Das OLG Frankfurt am Main hat in einem Beschluss vom 17.12.2010 (1 Ws 29/09) das Vorliegen einer konkludenten Täuschung als Voraussetzung des Betrugs im Sinne von § 263 StGB im Falle eines Webseitenbetreibers bejaht, der durch die Gesamtgestaltung seiner Seite beabsichtigte, den Nutzer über die Entgeltlichkeit seines Angebot zu täuschen. Auch das Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit i.S.d. § 263 Abs. 3 S. 1 wurde in dem zugrunde liegenden Fall bejaht. Damit drohen Betreibern von Abo-Fallen im Internet nun Haftstrafen von mindestens sechs Monaten.
Sachverhalt
A wird vorgeworfen kostenpflichtige Websites betrieben zu haben, deren Layout durch seine Gestaltung die Kostenpflichtigkeit und den Umstand, dass eine Nutzung den Abschluss eines drei- bis sechsmonatigen Abonnements zu Preisen bis zu € 59,95 Euro nach sich zieht, in den Hintergrund treten lasse. Dabei hätte A die Websites bewusst so gestaltet, dass die Kostenpflichtigkeit der Seite und der Vertragsschluss weder offensichtlich noch deutlich erkennbar seien, so dass die Nutzer der Websites zu nicht bewussten Vertragsabschlüssen verleitet worden seien.
Gegenstand der Webseites waren Routenplaner, Gedichte-Archive, Vorlagen- Archive, Grafik-Archive, Grußkarten-Archive, Spieledatenbanken, Rezepte-Archive, Tattoo-Archive, Rätsel-Angebote, Hausaufgaben-Angebote, ein Gehaltsrechner und Informationsangebote. Sämtliche Websites wiesen ein nahezu identisches Layout auf. Bei Aufruf der Website erschien zunächst eine Seite mit einer Anmeldemaske, über der sich ein Button befand, in dem Hinweise auf die angebotene Leistung sowie die Gewinnmöglichkeit im Rahmen eines Gewinnspieles enthalten waren. Unter diesem Button befand sich ein Schriftzug, der den Hinweis enthielt, dass nach erfolgter Anmeldung die angebotene Leistung der Website in Anspruch genommen werden könne und die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Gewinnspiel bestehe. Darunter befand sich die sog. Anmeldemaske, die mit den Worten
Bitte füllen Sie alle Felder vollständig aus! *
überschrieben war. In die Anmeldemaske waren die persönlichen Daten – e-mail- Adresse, Vor- und Nachname, vollständige Anschrift, Land und Geburtsdatum – einzugeben.
Unterhalb der Anmeldemaske befanden sich zwei Felder mit Kästchen für Akzeptanzhäkchen. Mit dem ersten Akzeptanzhäkchen bestätigte der Nutzer, die AGB-Verbraucherinformationen gelesen und akzeptiert zu haben und ab sofort Zugriff auf die angebotene Leistung der Website zu erhalten, mit dem zweiten Akzeptanzhäkchen erklärte der Nutzer, sich am Gewinnspiel beteiligen zu wollen. Unter den beiden Feldern befand sich ein Button, durch dessen Anklicken die angebotene Leistung der Website in Anspruch genommen werden konnte. Davor mussten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgerufen und akzeptiert werden.
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben bei einem Papierausdruck im Microsoft-Word-Schriftbild „Times New Roman“ bei einer Typengröße von 12 und einzeiligem Zeilenabstand – unter Beachtung eines Seiteneinzuges von vier Zentimetern und entsprechenden Textlücken bei den Überschriften – einen Umfang von neun Seiten. (!!!)
Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind mit Ausnahme der Angaben, die sich direkt auf die angebotene Leistung – namentlich den Namen der aufgerufenen Seite – und auf diesbezügliche individuelle Daten – z.B. den Betrag des Preises – beziehen, bei allen von den Angeschuldigten betriebenen Seiten gleichlautend. Soweit ihr Wortlaut in der Folge teilweise wiedergegeben wird, geschieht dies am Beispiel der Seite „….com“.
Ziffer 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen „Merkmale der Dienstleistung“, die im oben beschriebenen Ausdruck in der unteren Hälfte von Seite 2 liegt, lautet:
„Die Dienstleistung ist unmittelbar im Zusammenhang mit dem auf der Startseite angebotenen Produkt beschrieben. Detailliertere Informationen zur Dienstleistung und ihrem Preis erhalten sie, wenn Sie die Start- und Anmeldeseite von www…..com aufrufen als auch in diesen Geschäfts- und Teilnahmebedingungen unter Ziff. II. 6 und 7.“
Ziffer 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen „Preise, Zahlungsbedingungen“, die im oben beschriebenen Ausdruck am unteren Rand von Seite 3 und am oberen Rand von Seite 4 liegt, lautet:
„Für die Teilnahme an ….com gilt der bei der Bestellung angegebene Preis. Er ist auch unter Ziff. II. 7. dieser Geschäftsbedingungen einzusehen. Der Preis versteht sich brutto inklusive Mehrwertsteuer (Endgeld) Die Zahlung ist sofort nach Vertragsschluss fällig. Als Zahlungsbedingung besteht ohne besondere Vereinbarung die Möglichkeit der Überweisung und Rechnungstellung.“
In Ziffer 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen „Pflichten des Nutzers“, die im oben beschriebenen Ausdruck in der oberen Hälfte von Seite 5 liegt, heißt es:
„Der Nutzer ist zur Entrichtung des einmaligen Nutzungsentgelts von 59,95 Euro verpflichtet (Endgeld). Die Mehrwertsteuer ist in diesem Betrag erhalten. (…).“
Erst nach dem Aufrufen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und dem Setzen des Akzeptanzhäkchens konnte der untere Button angeklickt und die angebotene Leistung der Website in Anspruch genommen werden.
Unterhalb der Anmeldemaske befanden sich zwei Felder mit Kästchen für Akteptanzhäkchen. Mit dem ersten Akteptanzhäkchen bestätigte der Nutzer, die AGB-Verbraucherinformationen gelesen und akzeptiert zu haben und ab sofort Zugriff auf die angebotene Leistung der Website zu erhalten, mit dem zweiten Akteptanzhäkchen erklärte der Nutzer, sich am Gewinnspiel beteiligen zu wollen. Unter den beiden Feldern befand sich ein Button, durch dessen Anklicken die angebotene Leistung der Website in Anspruch genommen werden konnte. Davor mussten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die unter der Rubrik „Pflichten des Nutzers“ eine Kostenangabe enthielten sowie eine Beschreibung des Zustandekommens des Vertrages (danach stellt das Anklicken des unteren Buttons das Angebot und die Antwortmail mit den Zugangsdaten die Annahme dar), aufgerufen und akzeptiert werden. Erst danach konnte der untere Button, mit dem der bei Verwendung eines 19-Zoll-Monitors mit der Standartauflösung 1280 x 1024 Pixel sichtbare Teil der Website endete, angeklickt und die angebotene Leistung der Website in Anspruch genommen werden.
Am rechten Rand der Seite befand sich ein Seitenbalken, mittels dem man auf den Teil der Seite, der sich unter dem unteren Button befindet, „scrollen“ konnte. Dort befand sich ein mit einem Sternchenhinweis versehener sechszeiliger Text, der sich inhaltlich zunächst mit der Dateneingabe und Gewinnspielteilnahme befasste und am Ende in Fettdruck eine Preisangabe enthielt. Dieser auf allen Seiten – mit Ausnahme der angegebenen IP-Adresse, der Bezeichnung der angebotenen Leistung und den Betrag des Preises – gleichlautende, sechszeilige Text lautete am Beispiel der Seite „….com“:
*Nur richtig eingegebene Daten nehmen am Gewinnspiel teil. Um Missbrauch und wissentliche Falscheingaben zu vermeiden, wird ihre IP-Adresse (…) bei der Teilnahme gespeichert. Anhand dieser Adresse sind Sie über Ihren Provider identifizierbar. Durch Betätigung des Button „ROUTE PLANEN“ beauftrage ich ….com, mich für dem Zugang zum Routenplaner freizuschalten und, soweit gewünscht, mich für das Navigationsgeräte – Gewinnspiel zu registrieren. Der einmalige Preis für einen Drei-Monats-Zugang zu unserem Routenplaner beträgt 59,90 € inkl. gesetzlicher Mehrwertsteuer.
Das Urteil des OLG Frankfurt eignet sich gut zur Wiederholung der Voraussetzungen des Betrugs gem. § 263 StGB und einzelner Probleme.
Prüfung der Strafbarkeit des A gem. § 263 StGB
Täuschungshandlung
In dem Betreiben der Websites könnte eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB liegen. Eine Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB ist jede Einwirkung des Täters auf die Vorstellung des Getäuschten, welche objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine Fehlvorstellung über tatsächliche Umstände hervorzurufen (BGHSt 47, 1, 5; SK-Hoyer, StGB, § 263, Rn. 24; Lackner/Kühl, StGB, 26. Auflage, § 263, Rn. 6). Sie besteht in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Als Tatsache in diesem Sinne ist nicht nur das tatsächlich, sondern auch das angeblich Geschehene oder Bestehende anzusehen, sofern ihm das Merkmal der objektiven Bestimmtheit und Gewissheit eigen ist (vgl. BGHSt 47, 1, 3; Senatsbeschluss vom 13.03.2003 – 1 Ws 126/02). Hiernach ist die Täuschung jedes Verhalten, das objektiv irreführt oder einen Irrtum unterhält und damit auf die Vorstellung eines anderen einwirkt.
Dabei kann die Täuschung außer durch bewusst unwahre Behauptungen auch konkludent durch irreführendes Verhalten, das nach der Verkehrsanschauung als stillschweigende Erklärung zu verstehen ist, erfolgen. Davon ist auszugehen, wenn der Täter die Unwahrheit zwar nicht expressis verbis zum Ausdruck bringt, sie aber nach der Verkehrsanschauung durch sein Verhalten miterklärt (BGHSt 47, 1, 3; Schönke/Schröder-Cramer/Perron, StGB, 27. Auflage, § 263, Rn. 14/15).
Ausdrückliche Täuschung (-)
Eine ausdrückliche Täuschung kommt vorliegend nicht in Betracht. Denn es wird auf den Websites nicht ausdrücklich erklärt, die angebotenen Leistungen seien kostenlos, vielmehr enthielten die Websites an zwei Stellen einen – versteckten – Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit.
Konkludente Täuschung
Es könnte hier jedoch eine konkludente Täuschung gegeben sein. Eine solche ist vielmehr aufgrund des prägenden Gesamteindruckes bzw. des Gesamterklärungswertes der Websites zu bejahen.
Dafür spricht, dass A zu dem Personenkreis angehörte, der Letztverbrauchern geschäftsmäßig Leistungen anbietet, so dass er insbesondere das Kriterium der leichten Erkennbarkeit der Preisangabe zu beachten hatte. Dies hatte er vorliegend nicht erfüllt.
Das OLG Frankfurt spricht hier nun im Folgenden seitenweise darüber, warum A verpflichtet war, direkt auf der Startseite Angaben zum Preis zu machen. Im Folgenden nur ein kleiner Auszug:
Aufgrund des nicht den gesetzlichen Anforderungen genügenden, unzureichenden Hinweises auf die Entgeltlichkeit der Leistung ist daher ein konkludentes Miterklären der Unentgeltlichkeit zu bejahen. Der sich aus der objektiven Gestaltung der Websites ergebende Gesamteindruck lässt die verdeckten Hinweise auf die Entgeltlichkeit völlig in den Hintergrund treten. Wer aber auf die Kostenpflicht nicht hinreichend deutlich hinweist bzw. sie nicht zum Gegenstand des offenen Erklärungswerts der Website macht, erklärt damit nach der Verkehrsanschauung konkludent, dass die Leistung kostenfrei erfolgt. Erfolgt kein deutlicher Hinweis auf die Zahlungspflicht nach § 1 Abs. 6 PAngV darf der Kunde damit rechnen, es mit einem Gratisangebot zu tun zu haben.
Hierbei kann nicht argumentiert werden, die Gestaltung der Websites sei deswegen nicht zur Täuschung geeignet, weil für die Benutzer bei sorgfältiger Prüfung ohne weiteres erkennbar gewesen sei, dass sich auch im nicht bei Aufruf sichtbaren Teil der Website noch erhebliche Informationen befinden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes schließt Leichtgläubigkeit oder Erkennbarkeit der Täuschung bei hinreichend sorgfältiger Prüfung die Schutzbedürftigkeit des potentiellen Opfers und damit eine Täuschung nicht aus (BGH, NStZ 2003, 313, 314; BGHSt 34, 199, 201) Eine Täuschung kann grundsätzlich auch dann gegeben sein, wenn der Erklärungsempfänger bei sorgfältiger Prüfung den wahren Charakter der Erklärung hätte erkennen können (BGHSt 47, 1, 5). Zur tatbestandlichen Täuschung wird das Verhalten hierbei, wenn der Täter die Eignung der – isoliert betrachtet – inhaltlich richtigen Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem Anschein äußerlich verkehrsgerechten Verhaltens gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt wird, wenn also die Irrtumserregung nicht nur die bloße Folge, sondern der Zweck der Handlung ist (BGHSt 47, 1, 5).
Vorliegend ist eine planvolle Vorgehensweise der Angeschuldigten zu bejahen, weil die gesamten von ihnen betriebenen Websites ihrer Gestaltung nach darauf angelegt sind, die Kostenpflicht und die vertragliche Bindung zu verschleiern. Dies folgt bereits daraus, dass der eine Hinweis auf die Kostenpflicht in einem Text enthalten ist, zu dessen Lektüre man nur gelangt, wenn man dem Sternchenhinweis über der Anmeldemaske nachgeht. Dass dies einzig der Verschleierung dient, zeigt sich daran, dass die Verwendung des Sternchenhinweises objektiv unnötig war.
Hätten die Angeschuldigten wirklich die Kenntnisnahme der Nutzer von der Kostenpflicht bezweckt, so hätte es nahe gelegen, wenn sie statt des Einfügens eines umständlichen Zwischenschrittes über den Sternchenhinweis direkt bei den bei Aufruf der Seite sichtbar werdenden Informationen über die Leistung auch gleich Angaben zu deren Entgeltlichkeit angebracht hätten.
Letztlich ist die beschriebene Gestaltung des Internetauftritts nur so zu erklären, dass die Angeschuldigten einzig in der Absicht handelten, den größten Teil der betroffenen Verbraucher über die Entgeltlichkeit ihres Angebots zu täuschen. Durch die nur über Zwischenschritte überhaupt erreichbaren Hinweistexte, die Platzierung der Hinweise an ungewöhnlicher Stelle, die versteckte Platzierung der Preisangabe innerhalb des Hinweistextes und die Ablenkung mittels der angebotenen Gewinnspielteilnahme ist die gesamte Website erkennbar darauf angelegt, den Verbraucher von der Wahrnehmung der Vergütungsverpflichtung abzuhalten. Dabei ist auch zu sehen, dass ein anderweitiges Geschäftskonzept der Angeschuldigten nicht plausibel ist.
Insoweit kann nicht angenommen werden, dass die Angeschuldigten sich ernsthaft an Verbraucher wendeten, die die Entgeltlichkeit erkennen. Das Ziel des Internetauftritts besteht vielmehr einzig darin, Verbraucher über die Vergütungspflichtigkeit in die Irre zu führen und diesen Irrtum wirtschaftlich auszunutzen.
Vorliegend wird die Voraussetzung der Täuschungshandlung durch das Betreiben der hier gegenständlichen Websites erfüllt.
Irrtum
Die Täuschungshandlung müsste beim Nutzer der jeweiligen Websites einen Irrtum hervorgerufen haben.
Ein Irrtum definiert sich als Widerspruch zwischen der subjektiven Vorstellung des Täuschungsadressaten und der Wirklichkeit. Vorliegend unterlagen die Nutzer der Websites der fehlerhaften Annahme, sie würden ein kostenloses Internetangebot nutzen. Die damit zu bejahende Täuschung hat auch einen Irrtum bei den Nutzern der jeweiligen Websites zur Folge.
Vermögensverfügung
Weiter müssten die getäuschten Verbraucher auch irrtumsbedingt eine Vermögensverfügung begangen haben. Eine Verfügung ist ein Tun oder Unterlassen, das sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt.
(P) Unmittelbarkeit
Dieses Erfordernis ist nicht nur in den Fällen, in denen die Verbraucher eine Zahlung an A geleistet haben, erfüllt – in diesen Fällen liegt die Vermögensverfügung auf der Hand – sondern eine Vermögensverfügung ist bereits darin zu sehen, dass die Verbraucher durch das Anklicken des Buttons zur Inanspruchnahme der angebotenen Leistung der Websites eine auf den Abschluss eines verpflichtenden Vertrages gerichtete Willenserklärung abgegeben haben.
Dass die Nutzer hierbei täuschungsbedingt kein Bewusstsein einer Vermögensverschiebung hatten, ist unerheblich. Auch führt das Fehlen des Erklärungsbewusstseins nicht zu einer zivilrechtlichen Unwirksamkeit der durch die Nutzer abgegebenen Willenserklärung, sofern nur eine Zurechenbarkeit des äußeren Tatbestandes gegeben ist (vgl. BGHZ 109, 171, 177; MüKo-Kramer, BGB, 5. Auflage, vor § 116, Rn. 18 a; Palandt- Ellenberger, BGB, 69. Auflage, vor § 116, Rn. 17), was hier zu bejahen ist. Letztlich ist auch die Unmittelbarkeit in diesen Fällen nicht deswegen zu verneinen, weil die Nutzer nach dem Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Anklicken des Buttons nur das Angebot zu einem Vertragsschluss abgaben, so dass es zum Zustandekommen des ihre Zahlungspflicht begründenden Vertrages noch der Annahmeerklärung der Angeschuldigten bedurfte.
Denn das Unmittelbarkeitserfordernis, wonach grundsätzlich zwischen der Handlung des Tatopfers und dem Eintritt des Verfügungserfolges keine Zwischenhandlungen Dritter liegen dürfen (Fischer, a.a.O., § 263, Rn. 76; Lackner/ Kühl, a.a.O., § 263, Rn. 22), ist in Fällen, in denen es nicht um die Abgrenzung zwischen Sachbetrug und Diebstahl geht, nur eingeschränkt anwendbar (SK-Hoyer, StGB, § 263, Rn. 170). So hat der Bundesgerichtshof bei Unterschreiben eines Bestellscheins, der ebenfalls nur ein Vertragsangebot enthält, eine Vermögensverfügung bejaht (BGHSt 22, 88, 89). Vor allem jedoch liegt hier die Annahmeerklärung nicht in einer auf einer Willensbetätigung der Angeschuldigten beruhenden Handlung, sondern sie erfolgt aufgrund eines automatisierten Vorganges, nämlich der automatischen Zusendung der Bestätigungsmail. Insoweit ist ein den Unmittelbarkeitszusammenhang aufhebender Zwischenschritt in Form einer tatsächlichen Handlung eines Dritten oder der Angeschuldigten ohnehin nicht gegeben.
Vermögensschaden
Schließlich müsste bei den Betroffenen auch ein Vermögensschaden entstanden sein.
Das Vermögen erleidet einen Schaden, wenn sein wirtschaftlicher Gesamtwert durch die Verfügung des Getäuschten vermindert wird, u.a. wenn neue Verbindlichkeiten entstehen, ohne dass dies durch einen unmittelbaren Zuwachs voll ausgeglichen wird (vgl. Fischer, a.a.O., § 263, Rn. 113; Lackner/Kühl, a.a.O., § 263, Rn. 36).
Beim – hier gegebenen – Betrug durch Abschluss eines Vertrages ist der Vermögensvergleich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beziehen. Ob ein Vermögensschaden eingetreten ist, ergibt sich aus einer Gegenüberstellung der Vermögenslage vor und nach diesem Zeitpunkt. Zu vergleichen sind demnach die beiderseitigen Vertragsverpflichtungen (zu allem: BGHSt 45, 1, 4; 30, 388, 389 und 16, 220, 221). Bleibt der Anspruch auf die Leistung des Täuschenden in seinem Wert hinter der Verpflichtung zur Gegenleistung des Getäuschten zurück, ist dieser geschädigt (vgl. BGH, NStZ 2008, 96, 98; BGHSt 16, 220, 221).
Vorliegend wird die täuschungsbedingte Entstehung der Verbindlichkeit durch den wirtschaftlichen Wert der Gegenleistung nicht ausgeglichen, weil die entgeltliche, abonnementsweise Beziehung der angebotenen Leistungen für die Nutzer wirtschaftlich sinnlos ist. Es handelt sich bei den angebotenen Leistungen durchweg um solche, die entweder einmalig (Gehaltsrechner) oder allenfalls gelegentlich und dann anlassbezogen genutzt werden (z.B. Routenplaner, Grußkarten-Archiv, Gedichte-Archiv, Tattoo-Archiv). Sofern bei einzelnen Archiven oder Datenbanken auch ein häufigeres oder regelmäßiges Nutzungsbedürfnis denkbar sein kann, läge – vor dem Hintergrund, dass dieselben Leistungen auch unentgeltlich in Netz angeboten werden – der Erwerb entsprechender Software mit einmaliger Kaufpreiszahlung wirtschaftlich näher.
Der Betrug ist auch in den Fällen, in denen im Ergebnis keine Zahlungen an die Angeschuldigten geleistet wurden, bereits vollendet. Die schädigende Verfügung ist bereits in dem Vertragsschluss als solchem zu sehen, wobei der Schaden darin besteht, dass der schuldrechtlichen Verpflichtung des Getäuschten ein wirtschaftlich nicht gleichwertiger Anspruch gegenübertritt. Zwar dürfte hier ein Anfechtungsrecht der Nutzer aus § 123 Abs. 1 BGB bestehen (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 04.12.2008, Az.: 6 U 187/07, Rz. 54, zitiert nach juris), indes bleibt die Frage der Anfechtbarkeit bei der Prüfung eines durch einen Vertragsabschluss begründeten Vermögensschadens außer Betracht (BGHSt 23, 300, 302; 22, 88, 89; 21, 384, 386).
Selbst wenn man das Anfechtungsrecht der Nutzer in die Betrachtung einbeziehen wollte (so Schönke/Schröder-Cramer/Perron, a.a.O., § 263, Rn. 131), wäre zu beachten, dass dieses der Darlegungs- und Beweislast der Nutzer unterliegt (vgl. MüKo-Kramer, a.a.O., § 123, Rn. 30; Palandt-Ellenberger, a.a.O., § 123, Rn. 30). Weil die Nutzer somit das Beweisrisiko tragen, würde das bloße Bestehen der Verteidigungsmöglichkeiten nicht zu einem Ausschluss der Vermögensgefährdung führen (vgl. BGHSt 23, 300, 302 f.; Eisele, NStZ 2010, 193, 198).
Die Angeschuldigten handelten wissentlich und willentlich sowie in der Absicht, von den getäuschten Nutzern die Abonnementsbeträge ausgezahlt zu bekommen, mithin auch in der Absicht, das eigene Vermögen zu mehren. Weil die bezweckten Auszahlungen der Erfüllung der Hauptpflicht aus den täuschungsbedingt zustande gekommenen Verträgen diente, korrespondiert auch die beabsichtigte Bereicherung mit dem Schaden der Nutzer.
Regelbeispiel der Gewerbsmäßigkeit i.S.d. § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB (+)
Die Angeschuldigten sind auch hinreichend verdächtig, die Regelbeispiele des § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB (Gewerbsmäßigkeit) und § 263 Ans. 3 Nr. 2, 2. Alternative StGB (Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten für große Anzahl von Personen) erfüllt zu haben.
Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende, nicht ganz unerhebliche Einnahmequelle verschaffen will (vgl. Fischer, a.a.O., vor § 52, Rn. 62). Die Angeschuldigten haben über einen längeren Zeitraum mehrere Websites im Internet betrieben und Leistungen mit Abonnementspreisen zwischen € 29,90 und € 59,90 angeboten. Jedenfalls mit Blick auf die zu erwartende Zahl der Internetnutzer, die eine Inanspruchnahme der Leistungen versuchen werden, war dadurch das Erzielen nicht ganz unerheblicher Einnahmen bezweckt. Da das dauerhafte Betreiben mehrerer Websites im Internet darauf ausgerichtet ist, dass diese von einer unüberschaubaren Menge von Internetnutzern aufgerufen werden und ein Teil dieser Nutzer die angebotenen Leistungen auch in Anspruch nehmen, ist auch die für die Erfüllung des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 2, 2. Alternative StGB erforderliche große Geschädigtenanzahl, die jedenfalls im zweistelligen Bereich anzusetzen ist von der Absicht der Angeschuldigten umfasst gewesen.