Für eine gute Klausur im Strafrecht ist es unabdingbar, Definitionen der Tatbestandsmerkmale schnell und sicher abrufen zu können. Insbesondere im schriftlichen Examen kommt den Vermögensdelikten eine hohe Prüfungsrelevanz zu. Dabei steht oftmals der Betrug nach § 263 StGB im Fokus. Hier werden von Prüflingen nicht nur Grundkenntnisse, sondern auch vertieftes Wissen zu Sonderproblemstellungen erwartet. Eine erfolgreiche Fallbearbeitung setzt in jedem Fall voraus, die nachstehenden Begriffe einordnen und definieren zu können:
(1) Tatsachen
sind alle der Vergangenheit oder Gegenwart zugehörigen Zustände und Ereignisse, die objektiv bestimmbar und dem Beweis zugänglich sind. Werturteile (insbesondere Meinungsäußerungen) fallen nicht unter den Tatsachenbegriff.
(2) Täuschung
bedeutet, dass der Täter bewusst irreführend auf das Vorstellungsbild des Opfers einwirkt. Dies kann durch das Vorspiegeln von Tatsachen, aber auch einem Unterdrücken oder Verändern wahrer Gegebenheiten erfolgen (vgl. BeckOK/Beukelmann, StGB, 38. Ed. Stand 01.05.2018, § 263 Rn. 9). Die Täuschung kann sowohl explizit, als auch konkludent erfolgen. Auch eine Täuschung durch Unterlassen ist tatbestandlich möglich.
(3) Irrtum
über Tatsachen ist das Auseinanderfallen von der subjektiven Vorstellung des Täters und der objektiven Wirklichkeit. Zweifel beseitigen die Annahme eines Irrtums solange nicht, wie das Opfer die Wahrheit der behaupteten Tatsachen für möglich hält und deswegen aufgrund der List des Täters trotzdem die Vermögensverfügung trifft (vgl. BGH Urteil v. 5.12.2002 – 3 StR 161/02, NStZ 2003, 313).
(4) Vermögensverfügung
ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen des Getäuschten, das unmittelbar eine Vermögensminderung bei dem Getäuschten selbst oder einer dritten Person herbeiführt.
(5) Juristischer Vermögensbegriff
ist streng am Zivilrecht orientiert und zählt zum tatbestandlich umfassten Vermögen alle rechtlich geschützten Güter und Rechte einer Person, ungeachtet des wirtschaftlichen Wertes.
(6) Wirtschaftlicher Vermögensbegriff
definiert das strafrechtlich geschützte Vermögen wirtschaftlich faktisch: Geschützt werden alle Rechtspositionen, die in Geld messbar sind, sodass das Vermögen die „Summe aller geldwerten Güter nach Abzug der Verbindlichkeiten“ ist (ausführlich Schilling, NStZ 2018, 316). Vertritt man den wirtschaftlichen Vermögensbegriff in seiner Reinform, ist jedes wirtschaftlich messbare Vermögen geschützt, unabhängig davon, ob es legal oder illegal gehandelt wird. Auch widerrechtlich Erlangtes fällt unter diesen Vermögensbegriff.
(7) Juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff
knüpft an den wirtschaftlichen Vermögensbegriff an und schränkt diesen ein: Geschützt ist alles, was in Geld messbar ist und der rechtlichen Verfügungsmacht einer Person unterliegt. Geschützt wird demnach nicht, was nach der (außerstrafrechtlichen) Rechtsordnung missbilligt wird (vgl. K/N/P/Kindhäuser, StGB, 5. Auflage 2017, § 263 Rn. 30 m.w.N.).
(8) Schadensgleiche Vermögensgefährdung
stellt dann einen Vermögensnachteil dar, wenn bereits die konkrete Gefahr des Verlustes das Vermögen mindert, also mit wirtschaftlichen Nachteilen ernstlich zu rechnen ist.
(9) Stoffgleichheit
zwischen dem Vermögensvorteil des Täters und dem Vermögensschaden des Opfers besteht, wenn Vorteil und Schaden auf der identischen Verfügung beruhen und der Vorteil, der den Täter bereichern soll, unmittelbar zur Schädigung des Vermögens führt.
(10) Individueller Schadenseinschlag
besteht in Fällen, bei denen trotz objektiver Wertgleichheit der entstehenden (vertraglichen) Ansprüche ein Vermögensschaden des individuellen Opfers eintritt. Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit wird in strafrechtlich relevanter Weise insbesondere geschädigt, wenn:
(a) die angebotene Leistung vom Tatopfer nicht oder nicht in vollem Umfange zu dem vertraglich vorausgesetzten Zweck oder in anderer zumutbarer Weise verwenden kann,
(b) das Tatopfer durch die eingegangene Verpflichtung zu vermögensschädigenden Maßnahmen genötigt wird oder
(c) das Tatopfer infolge der Verpflichtung nicht mehr über die Mittel verfügen kann, die zur ordnungsmäßigen Erfüllung seiner Verbindlichkeiten oder sonst für eine seinen persönlichen Verhältnissen angemessene Wirtschafts- oder Lebensführung unerlässlich sind (grundlegend BGH Beschluss v. 16.8.1961 – 4 StR 166/61, NJW 1962, 309)
(11) Soziale Zweckverfehlung
führt zu einem Vermögensschaden, wenn das Opfer durch Täuschung zur Hingabe eines Vermögenswertes veranlasst wird und dabei um die fehlende geldwerte Äquivalenz weiß, der mit der Hingabe verfolgte, sozial anerkannte Zweck jedoch verfehlt wird. Der Unterschied zum individuellen Schadenseinschlag liegt darin, dass dieser ein ausgeglichenes Austauschverhältnis aufweist (vgl. MüKo/Hefendehl, StGB, 2. Auflage 2014, § 263 Rn. 709).
(12) Absicht rechtswidriger Bereicherung
besteht, wenn der Täter beabsichtigt, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Die Bereicherung muss als Vermögensvorteil im Sinne einer günstigeren Gestaltung der wirtschaftlichen Vermögenslage des Täters angestrebt werden (vgl. hierzu BGH Urteil v. 3.5.1988 – 1 StR 148/88, NJW 1988, 2623).
(13) Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils
besteht, wenn dem Täuschenden kein wirksamer, fälliger und einredefreier Anspruch gegen den Geschädigten auf den angestrebten Vorteil zusteht.
(14) Gewerbsmäßig i.S.v. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB
handelt der Täter, wenn er die Absicht hat, sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht unbedeutende Einnahmequelle von erheblicher Dauer und einigem Umfang zu verschaffen.
(15) Wirtschaftliche Not i.S.v. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 StGB
besteht, wenn der Geschädigte in eine bedrängende Lage geraten ist, aufgrund derer für ihn oder unterhaltspflichtige Personen der notwendige Lebensunterhalt ohne ein Hinzutun Dritter nicht mehr sichergestellt ist (vgl. MüKo/Hefendehl, StGB, 2. Auflage 2014, § 263 Rn. 856).
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