BGH ändert seine Rspr. zum Absetzen und zur Absatzhilfe der Hehlerei nach § 259 StGB
Wir freuen uns heute einen Gastbeitrag von Caroline Wefing veröffentlichen zu können. Sie ist seit November 2012 Referendarin am LG Kaiserslautern und hat an der Universität Trier studiert.
Der Beitrag beschäftigt sich mit der klausurrelevanten Streitfrage, wie die Merkmale der Absatzhilfe und des Absetzens im Rahmen des Hehlereitatbestandes (§ 259 StGB) auszulegen sind. Nach jahrelangem Streit zwischen der Rechtsprechung und der Literatur um die Auslegung des § 259 Abs. 1 StGB, scheint dieser bald beigelegt, denn der BGH will seine Rechtsprechung zum Erfordernis des Absatzerfolges bei der Hehlerei abändern. Aus diesem Grund, soll hier ein kurzer Überblick über die Änderung gegeben werden.
Definitionen: „Absetzen“ und „Absatzhilfe“
Im objektiven Tatbestand der Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB wird als Tathandlungsalternative das Absetzen oder die Absatzhilfe verlangt.
Absetzen ist dabei die wirtschaftliche Verwertung im Interesse des Vortäters, durch selbständiges Handeln des Täters. Die Absatzhilfe schließt die Lücke, dass der Vortäter selber nicht Hehler sein kann, und eine Hilfeleistung damit straflos war. Erforderlich ist also, dass der Täter der Hehlerei, in weisungsabhängiger weise dem Vortäter beim Absatz der Sache Hilfe leistet.
Bisherige Rechtsprechung und Kritik
Bislang hat der BGH (Urteil v. 17.6.1997 – 1 StR 119/97, BGHSt 43, 110, sowie Beschluss vom 19.4.2000 – 5 StR 80/00, NStZ-RR 2000, 266) für das „Absetzen“ keinen Erfolg der Tathandlung als zwingende Voraussetzung angenommen. Demnach reichte das bloße Tätigwerden des Täters, ein Erfolg war nicht erforderlich. Gleiches nahm der BGH auch für die „Absatzhilfe“ an. Hier genügt jede Tätigkeit, die daraufhin abzielte den rechtswidrigen Zustand aufrecht zu erhalten.
Hiergegen richtet sich die wohl herrschende Literatur (s. nur Krack, NStZ 1998, 462 Anm. zu BGH Urt. v 17.06.1998 1 StR 119/98 sowie Zöller/Frohn, Jura 1999, 383) mit dem Argument, dass der Gesetzeswortlaut eine solche Annahme des BGH nicht hergebe. Außerdem verstoße die Auffassung, dass das bloße Tätigwerden für die Vollendung der Tathandlungsalternative des „Absetzens“ genüge, gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Zudem führe die bisherige Rechtsprechung nach Meinung der h. L. zu Wertungswidersprüchen innerhalb derselben Strafnorm. Denn die Handlungsalternative des „sich verschaffens“ (=Erlangung der tatsächlichen Verfügungsgewalt zu eigenen Zwecken im Einvernehmen mit dem Vortäter) werde vom BGH wesentlich restriktiver ausgelegt. Ein bloßes Tätigwerden genügt hier nicht.
Nun will sich der 3. Strafsenat des BGH der Literaturansicht anschließen und auch für die Tathandlungsalternativen des „Absetzen“ und der „Absatzhilfe“ einen Erfolg zwingend voraussetzen (BGH, Beschluss vom 14.05.2013 – 3 StR 69/13, NStZ 2013, 58; dem folgend BGH, Beschluss vom 20.08.2013 – 5 ARs 34/13, hierzu mit zustimmender Anm. Eggers, jurisPR-StrR 20/2013).
Darstellung in der Klausur
Dies bedeutet für die Klausur, dass nach wie vor beide Ansichten darzulegen sind, doch dass nun der ehemaligen Literaturmeinung gefolgt werden kann. Abschließend einige Beispiele in denen sich die Rspr.-Änderung bemerkbar machen kann:
Beispiel 1: T übernimmt eine gestohlene Sache, um sie für den Vortäter zu verkaufen. Er bietet die Sache verschiedenen Personen an und wird dann gefasst. Strafbarkeit des T?
Lösung 1:
§ 259 Abs. 1 StGB – Obj. TB:
- Tatobjekt: Sache (+)
- rw Vortat (+)
- Fortbestehen der rw Vermögenslage (+)
- Tathandlung
a) Sichverschaffen (-), da T keine Verfügungsgewalt zu eigenen Zwecken erlangt hat.
b) Absetzen, kommt in Betracht, da T hier nicht weisungsgebunden von V tätig wird.
–> (P) Ist die Kontaktaufnahme zu den möglichen Käufern schon als vollendetes Absetzen anzusehen?
Früher BGH: Absetzen (+), da kein Absatzerfolg erforderlich;
h.L.: Absetzen (-), da Absatzerfolg erforderlich;
Heute BGH: Absatzerfolg erforderlich, daher nur Strafbarkeit wegen versuchter Hehlerei gegeben.
Beispiel 2: A bat den T ihm bei der Suche nach einem Käufer für die gestohlene Sache zu helfen. T geriet an einen verdeckten Ermittler der Polizei, dem er die gestohlene Sache übergab. Dann wurde T verhaftet. Strafbarkeit des T?
Lösung 2:
§ 259 Abs. 1 StGB – Obj. TB:
- Tatobjekt: Sache (+)
- rw Vortat (+)
- Fortbestehen der rw Vermögenslage (+)
- Tathandlung:
a) Sichverschaffen (-), da keine Verfügungsgewalt zu eigenen Zwecken
b) Absetzen (-), da kein selbständiges Handeln des T
c) Absatzhilfe kommt in Betracht, da T weisungsabhängig von A tätig wurde.
–> (P) Kann es sich um einen Fall der Absatzhilfe des T zugunsten A handeln, wenn die bemakelte Sache an einen verdeckten Ermittler der Polizei abgesetzt werden soll? - Früher BGH: keine Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes erforderlich, reines Tätigwerden genügt –> T strafbar nach § 259 Abs. 1 StGB <- Ausnahme: Absatzhilfe an einen verdeckten Ermittler der Polizei: Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustands unmöglich -> in diesem Fall: Strafbarkeit T nach §§ 259 Abs. 1, 22 StGB;
- h.L.: Grundsätzlich Aufrechterhaltung des rechtwidrigen Zustandes erforderlich, auch nach h.L. §§ 259 Abs. 1, 22 StGB! BGH und h.L. kamen in Fällen des verdeckten Ermittlers stets zum gleichen Ergebnis und nahmen eine Strafbarkeit nur wegen versuchter Hehlerei an;
- Heute (BGH und h.L.): Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes erforderlich, was hier nicht gegeben ist. An einen verdeckten Ermittler der Polizei tritt keine weitere Perpetuierung des rechtswidrigen Zustandes ein. Vielmehr wird die bemakelte Sache durch den verdeckten Ermittler dem rechtmäßigen Eigentümer wieder zurückgegeben, daher § 259 Abs. 1 StGB (-) und Strafbarkeit des T wegen versuchter Hehlerei gegeben. Das Ergebnis bleibt im Falle des Absetzens an einen verdeckten Ermittler gleich.
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