Wir hatten im Juli letzten Jahres über die BGH Entscheidung zum Lehrerbewertungsportal spickmich.de berichtet. Eine Lehrerin hatte nun eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingelegt, welche aber mit Beschluss vom 16. August 2010 vom BVerfG nicht angenommen wurde (Az. 1 BvR 1750/09).
Somit bleibt das Urteil des Bundesgerichtshofes (VI ZR 196/08) bestehen, der das Modell des Lehrerbewertung grundsätzlich für zulässig erachtet hatte. Einen lesenwerten Artikel zu diesem Thema findet ihr hier.
Dass auch Entscheidung mit Bezug zu IT Gegenstand einer Examensklausur sein können, zeigt die erste Zivilrecht Examensklausur, die in NRW lief, wo es darum ging, ob der Nutzer einer Online Plattform Netzwerke-VZ.de die Unterlassung der Nutzung persönlicher Daten verlangen kann.
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Schüler bewerten ihre Lehrer im Internet. Was zu unseren Zeiten selbst in der Abiturzeitung schon höchst umstritten war, wird nun auch in Zukunft online jederzeit möglich sein. Der BHG entschied vergangene Woche im Rahmen einer Revision (VI ZR 196/08), dass die Lehrerbewertung auf der Internetseite www.spickmich.de, jedenfalls für registrierte User, grundsätzlich möglich ist.
4,3 nicht gut genug
Geklagt hatte einer Lehrerin, die sich mit ihrem Unterlassungsanspruch vergeblich durch die Instanzen bis zum höchsten Zivilgericht gekämpft hatte und auch dort letztlich keinen Erfolg hatte. Sie wurde auf besagter Seite mit einer Zensur von 4,3 bewertet.
Meinungsfreiheit genießt Vorrang
Auf besagter Internetseite ist es möglich, Lehrerbewertungen nach Schulnoten abzugeben; ergänzt werden diese durch einfache Schlagwörter wie „cool“ oder „witzig“. Zusammengerechnet und geteilt ergibt sich dann eine Endnote für den Betroffenen. Der BGH sah zum einen die Erhebung und Speicherung der personenbezogenen Daten als zulässig an, ein entgegenstehendes Interesse der Klägerin (ua. in § 29 BDSG) hätte sich allenfalls aus ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, als besondere Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts, Art. 2 I GG ivm. Art. 1 I GG ergeben können. Vorliegend stellt der BGH allerdings fest, dass die Meinungsfreiheit aus Art. 5 I 1 GG, im Rahmen einer umfassenden Abwägung, Vorrang genießt. Abgestellt werden kann in diesem Zusammenhang insbesondere auf den Gegenstand der Bewertungen, nämlich die berufliche Tätigkeit, innerhalb derer sich der Betroffene wissentlich und willentlich in eine Sphäre des sozialen Kontakts aufhält und sich der „Außenwirkung“ seines Verhaltens bewusst sein muss. Die Privats- oder gar Intimsphäre sieht der BHG wohl nicht betroffen. Mit einer ähnlichen Abwägung kann auch die Übermittlung der Daten an die User der Seite als zulässig erachtet werden, auch hier ist der Kommunikationsfreiheit und dem Informationsinteresse der Vorrang einzuräumen.
Besondere Umstände, wie das Vorliegen von Schmähkritik oder Beleidigungen hat der BGH nicht erkannt, bzw. wurden nicht vorgetragen.
Relevanz
Ein Fall, wie er im Examen laufen könnte, im Zivilrecht, aber eher noch im Öffentlichen Recht als Verfassungsbeschwerde. Die Drittwirkung der Grundrechte, deren Bedeutung in zivilrechtlichen Abwehransprüchen, die umfangreiche Abwägung zwischen APR und Meinungsfreiheit sind absoluter Pflichtstoff für die Vorbereitung aufs Examen.