Der BGH konnte sich mit Urteil vom 9. November 2011 (Az. 1 StR 302/11) zu den sprachlichen Anforderungen einer Anklageschrift im Strafprozess äußern. Die Entscheidung ist insbesondere für Revisionsklausuren im zweiten Staatsexamen relevant.
Im der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die Vorinstanz u.a. Verfahrenshindernisse angenommen, weil in der Anklageschrift enthaltene Passagen Anklageschrift nur in englischer Sprache mitgeteilt worden seien. In rechtlicher Hinsicht stelle dies einen Verstoß gegen § 184 S. 1 GVG dar. Es ging im zu entscheidenden Sachverhalt insbesondere um Untreue (§ 266 StGB), wobei im Konkretum der Anklage Passagen aus entscheidungsrelevanten Vertragstexten übernommen worden sind. Diese Passagen waren teilweise in englischer Sprache verfasst.
Der BGH führte indes aus, dass es für die Wirksamkeit einer Anklageschrift bereits genügt, wenn diese in ihren wesentlichen Teilen in deutscher Sprache abgefasst sei. Es müsse lediglich der Verfahrensgegenstand ausreichend umgrenzt sein, sodass der Angeschuldigte den ihm gemachten Tatvorwurf erkennen kann. Diesen Anforderungen sei die infrage stehende Anklage gerecht geworden, da entsprechende englische Passagen insbesondere auch noch erläutert bzw. auf deutsch paraphrasiert wurden. Es war also für den Angeklagten erkennbar, warum und basierend auf welchen Sachverhalt er angeklagt wurde.
In eine Revisionsklausur lässt sich die angesprochene Problematik denkbar einfach einbauen, indem einige Passagen der Anklage in englischer Sprache in die Akte eingebaut werden. Der spitzfindige Referendar hat dann mit § 184 S. 1 GVG einen Anknüpfungspunkt für die Diskussion und kann neben der schulmäßigen Auslegung der Norm (mit Hilfe des Kommentars) zusätzlich mit einem Verweis auf die Rechtsprechung des BGH punkten.
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