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Schlagwortarchiv für: Mietpreisbremse

Lena Bleckmann

BGH: Der Staat haftet nicht für schlechte Gesetze – Neues zur Amtshaftung für legislatives Unrecht

Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Staatshaftung, Startseite

Am 28.1.2021 erging eine Entscheidung des BGH (III ZR 25/20), der viele mit Spannung entgegengeblickt haben. Das Verfahren zur Amtshaftung aufgrund einer unwirksamen Mietpreisbremse hat hohe praktische Relevanz, sind die vom BGH angewandten Grundsätze doch auf andere Fälle des legislativen Unrechts übertragbar. Staatshaftungsrecht ist bei Studenten bekanntermaßen nicht sonderlich beliebt – die hochaktuelle Entscheidung dürfte aber umso mehr für Klausurrelevanz sorgen. Die Lektüre lohnt sich also, insbesondere auch zur Wiederholung der Grundsätze der Amtshaftung.
I. Worum es geht
Nach § 556d Abs. 2 S. 1 BGB haben die Länder die Möglichkeit, durch Verordnung Gebiete mit angespannter Wohnsituation festzulegen und so den Mechanismus der Mietpreisbremse nach § 556d Abs. 1 BGB auszulösen. Zu Beginn des Mietverhältnisses darf die Miete die ortsübliche Vergleichsmiete dann um höchstens 10 % übersteigen. Eine solche Verordnung hat das Land Hessen u.a. für einen Stadtteil von Frankfurt am Main erlassen, allerdings die in § 556d Abs. 2 S. 5-7 BGB festgelegte Begründungspflicht verletzt. In der Folge erklärte der BGH die Verordnung für unwirksam (BGH, Urt. v. 17.7.2019 – VIII ZR 130/18). Damit konnte die Mietpreisbremse für den betroffenen Stadtteil nicht gelten, was für ein Ehepaar bedeutete, dass ihre Miete nicht wie erwartet um mehr als 200 € sank. Der Rechtsdienstleister wenigermieter.de, an den das Ehepaar seine Ansprüche abgetreten hatte, forderte nach der Entscheidung des BGH über die Unwirksamkeit der Verordnung Ersatz vom Staat. Dieser habe seine Amtspflicht gegenüber den Mietern verletzt.
II. Rechtliche Grundlagen
Maßgeblich geht es also um eine Amtshaftung nach § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG. Die grundsätzliche Konstruktion der Amtshaftung ist bekannt – § 839 Abs. 1 S. 1 BGB normiert zunächst die persönliche Einstandspflicht des handelnden Beamten, die Haftung wird aber durch Art. 34 GG auf den Staat übergeleitet. Voraussetzung für einen Amtshaftungsanspruch ist, dass jemand in Ausübung eines hoheitlichen Amtes die einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt, dies kausal zu einem Schaden führt und der Beamte dies zu verschulden hat. Der Begriff des Beamten ist hier weit zu fassen – Beamte im staatshaftungsrechtlichen Sinne sind alle Personen, denen öffentliche Gewalt anvertraut wurde und die ihre Tätigkeit nach den Bestimmungen des öffentlichen Rechts ausüben (s. BeckOK BGB/Reinert, § 839 Rn. 4, 15). Dies ist unter Anwendung der modifizierten Subjektstheorie zu bestimmen. Einschränkungen der Haftung folgen aus § 839 Abs. 1 S. 2 BGB (bei Fahrlässigkeit besteht kein Anspruch, wenn der Betroffene auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag), Abs. 2 (Spruchrichterprivileg) und Abs. 3 (kein Ersatz bei schuldhafter Versäumnis von Rechtsmitteln). Der Anspruch wird vor den ordentlichen Gerichten geltend gemacht, Art. 34 S. 3 GG, § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO.
III. Die aktuelle Entscheidung des BGH im Kontext der Amtshaftung
Angewandt auf den zu entscheidenden Fall ist nun zunächst eindeutig, dass jemand – die Landesregierung bzw. deren Mitglieder – bei Erlass der Verordnung in Ausübung eines öffentlichen Amts agierte: Die in § 556d Abs. 2 BGB vorgesehene Verordnungsermächtigung berechtigt ausschließlich die Landesregierung als Trägerin hoheitlicher Gewalt und ist somit dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Auf Grundlage dieser Norm agierte die Regierung in Ausübung eines öffentlichen Amtes, ihre Mitglieder sind Beamte im staatshaftungsrechtlichen Sinne.
Entscheidend ist demgegenüber das Merkmal der Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht. Der Begriff der Amtspflicht ist weit zu fassen und umfasst insbesondere auch die Pflicht zu rechtmäßigem Handeln. Indem die Begründungspflicht nach § 556d Abs. 2 S. 5-7 BGB verletzt wurde, wurde auch eine Amtspflicht verletzt, denn es liegt eine rechtswidrige Amtsausübung vor. Das reicht für den Amtshaftungsanspruch jedoch noch nicht – verletzt werden muss gerade eine drittgerichtete Amtspflicht. Das setzt voraus, dass die Amtspflicht gerade auch der Wahrung der Interessen des Dritten dient. Der BGH führt in seiner Pressemitteilung hierzu aus:

„Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten „Dritten“ bestehen. Gesetze und Verordnungen enthalten hingegen durchweg generelle und abstrakte Regeln, und dementsprechend nimmt der Gesetzgeber in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahr, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 018/2021)

Damit greift das Gericht die anerkannten Grundsätze zur Haftung – bzw. fehlenden Haftung – für legislatives Unrecht auf. Die Pflicht zum rechtmäßigen Handeln in ihrer Ausprägung, nur rechtmäßige Gesetze zu erlassen, dient i.d.R. nicht dem Einzelnen, sondern den Interessen der Allgemeinheit. Ein Amtshaftungsanspruch scheidet damit aus. Das muss aber nicht ausnahmslos in allen Fällen legislativen Unrechts gelten, wie auch der BGH anmerkt:

„Nur ausnahmsweise – etwa bei sogenannten Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen – kann etwas Anderes in Betracht kommen und können Belange bestimmter Einzelner unmittelbar berührt werden, so dass sie als „Dritte“ im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden können.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 018/2021)

Die Verordnung zur Mietpreisbremse sei aber kein derartiges Maßnahme- oder Einzelfallgesetz, denn sie betreffe keine individuellen Mieter, sondern aufgrund der Weite ihres räumlichen Geltungsbereichs einen unüberschaubar großen und nicht individuell begrenzten Personenkreis.
Dies hätte womöglich schon gereicht, um den Amtshaftungsanspruch abzulehnen. Der BGH ging in seinen Ausführungen aber noch weiter und merkte an, dass auch der Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition nicht zu einem Amtshaftungsanspruch führe:

„Nicht jede Grundrechtsbeeinträchtigung durch staatliche Amtsträger führt zur Staatshaftung. Der Gesetzgeber kann Voraussetzungen und Umfang von Amtshaftungs- und Entschädigungsansprüchen näher ausgestalten. Eine solche Ausgestaltung ist mit § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt, wonach ein Amtshaftungsanspruch nur besteht, wenn ein Beamter die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzt. Damit ist eine Haftung wegen der Verletzung von Amtspflichten, die dem Beamten nicht spezifisch dem Träger des betroffenen Grundrechts gegenüber obliegen, nicht vereinbar.“ (BGH, Pressemitteilung Nr. 018/2021)

Und auch das enttäuschte Vertrauen der Mieter in die Wirksamkeit der hessischen Mietpreisbremsenverordnung könne für sich genommen keinen Ersatzanspruch nach sich ziehen – ein allgemeiner Anspruch diesbezüglich ist nicht anerkannt, die Voraussetzungen der Amtshaftung mangels Drittbezogenheit nicht erfüllt.
IV. Was bleibt?
Der BGH ist seiner lang etablierten Linie treu geblieben und hat eine Haftung des Staates für mangelhafte und damit unwirksame Gesetze abgelehnt. Eine andere Entscheidung hätte weitreichende Folgen haben können – nicht nur zahlreiche Verordnungen zu Mietpreisbremsen sind in der Vergangenheit für unwirksam erklärt worden, die Entscheidung hätte Ausstrahlungswirkung auf sämtliche anderen unwirksamen Normen gehabt und so zu umfangreichen Haftungssummen führen können. Dies hat das Urteil abgewendet. Für Studenten und Examenskandidaten ist das begrüßenswert – es bleibt bei den bislang geltenden Grundsätzen, nach denen eine Haftung für legislatives Unrecht i.d.R. nicht besteht. Mieter und sonst von letztlich unwirksamen Gesetzen Betroffene dürften dem anders gegenüberstehen.

01.02.2021/1 Kommentar/von Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Lena Bleckmann2021-02-01 08:30:102021-02-01 08:30:10BGH: Der Staat haftet nicht für schlechte Gesetze – Neues zur Amtshaftung für legislatives Unrecht
Dr. Yannik Beden, M.A.

Mündliche Prüfung: Ist die „Mietpreisbremse“ verfassungswidrig?

Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite

Nach längerer Pause setzen wir nunmehr unsere Serie „Simulation mündliche Prüfung“ fort und begeben uns hierfür in das Verfassungsrecht. Mit seinem Beschluss vom 18.07.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvR 1595/18, 1 BvL 4/18 hat sich das BVerfG zur Verfassungskonformität der Mietpreisregelung für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten gem. § 556d BGB (sog „Mietpreisbremse“) positioniert. Im Zentrum der Entscheidung steht die Vereinbarkeit der Norm mit der Eigentumsgarantie gem. Art. 14 Abs. 1 GG, der Vertragsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG. Naturgemäß bieten verfassungsrechtliche Fragestellungen weitläufigen Argumentationsspielraum, sodass sie für die mündliche Prüfung im Öffentlichen Recht besonders beliebt sind:
Sehr geehrte Damen und Herren, bitte stellen Sie sich folgenden Sachverhalt vor, der einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Juli 2019 im Wesentlichen zugrunde lag:
Mit der Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz will der Gesetzgeber den in prosperierenden Städten stark ansteigenden, teilweise in erheblichem Maß über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegenden Mieten bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen begegnen. Durch die Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten soll u.a. der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähigen Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegengewirkt werden. Betroffen sind nicht nur einkommensschwache Haushalte, sondern auch Durchschnittsverdiener, insbesondere Familien mit Kindern. Die Begrenzung der Miethöhe bei Wiedervermietung solle ihnen in größerem Umfang einen Umzug innerhalb ihres angestammten Quartiers ermöglichen, Wohnraum bezahlbar erhalten und Anreize für Verdrängungsmaßnahmen verringern.
Zu diesem Zweck ergänzt das Mietrechtsnovellierungsgesetz die Bestimmungen über die Wohnraummiete im Bürgerlichen Gesetzbuch. Zentrale Neuregelung ist § 556d BGB, der wie folgt lautet:
„(1) Wird ein Mietvertrag über Wohnraum abgeschlossen, der in einem durch Rechtsverordnung nach Absatz 2 bestimmten Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt liegt, so darf die Miete zu Beginn des Mietverhältnisses die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Absatz 2 BGB) höchstens um 10 Prozent übersteigen.
(2) Die Landesregierungen werden ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten durch Rechtsverordnung für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu bestimmen. Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten liegen vor, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn […]“
Für unsere Belange unterstellen wir zunächst die Verfassungsmäßigkeit der Verordnungsermächtigung aus § 556d Abs. 2 BGB. Kandidat A, gegen welches Grundrecht könnte das Gesetz verstoßen?
Mit Blick auf die Freiheitsgrundrechte könnte die Regelung aus § 556d BGB gegen die in Art. 14 Abs. 1 GG verankerte Garantie des Eigentums verstoßen.
In der Tat. Welche Rechtspositionen würden Sie denn unter den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fassen?
Vom Schutz des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst ist unter anderem das zivilrechtliche Sacheigentum, dessen Besitz und die Möglichkeit, es zu nutzen. Dazu gehört es, aus der vertraglichen Überlassung des Eigentumsgegenstands zur Nutzung durch andere den Ertrag zu ziehen, der zur finanziellen Grundlage für die eigene Lebensgestaltung beiträgt.
Sehr richtig. Ich frage trotzdem einmal etwas überspitzt: Gewährleistet die Verfassung eine grenzenlose Verfügungsfreiheit?
Nein, aus der Sozialpflichtigkeit des Eigentums ergibt sich, dass der Gebrauch des Eigentums auch dem Gemeinwohl zu Gute kommen, ihm jedenfalls aber nicht zuwiderlaufen soll. Zwar ist das verfassungsrechtlich gewährleistete Eigentum durch Privatnützigkeit und grundsätzliche Verfügungsbefugnis des Eigentümers über den Eigentumsgegenstand gekennzeichnet. Es soll als Grundlage privater Initiative und in eigenverantwortlichem privatem Interesse von Nutzen sein. Zugleich soll aber der Gebrauch des Eigentums dem Wohl der Allgemeinheit dienen. Dies ist zu beachten, wenn es um die Verfügung über Eigentum geht, das gleichzeitig den Lebensmittelpunkt und den privaten Rückzugsort Dritter bildet. Der Gesetzgeber muss die Freiheitssphäre des Einzelnen mit dem Wohl der Allgemeinheit in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Das Wohl der Allgemeinheit ist nicht nur Orientierungspunkt, sondern auch Grenze für die Beschränkung des Eigentums. Zugleich muss das zulässige Ausmaß einer Sozialbindung auch vom Eigentum selbst her bestimmt werden.
Gut, widmen wir uns nun der Frage des Eingriffs. Kandidatin B, wie ordnen Sie § 556d Abs. 1 BGB ein?
Art. 14 Abs. 1 GG kennt zwei Formen der Beschränkung. Genau genommen gibt es keinen Eingriff nach dem klassischen Verständnis, vielmehr handelt es sich stets um eigentumsrelevante Maßnahmen. Zu unterscheiden ist zwischen der Inhalts- und Schrankenbestimmung und der Enteignung.
Sehr interessant, wie würden Sie denn diesbezüglich abgrenzen?
Die Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG verkürzt eine bereits bestehende Eigentumsposition durch abstrakt-generelle Festlegung von Rechten und Pflichten des Eigentümers. Die Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG hingegen ist jede finale, konkret-individuelle Entziehung eigentumsrechtlicher Positionen für öffentliche Zwecke. Dies geht regelmäßig mit einem Güterbeschaffungsvorgang der öffentlichen Hand einher. Inhalts- und Schrankenbestimmung und Enteignung werden rein formal abgegrenzt, sodass eine besonders schwerwiegende Inhalts- und Schrankenbestimmung in keinem Fall in eine entschädigungspflichtige Enteignung umschlägt.
Das lässt sich hören! Kandidat C, subsumieren Sie doch bitte für die in Rede stehende Norm.
556d Abs. 1 BGB regelt für sämtliche Wohnraummietverträge, die in einem angespannten Wohnungsmarkt liegen, welche Höhe der Mietzins maximal im Vergleich zur ortsüblichen Miete betragen darf. Die Norm regelt in abstrakt-genereller Weise die äußerste Grenze des zivilvertraglich zulässigen Mietzinses. Es handelt sich deshalb um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung.
Kandidatin D, bitte knüpfen Sie hieran an. Ist die Miethöhenregulierung aus § 556d Abs. 1 BGB auch verfassungsrechtlich gerechtfertigt?
Hierfür müsste Sie insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip muss der Eingriff zur Erreichung eines legitimen Eingriffsziels geeignet sein und darf nicht weiter gehen, als es die Gemeinwohlbelange erfordern; ferner müssen Eingriffszweck und Eingriffsintensität in einem angemessenen Verhältnis stehen.
Genau so ist es. Gibt es denn ein legitimes Ziel für solch eine Regelung?
Mit der Miethöhenregulierung in § 556d Abs. 1 BGB verfolgt der Gesetzgeber den Zweck, durch die Begrenzung der Miethöhe bei Wiedervermietung der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken, was auch im öffentlichen Interesse liegt. Das Gesetz verfolgt mithin ein legitimes Ziel.
Und halten Sie die Regelung auch für geeignet?
Geeignet ist eine Regelung, wenn Sie zur Erreichung des verfolgten Zwecks zumindest dienlich ist. Verfassungsrechtlich genügt für die Eignung, dass der erstrebte Erfolg gefördert werden kann, dass also die Möglichkeit der Zweckerreichung besteht. Zwar kann eine regulierte Miete die Nachfrage von Wohnungssuchenden in den betroffenen Regionen weiter ansteigen lassen, weil neben einkommensstarken Wohnungssuchenden auch solche mit geringeren Einkommen als Mieter infrage kommen. Es liegt auch nahe, dass Vermieter mit Blick auf die Bonität in der Regel die einkommensstärksten Bewerber auswählen werden, mit der Folge, dass sich die Chancen auf eine bezahlbare Wohnung für einkommensschwächere Wohnungssuchende bei gleichbleibendem Angebot an Mietwohnungen nicht erhöhen. Trotzdem schneidet die Miethöhenregulierung Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten ab und kann damit zumindest die Voraussetzungen für einen Marktzugang einkommensschwächerer Mieter schaffen. Dabei hat sie auch bremsende Wirkung auf die Entwicklung der ortsüblichen Vergleichsmieten, in deren Berechnung die regulierten Wiedervermietungsmieten zeitlich verzögert einfließen. Nicht auszuschließen ist zudem, dass die Miethöhenregulierung Wohnungssuchenden aus einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten, die bei einem Wohnungswechsel aufgrund gestiegener Mieten in ihrem bisherigen Stadtteil ohne Miethöhenregulierung keine für sie bezahlbare Wohnung hätten finden können, das Anmieten einer Wohnung in ihrer angestammten Umgebung ermöglicht.
Das ist sehr gut vertretbar. Kandidat A, wie sieht es mit der Erforderlichkeit aus?
Die Erforderlichkeit ist erst dann zu verneinen, wenn ein sachlich gleichwertiges, zweifelsfrei gleich wirksames, die Grundrechte weniger beeinträchtigendes Mittel zur Verfügung steht, um den mit dem Gesetz verfolgten Zweck zu erreichen. Zwar kommt die regulierte Miete nicht allein einkommensschwächeren, sondern unterschiedslos allen Wohnungssuchenden auf angespannten Wohnungsmärkten zugute. Auch kommen weitere staatliche Maßnahmen zur Linderung oder Behebung der Wohnungsnot in Betracht, etwa die Förderung des Wohnungsbaus oder die Verbesserung der finanziellen Lage der Wohnungssuchenden durch erweiterte Gewährung von Wohngeld. Ungeachtet der mit diesen Maßnahmen verbundenen Kosten ist aber nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber diese im Rahmen seines Prognose- und Beurteilungsspielraums als gegenüber der Miethöhenregulierung mildere und zweifelsfrei – auch kurzfristig – vergleichbar wirksame Mittel hätte heranziehen müssen. Die Regelung ist deshalb auch erforderlich.
So würde ich es auch sehen! Man merkt, Sie kennen sich mit der Materie aus. Kandidatin B, äußern Sie sich bitte kurz zur Angemessenheit.
Die Regelung ist angemessen, wenn sie die Grenze der Zumutbarkeit wahrt. Dazu ist zwischen der Schwere des Eingriffs einerseits und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe andererseits abzuwägen. Sie darf die betroffenen Eigentümer nicht übermäßig belasten. Auch bei Schaffung privatrechtlicher Vorschriften muss der Gesetzgeber den betroffenen Interessen der Beteiligten so weit wie möglich Geltung verschaffen.
Kandidat C, wie würden Sie vor diesem Hintergrund nun für § 556d Abs. 1 BGB argumentieren?
Im Rahmen der Abwägung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Eigentumsgarantie dem Grundrechtsträger einen Freiraum im vermögensrechtlichen Bereich erhalten und dem Einzelnen damit die Entfaltung und eigenverantwortliche Gestaltung seines Lebens ermöglichen soll. Geschützt ist auch die Freiheit, aus der vertraglichen Überlassung des Eigentums zur Nutzung durch andere den Ertrag zu ziehen, der zur finanziellen Grundlage für die eigene Lebensgestaltung beiträgt. Soweit das Eigentum die persönliche Freiheit des Einzelnen im vermögensrechtlichen Bereich sichert, genießt es einen besonders ausgeprägten Schutz. Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung geht auf der anderen Seite umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht. Das trifft auf die Miethöhenregulierung in besonderem Maße zu. Eine Wohnung hat für den Einzelnen und dessen Familie eine hohe Bedeutung. Bei der Abwägung der betroffenen Belange, insbesondere des Eigentums als Sicherung der Freiheit des Einzelnen im persönlichen Bereich einerseits und des Eigentums in seinem sozialen Bezug sowie seiner sozialen Funktion andererseits, verfügt der Gesetzgeber, angesichts des Umstands, dass sich grundrechtlich geschützte Positionen gegenüberstehen, über einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser wird durch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse geprägt. Insbesondere kann der Gesetzgeber die jeweiligen Verhältnisse und Umstände auf dem Wohnungsmarkt berücksichtigen und dabei den unterschiedlich zu gewichtenden Interessen bei einer Miethöhenregulierung im Bereich von Bestandsmieten einerseits und Wiedervermietungsmieten andererseits Rechnung tragen. Die Grenzen dieses Gestaltungsspielraums überschreitet die in § 556d Abs. 1 BGB gefundene Regelung vor diesem Hintergrund nicht.
Ganz wunderbar, das sollte uns mit Blick auf Art. 14 GG genügen. Kandidatin D, welches Freiheitsgrundrecht könnte von der Regelung noch betroffen sein?
Denkbar wäre eine Verletzung der Vertragsfreiheit, die ihren Schutz über Art. 2 Abs. 1 GG genießt. Die Freiheit der Vertragsparteien, im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung die Gegenleistung nach ihren Vorstellungen auszuhandeln, erfasst zwar auch Vermieter von Wohnraum, die zivilrechtlich nicht Eigentümer der Mietwohnungen sind und deswegen nicht bereits durch die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geschützt werden. Darüber hinaus schützt sie Wohnungssuchende, die sich durch ihre Bereitschaft, eine hohe Miete zu zahlen, Vorteile auf dem Wohnungsmarkt verschaffen wollen. § 556d Abs. 1 BGB hält sich aber innerhalb der Schranken der verfassungsmäßigen Rechtsordnung und wahrt insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insoweit gilt nichts anderes als im Rahmen des Art. 14 GG.
Da sind wir wohl alle einer Meinung. Kandidat A, welches Grundrecht ist auch noch in Betracht zu ziehen?
556d Abs. 1 BGB könnte gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Dafür bedarf es zunächst einer Ungleichbehandlung. Die Regelung stellt für die Bestimmung der zulässigen Miethöhe auf regional abweichende ortsübliche Vergleichsmieten ab. Damit geht eine Ungleichbehandlung zwangsläufig einher.
Welchen Maßstab legen Sie für die Rechtfertigung dieser Ungleichbehandlung an, Kandidatin B?
Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Die regional abweichende ortsübliche Vergleichsmiete und die daraus folgenden Unterschiede bei der zulässigen Miethöhe wirken sich jedenfalls auf die Ausübung der grundrechtlich geschützten Eigentumsgarantie vor allem der Vermieter aus. Betroffen ist darüber hinaus die Freiheit beider Mietvertragsparteien, die Miethöhe im Rahmen einer vertraglichen Vereinbarung nach eigenen Vorstellungen auszuhandeln. Nach diesem Maßstab ist die Ungleichbehandlung hier über das Willkürverbot hinaus an strengeren Verhältnismäßigkeitserfordernissen zu messen.
Sie orientieren sich richtigerweise also an der „neuen Formel“ des Verfassungsgerichts. Lassen sie uns sofort auf die Angemessenheit zu sprechen kommen. Wie sieht es diesbezüglich aus, Kandidat C?
Dass Vermieter die Lage der zu vermietenden Wohnung nicht beeinflussen können, gebietet im Ausgangspunkt nicht, ihnen die Vermietung bis zu einer bundesweit einheitlichen Miethöhe zu ermöglichen. Denn die Wirtschaftlichkeit der Vermietung hängt ebenfalls von den auf den regionalen Mietmärkten vorherrschenden Bedingungen ab. Eine bundesweit einheitliche Mietobergrenze bleibt dazu aber ohne hinreichenden sachlichen Bezug. Zugleich fehlt es ihr an einer hinreichenden Anknüpfung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Mieter, so dass eine solche Regelung der beabsichtigten Verdrängung einkommensschwächerer Mieter aus deren angestammten Wohnvierteln nicht effektiv entgegenwirken kann. Dem steht nicht entgegen, dass mit einer an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientierten Mietobergrenze im Einzelfall aufgrund regionaler Unterschiede wirtschaftliche Nachteile für Vermieterinnen und Vermieter einhergehen können. Eine regional niedrige ortsübliche Vergleichsmiete beruht darauf, dass im vierjährigen Ermittlungszeitraum nach § 558 Abs. 2 BGB für vergleichbare Wohnungen entsprechend niedrigere Mietabschlüsse zu verzeichnen gewesen sind. Eine die ortsübliche Vergleichsmiete übersteigende Miete würde daher zu einem Mietenanstieg in einem Umfang führen, den die Miethöhenregulierung im Interesse von Wohnungssuchenden und Bestandsmietern gerade verhindern möchte. Das Abstellen auf die örtliche Vergleichsmiete ist im Ergebnis deshalb auch verhältnismäßig.
À la bonne heure! Das soll uns genügen. Wie Sie also sehen, handelt es sich bei der sog. Mietpreisbremse einerseits um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt. Beachten Sie immer die Sozialbindung von Eigentum, die insbesondere bei Wohnräumen von höchster Bedeutung ist. Hinsichtlich Art. 3 Abs. 1 GG ist es auch zulässig, die ortsübliche Miete als Referenzpunkt auszuwählen. Damit wird die Marktbezogenheit der regulierten Miete und auch die Wirtschaftlichkeit der Vermietung sichergestellt. Darüber hinaus sind regionale Wohnungsmärkte je nach den Lebensumständen von vornherein unterschiedlich, sodass auch unter diesem Gesichtspunkt die Differenzierung sachgerecht ist.
Vielen Dank, das war die Prüfung im Öffentlichen Recht.
 
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28.10.2019/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2019-10-28 09:30:502019-10-28 09:30:50Mündliche Prüfung: Ist die „Mietpreisbremse“ verfassungswidrig?
Dr. Maike Flink

Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Quartal 2 und 3/2019) – Teil 1: Verfassungsrecht

Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht

Bei der Vorbereitung auf die schriftliche und vor allem mündliche Examensprüfung, aber auch auf Klausuren des Studiums, ist die Kenntnis aktueller Rechtsprechung von entscheidender Bedeutung. Der folgende Überblick ersetzt zwar keinesfalls die vertiefte Auseinandersetzung mit den einzelnen Entscheidungen, soll hierfür aber Stütze und Ausgangspunkt sein. Dargestellt wird daher eine Auswahl der examensrelevanten Entscheidungen der vergangenen Monate anhand der betreffenden Leitsätze, Pressemitteilungen und ergänzender kurzer Ausführungen aus den Gründen, um einen knappen Überblick aktueller Rechtsprechung auf dem Gebiet des Öffentlichen Rechts zu bieten.
 
BVerfG (Beschl. v. 23.7.2019 – 1 BvR 2433/17): Fälschliche Einordnung prozessualer Äußerung als Schmähkritik verletzt Meinungsfreiheit
Das BVerfG hat kürzlich die Anforderungen an das Vorliegen von Schmähkritik erneut konkretisiert. Dabei hat das Gericht herausgestellt, dass bei der Qualifizierung einer Aussage als Schmähkritik strenge Maßstäbe anzulegen sind. Erforderlich ist, dass die Äußerung tatsächlich auf die bloße Herabsetzung und Diffamierung einer anderen Person gerichtet ist, ohne sich inhaltlich mit der Sache auseinander zu setzen. Besonders hervorgehoben hat das BVerfG, dass auch Anlass und Kontext der Äußerung Berücksichtigung finden müssen um zu ermitteln, ob sie tatsächlich jedes sachlichen Bezugs entbehrt und auf eine persönliche Diffamierung gerichtet ist oder vielmehr ein Anlass für die jeweilige Aussage ausgemacht werden kann. So kann der Vergleich der Verhandlungsführung einer Richterin mit „einschlägigen Gerichtsverfahren vor ehemaligen nationalsozialistischen deutschen Sondergerichten“ oder einem „mittelalterlichen Hexenprozess“ nicht von vornherein als Schmähkritik eingeordnet werden. Das BVerfG formuliert dazu:

„Die Äußerungen entbehren […] nicht eines sachlichen Bezugs. Sie lassen sich wegen der auf die Verhandlungsführung und nicht auf die Richterin als Person gerichteten Formulierungen nicht sinnerhaltend aus diesem Kontext lösen und erscheinen auch nicht als bloße Herabsetzung der Betroffenen. Die Äußerungen lassen nicht ohne weiteres den Schluss zu, der Beschwerdeführer habe der Richterin eine nationalsozialistische oder „mittelalterliche“ Gesinnung unterstellen wollen. Historische Vergleiche mit nationalsozialistischer Praxis begründen für sich besehen nicht die Annahme des Vorliegens von Schmähkritik.“

Vgl. ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung.
 
BVerfG (Beschl. v. 18.7.2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvR 1595/18, 1 BvL 4/18) zur Verfassungskonformität der Mietpreisbremse
Ein großes mediales Echo hat auch die Entscheidung des BVerfG zur Verfassungskonformität der Mietpreisbremse hervorgerufen. So stellte das Gericht fest:

„Die Regulierung der Miethöhe bei Mietbeginn durch § 556d Abs. 1 BGB verstößt in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren weder gegen die Garantie des Eigentums aus Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen die Vertragsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG noch den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG.“

Schwerpunktmäßig hat das BVerfG sich in seinem Beschluss mit der Vereinbarkeit des § 556d Abs. 1 BGB mit Art. 14 Abs. 1 GG beschäftigt: Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG ist jedoch abzulehnen, da die Regelung eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG darstellt. Sie verfolgt das legitime Ziel, „durch die Begrenzung der Miethöhe bei Wiedervermietung der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken“. Indem sie Preisspitzen auf angespannten Wohnungsmärkten abschwächt, kann sie den Zugang einkommensschwacher Mieter zu Wohnraum schaffen und ist damit geeignet, den verfolgten Zweck zu erreichen, ohne dass vergleichbar wirksame, mildere Mittel zur Verfügung stehen. Letztlich ist die Regelung nach Ansicht des Gerichts auch angemessen, denn der Gesetzgeber hat die Belange von Mietern und Vermietern in einen sachgerechten Ausgleich gebracht. Den Interessen der Mieter kommt dabei besonderes Gewicht zu:

„Die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung geht auf der anderen Seite umso weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und in einer sozialen Funktion steht […]. Das trifft auf die Miethöhenregulierung in besonderem Maße zu. Eine Wohnung hat für den Einzelnen und dessen Familie eine hohe Bedeutung […].“

Demgegenüber entsteht keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung seitens der Betroffenen Vermieter, denn auch eine nachträgliche Verschlechterung der Nutzungsmöglichkeiten bestehender Eigentumspositionen kann zulässig sein. So führt das Gericht aus:

„Auf dem sozialpolitisch umstrittenen Gebiet des Mietrechts müssen Vermieterinnen und Vermieter […] mit häufigen Gesetzesänderungen rechnen und können nicht auf den Fortbestand einer ihnen günstigen Rechtslage vertrauen […]. Ihr Vertrauen, mit der Wohnung höchstmögliche Mieteinkünfte erzielen zu können, wird durch die Eigentumsgarantie nicht geschützt, weil ein solches Interesse seinerseits vom grundrechtlich geschützten Eigentum nicht umfasst ist.“

Eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Interessen der betroffenen Vermieter ist zudem abzulehnen, da die ortsübliche Vergleichsmiete dem Vermieter einen am örtlichen Markt orientierten Mietzins sichert und damit die Wirtschaftlichkeit der Vermietung erhalten bleibt.
 
BVerfG (Beschl. v. 9.7.2019 – 1 BvR 1257/19) zur Strafbarkeit des faktischen Leiters einer nicht angemeldeten Versammlung
Das BVerfG hatte die Vereinbarkeit der Strafnorm des § 26 Nr. 2 VersG mit Art. 8 Abs. 1 GG zu beurteilen. § 26 Nr. 2 VersG bestimmt: „Wer als Veranstalter oder Leiter eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel oder einen Aufzug ohne Anmeldung (§ 14) durchführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“ An der Verfassungskonformität der Norm bestehen dabei grundsätzlich keine Zweifel. Dies gilt nach der Ansicht des Gerichts auch, sofern sie dahingehend ausgelegt wird, dass auch der bloß faktische Versammlungsleiter einer nicht angemeldeten Veranstaltung als tauglicher Täter eingeordnet wird:

 „Denn eine solche Auslegung ist geeignet, einer Umgehung des Erfordernisses einer Anmeldung unter Benennung eines Versammlungsleiters entgegenzuwirken, die ansonsten nur gegenüber dem Veranstalter – der gerade bei nicht angemeldeten Versammlungen oftmals nicht ohne weiteres festgestellt werden kann – sanktioniert werden könnte. Sie verwirklicht somit die legitimen Ziele des gesetzlichen Anmeldeerfordernisses, ohne die Versammlungsfreiheit in übermäßiger Weise einzuschränken.“

Es bestehen auch keine Bedenken, dass dies zu einer Sanktionierung der bloßen Teilnahme an einer nicht angemeldeten Veranstaltung führen könnte, denn es ist nur derjenige als Versammlungsleiter einzuordnen, der den Ablauf der Versammlung, ihre Unterbrechungen und ihre Schließung bestimmt. 
Vgl. ausführlich unsere Entscheidungsbesprechung.
 
BVerfG (Beschl. v. 2.7.2019 – 1 BvR 385/16) zur Verfassungskonformität eines Vereinsverbots
Das BVerfG hat sich mit der Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vereinsverbots am Maßstab von Art. 9 Abs. 2 GG beschäftigt. Gem. Art. 9 Abs. 2 GG ist ein Vereinsverbot dabei gerechtfertigt, wenn sich die jeweilige Vereinigung gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, also insbesondere, wenn sie schwerwiegende völkerrechtswidrige Handlungen aktiv propagiert und fördert. Dabei gilt:

„Der Verbotstatbestand kann auch dann erfüllt sein, wenn die Vereinigung sich durch die Förderung Dritter gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet; Dazu gehört die finanzielle Unterstützung terroristischer Handlungen und Organisationen, wenn diese objektiv geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen, und die Vereinigung dies weiß und zumindest billigt.“

30.09.2019/0 Kommentare/von Dr. Maike Flink
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maike Flink https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maike Flink2019-09-30 10:08:312019-09-30 10:08:31Rechtsprechungsüberblick Öffentliches Recht (Quartal 2 und 3/2019) – Teil 1: Verfassungsrecht

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