Wir freuen uns, folgenden Gastbeitrag von Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard) veröffentlichen zu können. Der Autor ist Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn und Wissenschaftlicher Beirat des Juraexamen.info e.V.
Ich selber fahre einen Touran und bin sehr zufrieden. Andere waren es nicht. Der BGH hatte mit Urteil vom 20. Juli 2021 – VI ZR 575/20 über die Klage einer ehemaligen Touran-Eigentümerin zu entscheiden, die ihren Wagen im Juni 2014 erworben hatte. Es war wie bei jedem Diesel-Skandal-Fall: Der Motor hatte eine Steuerungssoftware, die erkannte, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand oder im normalen Straßenverkehr befand. Im Prüfstandsbetrieb stieß das Fahrzeug weniger Stickoxid aus als im Betrieb auf der Straße. Während des laufenden Rechtsstreits veräußerte die Klägerin das Fahrzeug zu einem marktgerechten Preis. Nun war zwischen den Parteien streitig, ob der Klägerin trotz des Weiterverkaufs des VW Touran ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die Fahrzeugnutzung und abzüglich des erzielten Verkaufserlöses zusteht.
Der BGH bejahte dies und hat angenommen, dass – insoweit nichts Neues – die Beklagte die Klägerin durch das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit Abschalteinrichtung (Prüfstanderkennungssoftware) vorsätzlich sittenwidrig geschädigt hat und ihr insoweit grundsätzlich nach § 826 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs zusteht. Neu aber war die Feststellung, dass der Weiterverkauf des Fahrzeugs diesen Schadensersatzanspruch nicht entfallen ließ. Durch den Weiterverkauf trat der marktgerechte Verkaufserlös an die Stelle des im Wege der Vorteilsausgleichung herauszugebenden und zu übereignenden Fahrzeugs und war vom Schadensersatzanspruch abzuziehen.
Die Entscheidung ist nachvollziehbar (die Vorinstanzen hatten ebenso entschieden). Die Grundsätze des Vorteilsausgleichs gelten auch für einen Anspruch aus § 826 BGB. Andernfalls würde der Ersatzanspruch in die Nähe eines dem deutschen Recht fremden Strafschadensersatzes gerückt. Dem steht auch das unionsrechtliche Effizienzgebot nicht entgegen (ausführlich BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Tz. 66 ff und Tz. 76; BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Tz. 16). Ein Vorteilsausgleich ist vorzunehmen, wenn zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Vorteil ein adäquater Kausalzusammenhang besteht und die Anrechnung des Vorteils dem Zweck des Schadensersatzes entspricht, d.h. den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt (BGH, Urt. v. 18.10.2018 – III ZR 497/16, NJW 2019, 215 Tz. 17; Urt. v. 15.07.2017 – III ZR 336/08, NZG 2010, 1029 Tz. 35). Vorliegend besteht die sittenwidrige Schädigung der Klägerin im Abschluss des so nicht gewollten Kaufvertrags über ein mangelhaftes Fahrzeug. Eigentum und Besitz an dem Fahrzeug hatte die Klägerin infolge dieses Vertragsschlusses erhalten. Nach bestätigter Rechtsprechung hat der Kläger, wenn er als Schadenersatz die Erstattung des Kaufpreises fordert, den adäquat kausal erlangten Vorteil, Eigentum und Besitz des Fahrzeugs, an die Beklagte herauszugeben (s. z.B. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Tz. 12). Denn die durch das Prinzip der Gewinnabwehr gebotene Vorteilsausgleichung verbietet, dass der Geschädigte durch den Schadensersatz besser steht als durch die Totalreparation oder -kompensation. Dies droht aber auch dann nicht, wenn nun statt des Wagens das commodum ex negatione cum re herausgegeben wird. Auch andere Gerichte hatten schon so entschieden (OLG München, Urt v. 15.10.2020 – 23 U 4248/19, BeckRS 2020, 27196) und hier insbesondere auf Kausalität abgestellt. Der erlangte Verkaufspreis steht noch immer in adäquat kausalem Zusammenhang zur sittenwidrigen Schädigung. Dass ein Käufer, der mit einem für ihn nachteiligen Vertrag belastet wird, das Fahrzeug weiterverkauft und mithin anstelle des Fahrzeugs nunmehr den Verkaufspreis als Vorteil hat, erscheint weder fernliegend noch außerhalb eines adäquaten Kausalzusammenhangs. Die Anrechnung des erzielten Verkaufspreises ist weder die eine noch die andere Seite dadurch unbillig begünstigt. Der BGH hat nach falsche Anlageberatung zwischenzeitlich verkauften Wertpapieren schon entsprechend entscheiden: „Zwar entfällt ein bei der Schadensberechnung zu berücksichtigender Vorteil nicht dadurch, dass der Geschädigte auf Grund eines vom Schädiger nicht herausgeforderten Willensentschlusses den Vorteil ganz oder teilweise zunichtemacht (BGH, Urt. v. 10.10.1996 – IX ZR 294/95, NJW 1997, 250). Die Kl. hat jedoch mit dem Verkauf der Wertpapiere den Vorteil aus deren Erwerb nicht aufgegeben. Vielmehr hat sich dieser in dem Erlös aus dem Verkauf der Wertpapiere fortgesetzt und ist nunmehr statt durch Herausgabe der Papiere durch Verrechnung des Erlöses auszugleichen“ (BGH, Urt. v. 13.11.2012 – XI ZR 334/11, NJW 2013, 450). Die Entscheidung konnte also nicht wirklich überraschen.
Vorteilsausgleichung ist ein spannendes Thema. Wer da ausführlich nachlesen will, der mag MüKo-Oetker, § 249 BGB Rn. 228 ff. anschauen oder gar in meiner Habilitationsschrift schmökern: Thüsing, Wertende Schadensberechnung, 2001, dort insb. S. 441. Spannend wäre die Frage gewesen (vielleicht kann Sie ihnen im Examen gestellt werden), wenn die Klägerin im Weiterverkauf des Wagens ein besonders gutes oder besonders schlechtes Geschäft gemacht hätte, also nicht den Markpreis, sondern entsprechend mehr oder weniger realisiert hätte. Ginge dies zu Gunsten oder Lasten der Klägerin oder der Beklagten?
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Der Nutzungsausfallschaden stellt ein klassisches Schadensproblem dar, mit dem sich leicht kaufrechtliche Fallkonstellationen um ein weiteres Problemfeld erweitern lassen. Erneut ist die Thematik Gegenstand einer obergerichtlichen Entscheidung geworden. Angesichts der Kaufrechtsreform liegt die Examensrelevanz auf der Hand.
I. Problemstellung und Lösungsansätze
Da das BGB grundsätzlich allein auf den Ersatz materiellen Schadens ausgerichtet ist, der per Differenzhypothese ermittelt wird, § 249 I BGB, ist für den Ersatz immaterieller Schäden ein erhöhter Begründungsaufwand notwendig, soweit nicht Sondernormen Ersatz oder Entschädigung explizit anordnen, etwa bei Schmerzensgeld § 253 II BGB, bei nutzlos aufgewendeter Reisezeit § 651 f II BGB oder bei Diskriminierung § 15 I, II AGG. Da die Höhe des Schadens in Abweichung der Prozessgrundsätze aber nur schwer bezifferbar ist, kann das Gericht eine Schätzung vornehmen, § 287 ZPO.
Muss ein Pkw in Folge eines Unfalls in Reparatur gegeben und in der Zwischenzeit ein Mietwagen angemietet werden, stellt sich inhaltlich die Frage nach dem immateriellen Schaden nicht, da in dem Mietzins ein materieller Schaden erblickt werden kann. Allein die Höhe des Schadens ist in derartigen Fällen problematisch, da der Geschädigte während der Nutzung des Mietwagens keinen Verschleiß an seinem eigentlichen Pkw hinnehmen muss, so dass 10-20 % Verschleiß im Wege der Vorteilsausgleichung vom Ersatz des vollen Mietzinses abzuziehen sind.
Kommt es indes nicht zur Anmietung eines Ersatzwagens, wird die Frage nach dem Nutzungsausfallschaden virulent. Der Differenzhypothese folgend besteht in der entgangenen Nutzungsmöglichkeit kein materieller Schaden, da die bestehende Nutzungsmöglichkeit an dem nun beschädigten Pkw nicht abgebildet wird. Da immaterieller Schaden nach der oben erläuterten gesetzlichen Grundkonzeption dem Grundsatz nach aber nicht ersatzfähig ist (e contrario § 253 BGB), wurde versucht, mittels des Frustrierungsgedankens den eigentlich immateriellen als materiellen Schaden zu qualifizieren (grundlegend Tolk, Der Frustrierungsgedanke und die Kommerzialisierung immaterieller Schäden, 1977). Die Investitionen, die der Geschädigte getätigt hat, um den nun beschädigten Pkw nutzen zu können, seien für die Zeit der fehlenden Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs frustriert. Eine derartige Materialisierung der in der Vergangenheit getätigten Investitionen hätte aber die nicht nachvollziehbare Konsequenz, dass der Schädiger nicht für den konkret entstandenen Schaden, sondern vielmehr für die vorherigen, nun materialisierten Investitionen haften müsste. Dies aber liefe dem deutschen Schadensrecht ersichtlich zuwider, könnte doch der Geschädigte letztlich seine Lebenshaltungskosten auf den Schädiger abwälzen. Schon früh wurde deshalb der Frustrationsgedanke verworfen.
Ein weiterer Ansatz liegt in der Annahme, die immaterielle Nutzungsmöglichkeit sei kommerzialisiert und stelle demnach einen materiellen Schadensposten dar (Kommerzialisierungsthese, dazu ausführlich MüKo-BGB/Oetker, 7. Aufl. 2016, § 249 Rn. 41 ff.). Die Kommerzialisierung beurteile sich nach der Verkehrsauffassung und sei deshalb insbesondere bei Pkw anzunehmen. Aufgrund der wirtschaftlichen Marktlage ist jedoch davon auszugehen, dass nach dieser Argumentation nahezu alles kommerzialisiert ist. Diese Argumentation führt im Ergebnis jedenfalls in Fällen des Nutzungsausfalls zu einer uferlosen Ausweitung der Schädigerhaftung, was weiter gedacht auch gesamtwirtschaftlich mit Blick auf die Versicherungswirtschaft schwer tragbar wäre.
Der große Senat des BGH hat dagegen im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung in einer wegweisenden Entscheidung den eingeschränkten Kommerzialisierungsgedanken entwickelt (BGH (GS), Beschl. v. 09.07.1986 – GSZ 1/86, BGHZ 98, 212 = NJW 1987, 50). Danach ist die Nutzungsmöglichkeit ausnahmsweise nur dann kommerzialisiert und nach § 249 II 1 BGB ersatzfähig, soweit neben der notwendigen
- Kommerzialisierung am Markt
- für den betreffenden Zeitraum die hypothetische Nutzungsmöglichkeit
- sowie der entsprechende Nutzungswille vorliegen,
- die Verfügbarkeit des betreffenden Gegenstands für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung
- und der Wert der Nutzungsmöglichkeit objektiv messbar ist.
Kurzum: Der Schaden muss wirtschaftlich „fühlbar“ sein. Dahinter steht der Gedanke, dass derjenige, der auf die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs verzichtet, im Ergebnis nicht schlechter gestellt werden soll als derjenige, der ein Ersatzfahrzeug anmietet (Palandt/Grüneberg, 77. Aufl. 2018, § 249 Rn. 40).
Zu den Wirtschaftsgütern, die diese Voraussetzungen erfüllen, gehören regelmäßig Pkw und Häuser – nicht aber klassische Luxusgüter. Zuletzt hat der BGH klargestellt, dass auch der abstrakte Nutzungsausfall des Internets für den Inhaber des DSL-Anschlusses einen ersatzfähigen Schaden darstellt (BGH, Urt. v. 24.01.2013 – III ZR 98/12, BGHZ 196, 101 = NJW 2013, 1072).
Rn. 9: „Der Ersatz für den Verlust der Möglichkeit zum Gebrauch einer Sache muss grundsätzlich Fällen vorbehalten bleiben, in denen die Funktionsstörung sich typischerweise als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. Andernfalls bestünde die Gefahr, unter Verletzung des § 253 BGB die Ersatzpflicht auf Nichtvermögensschäden auszudehnen. Auch würde dies mit den Erfordernissen von Rechtssicherheit und Berechenbarkeit des Schadens in Konflikt geraten […]. „Deshalb beschränkt sich der Nutzungsausfallersatz auf Sachen, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist […] und bei denen die Nutzungseinbußen an objektiven Maßstäben gemessen werden können.“
Rn. 17: „Die Nutzbarkeit des Internets ist ein Wirtschaftsgut, dessen ständige Verfügbarkeit seit längerer […] Zeit auch im privaten Bereich für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung typischerweise von zentraler Bedeutung ist und bei dem sich eine Funktionsstörung als solche auf die materiale Grundlage der Lebenshaltung signifikant auswirkt. […] Damit hat sich das Internet zu einem die Lebensgestaltung eines Großteils der Bevölkerung entscheidend mitprägenden Medium entwickelt, dessen Ausfall sich signifikant im Alltag bemerkbar macht. Die Unterbrechung des Internetzugangs hat typischerweise Auswirkungen, die in ihrer Intensität mit dem Fortfall der Möglichkeit, ein Kraftfahrzeug zu nutzen, ohne weiteres vergleichbar sind.“
Nur nach diesen Maßstäben ist der Nutzungsausfallschaden also ersatzfähig.
II. Entscheidung des OLG Hamm (Urt. v. 23.01.2018 – 7 U 46/17, juris)
In einer aktuellen Entscheidung des OLG Hamm stand erneut der Nutzungsausfallschaden im Mittelpunkt, auch wenn es zunächst eigentlich um den Ersatz von Mietwagenkosten ging.
1. Sachverhalt
Der Kläger verlangte von der Versicherung des Geschädigten, dessen alleinige Haftung nach einem Verkehrsunfall unstreitig war, unter anderem die Kosten für die Reparatur des beschädigten PKW (4.306,85 EUR) und die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs (1.229,41 EUR), wobei der Wiederbeschaffungswert des Pkw 3.900 EUR betrug.
2. Entscheidung
Die Anspruchsvoraussetzungen der §§ 7 I, 17 I StVG sowie § 823 I BGB lagen zunächst problemlos vor (alle i.V.m. § 115 VVG). Streitig war allein die Höhe der geltend gemachten Ansprüche.
Nach dem Haftpflichtsenat des OLG Hamm (in Rn. 16) „kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf.“
Dabei erinnert das OLG Hamm (in Rn. 16) an die Schadensgeringhaltungspflicht des Geschädigten:
„Der Geschädigte ist hierbei nach dem […] Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen.“
Nach diesen Maßstäben sieht das OLG Hamm die erfolgte Anmietung des Ersatzfahrzeugs als nicht erforderlich an. Grund dessen waren Besonderheiten des Falles. Denn der Geschädigte hatte nicht substantiiert dargelegt, dass er auf die ständige Verfügbarkeit des Pkw angewiesen war, zumal er in den elf Miettagen lediglich eine Strecke von 16 km pro Tag zurücklegte.
„Der Senat geht davon aus, dass ein tägliches Fahrbedürfnis von weniger als 20 km am Tag einen Anhaltspunkt für einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstellt […] Allein die tatsächliche Fahrtstrecke ist zwar nicht entscheidend. Es ist anerkannt, dass kein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vorliegt, wenn der Geschädigte – vorliegend der Kläger – auf die ständige Verfügbarkeit eines KFZ angewiesen gewesen wäre […] Der insoweit sekundär darlegungsverpflichtete Kläger hat zu diesen Gesichtspunkten aber nichts vorgetragen. Er hat nur vorgetragen, dass ein Taxi für jede Fahrt telefonisch bestellt werden müsse. Dies reicht aber nicht für die Annahme aus, dass der Kläger auf die ständige Verfügbarkeit eines KFZ angewiesen war.“
Der Senat erinnert also an die auch ansonsten oft herangezogene „20-km-pro-Tag-Grenze“. Zudem wären Taxifahrten nach den gerichtlichen Feststellungen möglicherweise sogar günstiger gewesen, was der Kläger hätte reflektieren müssen.
„Allein das relativ hohe Alter des Klägers und seiner Frau begründen nicht, dass sie auf eine ständige Verfügbarkeit eines KFZ angewiesen waren. Eine ständige Verfügbarkeit des PKW für den nicht mehr im Berufsleben stehenden Kläger war bei der vom Schadensgutachter für erforderlich gehaltenen Reparaturdauer von 4 bis 5 Arbeitstagen nicht unbedingt erforderlich.“
Mangels Erforderlichkeit der Anmietung des Ersatzfahrzeugs wurde dem Kläger allein Nutzungsausfallschaden gewährt. Insoweit wurde ein entsprechender Hilfsantrag in die Klage hineingelesen. Da der beschädigte Pkw nach dem Unfall unstreitig fahrbereit war, hätte die Reparatur geplant werden können. Deshalb wurden fünf anstelle von elf Tagen als Dauer des Nutzungsausfalls angesetzt.
Überdies legt der Senat bei der Berechnung die durch den BGH in Anbetracht des Integritätsinteresses entwickelte 130%-Grenze an, indem Mangelbeseitigungsaufwand und Nutzungsausfallschaden addiert werden.
„Die 130 %-Grenze beträgt vorliegend 5.070 EUR (130 % des Wiederbeschaffungswertes von 3.900 EUR). Durch die geltend gemachten Reparaturkosten von 4.306,85 EUR und die Mietwagenkosten von 1.229,41 EUR wird diese Grenze überschritten.“
Dies mag man durchaus kritisch sehen und bietet Platz für Argumentation in Klausuren – für die Praxis aber setzt dies Fakten.
III. Fazit
Sowohl die Umwandlung der in der gegebenen Höhe nicht erforderlichen Mietwagenkosten in Nutzungsausfallschaden als auch das Hineinlesen der 130 %-Grenze in den Nutzungsausfallschaden, der mit dem Reparaturaufwand zu addieren ist, sind von hoher Praxisrelevanz – beides ist examensverdächtig. Wer sich mit der Thematik vertiefter befassen möchte, dem sei der Aufsatz von Förster, Schadensrecht – Systematik und neueste Rechtsprechung, JA 2015, 801 ans Herz gelegt.