EU-Kommission genehmigt Fusion zwischen Telefónica (O2) und E-Plus unter Auflagen
Die EU-Kommission hat im Juli die Fusion zwischen Telefónica, die auf dem deutschen als O2 agiert und E-Plus unter Auflagen genehmigt. Damit steht dem Zusammenschluss der beiden Mobilfunkanbieter auf dem deutschen Markt nichts mehr im Wege.
Zu Beginn des Verfahrens im Herbst 2013 hat der unser Gastautor Steffen Morawietz bereits eine ausführliche Einschätzung zum Ausgang des Verfahrens abgegeben (s. hier). Die Entscheidung der EU-Kommission liegt nun umfassend auf einer Linie mit dieser Prognose.
Im Wesentlichen führten die folgenden Aspekte zu einer Freigabe des Zusammenschlussvorhabens:
1. Keine Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung, aber Eintritt nicht-koordinierter Effekte
Die EU-Kommission hat zunächst die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung durch die Fusion verneint. Das Vorhaben führe zu einem Marktanteil von etwa 30 % innerhalb einer äußerst symmetrischen Post-Merger-Struktur. Die verbleibenden Wettbewerber Vodafone und T-Mobile verfügen über nur geringfügig niedrigere Marktanteile als das neu entstehende Unternehmen. Daher kann die Stellung des neuen Unternehmens nicht als merkbeherrschend qualifiziert werden.
Gleichwohl führt der Zusammenschluss zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs (Signaificant Impediment to effective Competition, sog. SIEC-Test). Dieses Untersagungskriterium, das inzwischen auch in der deutschen Fusionskontrolle nach dem GWB gilt, ermöglicht neben Marktstrukturaspekten auch die Berücksichtigung sog. nicht-koordinierter-Effekte. Ein solcher liegt hier vor, weil durch den Zusammenschluss erhebliche Wettbewerbskräfte eliminiert würden. So waren O2 und E-Plus in der Vergangenheit insbesondere im Niedrigpreissegment aktiv, wodurch ein Wettbewerbsdruck auf die Mitbewerber ausgeübt wurde, der sich gerade nicht in den Marktanteilen messen lässt.
Die Kommission führt in dem von ihr veröffentlichten Memo insoweit aus:
„The proposed merger would lead to a market structure with three MNOs with a similar strong position. Deutsche Telekom and Vodafone would have a market share of roughly 25% each, while the merged company would have a market share around 30%.While the proposed merger would not lead to the creation or strengthening of a (single) dominant position of the merged company, the Commission concluded that the merger, as originally notified, would result in a significant impediment to effective competition. This is because, in addition to the loss of competition between the merging parties, which currently are close competitors at the retail level, the merger would remove E-Plus and Telefónica as important competitive forces from the market and change their incentives to compete aggressively.”
2. Auflagen zur Sicherung des wirksamen Wettbewerbs
Die Kommission hat die Genehmigung des Vorhabens gleichwohl nicht gänzlich verweigert sondern – wie erwartet – unter Auflagen genehmigt. Sie greift insbesondere die Bedenken hinsichtlich der Eliminierung des besonderen Wettbewerbsdrucks durch den Zusammenschluss auf. Das Post-merger-Unternehmen wird entsprechend verpflichtet, Netzinfrastruktur an Unternehmen zur Verfügung zu stellen, die bislang nicht selbst als Netzbetreiber auf dem deutschen Markt tätig sind. Hierdurch soll erreicht werden, dass langfristig ein neuer Wettbewerber auf dem Markt aktiv wird und den bisher von O2 und E-Plus ausgehenden Wettbewerbsdruck im Niedrigpreissegment fortführt.
Die Kommission führt diesbezüglich aus:
„This remedy ensures that one or several (up to three) Upfront MBA MVNO(s) will enter or develop in the German market and, together with the three remaining MNOs and the other non-MNO players, will be able to ensure a sufficient degree of competition on the German retail mobile telephony market. This will ensure that the elimination of E-Plus would not give rise to a significant impediment of effective competition. This remedy also addresses the main reasons identified in the decision for considering MVNOs and Service Providers to be less effective competitors than MNOs: indeed, with the remedy, the Upfront MBA MVNO(s) in Germany will have access to all current and future technologies and speed classes for mobile transmission of data which Telefónica currently offers and will offer in the future. The Upfront MBA MVNO(s) will be able to devise retail tariffs in nearly total independence from the host MNO. In other words, the remedy increases the Upfront MBA MVNOs‘ ability to compete. In effect, the remedy „forces“ the Upfront MBA MVNO(s) to compete very aggressively on the market, as they have to commit upfront to purchase a significant amount of capacity (much larger than what they need to serve their current customer base). In doing so, the remedy creates a strong incentive for the Upfront MBA MVNOs to compete aggressively to acquire subscribers to fill this capacity.“
3. Ausblick
Die Entscheidung der Kommission verdient im Grundsatz Zustimmung. Sie trägt insbesondere den Eigenarten von Mobilfunkmärkten Rechnung, die in erheblichem Umfang von Investitionsdruck, sog. versunkenen Kosten und Netzwerkeffekten geprägt sind. Dies führt dazu, dass Mobilfunkmärkte effizient nur mit relativ wenigen Wettbewerbern betrieben werden können, was aber langfristig die Dynamik solcher Märkte gefährdet. Durch die Auflagen versucht die Kommission nun, diese Dynamik langfristig zu sichern. Ob dies gelingt, bleibt abzuwarten. Ein ähnlicher Versuch wurde bereits auf dem österreichischen Mobilfunkmarkt gestartet. Hier stiegen die Endkundenpreise in der Folge der genehmigten Fusion jedoch trotz ähnlicher Auflagen spürbar an.
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