• Suche
  • Lerntipps
    • Karteikarten
      • Strafrecht
      • Zivilrecht
      • Öffentliches Recht
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Juri§kripten
  • Click to open the search input field Click to open the search input field Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Wahlfeststellung

Schlagwortarchiv für: Wahlfeststellung

Dr. Maike Flink

BVerfG: Neues zur echten Wahlfeststellung

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht

Von Prüflingen gefürchtet und bei Prüfern sehr beliebt ist das Institut der Wahlfeststellung. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der sog. unechten Wahlfeststellung und der sog. echten Wahlfeststellung (zur Abgrenzung beider Institute s. bereits unseren Beitrag BGH: Neues zur Wahlfeststellung). Zur sog. echten Wahlfeststellung – d.h. zur wahldeutigen Veruteilung des Täters – kommt es, wenn sicher ist, dass dieser einen von mehreren möglichen Straftatbeständen erfüllt hat, jedoch unklar bleibt, welches dieser Delikte er tatsächlich verwirklicht hat. Eine eindeutige Bestrafung ist in diesem Fall nicht möglich, sodass eine wahlweise Bestrafung erfolgt, wenn die Tatbestände rechtsethisch und physiologisch vergleichbar sind (Rspr.) oder eine Identität des Unrechtskerns besteht (h.L.). Eine rechtsethische Vergleichbarkeit besteht dabei, wenn die Tatvorwürfe nach Art und Schwere auf Grundlage des allgemeinen Rechtsempfindens vergleichbar sind. Die physiologische Gleichwertigkeit setzt hingegen eine einigermaßen gleichgeartete innere Beziehung des Täters zu den möglichen Verhaltensweisen voraus. Nach der Ansicht der Literatur, die überwiegend auf die Identität des Unrechtskerns abstellt, kommt es demgegenüber darauf an, dass dasselbe Rechtsgut durch beide Delikte betroffen ist und der Handlungsunwert in etwa gleichartig erscheint.
 
I. Worum es geht: Die Verfassungsmäßigkeit der Wahlfeststellung
Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der echten Wahlfeststellung, die eine Ausnahme vom Grundsatz „in dubio pro reo“ darstellt, beschäftigt sowohl die Praxis als auch die Literatur seit geraumer Zeit. In der Vergangenheit hegte insbesondere der 2. Strafsenat des BGH wiederholt Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der echten Wahlfeststellung, da sie nicht auf eine gesetzliche Grundlage gestützt werden könne und damit nicht mit dem Gesetzlichkeitsprinzip des Art. 103 Abs. 2 GG zu vereinbaren sei. Dies sei jedoch zwingend erforderlich, da die echte Wahlfeststellung strafbarkeitsbegründend wirke: Die Verurteilung beruhe letztlich auf keinem der alternativ in Betracht kommenden Straftatbestände, sondern auf einer ungeschriebenen dritten Norm, welche die übereinstimmenden Unrechtselemente beider Delikte in sich vereinige. Insofern seien weder Art noch Ausmaß der Strafe durch den parlamentarischen Gesetzgeber vorgegeben, was einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot darstelle. Zudem werde die Unschuldsvermutung durch die echte Wahlfeststellung verletzt, da dem Angeklagten eine konkrete Straftat gerade nicht nachgewiesen werden könne. Da alle übrigen Strafsenate diese Ansicht nicht teilten, hatte der 2. Strafsenat diese Frage mehrfach dem Großen Strafsenat vorgelegt (zuletzt Vorlagebeschluss v. 2.11.2016, 2 StR 495/12), der jedoch weiterhin an der Verfassungsmäßigkeit der echten Wahlfeststellung festhielt (Beschl v. 8.5.2017, GSSt 1/17).
 
II. Die Entscheidung des BVerfG
Nunmehr hat mit Beschluss v. 5.7.2019 (2 BvR 167/18) erstmal auch das BVerfG in diesem Zusammenhang Stellung bezogen und die sog. echte Wahlfeststellung als verfassungsgemäß eingeordnet. Die echte Wahlfeststellung verletze bereits nicht das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG, denn sie wirke nicht strafbarkeitsbegründend. So führt das BVerfG aus:

„Die Regeln zur Wahlfeststellung dienen nicht dazu, materiell-rechtliche Strafbarkeitslücken zu schließen, was allein Aufgabe des Gesetzgebers ist; sie ermöglichen ausschließlich die Bewältigung verfahrensrechtlicher Erkenntnislücken […]. Die ungleichartige Wahlfeststellung ist damit eine besondere, dem Strafverfahren zuzuordnende Entscheidungsregel, die nicht den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 2 GG berührt.“

Damit komme es auch nicht zur Anwendung einer ungeschriebenen „dritten Norm“, denn der Angeklagte habe entweder den einen oder den anderen – jeweils gesetzlich bestimmten – Tatbestand erfüllt, sodass er ausschließlich wegen der Verletzung dieser Einzelstraftatbestände wahldeutig verurteilt werde. Dabei stelle das Erfordernis der rechtsethischen und physiologischen Vergleichbarkeit kein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal dar, sondern diene lediglich dazu, zu gewährleisten, dass der Schuldspruch den Angeklagten nicht unverhältnismäßig belastet, indem sichergestellt wird, dass die Verurteilung an einen ausreichenden einheitlichen Unrechts- und Schuldvorwurf anknüpfe.
Auch sei der Grundsatz „nulla poena sine lege“ des Art. 103 Abs. 2 GG durch die echte Wahlfeststellung nicht verletzt. Dieser dehne zwar das Bestimmtheitsgebot auch auf die Strafandrohung aus, indes werde bei der Wahlfeststellung Art und Ausmaß der Bestrafung einem gesetzlich normierten Tatbestand – nämlich dem für den konkreten Fall mildesten – entnommen:

„In der Wahlfeststellungssituation hat das Tatgericht aufgrund des jeweils anwendbaren Straftatbestands zu prüfen, auf welche Strafe zu erkennen wäre, wenn eindeutig die eine oder die andere strafbare Handlung nachgewiesen wäre. Von den so ermittelten Strafen ist dann zu Gunsten des Angeklagten die mildeste zu verhängen. […] Da bei einer wahldeutigen Verurteilung in allen Punkten die dem Angeklagten günstigste der alternativen Tatgestaltungen zugrunde zu legen ist […], ist schließlich die Verhängung einer den Schuldgrundsatz verletzenden, weil die tatsächliche Schuld übersteigenden, Strafe […] ausgeschlossen.

Zudem sei auch die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung nicht verletzt, denn es stehe jedenfalls fest, dass der Angeklagte sicher eines von mehreren alternativ in Betracht kommenden Delikten verwirklicht habe:

„Jedenfalls dann, wenn diese Straftatbestände einen vergleichbaren Unrechts- und Schuldgehalt besitzen […],  fordert die Unschuldsvermutung keinen Freispruch. Vielmehr stünde ein Freispruch trotz unzweifelhaft strafbaren Verhaltens aufgrund mehrfacher Anwendung des Zweifelssatzes seinerseits in Widerspruch zu dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit.“

Denn das Rechtsstaatsprinzip erfordere insbesondere auch die Herstellung materieller Gerechtigkeit, um das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Strafverfahrens zu erhalten. Der Täter werde wegen der alternativen Fassung des Schuldspruchs auch nicht unverhältnismäßig belastet, da eindeutig zum Ausdruck komme, dass die Verurteilung auf wahldeutiger Tatsachengrundlage beruht. Ein Verfassungsverstoß liege damit auch unter diesem Gesichtspunkt nicht vor.
 
III. Ausblick
Das BVerfG hat sich mit seiner Entscheidung der bereits bislang durch den Großen Strafsenat des BGH vertretenen Ansicht angeschlossen und ist ihm auch in der Begründung der Verfassungsmäßigkeit gefolgt. Damit ergeben sich für die Klausurbearbeitung nur wenige Neuerungen. Dennoch ist die echte Wahlfeststellung ein „Dauerbrenner“ in Examensklausuren und erfreut sich auch in der mündlichen Prüfung auf Seiten der Prüfer großer Beliebtheit. Die aktuelle Entscheidung des BVerfG sollte daher zum Anlass genommen werden, sich dieses Rechtsinstitut noch einmal zu vergegenwärtigen um für Prüfungen mit aktuellem Bezug weiterhin gewappnet zu sein.

08.08.2019/2 Kommentare/von Dr. Maike Flink
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maike Flink https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maike Flink2019-08-08 09:36:482019-08-08 09:36:48BVerfG: Neues zur echten Wahlfeststellung
Tom Stiebert

BGH: Neues zur Wahlfeststellung

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Strafrecht, Strafrecht, Strafrecht AT

I. Was bisher geschah
Es gibt Themen, die scheinen zeitlos zu sein – so bspw. die Wahlfeststellung, die Studierende seit Generationen schon beschäftigt. Zu dieser Diskussion hat der BGH nun durch einen Beschluss vom 02.11.2016 (2 StR 495/12) ein weiteres Kapitel hinzugefügt. Insbesondere ist zwischen verschiedenen Strafsenaten des BGH streitig, ob es das Konstitut der Wahlfeststellung überhaupt gibt (bzw. ob diese verfassungsgemäß ist). Der 2. Strafsenat des BGH hält die richterrechtliche Grundlage wegen Verstoßes gegen das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht (Art. 103 Abs. 2 GG) für verfassungswidrig und hatte diese Frage bereits im Jahr 2015 dem Großen Senat für Strafsachen vorgelegt, nachdem alle anderen Strafsenate seiner Ansicht entgegengetreten waren. Diese Vorlage hatte der 2. Strafsenat mit Beschluss vom 07.08.2016 zurückgenommen, da materiellrechtliche Fragestellungen noch unklar waren.

Der 2. Strafsenat des BGH hat nun – nach Durchführung einer erneuten Hauptverhandlung – entschieden, wegen grundsätzlicher Bedeutung wiederum den Großen Strafsenat mit der Frage zu befassen. Er hält weiterhin an seiner Ansicht fest, dass es für die „Wahlfeststellung“ einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, weil es sich nicht allein um eine prozessuale Entscheidungsregel, sondern um materielles Strafbegründungsrecht handele, das den Erfordernissen des Art. 103 Abs. 2 GG unterfalle.

II. Allgemeines zur Wahlfeststellung
Aber zunächst zurück zu allgemeinen Fragestellung. was ist überhaupt Wahlfeststellung. Inhaltlich handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz „in dubio pro reo„.
Zu unterscheiden ist dabei zwischen echter und unechter Wahlfeststellung.
Unter unechter Wahlfeststellung sind hingegen Fälle zu verstehen in den zwar das verwirklichtes Delikt klar ist, aber Unklarheit darüber besteht, durch welche Handlung dieses Delikt begangen wurde. Eine Verurteilung soll hier dann erfolgen, wenn es sich um eine einheitliche Tat handelt.
Unter echter Wahlfeststellung wird dabei der Fall verstanden, dass unter mehreren möglichen Delikte nicht sicher ist, welches verwirklicht wurde. Sicher ist hingegen die Verwirklichung eines der möglichen Delikte. Hier erfolgt dann als Rechtsfolge eine Verurteilung wegen alternativer Delikte (deutlich machen mit „oder“), sofern diese ethisch und sozial vergleichbar sind. Die  Strafzumessung ergibt sich dann aus dem milderen Delikt. Nur diese ist eine Ausnahme vom Grundsatz in dubio pro reo. In Anwendung des Grundsatzes „im Zweifel für den Angeklagten“ müsste in solchen Fällen jeder Tatbestand gesondert geprüft und der Angeklagte freigesprochen werden, weil keine der beiden Taten zweifelsfrei bewiesen ist. Das Verhältnis zwischen Diebstahl und Hehlerei ist der häufigste Fall der Wahlfeststellung; die Rechtsprechung hat sie aber auch für zahlreiche andere Konstellationen zugelassen. Eine gesetzliche Grundlage für diese Ausnahme besteht nicht; eine entsprechende Regelung des NS-Strafrechts wurde durch den Alliierten Kontrollrat im Jahr 1946 aufgehoben.
III. Frage der Verfassungswidrigkeit
1. Ansicht des 2. Strafsenats
Der 2. Strafsenat des BGH hält die richterrechtliche Grundlage wegen Verstoßes gegen das Gesetzlichkeitsprinzip im Strafrecht (Art. 103 Abs. 2 GG) für verfassungswidrig und hatte diese Frage bereits im Jahr 2014 dem Großen Senat für Strafsachen vorgelegt (Beschluss vom 28.1.2014 – 2 Str 495/12). Nun wird diese Frage erneut dem großen Senat vorgelegt. Er rügt einen Verstoß gegen Art 103 Abs. 2 GG und unterscheidet zwischen Strafbegründung und -zumessung strikt:

Eine derartige gesetzesalternative Verurteilung verstoße gegen das Analogieverbot. Sie wirke strafbegründend, weil in einem solchen Fall die Erfüllung einer bestimmten Strafnorm nicht feststellbar sei. Die Verurteilung beruhe dann letztlich auf einer ungeschriebenen dritten Norm, die nicht durch den Gesetzgeber erlassen worden sei, sondern Richterrecht darstelle. Aus diesem Grund sei im Fall einer gesetzesalternativen Verurteilung auch keine dem Gesetz entsprechende Strafzumessung möglich.

Diese konkretisiert er wie folgt:

Art. 103 Abs. 2 GG enthält ein striktes Bestimmtheitsgebot für die Gesetzgebung sowie ein damit korrespondierendes, an die Rechtsprechung gerichtetes Verbot strafbegründender Analogie. […] Wenn die Verfassung fordert, dass die Strafbarkeit „gesetzlich bestimmt“ sein muss, bedeutet dies zweierlei. Die Voraussetzungen der Strafbarkeit müssen gesetzlich geregelt und das diesbezügliche Gesetz muss hinreichend bestimmt sein.

Eine Verletzung dieser Maßstäbe wird bejaht, da die Grenzen überschritten würden:

Für eine rein prozessuale Regelung würden die Gebote des Art. 103 Abs. 2 GG zwar nicht gelten (Kudlich in Kudlich/Montiel/Schuhr [Hrsg.], Gesetzlichkeit und Strafrecht, 2012, S. 233, 239 ff. mwN). Darum geht es hier aber nicht. Die Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung bestimmt vielmehr „die Strafbarkeit“.
Ein Unterschied der Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung gegenüber nicht an Art. 103 Abs. 2 GG zu messenden prozessualen Rechtsinstituten wie der Verjährung der Strafverfolgung oder dem Erfordernis eines Strafantrags, kommt darin zum Ausdruck, dass hier über den Schuld- und Strafausspruch in Abgrenzung zu einem Freispruch entschieden wird, während jene Institute prozessuale Rechtsfolgen haben. Die Verjährung der Strafverfolgung lässt das strafrechtliche Unrecht und die Schuld des Täters unberührt (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 1968 – 2 BvL 15/68, BVerfGE 25, 269, 294); sie führt zur Einstellung des Verfahrens. Gleiches gilt, wenn ein bei dem konkreten Delikt erforderlicher Strafantrag fehlt. Die Anwendungsregel einer gesetzesalternativen Verurteilung entscheidet demgegenüber – soweit kein Auffangtatbestand eingreift – zwischen Freispruch und Bestrafung. Dieses Richterrecht beherrscht dadurch die Voraussetzungen für den Schuldspruch und bestimmt außerdem die Kriterien für die Zumessung der Strafe auf dieser Grundlage.

Ferner fehle es an einer gesetzgeberischen Konturierung:

Der Gesetzgeber hat in den einzelnen Straftatbeständen – von der Bezeichnung des Rechtsguts abgesehen – keinen Hinweis darauf gegeben, ob und unter welchen Umständen diese Normen dahin auszulegen sind, dass sie mit anderen Straftatbeständen rechtsethisch und psychologisch vergleichbar sind. Die Rechtsprechung hat ihrerseits bei der Auslegung und Anwendung der Normen in den Fällen gesetzesalternativer Verurteilungen keine nähere Erläuterung gegeben, weshalb eine rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit anzunehmen sein soll. Auch ihre gegebenenfalls ergänzende Aufgabe der Präzisierung ist demnach nicht erfüllt.
Dem Gesetzesvorbehalt und dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG unterliegt schließlich auch die Strafandrohung (BVerfG, Urteil vom 20. März 2002 – 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135, 153), die in einem angemessenen Verhältnis zur Tat stehen muss.
(BGH, Vorlagebeschluss vom 11. März 2015 – 2 StR 495/12 –, Rn. 60, juris)

2. Ansicht übriger Strafsenate
Dem widersprechen die übrigen Strafsenate.
Sie verneinen bereits die Anwendung des Art. 103 S. 2 GG:

Der 1. Strafsenat hat durch Beschluss vom 24. Juni 2014 – 1 ARs 14/14 (NStZ-RR 2014, 308 f.) ausgeführt, bei der gesetzesalternativen Verurteilung handele es sich um eine Verfahrensregel, die nicht der Verfassungsbestimmung des Art. 103 Abs. 2 GG unterliege. Die richterrechtliche Regel bestimme nicht darüber, was strafbar ist, sondern lege lediglich fest, wie das Gericht in einer bestimmten Situation prozessual zu reagieren habe.
Der 3. Strafsenat hat durch Beschluss vom 30. September 2014 – 3 ARs 13/14 (NStZ-RR 2015, 39 f.) erklärt, die richterrechtlich entwickelte Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung verletze nicht Art. 103 Abs. 2 GG. Der Sache nach handele es sich um eine Entscheidungsregel. Solche Regelungen würden von Art. 103 Abs. 2 GG nicht erfasst. Der Zweck des Gesetzlichkeitsprinzips, für den Angeklagten seine Bestrafung vorhersehbar zu halten, bleibe unberührt.
Der 4. Strafsenat hat in seinem Beschluss vom 11. September 2014 – 4 ARs 12/14 (NStZ-RR 2015, 40 f.) ausgeführt, die Tatsache, dass bei einer Verurteilung auf der Grundlage einer Wahlfeststellung nicht feststehe, welcher der Straftatbestände verletzt worden sei, ändere nichts daran, dass die strafrechtlichen Handlungsverbote für den Täter zur Tatzeit erkennbar gewesen seien.
Der 5. Strafsenat hat durch Beschluss vom 16. Juli 2014 – 5 ARs 39/14 (NStZ-RR 2014, 307 f.) ausgeführt, bei der gesetzesalternativen Verurteilung handele es sich um eine prozessuale Entscheidungsregel. Diese stelle eine Ausnahme von dem Rechtssatz „in dubio pro reo“ dar. Ein Freispruch in doppelter Anwendung des Zweifelsatzes wäre in Fällen, in denen ein strafloses Verhalten des Angeklagten sicher auszuschließen sei, mit dem Gebot der Gerechtigkeit unvereinbar.

IV. Zusammenfassung
Bereits die zu dieser Fragestellung veröffentlichte Literatur zeigt, dass es eine Menge „Fans“ dieser Problematik unter den Juristen gibt. Aus diesem Grund und weil Entscheidungen des Großen Senats äußerst selten sind, muss auf die besondere Examensrelevanz hingewiesen werden. Hier auf Lücke zu setzen, erscheint fahrlässig. Vielmehr sollten die aktuellen Entwicklungen und Meinungsstränge im Blick behalten werden. Eine exakte Übernahme und Wiedergabe ist nicht nötig; die Strukturen sollten aber bekannt sein.

15.11.2016/2 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-11-15 14:00:152016-11-15 14:00:15BGH: Neues zur Wahlfeststellung

Über Juraexamen.info e.V.

Deine Online-Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat.

Wir sind ein gemeinnütziger Verein aus Bonn und auf Eure Unterstützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch Gastbeiträge. Über Zusendungen und Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur
  • Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW
  • Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Gastautor

Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur

Aktuelles, Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Karteikarten, Lerntipps, Rechtsgebiete, Startseite, Uncategorized, Verschiedenes, Zivilrecht, Zivilrecht

Im Ausgangspunkt ist klar: „Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch“ (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.1.2021 – VI ZR 194/18) Damit ist allerdings nicht geklärt, welche Anforderungen […]

Weiterlesen
12.06.2025/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2025-06-12 09:39:522025-06-12 09:39:53Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW

Aktuelles, Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Uncategorized, Verfassungsrecht

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des April-Durchgangs 2025 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Tim Muñoz Andres erneut ganz herzlich für die […]

Weiterlesen
04.06.2025/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2025-06-04 08:43:322025-06-04 08:44:08Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW
Miriam Hörnchen

Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Aktuelles, Examensvorbereitung, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Verwaltungsrecht

Die vom VG Berlin zu beantwortende Frage, ob die Ablehnung einer Bewerbung für den Polizeidienst wegen sichtbarer Tätowierungen rechtswidrig erfolgt, wirft eine Vielzahl examensrelevanter Fragestellungen auf: Aufgrund der Eilbedürftigkeit im […]

Weiterlesen
03.06.2025/0 Kommentare/von Miriam Hörnchen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Miriam Hörnchen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Miriam Hörnchen2025-06-03 08:45:032025-06-06 10:50:46Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Mitmachen

Du hast Lust, Autor bei uns zu werden? Wir freuen uns!

Mitmachen
  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© juraexamen.info e.V.

Nach oben scrollen Nach oben scrollen Nach oben scrollen