Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.12.2012 entschieden, dass ein Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch darauf hat, dass das Arbeitszeugnis mit einem Schlusssatz endet, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die geleisteten Dienste dankt, dessen Ausscheiden bedauert oder ihm für die Zukunft alles Gute wünscht (BAG, Urteil vom 11.12.2012 9 AZR 227/11). Dies geht aus der jüngst erschienen Pressemitteilung hervor (die Entscheidungsgründe sind bisher noch nicht veröffentlicht). Mit diesem Urteil bestätigt das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2001 (BAG, Urteil vom 20.02.2001, 9 AZR 44/00).
Sachverhalt
Der Kläger war Filialleiter eines Baumarktes der Beklagten. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte ihm die Beklagte ein Arbeitszeugnis mit einer überdurchschnittlichen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Das Zeugnis enthielt die Schlussformel: „Herr K scheidet zum 28.02.2009 aus betriebsbedingten Gründen aus unserem Unternehmen aus. Wir wünschen ihm für die Zukunft alles Gute.“
Der Kläger vertrat die Auffassung, er habe Anspruch auf eine vollständige Schlussformulierung im Zeugnistext mit Danksagung und Ausdruck des Bedauerns seines Ausscheidens. Er schlug daher folgenden Satz vor: „Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für seine private und berufliche Zukunft alles Gute.“
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.
Anspruchsgrundlage: § 109 GewO
Für den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein qualifiziertes Zeugnis ist die maßgebliche Rechtsgrundlage § 109 GewO. Diese Regelung sieht vor, dass der Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis hat. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer aber auch ein qualifiziertes Zeugnis verlangen. Dieses muss Angaben hinsichtlich Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis beinhalten. Der § 109 Abs. 2 GewO sieht vor, dass das Zeugnis klar und verständlich formuliert sein muss. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
[Exkurs: Der § 109 GewO ist dem bürgerlich rechtlichen Zeugniserteilungsanspruch aus § 630 BGB nachgebildet. Seit § 109 GewO am 01.01.2003 in Kraft getreten ist, gilt der bürgerlich rechtliche Zeugniserteilungsanspruch nur noch für dauernde Dienstverhältnisse, die keine Arbeitsverhältnisse sind, vgl. § 630 S. 4 BGB.]
Die Erteilung eines Zeugnisses stellt den Arbeitgeber oftmals vor eine schwierige Aufgabe. Er unterliegt dabei nämlich zum einen einer objektiven Wahrheitspflicht. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass er sich durch ein unwahres Zeugnis gegenüber neuen Arbeitgebern des ausgeschiedenen Arbeitnehmers schadensersatzpflichtig machen kann (siehe zu der dogmatischen Konstruktion: BGH, Urteil vom 15.05.1979 – VI ZR 230/76). Um das Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig zu erschweren, soll das Zeugnis zudem von verständigem Wohlwollen getragen und klar und verständlich formuliert sein. Außerdem darf es keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Unzulässige Geheimzeichen können auch im Auslassen eines an sich erwarteten Zeugnisinhalts bestehen, sog. „beredtes Schweigen“. Das Spannungsverhältnis zwischen seiner Wahrheitspflicht auf der einen Seite und der Verpflichtung zur wohlwollenden Beurteilung andererseits hat der Arbeitgeber bei der Zeugniserteilung in Einklang zu bringen.
Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Dankesformel
Entsprechend der Pressemitteilung, ist der Arbeitgeber laut des Bundesarbeitsgerichts gesetzlich nicht verpflichtet, das Arbeitszeugnis mit Formulierungen abzuschließen, in denen er dem Arbeitnehmer für die geleisteten Dienste dankt, dessen Ausscheiden bedauert oder ihm für die Zukunft alles Gute wünscht. Diese Entscheidung orientiert sich an die Vorgängerentscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahre 2001 (s.o.).
Die Argumentation des Klägers, eine fehlende bzw. unzureichende „Schlussformel“ entwerte regelmäßig ein besonders gutes Zeugnis, jedenfalls aber entwerte der vorliegend von der Beklagten knapp formulierte Schlusssatz, der weder Dank für die bisherige Zusammenarbeit, noch ein Bedauern seines Ausscheidens beinhalte, deutlich die aus dem übrigen Zeugnistext zuvor hervorgehende gute Leistungs- und Führungsbeurteilung seiner Person, lehnt das Bundesarbeitsgericht ab. Der Senat führt aus, dass sich der Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis gemäß § 109 GewO nur auf Angaben, die sich auf die Leistungen und das Verhalten im Arbeitsverhältnis beziehen, erstrecke. Diese Angaben umfassen u.a. die Leistungs- und Führungsbeurteilung, die sich auf das Anforderungsprofil der vom Arbeitnehmer wahrgenommenen Aufgabe beziehen muss, wie es sich aus der Tätigkeitsbeschreibung ablesen lässt. Schlusssätze stellen dagegen Aussagen über persönliche Empfindungen dar und gehören gerade nicht zum notwendigen Zeugnisinhalt. Hierzu hatte das Bundesarbeitsgericht im Urteil aus dem Jahre 2001 bereits folgendes ausgeführt:
Es kommt hinzu, daß nach allgemeinem Sprachverständnis Dank für gute Zusammenarbeit und gute Wünsche für die Zukunft Aussagen über persönliche Empfindungen des Arbeitgebers sind. Sie machen die Wertschätzung des Arbeitnehmers und seiner Leistung deutlich; der Arbeitgeber zeigt Teilnahme am weiteren Lebensweg des Arbeitnehmers. […] Ohne gesetzliche Grundlage kann der Arbeitgeber nicht verurteilt werden, das Bestehen solcher Gefühle dem Arbeitnehmer gegenüber schriftlich zu bescheinigen. Daß Schlußformulierungen oft wohl nur gewählt werden, um ein Arbeitszeugnis mit „üblichem“ Inhalt zu erstellen, ändert daran nichts.
Interessant in diesem Zusammenhang erscheint auch die Ausführung des Bundesarbeitsgericht im Urteil aus dem Jahre 2001 zu der Problematik des beredten Schweigens (s.o.) von Schlusssätzen.
Positive Schlußsätze sind geeignet, die Bewerbungschancen des Arbeitnehmers zu erhöhen. Ein Zeugnis mit „passenden“ Schlußsätzen wird daher aufgewertet. Daraus läßt sich aber nicht im Umkehrschluß folgern, ein Zeugnis ohne jede Schlußformulierung werde in unzulässiger Weise „entwertet“. Vielmehr obliegt dem Arbeitgeber die Formulierung und Gestaltung des Zeugnisses. Zu seiner Gestaltungsfreiheit gehört auch die Entscheidung, ob er das Zeugnis um Schlußsätze anreichert.
Wenn ein Zeugnis ohne abschließende Formeln in der Praxis „oft“ als negativ beurteilt wird […], so ist das hinzunehmen.
Aus der Pressemitteilung und der Begründung des Instanzurteils lässt sich folgern, dass Schlusssätze, solange sie nicht im Widerspruch zum sonstigen Zeugnisinhalt stehen und den zuvor stehenden Text als geheimes Zeichen konterkarieren, als persönliche Empfindung bzw. Höflichkeitsbekundung nicht einklagbar sind. Ist der Arbeitnehmer mit der vom Arbeitgeber in das Zeugnis aufgenommenen Schlussformel nicht einverstanden, so kann er nur die Erteilung eines Zeugnisses ohne diese Formulierung verlangen. Auch wenn in der Praxis – vor allem bei Zeugnissen mit überdurchschnittlicher Leistungs- und Verhaltensbeurteilung- häufig dem Arbeitnehmer für seine Arbeit gedankt wird, so kann daraus kein Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Dankesformel abgeleitet werden.
Fazit
Das Bundesarbeitsgericht hat seine Rechtsprechung aus dem Jahre 2001 bestätigt und klargestellt, dass die Schlussformel als persönliche Empfindung des Arbeitgebers keinen notwendigen Zeugnisinhalt i.S.v. § 109 GewO darstellt.
Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesarbeitsgericht begründet hat, dass das Fehlen der in der Praxis üblichen Dankes- und Wunschformel kein gesetzlich verbotenes „geheimes Zeichen“ sei. Insbesondere bei überdurchschnittlichen Zeugnissen liegt es nahe, dass das „Fehlen“ solcher Schlusssätze den vorherigen Inhalt abwerten kann und damit mit ihm im Widerspruch steht.