Wir freuen uns, heute einen Gastbeitrag von Daniel Bahn veröffentlichen zu können. Der Autor ist Finanzwirt und arbeitet aktuell im Veranlagungsbereich des Finanzamtes Schweinfurt, zudem befindet er sich in seinem letzten Semester zum Bachelor of Laws (LL.B.) an der FernUniversität Hagen.
Der nachfolgende Beitrag soll Studierenden, die sich überlegen, ihr Schwerpunktstudium im Steuerrecht zu absolvieren, einen Einblick in die Mateire gewähren und darüber hinaus Schwerpunktstudierenden einen Grundlagenüberblick verschaffen.
Ertragsteuern – Steuersubjekte im Überblick
Die meisten Studenten, die sich für den Schwerpunktbereich Steuer entscheiden, werden früher oder später mit dem Bereich der Ertragsteuern konfrontiert. Doch auch bei jeder Gründungsentscheidung von Unternehmen hat die ertragsteuerliche Beleuchtung meist einen hohen Stellenwert, was das Thema zumindest in Grundzügen für alle interessant macht, die sich im Unternehmensbereich beschäftigen (wollen).
Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die Steuersubjekte der deutschen Ertragsteuern. Hierbei wird nur auf die Grundfälle der Steuerpflicht eingegangen, die den weit überwiegenden Teil der Steuerpflichtigen der BRD ausmacht. Beschränkte Steuerpflicht sowie sonstige Sondertatbestände bleiben in diesem Einführungsartikel ungenannt.
Begriff der Ertragsteuer
Wie sich bereits aus dem Wort „Ertragsteuern“ erkennen lässt, werden diese auf (zu definierende) Ertragsgrößen erhoben. Hier kommt beispielsweise ganz allgemein ein Einkommen oder ein Gewinn in Betracht. Die wichtigsten Steuern vom Ertrag in Deutschland sind die Einkommensteuer (ESt)[1], die Körperschaftsteuer (KSt) und die Gewerbesteuer (GewSt). Zur größenmäßigen Einordnung dieser Steuerarten hilft folgende Übersicht[2]:
Steuerart | Jahr 2013 | Jahr 2014 |
Einkommensteuer | 42.280 | 45.613 |
Körperschaftsteuer | 19.508 | 20.044 |
Gewerbesteuer | 43.027 | 43.756 |
Umsatzsteuer | 196.843 | 203.110 |
Erbschaftsteuer | 4.633 | 5.452 |
Werte in Mio. €
Es ist auf den ersten Blick zu erkennen, dass die kumulierten Ertragsteueraufkommen etwas mehr als die Hälfte des Umsatzsteueraufkommens ausmachen. Der Verwaltungsaufwand von ESt, KSt und GewSt ist jedoch wesentlich komplizierter als der der Umsatzsteuer. Der Vergleich zeigt aber auch die im Steueraufkommen vernachlässigbare Erbschaftsteuer, um die seit Jahren ein Streit bis in den Detailbereich besteht.
Einkommensteuer
Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist gem. dem Grundfall des § 1 I 1 EStG jede natürlich Person mit Wohnsitz[3] oder gewöhnlichem Aufenthalt[4] im Inland. Damit sind alle in der BRD lebenden Menschen erfasst, auf ihre Staatsangehörigkeit, das Alter oder die Vermögensverhältnisse wird dabei keine Rücksicht genommen. Schließlich wäre z.B. auch ein Neugeborenes, das zur Geburt eine gewinnbringend vermietete Immobilie in der Münchner Innenstadt (unter Zustimmung eines Ergänzungspflegers) geschenkt bekommt mit den hieraus fließenden Überschüssen zur Einkommensteuer heranzuziehen. Freilich bleibt die Steuerpflicht von Kindern in der Praxis meist unbeachtet, da es hier einfach an einem Einkommen im relevanten Bereich fehlt und so eine Einkommensteuer mit 0 € festzusetzen wäre.
Körperschaftsteuer
Was die Einkommensteuer für natürliche Personen darstellt, übernimmt für den Bereich der juristischen die Körperschaftsteuer. Hier bindet § 1 I KStG listenmäßig ein:
- Kapitalgesellschaften (insbesondere Europäische Gesellschaften, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung);
- Genossenschaften einschließlich der Europäischen Genossenschaften;
- Versicherungs- und Pensionsfondsvereine auf Gegenseitigkeit;
- sonstige juristische Personen des privaten Rechts;
- nichtrechtsfähige Vereine, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen des privaten Rechts;
- Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.
Bei den Steuersubjekten genügt nun ein Sitz[5] oder der Ort der Geschäftsleitung[6] im Inland, um die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht auszulösen. Die gewünschten Ausnahmen erreicht der Gesetzgeber hier durch separate Steuerbefreiungen in § 5 KStG. So sind gem. § 5 I Nr. 9 KStG etwa die gemeinnützigen Vereine von der Steuerpflicht befreit.
Nicht erfasste Rechtssubjekte
Betrachtet man nun eine offene Handelsgesellschaft und versucht hier eine Zuordnung zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer zu erreichen, wird man schnell feststellen, dass weder die eine noch die andere Steuer die Personengesellschaften erfasst. Für die Einkommensteuerpflicht fehlt es an der natürlichen Person der OHG und eine Einordnung in die Punkte des § 1 I KStG scheidet ebenfalls aus. Um eine Kapitalgesellschaft (Nr. 1) handelt es sich ja gerade nicht und eine sonstige juristische Person (Nr. 4) liegt bei Personengesellschaften nach ganz h.M.[7] auch nicht vor.
Natürlich bleibt der Ertrag aus einer Personengesellschaft dennoch nicht steuerfrei. Die Besteuerung erfolgt hier jedoch nicht auf Gesellschaftsebene, sondern erst beim einzelnen Gesellschafter, der dann letztlich natürliche oder juristische Person sein muss. Verschachtelungen von Personengesellschaften sind hier nicht nur denkbar, sondern mittlerweile ein gängiges Phänomen. Zum Schluss an jeder Kette kommt aber eben nur ein Einkommen- oder Körperschaftsteuersubjekt in Frage.
Die Feststellung und Aufteilung der Einkünfte erfolgt durch gesonderte und einheitliche Feststellung gem. §§ 179, 180 I Nr. 2 lit. a AO. Sie ist bindender Grundlagenbescheid (§ 171 X AO) für das zuständige Ertragssteuerfinanzamt (§§ 19, 20 AO). Auf das Verfahren im Einzelnen wird hier nicht weiter eingegangen. Gleichwohl finden Sie hier zum besseren Verständnis eine beispielhafte Darstellung des Grundfalls:
A, B und die C-GmbH sind zu jeweils einem Drittel an der ABC-OHG beteiligt, die in 2014 einen Gewinn von 30.000 € erwirtschaftet hat. Das für die OHG zuständige Feststellungsfinanzamt stellt den Gewinn der OHG i.H.v. 30.000 € gesondert und einheitlich gem. §§ 179, 180 I Nr 2 lit. a AO fest und teilt diesen entsprechend auf die Beteiligten auf. Jeweils eine Mitteilung dieser anteiligen Einkünfte ergeht an die Finanzämter, die für die Ertragsbesteuerung von A, B und der C-GmbH zuständig sind, die dann bei der Jahresveranlagung diesen Betrag berücksichtigen müssen. So werden bei A und B je 10.000 € der Einkommensteuer unterworfen und bei der C-GmbH 10.000 € der Körperschaftsteuer.
Gewerbesteuer
Neben den bereits aufgezeigten Steuern gibt es weiterhin die in Ihrer Existenz immer wieder diskutierte Gewerbesteuer[8]. Für die Gemeinden stellt die Gewerbesteuer die regelmäßig größte Steuerquelle dar, da diese ihnen vollständig zufließt (Art. 106 VI GG), weshalb eine Abschaffung der Steuer wohl zumindest in absehbarer Zeit nicht zur Debatte steht.
Das Steuersubjekt findet sich in § 2 GewStG. Demnach ist der Steuergegenstand der stehende Gewerbebetrieb, also ein Gewerbebetrieb mit ortsfester Betriebsstätte. Paragraph 35a GewStG erweitert diese Steuerpflicht allerdings auch auf Reisegewerbetreibende. Für die Steuerpflicht kommt es mithin nur auf den Begriff des Gewerbebetriebs an. Der Gewerbebegriff wird durch § 2 I 2 GewStG aus dem Einkommensteuerrecht (§ 15 II EStG) übernommen. Hier sind die positiven Merkmale Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr sowie die Gewinnerzielungsabsicht und die negativen Abgrenzungsmerkmale keine Land- und Forstwirtschaft, keine selbständige Arbeit und keine private Vermögensverwaltung zu beachten.[9] In der Praxis kommt es hier vor allem zu Schwierigkeiten bei der Negativabgrenzung. Es stellt sich z.B. die Frage, ab welcher Größenordnung aus einem Landwirtschaftsbetrieb ein Gewerbe entsteht oder ob eine konkrete Tätigkeit als Freiberuf (§ 18 I Nr. 1 EStG) zu erfassen ist. Hier hat der BFH mittlerweile ein ganzes Sammelsurium an Rechtsprechung erlassen.[10]
Für Kapitalgesellschaften gilt die Fiktion des § 2 II GewStG, die einfach kraft Rechtsform das Vorliegen des Gewerbebetriebs feststellt. Und auch die sonstigen juristischen Personen und nichtrechtsfähigen Vereine finden sich in § 2 IV GewStG mit ihrem Wirtschaftsbetrieb wieder; für sie gilt dieselbe Fiktion. Folglich sind die Körperschaftsteuersubjekte komplett erfasst.
Bei den Personengesellschaften ist ebenfalls auf den Gewerbebetrieb des § 2 I GewStG abzustellen. Soweit diese einen solchen betreiben, sind sie (hier wiederum als eigenständiges Steuersubjekt) der Gewerbesteuer zu unterwerfen.
Für die verschiedenen Gewerbesteuersubjekte gelten verschiedene Freibeträge und schließlich Anrechnungsmöglichkeiten auf die Einkommensteuer, was maßgeblichen Einfluss bei Gründungsentscheidungen einnimmt.
Schlusswort
Die Subsumtion einzelner Rechtsformen unter die Ertragsteuerarten bereitet in den meisten Fällen keine Schwierigkeiten. Die anwenderfreundliche Formulierung der Steuergesetze lässt hier selten Freiraum zur Spekulation. Als problematisch können sich lediglich die Personengesellschaften herausstellen. Hier ist insbesondere auf eine steuerartbezogene Einordnung zu achten und für die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer der Umweg über die gesonderte und einheitliche Feststellung zu gehen.
Fußnoten:
[1] Hier wird nur auf die veranlagte Einkommensteuer eingegangen. Außer Betracht bleiben in diesem Artikel die Abschlagsteuer, also Lohnsteuer für Einkünfte aus nicht-selbständiger Arbeit und die Kapitalertragsteuer für Einkünfte aus Kapitalvermögen.
[2] Vgl. Steuerspirale 2013 NWB 29/2014, 2154; Steuerspirale 2014 NWB 27/2015, 1979.
[3] Legaldefiniert in § 8 AO.
[4] Legaldefiniert in § 9 AO.
[5] Legaldefiniert in § 11 AO.
[6] Legaldefiniert in § 10 AO.
[7] S. nur: Beck-OK BGB/Bamberger, § 14, Rn. 6.
[8] Zum Streit um die Verfassungsmäßigkeit sei auf die Richtervorlage des Niedersächsischen FG (4 K 317/91) beim BVerfG (1 BvL 2/04) verwiesen: DStRE 2004, 1161.
[9] Lippross /Seibel/Pieper, Basiskommentar Steuerrecht, § 2 GewStG, Rn. 22.
[10] Vgl. H 15 EStH.