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Schlagwortarchiv für: Bauvertragsrecht

Dr. Yannik Beden, M.A.

BGH: Fiktive Mängelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht – Änderung der bisherigen Rechtsprechung

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Werkvertragsrecht, Zivilrecht

Mit Urteil vom 22.2.2018 – VII ZR 46/17 hat der BGH eine äußerst examensrelevante, wesentliche Neuerung zur Schadensberechnung im Werkvertragsrecht eingeleitet. Die Entscheidung betrifft die bisherige Rechtsprechung zur Schadensermittlung nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten, welche das Gericht nunmehr aufgegeben hat. Gleichzeitig stellt der BGH neue Grundsätze zur Bestimmung der Schadenshöhe auf. Da der Werkvertrag sowohl im Studium als auch im Examen einer der prüfungsrelevantesten Vertragstypen ist, muss der nachfolgenden Entscheidung ein besonderes Augenmerk gewidmet werden:
I. Der zugrundeliegende Sachverhalt (vereinfacht)
A ließ seit 2003 ein viergeschossiges Einfamilienhaus in der Stadt D errichten. Mit Vertrag vom 24. Juli 2002 beauftragte A den B mit der Planung von Freianlagen und der Überwachung seiner Herstellung. Mit einem weiteren, am 16. April 2004 geschlossenen Vertrag beauftragte A den B unter Einbeziehung der „Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil B: Allgemeine Vertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen“ (VOB/B) mit der Ausführung von Naturstein-, Fliesen- und Abdichtungsarbeiten im Innen- und Außenbereich des Objekts. B ließ daraufhin Natursteinplatten verlegen. A nahm die Arbeiten des B im Jahr 2005 ab und erstellte eine Schlussrechnung.
Im Jahr 2007 zeigten sich erste Mängel der Natursteinarbeiten, die sich in der Folgezeit verstärkten. Es kam unter anderem zu Rissen und Ablösungen der Platten, zu Kalk- und Salzausspülungen, Farb- und Putzabplatzungen sowie zu starken Durchfeuchtungen des Putzes. Im August des Folgejahres verkauft A das – mittlerweile fertiggestellte – Objekt. A verzichtet auf die Beseitigung der entstandenen Mängel, verlangt allerdings von B Ersatz der fiktiven Mängelbeseitigungskosten i.H.v. 80.000 €.
II. Bislang: Schadensberechnung nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH standen dem geschädigten Besteller verschiedene Möglichkeiten zur Schadensermittlung im Rahmen des „kleinen Schadensersatzes“ zu. Wie auch weiterhin hat der Besteller bei Veräußerung der Sache die Möglichkeit, den Schaden nach einem den konkreten Mindererlös übersteigenden Minderwert zu bemessen – er muss dann nachweisen, dass der erzielte Kaufpreis den tatsächlichen Wert der Sache übersteigt (hierzu bereits BGH Urteil v. 14. Januar 2016 – VII ZR 271/14, BauR 2016, 852 Rn. 25). Daneben ließ die Rechtsprechung jedoch auch eine Berechnung anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu. Der Anspruch richtete sich dabei auf das, was der Besteller bei tatsächlicher Vornahme der Mängelbeseitigung an Kosten aufgewandt hätte. Ob er den Geldbetrag wirklich für die Beseitigung des Mangels verwendet oder überhaupt eine Mangelbeseitigung stattfindet, war insofern unerheblich (vgl. hierzu auch MüKo/Busche, 7. Auflage 2018, § 634 BGB Rn. 45). Diese Wertung stützte sich im Wesentlich darauf, dass der BGH bereits den Mangel selbst als Schaden qualifizierte (s. BGH Urteil v. 28. Juni 2007 – VII ZR 8/06, BauR 2007, 1567 (1568).
III. Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung / Fokus auf mangelbedingten Minderwert
1.Keine Bemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten
Die Möglichkeit zur Schadensberechnung nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten gibt das Gericht nunmehr ausdrücklich auf. Den Ausgangspunkt hierfür bildet die Feststellung, dass der Besteller, der keine Aufwendungen zur Beseitigung des Mangels tatsächlich tätigt, keinen Vermögensschaden in Form und Höhe der hypothetischen Aufwendungen erleidet. Ein Schaden in entsprechender Höhe tritt erst dann ein, wenn der Bestellter den Mangel beseitigten lässt und die hierfür notwendigen Kosten entrichtet. Auch in der Literatur wurde dieser Kritikpunkt in der Vergangenheit vorgebracht (vgl. nur Halfmeier, BauR 2013, 320 (322 f.).
Ein weiterer wesentlicher Gedanke richtet sich auf die Identifizierung des Vermögensschadens und dessen Verhältnis zum Mangel: Letzterer bedeutet zunächst einmal nur, dass das errichtete Werk hinter dem geschuldeten zurückbleibt, mithin ein Leistungsdefizit besteht. Mit Blick auf die dadurch eintretende Störung des werkvertraglichen Äquivalenzverhältnisses mag der Mangel zwar bereits einen Vermögensschaden begründen – allerdings ist damit noch nichts über dessen Höhe gesagt. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch und insbesondere das schadensrechtliche Bereicherungsverbot: Da die Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten naturgemäß nicht mit letzter Sicherheit bestimmt werden kann, besteht die Gefahr, dass die angesetzte Schadenshöhe über den Zweck der Wiederherstellung des Äquivalenzverhältnisses „hinausschießt“. Im Ergebnis bestünde erneut ein werkvertragliches Gefälle, dann jedoch zu Lasten des Unternehmers. Der BGH führt aus:
„Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten bildet das Leistungsdefizit im Werkvertragsrecht – insbesondere im Baurecht – auch bei wertender Betrachtung nicht zutreffend ab. Vielmehr führt sie häufig zu einer Überkompensation und damit einer nach allgemeinen schadensrechtlichen Grundsätzen (vgl. Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 9 f.) nicht gerechtfertigten Bereicherung des Bestellers. Denn der (fiktive) Aufwand einer Mängelbeseitigung hängt von verschiedenen Umständen ab, zum Beispiel von der Art des Werks, dem Weg der Mängelbeseitigung, dem Erfordernis der Einbeziehung anderer Gewerke in die Mängelbeseitigung, und kann die vereinbarte Vergütung, mit der die Parteien das mangelfreie Werk bewertet haben, (nicht nur in Ausnahmefällen) deutlich übersteigen. Er ist daher nicht geeignet, ein beim Besteller ohne Mängelbeseitigung verbleibendes Leistungsdefizit und die hierdurch eingetretene Äquivalenzstörung der Höhe nach zu bestimmen.“
Damit wird deutlich, dass der BGH die rechtstatsächliche Unzulänglichkeit dieser Berechnungsmethode vor allem in der Gefahr einer Überkompensation des Bestellers zu Lasten des Unternehmers sieht. Durch die Abkehr vom Konstrukt der fiktiven Mängelbeseitigungskosten bezweckt die Rechtsprechung letztlich eine Annäherung an das primäre Leistungsinteresse des Bestellers. Mit Blick auf die Konzeption des § 634 BGB ist dies auch systemgerecht, da die Höhe des Ausgleichs nach dem, was zur Mängelbeseitigung tatsächlich verwendet wird, bemessen werden muss.
2. Vielmehr: Schadensberechnung anhand des mangelbedingten Minderwerts
Wie also soll der Schaden nunmehr ermittelt werden? Der Senat entwickelt die Antwort hierauf aus dem Recht des Bestellers zur Minderung: Nach §§ 634 Nr. 3, 638 Abs. 1 BGB kann der Besteller – statt zurückzutreten – die Vergütung mindern. § 638 Abs. 3 S. 1 BGB ordnet an, dass die Vergütung in dem Verhältnis herabzusetzen ist, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert des Werkes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. Der mangelbedingte Minderwert ist freilich nicht mit den fiktiven Mängelbeseitigungskosten identisch. Der BGH stellt deshalb ausdrücklich fest, dass der
„mangelbedingte Minderwert des Werks danach ausgehend von der Vergütung als Maximalwert nach § 287 ZPO unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu schätzen [ist]. Im Rahmen dieser – sich an § 634 Nr. 3, § 638 BGB anlehnenden – Schadensbemessung können die fiktiven Mängelbeseitigungskosten nicht als Maßstab herangezogen werden. Soweit dem Urteil des Senats vom 24. Februar 1972 (BGHZ 58, 181) entnommen werden kann, dass die Berechnung einer Minderung regelmäßig durch den Abzug fiktiver Mängelbeseitigungskosten erfolgen könne, hält der Senat auch hieran […] nicht fest. Dagegen kommt beispielsweise eine Schadensbemessung anhand der Vergütungsanteile in Betracht, die auf die mangelhafte Leistung entfallen (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 9. Januar 2003 – VII ZR 181/00, BGHZ 153, 279 für die Ausführung mit minderwertigem Material). Ergeben sich die Vergütungsanteile nicht aus dem Vertrag, sind sie zu schätzen (vgl. zum Reisevertragsrecht BGH, Urteil vom 21. November 2017 – XZR 111/16 Rn. 10; zu optischen Fehlern z.B. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 341; zu möglichen Schätzmethoden ferner Messerschmidt/Voit/Moufang/Koos, Privates Baurecht, 2. Aufl., § 638 BGB Rn. 24; Kapellmann/Messerschmidt/Langen, VOB Teile A und B, 6. Aufl., § 13 VOB/B Rn. 386; Genius in jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 638 Rn. 18 a.E., 20; Staudinger/Peters/Jacoby, 2014, BGB, § 634 Rn. 113-115, jeweils m.w.N.).“
Auch mit Blick auf die Schadensermittlung bei tatsächlicher Vornahme der Mängelbeseitigung schließt sich der BGH nunmehr den herrschenden Stimmen in der Literatur an. Entscheidet sich der Besteller dafür, den Mangel selbst zu beseitigen, beschränkt sich seine Rechtsposition nicht auf den Erstattungsanspruch aus §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 1 BGB. Vielmehr kann er die angefallenen Kosten auch als Schaden nach § 634 Nr. 4 i.V.m. §§ 280, 281 BGB ersetzt verlangen (so auch Messerschmidt/Voit/Drossart, Privates Baurecht, 2. Auflage, § 634 BGB Rn. 87 m.w.N.). Dass die Aufwendungen vom Besteller freiwillig getätigt wurden, sei insofern unerheblich, da er sich hierzu vom Unternehmer, der die Nachbesserung verweigert, „herausgefordert fühlen [durfte]“. Der BGH stellt damit im Ergebnis sicher, dass der Besteller nicht auf einen geringeren Minderwert beschränkt wird.   
IV. Kurze Summa und Ausblick
Die Praxis hat gezeigt, dass im Werkvertragsrecht die Gefahr einer (erheblichen) Überkompensation des geschädigten Bestellers häufig größer ist als im Kaufrecht. Der BGH reagiert nun hierauf und nimmt von einer Schadensberechnung anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten Abstand. In der Folge rückt das werkvertragliche Schadensrecht näher an das ursprüngliche Leistungs- und Äquivalenzinteresse des Bestellers. Gleichzeitig verringert sich das Risiko schadensrechtlicher Bereicherung. Ob sich Besteller künftig vermehrt für eine tatsächliche Mängelbeseitigung entscheiden, bleibt abzuwarten. Fest steht, dass auch eine Schadensschätzung anhand des mangelbedingten Minderwerts mit beiderseitigen Verlustrisiken behaftet ist. In der juristischen Klausur kann punkten, wer die ratio der Rechtsprechungsänderung nachvollzieht und den Unterschied zwischen alter und neuer Schadensberechnungsmethode verdeutlicht.

21.03.2018/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Yannik Beden, M.A. https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Yannik Beden, M.A.2018-03-21 10:00:222018-03-21 10:00:22BGH: Fiktive Mängelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht – Änderung der bisherigen Rechtsprechung
Dr. Yannik Beden, M.A.

Kaufrechtliche Mängelhaftung 2018: Die Reform im Überblick

AGB-Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Tagesgeschehen, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Pünktlich zum neuen Jahr treten mit dem „Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren“ (BGBl. I 2017, 969) einige äußerst prüfungsrelevante Neuregelungen im Bereich des Sachmangelgewährleistungsrechts in Kraft. Im Fokus steht vor allem die Bestimmung zur Kostentragungspflicht bei den sog. Ein- und Ausbaufällen in § 439 Abs. 3 BGB n.F. Die gewährleistungsrechtliche Einordnung erfolgte hier bislang vordergründig durch die Rechtsprechung des BGH – man denke an die Entscheidungen zum Verbau von Parkettstäben und Fliesen. Vertiefte Kenntnisse zur kaufrechtlichen Mängelhaftung werden von jedem Examenskandidaten erwartet. Der nachfolgende Beitrag bietet daher einen Überblick zu den klausurrelevantesten Neuregelungen:
I. Ausgangspunkt
Das Gesetz sieht im Schwerpunkt Novellierungen des Bauvertragsrechts vor. In Anbetracht der durch die stetige Weiterentwicklung der Bautechnik steigenden Komplexität dieser Spezialmaterie und der umfangreichen Rechtsprechung soll mit den gesetzlichen Neuerungen den bisherigen Rechtsanwendungsproblemen ein Stück weit abgeholfen werden. Hiermit einher ging auch eine Überarbeitung der Mängelhaftung im Kaufrecht: Der Gesetzgeber hat insbesondere die Kostentragung bei den sog. Ein- und Ausbaufällen ausdrücklich in § 439 Abs. 3 BGB geregelt. In diesem Zusammenhang finden sich auch diverse Novellierungen zum Verbrauchsgüterkauf, zur Regressregelung bei Lieferketten sowie Neubestimmungen im Recht der AGB.
II. Aufwendungsersatzanspruch bei Ein- und Ausbau

Die wohl prüfungsrelevanteste Änderung stellt die ausdrückliche Anordnung einer Kostentragungspflicht des Verkäufers hinsichtlich des Ausbaus der mangelhaften sowie Einbaus der mangelfreien Sache nach § 439 Abs. 3 S. 1 BGB dar:
„Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.“
Bereits die systematische Verortung macht deutlich, dass der Anwendungsbereich des Anspruchs auf Aufwendungsersatz nicht auf den Verbrauchsgüterkauf beschränkt ist, sondern vielmehr für alle Kaufverträge gleichermaßen gilt. Der bisherige Streit um eine „gespaltene Auslegung“ des § 439 BGB ist daher obsolet geworden. Entgegen der ursprünglichen Entwurfsfassung (BT-Drucks. 18/8486, S. 39) hat der Verkäufer nach der neuen Regelung kein Wahlrecht, den Ein- und Ausbau entweder selbst vorzunehmen oder sich zum Ersatz der hierfür angemessenen Aufwendungen zu verpflichten. Der Gesetzgeber hat sich für eine ausschließliche Kostentragungspflicht des Verkäufers entschieden. Ausweislich der Gesetzesbegründung wurde von einem Recht zur Selbstvornahme des Verkäufers aufgrund von etwaigen Konkurrenzen zwischen Hauptleistungspflichten aus einem Werkvertrag einerseits und Gewährleistungsrechten aus dem Kaufvertrag andererseits bewusst abgesehen (BT-Drucks. 18/11437, S. 2).
Der Verzicht auf ein Wahlrecht des Verkäufers ist sowohl unter rechtlichen als auch ökonomischen Gesichtspunkten durchaus zweifelhaft. Dass der Verkäufer von vornherein auf eine Kostentragungspflicht verwiesen wird, ist in Anbetracht seines Rechts zur zweiten Andienung systematisch wenig überzeugend. Zwar betrifft der Aufwendungsersatzanspruch nicht den Kaufgegenstand selbst, sondern nur die durch den Ein- und Ausbau entstehenden Zusatzbelastungen. Diese stehen jedoch in unmittelbaren Zusammenhang zur Mangelhaftigkeit der Sache. Auch der BGH hat bislang den Ein- und Ausbau unter die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers gefasst. In volkswirtschaftlicher Hinsicht wird der Anspruch auf Aufwendungsersatz regelmäßig zu (eigentlich vermeidbaren) Mehrkosten des Verkäufers führen: Welche Aufwendungen „erforderlich“ sind, soll nach der Intention des Gesetzgebers in Anlehnung an die Judikatur zu § 637 BGB bestimmt werden (BT-Drucks. 18/11437, S. 40). Beauftragt der Käufer einen Dritten mit dem Ein- und Ausbau der Sachen, werden die daraus resultierenden Kosten in den meisten Fällen höher ausfallen als diejenigen, die der Verkäufer bei eigener Durchführung der Arbeiten zu tragen hätte. Dieser kann einen sach- und fachgerechten Aus- und Einbau seines Produktes üblicherweise am kostengünstigsten durchführen.
Aufgrund der Neuregelung in § 439 Abs. 3 S. 2 BGB kann der Käufer den Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nur verlangen, wenn er im Zeitpunkt des Einbaus bzw. Anbringens der mangelhaften Sache im guten Glauben bzgl. der Mangelfreiheit war. Anderes gilt wohl unter Berücksichtigung des Verweises auf § 442 Abs. 1 BGB nur dann, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat.
III. Anwendbare Vorschriften beim Verbrauchsgüterkauf und Vorschusspflicht

§ 475 Abs. 4 S. 2 BGB verschafft dem Verkäufer ein als Einrede ausgestaltetes, beschränktes Leistungsverweigerungsrecht im Verbrauchsgüterkauf (vgl. BT-Drucks. 18/8486, S. 43). Führt die einzig mögliche Art der Nacherfüllung aufgrund von Ein- und Ausbaukosten zu unverhältnismäßigen Kosten, kann der Unternehmer den Aufwendungsersatz auf einen angemessenen Betrag beschränken. In der Klausur muss hier genau zwischen den einzelnen Kostenposten differenziert werden, da eine Kostenbeteiligung des Käufers über die Ein- und Ausbaukosten hinaus ausdrücklich nicht angeordnet wird. Insbesondere sind also die durch die Mangelhaftigkeit der Sache entstehenden Kosten der Nachbesserung bzw. Nacherfüllung nicht zu berücksichtigen. § 475 Abs. 4 S. 3 BGB beinhaltet die rechtstatsächlich wenig hilfreiche Bestimmung, dass bei der Bemessung des „angemessenen“ Betrags insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen sind. Der bewusst weit gefasste Wortlaut wird demzufolge von der Rechtsprechung (erneut) zu konkretisieren sein.
§ 475 Abs. 6 BGB räumt dem Verbraucher für Aufwendungen, die im Rahmen des Aus- und Einbaus entstehen und vom Unternehmer zu tragen sind, einen Anspruch auf Vorschuss gegen den Verkäufer ein. Der Anwendungsbereich der Norm ist allerdings nicht auf die Aus- und Einbaukosten beschränkt, sondern umfasst den gesamten Nacherfüllungsanspruch nach § 439 Abs. 2, 3 BGB.
IV. Regress bei Lieferketten

Da die Neuregelung zur Kostentragungspflicht nunmehr für sämtliche Kaufverträge und unabhängig vom Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs gilt, wurden auch die Bestimmungen zu Regressansprüchen bei Lieferketten im allgemeinen Kaufrecht implementiert. Je nachdem, in welchem Zeitpunkt der Mangel bereits besteht, können die Nacherfüllungskosten sowie die durch den Aufwendungsersatzanspruch nach § 439 Abs. 3 S. 1 BGB entstandenen Kosten gem. § 445a Abs. 1 BGB in der Lieferkette „durchgereicht“ werden:
„Der Verkäufer kann beim Verkauf einer neu hergestellten Sache von dem Verkäufer, der ihm die Sache verkauft hatte (Lieferant), Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Verhältnis zum Käufer nach § 439 Absatz 2 und 3 sowie § 475 Absatz 4 und 6 zu tragen hatte, wenn der vom Käufer geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Verkäufer vorhanden war.“
§ 445a Abs. 3 BGB ordnet eine entsprechende Anwendung des ersten Absatzes auf die Ansprüche des Lieferanten sowie der übrigen Käufer in der Lieferkette an, sodass der Aufwendungsersatzanspruch ggf. auch gegenüber dem Hersteller der Kaufsache geltend gemacht werden kann. Nachteile aus der Mangelhaftigkeit sollen also zu dem Unternehmer weitergegeben werden, in dessen Bereich der Mangel entstanden ist (BT-Drucks. 18/8486, S. 42). In der Klausur muss beachtet werden, dass etwaige Fristsetzungen als Voraussetzungen für Rücktritt, Minderung oder Schadensersatz innerhalb der Lieferkette entbehrlich sind, wenn der jeweilige Gläubiger die Sache von seinem Abnehmer zurücknehmen musste. Die Bestimmungen zur Verjährung von Rückgriffsansprüchen in § 445b BGB entsprechen im Wesentlichen den bisherigen Regelungen des § 479 Abs. 1 BGB im Verbrauchsgüterkauf.
V. Bestimmungen zur Kostentragung bei Ein- und Ausbaufällen in AGB
Nach der neuen Regelung in § 309 Nr. 8 lit. b, cc BGB sind bei Verträgen über Lieferungen neu hergestellter Sachen und über Werkleistungen Bestimmungen unwirksam, denen zufolge
„die Verpflichtung des Verwenders ausgeschlossen oder beschränkt wird, die zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen nach § 439 Absatz 2 und 3 oder § 635 Absatz 2 zu tragen oder zu ersetzen“.
Die Bestimmung soll verhindern, dass der Käufer in Ermangelung eines Selbstvornahmerechts des Verkäufers weder von diesem den Ein- und Ausbau kostenfrei erhält, noch die durch eigene Vornahme des Ein- und Ausbaus entstehenden Kosten vom Verkäufer ersetzt bekommt. Im Rahmen der Gesetzesfindung wurde sogar diskutiert, ob der Anwendungsbereich des Klauselverbots ausdrücklich auf den unternehmerischen Bereich erstreckt werden soll, wovon jedoch in Anbetracht der Rechtsprechung des BGH zur Indizwirkung der Klauselverbote letztlich abgesehen wurde (BT-Drucks. 18/11437, S. 39). Der das Verbot prägende Schutzzweck – Vermeidung einer Kostenabwälzung auf den Käufer – ist jedoch nicht konterkariert, wenn sich der Verkäufer zum kostenfreien Ein- und Ausbau vertraglich verpflichtet. Ob die Rechtsprechung ein Abbedingen der Kostenübernahmeregelung aus § 439 Abs. 3 BGB – und damit letztlich ein vertragliches Selbstvornahmerecht des Verkäufers – in diesen Fällen akzeptieren wird, bleibt abzuwarten. Unter Berücksichtigung der klaren Absage des Gesetzgebers gegenüber einem Wahlrecht des Verkäufers wird man hiervon nicht ausgehen können.
VI. Ausblick
Mit der Reform der kaufrechtlichen Mängelgewährleistung hat sich der Gesetzgeber der bereits seit einigen Jahren bestehenden Problematiken der Ein- und Ausbaufälle endlich angenommen. Ob der Weg über einen Aufwendungsersatzanspruch des Käufers ohne Möglichkeit des Verkäufers zur Selbstvornahme rechtssystematisch und ökonomisch überzeugt, ist äußerst fraglich. Für die Klausur müssen neben § 439 Abs. 3 BGB auch die Neuregelungen zu den Regressansprüchen sowie die Bestimmungen zur Einrede der absoluten Unverhältnismäßigkeit beim Verbrauchsgüterkauf beherrscht werden. Die Gesetzesreform bietet eine Fülle an neuem Prüfungsstoff und sollte deshalb von jedem Prüfling eingehend studiert werden.
 
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03.01.2018/0 Kommentare/von Dr. Yannik Beden, M.A.
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