Der KFZ-Brief in der Zivilrecht Examensklausur
Immer wieder beliebter Gegenstand in Zivilrecht Examensklausuren mit sachenrechtlichem Einschlag und PKWs ist die Frage, ob ein Kläger, der bereits im Besitz des PKWs ist, vom Beklagten Herausgabe des KFZ-Briefs verlangen kann, so unter anderem in der 2. Zivilrecht Examensklausur im Mai letzten Jahres im 1. Staatsexamen in NRW.
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.6.2007
Bei dieser Examensklausur wurde u.a. das BGH Urteil vom 19. Juni 2007 (X ZR 5/07) abgeprüft. In den Entscheidungsgründen heißt es dort:
„Dem Kläger, der unstreitig im Besitz des Fahrzeugs ist, steht der geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugbriefs zu, wenn er Eigentümer des Fahrzeugs geworden ist (§ 952 Abs. 2 BGB in zumindest entsprechender Anwendung; vgl. BGHZ 34, 122, 134; 88, 11, 13).“
Das examensrelevante und lesenswert Urteil im Volltext findet ihr hier.
KFZ-Brief oder Zulassungsbescheinigung Teil II?
Seit dem 1.10.2005 heißt der Fahrzeugbrief streng genommen nicht mehr KFZ-Brief, sondern wird gem. § 12 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (kurz FZV) als Zulassungsbescheinigung Teil II bezeichnet. Der KFZ-Schein ist Zulassungsbescheinigung Teil I. In einigen Klausuren und auch in der Literatur ist dennoch öfters noch vom KFZ-Brief die Rede oder aber der Klausursachverhalt spielt vor dem obengenannten Stichtag.
Vorgehensweise in der Klausur
In der Klausur sollte man beim Schreiben des Gutachtens in etwa wie folgt vorgehen:
Prüfungs des Anspruchs des K gegen B auf Herausgabe des KFZ Briefs gem. § 985 BGB
I. Unmittelbarer Besitz am KFZ-Brief des B (+)
II. Eigentum des K am KFZ Brief ?
Zu prüfen ist, ob K auch Eigentümer des KFZ-Briefs ist.
(Im Folgenden sollte kurz die Rechtsnatur des KFZ-Briefs bestimmt werden.)
1. Rechtsnatur des KFZ-Briefs
Nach ganz herrschender Meinung findet § 952 BGB auf den KFZ Brief entsprechende Anwendung. Dabei tritt das Fahrzeug an die Stelle der Schuld i.S.d. § 952 BGB.
Für eine analoge Anwendung des § 952 BGB auf KFZ-Briefe spricht die enge Zusammengehörigkeit von Fahrzeug und KFZ-Brief. Im Rechtsverkehr ist es üblich, dass der Erwerber eines Fahrzeugs mit dem KFZ zum Nachweis seiner Berechtigung auch den Brief erhält. Des Weiteren würde eine Trennung der Eigentümerstellungen am Wagen und am KFZ-Brief dem Sinn und Zweck des KFZ-Briefs, das Eigentum zu sichern, widerlaufen. Außerdem wird der KFZ-Brief nicht als selbständiger Gegenstand im rechtsgeschäftlichen Verkehr gehandelt.
Somit ist Eigentümer des KFZ-Briefes auch grundsätzlich derjenige, der Eigentümer des entsprechenden Fahrzeuges ist. Das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier.
2. Prüfung, ob K Eigentümer des entsprechenden Fahrzeugs ist
Wenn K Eigentümer des KFZ ist, dann ist K analog § 952 BGB auch Eigentümer des KFZ-Briefes.
III. Kein Recht des B zum Besitz des KFZ-Briefes gem. § 986 BGB (+)
=> Ergebnis: K hat gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des KFZ-Briefes aus § 985 BGB i.V.m. § 952 BGB analog.
Alles richtig, nur mit dem Satz „Das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier.“ setzt du dich ganz schön in die Nesseln. Denn es gibt ja gar kein „Recht aus dem Papier“, das hast du ja selbst geschrieben. Aus der Zulassungsbescheinigung Teil II folgt nämlich _nicht_ das Eigentum an der Sache, der Besitz des Papiers ist nur für einen entsprechenden Rechtsschein relevant (deshalb steht auch auf jedem Fahrzeugbrief drauf: „Der Inhaber der der Zulassungsbescheinigung wird nicht als Eigentümer des Fahrzeugs ausgewiesen.“).