen zurückverweist, da es hier noch einer genaueren Untersuchung bzw. Würdigung der Auswirkungen der Mängel während des zweiten Reiseabschnitts der „Grönland Kreuzfahrt“ bedarf.

Fazit

Wie das OLG Bremen in der Sache entscheiden wird, ist schwer vorherzusagen und hängt insbesondere davon ab, inwieweit der verkürzte Aufenthalt in Reykjavik sowie das Entfallen der Landgänge auf den Faröer- und den Orkney-Inseln durch das OLG Bremen bewertet werden. Das Reiserecht kann immer wieder Gegenstand von schriftlichen Examensklausuren oder der mündlichen Prüfung sein, da hier Mängelgewährleistungs- sowie Schadensersatzansprüche in einer für einige Examenskandidaten unbekannten Einkleidung überprüft werden können. Insbesondere bei der Frage nach der Erheblichkeit eines Reisemangels kommt es auf saubere Argumentation und ein praktisches Verständnis gepaart mit einer schlüssigen Argumentation des Examenskandidaten an. Die vorliegende Entscheidung des BGH wird in solcher Form nicht Gegenstand des schriftlichen Staatsexamens sein, dennoch ist es unverzichtbar sowohl im schriftlichen als auch im mündlichen Examen die Grundsätze des Reiserechts verinnerlicht zu haben. In der Kategorie Reiserecht findet ihr im Übrigen noch weitere examensrelevante Entscheidungen zu dem Thema.

19.06.2013/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2013-06-19 14:51:062013-06-19 14:51:06BGH: Minderung des Reisepreises bei einer Kreuzfahrt

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