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Du bist hier: Startseite1 > mangelbedingter Minderwert

Schlagwortarchiv für: mangelbedingter Minderwert

Miriam Hörnchen

BGH zum Wahlrecht des geschädigten Käufers im Rahmen des kleinen Schadensersatzanspruchs

Aktuelles, Kaufrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schuldrecht, Zivilrecht

Der BGH hatte sich am 25.05.2023 (V ZR 134/22) mit der examensrelevanten Frage der Grenzen des Wahlrechts des geschädigten Käufers zu beschäftigen. Da diese Entscheidung sich mit grundlegenden Aspekten des Schadensrechts beschäftigt und diese in die Argumentation einbindet, ist ein Blick in diese Entscheidung für die Examensprüfung empfehlenswert.

I. Der Sachverhalt

K erwarb von V einen Miteigentumsanteil an einem Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Dachgeschoss nebst Spitzboden. Der V übernahm die Verpflichtung, dass der Kaufgegenstand neu ausgebaut zu übergebene war. Wie der Ausbau konkret gestaltet werden sollte, sah ein Exposé vor, der als Anlage zum notariellen Kaufvertrag mitbeurkundet wurde. Dieses enthielt unteranderem die Angabe, dass der Raum im Spitzboden als Wohnfläche genutzt werden soll. Eine entsprechende Baugenehmigung für den Ausbau des Spitzbodens als Wohnraum wurde jedoch wegen Fehlens eines zweiten Rettungsweges von der Behörde verweigert.

Nach erfolgloser Aufforderung zur Nacherfüllung verlangte K von V die Zahlung des Schadenersatzes zum Ausgleich des sich aus der fehlenden Genehmigung des Spitzbodens zu Wohnzwecken ergebenden Minderwerts. Nachdem die erste Instanz der Klage auf den Minderwert stattgab, änderte das Oberlandesgericht das Urteil in der Berufung so ab, dass der K nicht den Minderwert fordern kann, sondern lediglich auf die fiktive Mängelbeseitigungskosten verwiesen werden könne. Dies wurde damit begründet, dass der Umfang des Schadenersatzanspruches eines geschädigten Käufers sich auf die Mängelbeseitigungskosten beschränke, wenn diese weniger als die Hälfte des Minderwertes ausmachen.

II. Die Entscheidung

Der BGH hat nun in der Revisionsinstanz der Annahme des Oberlandesgerichtes, dass ein Schadenersatz statt der Leistung auf die erforderlichen Mängelbeseitigungskosten beschränkt sei, wenn diese Kosten weniger als die Hälfte des Minderwertes der Kaufsache ausmachen, eine Absage erteilt.

Dass dem K dem Grunde nach einem kaufrechtlichen Schadenersatzanspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB zusteht, wird nicht bestritten. Vielmehr geht es um das Wahlrecht des Käufers auf der Rechtsfolgenseite.

Im Rahmen des kleinen Schadenersatzes steht dem Käufer ein Wahlrecht zwischen dem Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts der Kaufsache oder Ersatz der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten zu. Entscheidet er sich für den Ausgleich des mangelbedingten Minderwerts, ist dieser auf den Ausgleich des Wertunterschieds zwischen dem hypothetischen Wert der Kaufsache im mangelfreien Zustand und dem tatsächlichen Wert der Sache mit Mangel gerichtet. Im Fall betrug der mangelbedingte Minderwert 54.000 Euro, während die Mängelbeseitigungskosten lediglich 11.000 Euro betrugen.

Obwohl die Mängelbeseitigungskosten weniger als die Hälfte des Minderwerts der Kaufsache ausmachten, entschied der BGH, dass dem Käufer dennoch ein unbeschränktes Wahlrecht zusteht.

Dies begründet er mit den folgenden Argumenten:

1. Keine gesetzliche Regelung über den Ausschluss des mangelbedingten Minderwerts wegen Unverhältnismäßigkeit

Der Nacherfüllungsanspruch nach § 439 BGB unterliegt Grenzen, indem er dem Verkäufer gestattet, die Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten gem. § 439 Abs. 4 BGB zu verweigern. Dies wirkt sich ebenfalls auf die Höhe des nachfolgenden Schadenersatzanspruches aus. Kann nämlich der Verkäufer die Nacherfüllung wegen unverhältnismäßiger Kosten verweigern, beschränkt sich der Schadenersatzanspruch des Käufers auf den Ersatz des mangelbedingten Minderwerts.

Dies kann jedoch auf die vorliegende Konstellation nicht übertragen werden. Denn vorliegend geht es nicht um die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten, sondern um die Unverhältnismäßigkeit des mangelbedingten Minderwerts. § 439 Abs. 4 BGB sieht jedoch nur eine Verweigerung der Nacherfüllung wegen Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllungskosten vor und nicht wegen der Unverhältnismäßigkeit des mangelbedingten Minderwertes. Folglich kann der Gedanke aus § 439 Abs. 4 BGB, der sich auch auf die Höhe des Schadenersatzes auswirkt nicht auf die Konstellation übertragen werden, dass der Minderwert unverhältnismäßig ist.

2. Nicht gerechtfertigte Einschränkung des Wahlrechts des Käufers

Eine Verneinung des Anspruchs auf den mangelbedingten Minderwert und der dadurch resultierenden Verweisung auf die Mängelbeseitigungskosten, stellt eine nicht gerechtfertigte Einschränkung des Wahlrechts des Käufers dar.

3. Vergleich zur Minderung nach § 437 Nr. 2 BGB

Zudem spricht gegen eine Verweisung des Käufers auf die geringeren Mängelbeseitigungskosten ein Vergleich mit dem wahlweise zur Verfügung stehenden Recht auf Minderung gem. § 437 Nr. 2 BGB, das ebenso auf den vollumfänglichen mangelminderwert gerichtet ist.

4. Gefahr der Überkompensation besteht nicht

Für eine Einschränkung des Wahlrechts auf die Mängelbeseitigungskosten könnte ein allgemeiner Grundsatz des Schadensrechts gelten: „das Verbots der Überkompensation“. Denn im Kaufrecht ist richtiger Bezugspunkt für die Schadensermittlung die primär zu erfüllende Nacherfüllung, deren Ausbleiben durch den Schadenersatzanspruch kompensiert werden soll. Wenn nun der mangelbedingte Minderwert der Kaufsache weitaus höher ist als der Nacherfüllungsaufwand (Mängelbeseitigungskosten), könnte dies eine nicht gerechtfertigte Bereicherung darstellen.

Dieses Argument wird jedoch dahingehend entkräftet, dass die Gefahr einer Überkompensation dann nicht in Betracht kommt, wenn der Mangel mit den Mängelbeseitigungskosten nicht ohne Zweifel behoben werden kann.

Vorliegend bestand der Mangel in der fehlenden Zweckbestimmung des Spitzbodens zu Wohnzwecken in der Teilungserklärung und in der fehlenden entsprechenden Baugenehmigung wegen des Fehlens eines zweiten Rettungsweges. Ob die Mängelbeseitigungskosten zur vollen Kompensation des Schadens führen würden, bestehen jedoch Zweifel, da für die Erlangung der Genehmigung ein erhebliches (Prozess-)Risiko des K besteht. Das erhebliche (Prozess-)Risiko ergibt sich dabei aus den nachstehenden Umständen:

Zum einem ist es nicht rechtssicher, ob der K, die für die Nutzung des Spitzbodens zu Wohnzwecken erforderlichen Änderung der Teilungserklärung erhält, denn auch ein Sondereigentümer kann grundsätzlich sein Teileigentum nicht ohne Mitwirkung der übrigen Eigentümer in Wohnungseigentum umwandeln.

Zum anderen wäre zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Baugenehmigung die Anlegung eines zweiten Rettungsweges erforderlich, welche jedoch als bauliche Veränderung iSv § 20 Abs. 1 WEG dem Beschlusszwang unterliegt und somit wiederum eine Einigung mit den Miteigentümern erreicht werden muss.

Somit kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass der Käufer vom Verkäufer bei Verlangen des Ausgleiches des mangelbedingten Minderwerts der Kaufsache, jedenfalls dann nicht auf wesentlich geringere Mängelbeseitigungskosten verwiesen werden kann, wenn der Mangel damit nicht ohne Zweifel behoben werden kann.

III. Exkurs (insbesondere) für Referendare und Referendarinnen

Zudem beschäftigte sich der BGH mit der Vorschrift § 130d ZPO, die seit dem 01.01.2022 in Kraft getreten ist.

Danach handelt es sich um eine Vorschrift, die unteranderem für Rechtsanwälte Vorgaben zur Einreichung von vorbereitenden Schriftsätzen, deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen gibt. Dabei gilt nach § 130d S. 1 ZPO der Grundsatz der elektronischen Übermittlung.

Es gilt jedoch nach § 130d S. 2 ZPO die Möglichkeit der Ersatzeinreichung nach den allgemeinen Vorschriften, wenn die elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist und dies nach § 130d S. 3 Hs. 1 ZPO bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft gemacht wird (zum Zeitpunkt der Glaubhaftmachung: siehe BGH, Beschl. v. 17.11.2022 – IX ZB 17/22).

Der BGH entschied, dass eine vorübergehende technische Unmöglichkeit iSv § 130d S. 2 ZPO dann angenommen werden kann, wenn das System des besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) ausgefallen ist.

Hinsichtlich der Glaubhaftmachung stellt der BGH klar, dass dies sich nur auf die vorübergehende technische Unmöglichkeit im Zeitpunkt der beabsichtigten Übermittlung des elektronisch einzureichenden Dokuments bezieht, sodass eine Glaubhaftmachung, dass die Funktionsfähigkeit des beA bis zum Büroschluss weiterhin überprüft wurde, nicht erforderlich ist.

In Bezug auf den Aufbau der Prüfung ist zu beachten, dass die Vorgaben der Einreichung von Erklärungen in elektronischer Form nach § 130d S. 1 ZPO die Frage der Zulässigkeit betrifft und mithin in der Zulässigkeit zu prüfen ist.

IV. Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die besondere Bedeutung des Wahlrechts des geschädigten Käufers im Rahmen des Schadenersatzanspruchs, in dem der BGH seine Ansicht mit Argumenten des allgemeinen Schadensrechts untermauert. Diese Argumentationslinie gibt eine hilfreiche Stütze für Prüflinge, die diese Argumente auf den konkreten Einzelfall übertragen können.

Ebenfalls ist die Beschäftigung mit der Vorschrift des § 130d ZPO von herausragender praktischer Bedeutung und ist somit für Referendare und Referendarinnen interessant, denn bisher lag keine Entscheidung vor, wie lange der Rechtsanwalt bei einer technischen Störung eine elektronische Übermittlung versuchen muss. Die entwickelten Grundsätze der Fax-Übermittlung, wonach eine Übermittlung „nicht vorzeitig“ aufgegeben werden durfte, ist nicht auf den elektronischen Rechtsverkehr zu übertragen. Denn diese Übermittlungswege unterscheiden sich grundlegend darin, dass es für die Übermittlung per Fax keine fristwahrende Alternative gibt, während für den elektronischen Rechtsverkehr ausdrücklich in § 130d S. 2 ZPO eine Ersatzeinreichung nach den allgemeinen Vorschriften vorgesehen wird. Durch diese Möglichkeit der Ersatzeinreichung ist – anders als beim Fax – zur Fristwahrung keine erneute Einreichung auf elektronischem Wege erforderlich (nur bei gerichtlicher Aufforderung § 130d S. 3 Hs. 2 ZPO). (Vgl. zum vorstehendem: Anmerkung von Guido Toussaint zum besprochenem Urteil, FD-ZVR 2023, 458540).

23.08.2023/1 Kommentar/von Miriam Hörnchen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Miriam Hörnchen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Miriam Hörnchen2023-08-23 14:12:462023-10-02 12:20:01BGH zum Wahlrecht des geschädigten Käufers im Rahmen des kleinen Schadensersatzanspruchs
Dr. Yannik Beden, M.A.

BGH: Fiktive Mängelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht – Änderung der bisherigen Rechtsprechung

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Werkvertragsrecht, Zivilrecht

Mit Urteil vom 22.2.2018 – VII ZR 46/17 hat der BGH eine äußerst examensrelevante, wesentliche Neuerung zur Schadensberechnung im Werkvertragsrecht eingeleitet. Die Entscheidung betrifft die bisherige Rechtsprechung zur Schadensermittlung nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten, welche das Gericht nunmehr aufgegeben hat. Gleichzeitig stellt der BGH neue Grundsätze zur Bestimmung der Schadenshöhe auf. Da der Werkvertrag sowohl im Studium als auch im Examen einer der prüfungsrelevantesten Vertragstypen ist, muss der nachfolgenden Entscheidung ein besonderes Augenmerk gewidmet werden:
I. Der zugrundeliegende Sachverhalt (vereinfacht)
A ließ seit 2003 ein viergeschossiges Einfamilienhaus in der Stadt D errichten. Mit Vertrag vom 24. Juli 2002 beauftragte A den B mit der Planung von Freianlagen und der Überwachung seiner Herstellung. Mit einem weiteren, am 16. April 2004 geschlossenen Vertrag beauftragte A den B unter Einbeziehung der „Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen“ (VOB/B) mit der Ausführung von Naturstein-, Fliesen- und Abdichtungsarbeiten im Innen- und Außenbereich des Objekts. B ließ daraufhin Natursteinplatten verlegen. A nahm die Arbeiten des B im Jahr 2005 ab und erstellte eine Schlussrechnung.
Im Jahr 2007 zeigten sich erste Mängel der Natursteinarbeiten, die sich in der Folgezeit verstärkten. Es kam unter anderem zu Rissen und Ablösungen der Platten, zu Kalk- und Salzausspülungen, Farb- und Putzabplatzungen sowie zu starken Durchfeuchtungen des Putzes. Im August des Folgejahres verkauft A das – mittlerweile fertiggestellte – Objekt. A verzichtet auf die Beseitigung der entstandenen Mängel, verlangt allerdings von B Ersatz der fiktiven Mängelbeseitigungskosten i.H.v. 80.000 €.
II. Bislang: Schadensberechnung nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH standen dem geschädigten Besteller verschiedene Möglichkeiten zur Schadensermittlung im Rahmen des „kleinen Schadensersatzes“ zu. Wie auch weiterhin hat der Besteller bei Veräußerung der Sache die Möglichkeit, den Schaden nach einem den konkreten Mindererlös übersteigenden Minderwert zu bemessen – er muss dann nachweisen, dass der erzielte Kaufpreis den tatsächlichen Wert der Sache übersteigt (hierzu bereits BGH Urteil v. 14. Januar 2016 – VII ZR 271/14, BauR 2016, 852 Rn. 25). Daneben ließ die Rechtsprechung jedoch auch eine Berechnung anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu. Der Anspruch richtete sich dabei auf das, was der Besteller bei tatsächlicher Vornahme der Mängelbeseitigung an Kosten aufgewandt hätte. Ob er den Geldbetrag wirklich für die Beseitigung des Mangels verwendet oder überhaupt eine Mangelbeseitigung stattfindet, war insofern unerheblich (vgl. hierzu auch MüKo/Busche, 7. Auflage 2018, § 634 BGB Rn. 45). Diese Wertung stützte sich im Wesentlich darauf, dass der BGH bereits den Mangel selbst als Schaden qualifizierte (s. BGH Urteil v. 28. Juni 2007 – VII ZR 8/06, BauR 2007, 1567 (1568).
III. Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung / Fokus auf mangelbedingten Minderwert
1.Keine Bemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten
Die Möglichkeit zur Schadensberechnung nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten gibt das Gericht nunmehr ausdrücklich auf. Den Ausgangspunkt hierfür bildet die Feststellung, dass der Besteller, der keine Aufwendungen zur Beseitigung des Mangels tatsächlich tätigt, keinen Vermögensschaden in Form und Höhe der hypothetischen Aufwendungen erleidet. Ein Schaden in entsprechender Höhe tritt erst dann ein, wenn der Bestellter den Mangel beseitigten lässt und die hierfür notwendigen Kosten entrichtet. Auch in der Literatur wurde dieser Kritikpunkt in der Vergangenheit vorgebracht (vgl. nur Halfmeier, BauR 2013, 320 (322 f.).
Ein weiterer wesentlicher Gedanke richtet sich auf die Identifizierung des Vermögensschadens und dessen Verhältnis zum Mangel: Letzterer bedeutet zunächst einmal nur, dass das errichtete Werk hinter dem geschuldeten zurückbleibt, mithin ein Leistungsdefizit besteht. Mit Blick auf die dadurch eintretende Störung des werkvertraglichen Äquivalenzverhältnisses mag der Mangel zwar bereits einen Vermögensschaden begründen – allerdings ist damit noch nichts über dessen Höhe gesagt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch und insbesondere das schadensrechtliche Bereicherungsverbot: Da die Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten naturgemäß nicht mit letzter Sicherheit bestimmt werden kann, besteht die Gefahr, dass die angesetzte Schadenshöhe über den Zweck der Wiederherstellung des Äquivalenzverhältnisses „hinausschießt“. Im Ergebnis bestünde erneut ein werkvertragliches Gefälle, dann jedoch zu Lasten des Unternehmers. Der BGH führt aus:
„Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten bildet das Leistungsdefizit im Werkvertragsrecht – insbesondere im Baurecht – auch bei wertender Betrachtung nicht zutreffend ab. Vielmehr führt sie häufig zu einer Überkompensation und damit einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen (vgl. Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 9 f.) nicht gerechtfertigten Bereicherung des Bestellers. Denn der (fiktive) Aufwand einer Mängelbeseitigung hängt von verschiedenen Umständen ab, zum Beispiel von der Art des Werks, dem Weg der Mängelbeseitigung, dem Erfordernis der Einbeziehung anderer Gewerke in die Mängelbeseitigung, und kann die vereinbarte Vergütung, mit der die Parteien das mangelfreie Werk bewertet haben, (nicht nur in Ausnahmefällen) deutlich übersteigen. Er ist daher nicht geeignet, ein beim Besteller ohne Mängelbeseitigung verbleibendes Leistungsdefizit und die hierdurch eingetretene Äquivalenzstörung der Höhe nach zu bestimmen.“
Damit wird deutlich, dass der BGH die rechtstatsächliche Unzulänglichkeit dieser Berechnungsmethode vor allem in der Gefahr einer Überkompensation des Bestellers zu Lasten des Unternehmers sieht. Durch die Abkehr vom Konstrukt der fiktiven Mängelbeseitigungskosten bezweckt die Rechtsprechung letztlich eine Annäherung an das primäre Leistungsinteresse des Bestellers. Mit Blick auf die Konzeption des § 634 BGB ist dies auch systemgerecht, da die Höhe des Ausgleichs nach dem, was zur Mängelbeseitigung tatsächlich verwendet wird, bemessen werden muss.
2. Vielmehr: Schadensberechnung anhand des mangelbedingten Minderwerts
Wie also soll der Schaden nunmehr ermittelt werden? Der Senat entwickelt die Antwort hierauf aus dem Recht des Bestellers zur Minderung: Nach §§ 634 Nr. 3, 638 Abs. 1 BGB kann der Besteller – statt zurückzutreten – die Vergütung mindern. § 638 Abs. 3 S. 1 BGB ordnet an, dass die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen ist, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Der mangelbedingte Minderwert ist freilich nicht mit den fiktiven Mängelbeseitigungskosten identisch. Der BGH stellt deshalb ausdrücklich fest, dass der
„mangelbedingte Minderwert des Werks danach ausgehend von der Vergütung als Maximalwert nach § 287 ZPO unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu schätzen [ist]. Im Rahmen dieser – sich an § 634 Nr. 3, § 638 BGB anlehnenden – Schadensbemessung können die fiktiven Mängelbeseitigungskosten nicht als Maßstab herangezogen werden. Soweit dem Urteil des Senats vom 24. Februar 1972 (BGHZ 58, 181) entnommen werden kann, dass die Berechnung einer Minderung regelmäßig durch den Abzug fiktiver Mängelbeseitigungskosten erfolgen könne, hält der Senat auch hieran […] nicht fest. Dagegen kommt beispielsweise eine Schadensbemessung anhand der Vergütungsanteile in Betracht, die auf die mangelhafte Leistung entfallen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 9. Januar 2003 – VII ZR 181/00, BGHZ 153, 279 für die Ausführung mit minderwertigem Material). Ergeben sich die Vergütungsanteile nicht aus dem Vertrag, sind sie zu schätzen (vgl. zum Reisevertragsrecht BGH, Urteil vom 21. November 2017 – XZR 111/16 Rn. 10; zu optischen Fehlern z.B. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 341; zu möglichen Schätzmethoden ferner Messerschmidt/Voit/Moufang/Koos, Privates Baurecht, 2. Aufl., § 638 BGB Rn. 24; Kapellmann/Messerschmidt/Langen, VOB Teile A und B, 6. Aufl., § 13 VOB/B Rn. 386; Genius in jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 638 Rn. 18 a.E., 20; Staudinger/Peters/Jacoby, 2014, BGB, § 634 Rn. 113-115, jeweils m.w.N.).“
Auch mit Blick auf die Schadensermittlung bei tatsächlicher Vornahme der Mängelbeseitigung schließt sich der BGH nunmehr den herrschenden Stimmen in der Literatur an. Entscheidet sich der Besteller dafür, den Mangel selbst zu beseitigen, beschränkt sich seine Rechtsposition nicht auf den Erstattungsanspruch aus §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB. Vielmehr kann er die angefallenen Kosten auch als Schaden nach § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280, 281 BGB ersetzt verlangen (so auch Messerschmidt/Voit/Drossart, Privates Baurecht, 2. Auflage, § 634 BGB Rn. 87 m.w.N.). Dass die Aufwendungen vom Besteller freiwillig getätigt wurden, sei insofern unerheblich, da er sich hierzu vom Unternehmer, der die Nachbesserung verweigert, „herausgefordert fühlen [durfte]“. Der BGH stellt damit im Ergebnis sicher, dass der Besteller nicht auf einen geringeren Minderwert beschränkt wird.   
IV. Kurze Summa und Ausblick
Die Praxis hat gezeigt, dass im Werkvertragsrecht die Gefahr einer (erheblichen) Überkompensation des geschädigten Bestellers häufig größer ist als im Kaufrecht. Der BGH reagiert nun hierauf und nimmt von einer Schadensberechnung anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten Abstand. In der Folge rückt das werkvertragliche Schadensrecht näher an das ursprüngliche Leistungs- und Äquivalenzinteresse des Bestellers. Gleichzeitig verringert sich das Risiko schadensrechtlicher Bereicherung. Ob sich Besteller künftig vermehrt für eine tatsächliche Mängelbeseitigung entscheiden, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass auch eine Schadensschätzung anhand des mangelbedingten Minderwerts mit beiderseitigen Verlustrisiken behaftet ist. In der juristischen Klausur kann punkten, wer die ratio der Rechtsprechungsänderung nachvollzieht und den Unterschied zwischen alter und neuer Schadensberechnungsmethode verdeutlicht.

21.03.2018/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2018-03-21 10:00:222018-03-21 10:00:22BGH: Fiktive Mängelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht – Änderung der bisherigen Rechtsprechung

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