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Gastautor

Vorlagepflicht der nationalen Gerichte – Generalanwalt Bobek schlägt neue Perspektiven für Art. 267 Abs. 3 AEUV vor

Europarecht, Examensvorbereitung, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes

Wir freuen uns, folgenden Beitrag von Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard) veröffentlichen zu können. Der Autor ist Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn und Wissenschaftlicher Beirat des Juraexamen.info e.V.
Über die Vorlagepflicht der nationalen Gericht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV habe ich hier schon vor einigen Monaten berichtet anlässlich der Entscheidung des BVerfG (v. 14.1.2021 – 1 BvR 2853/19, NJW 2021, 1005): Wann ein letztinstanzliches Gericht eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage dem EuGH vorlegen muss, ist eine Sache, eine andere aber, wann die Nichtvorlage trotz Vorlagepflicht ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG ist und vor dem BVerfG gerügt werden kann.
 
I. Nun gibt es neue Impulse vom EuGH. Generalanwalt Bobek setzt sich mit den bisherigen Maßstäben ausführlich auseinander und schlägt ein Umdenken der insb. im Urteil in der Rs. CIFLIT (v. 6.10.1982 – 283/81, EU:C:1982:335) niedergelegten Maßstäbe vor (Schlussanträge v. 14.4.2021 – C-561/19, EU:C:2021:291). Weniger, dafür bessere Vorlagen. Nehme man die bisherigen Maßstäbe ernst, dann droht die Überlastung der Gerichte. Er begründet seine Ansicht in seiner ihm sehr eigenen, sehr narrativen Weise, mit der er sich gerade auch an Studenten wendet:
 

„Anders als die nationalen letztinstanzlichen Gerichte werden Studierende des Europarechts für das Urteil CILFIT u. a. vermutlich immer eher Sympathie gehabt haben. Im Lauf der letzten ein oder zwei Jahrzehnte werden die Herzen vieler Europarechtsstudenten wahrscheinlich mit einem plötzlichen Anflug von Freude und Erleichterung geklopft haben, wenn sie „Urteil CILFIT“, „Ausnahmen von der Vorlagepflicht“ und „Diskussion“ auf ihrem Prüfungs- oder Übungsblatt gelesen haben. Die Frage nach der Durchführbarkeit der nach dem Urteil CILFIT geltenden Ausnahmen von der Verpflichtung, eine Vorlage zur Vorabentscheidung einzureichen, insbesondere der Ausnahme in Bezug auf das Fehlen eines vernünftigen Zweifels des nationalen letztinstanzlichen Gerichts, ist nämlich vielleicht nicht die anspruchsvollste Erörterungsaufgabe. Müssen diese Gerichte wirklich (alle) gleichermaßen verbindlichen Sprachfassungen des Unionsrechts miteinander vergleichen? Wie sollen sie, praktisch betrachtet, bestimmen, ob die Frage für die Gerichte anderer Mitgliedstaaten und für den Gerichtshof gleichermaßen offenkundig ist?

Die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV, die Ausnahmen von dieser Pflicht und vor allem ihre Durchsetzung sind seit Jahren, bildlich gesprochen, schlafende Hunde des Unionsrechts. Wir wissen alle, dass sie da sind. Wir können alle über sie diskutieren oder gar akademische Aufsätze über sie schreiben. Im echten Leben aber weckt man sie am besten nicht. Pragmatisch (oder zynisch) gesagt, funktioniert das gesamte Vorabentscheidungssystem, weil niemand das Urteil CILFIT wirklich anwendet, jedenfalls nicht wörtlich. Oft ist es besser, sich einen Hund vorzustellen, als es mit dem lebenden Tier zu tun zu haben.

Aus einer Reihe von Gründen, die ich in den vorliegenden Schlussanträgen darlegen werde, trage ich dem Gerichtshof den Vorschlag vor, dass es an der Zeit ist, die Rechtssache CILFIT zu überprüfen. Mein Vorschlag hierfür ist eher einfach und geht dahin, die Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV sowie die von ihr geltenden Ausnahmen so anzupassen, dass sie den Anforderungen des gegenwärtigen unionsrechtlichen Gerichtssystems entsprechen und dann realistisch angewendet (sowie möglicherweise zu gegebener Zeit durchgesetzt) werden können.

Der vorgeschlagene Anpassungsvorgang erfordert jedoch einen erheblichen Paradigmenwechsel. Die Grundgedanken und Ausrichtung der Vorlagepflicht und der von ihr geltenden Ausnahmen sollten sich wegbewegen vom Fehlen eines vernünftigen Zweifels im Hinblick auf die richtige Anwendung des Unionsrechts im Einzelfall, der in Form eines subjektiven gerichtlichen Zweifel bestehen und festgestellt werden muss, hin zu einem objektiveren Gebot der Gewährleistung einer in der gesamten Union einheitlichen Auslegung des Unionsrechts. Mit anderen Worten sollte die Vorlagepflicht nicht in erster Linie auf die richtigen Antworten, sondern vielmehr auf die Ermittlung der richtigen Fragen ausgerichtet sein.“

 
II. Neugierig geworden? Einfach lesen. Es lohnt sich wirklich (und man erfährt auch noch was über den braven Soldat Schwjk). Und wer dann noch Lust und Energie hat, das Thema zu vertiefen, dann kann man sich auch mit dem Gegenteil beschäftigen: Wann nicht vorgelegt werden kann, selbst wenn man wollte. Auch Bobek betont: Vorgelegt werden kann nur, was entscheidungserheblich ist (nicht anders als bei der konkreten Normenkontrolle nachkonstitutionellen Rechts durch das BVerfG nach Art. 100 GG, s. hierzu BVerfG v. 28.1.1092, BVerfGE 85, 191). Hierbei ist anerkannt „dass im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV nur das nationale Gericht, das mit dem Rechtsstreit befasst ist und in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen hat“ (EuGH v. 26.2.2013 – C-617/10, EU:C:2013:105; vgl. u. a. EuGH v. 8.9.2011 – C-78/08 bis C-80/08, EU:C:2011:550 Rn. 30 und die dort angeführte Rspr.). Es gilt eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit von zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen. Daher kann der Gerichtshof eine Entscheidung nur in begrenzten Fällen ablehnen, insbesondere dann, wenn die Anforderungen des Art. 94 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs nicht erfüllt sind oder wenn offensichtlich ist, dass die Auslegung der betreffenden Unionsregelung in keinem Zusammenhang mit dem Sachverhalt steht oder wenn die Fragen hypothetischer Natur sind (Generalanwalt Bobek, Schlussantrag v. 13.1.2021 – C-645/19, EU:C:2021:5 Rn. 33). Die Frage ist unzulässig, „wenn das Problem hypothetischer Natur ist“ (EuGH v. 26.2.2013 – C-617/10, EU:C:2013:105; in diesem Sinne u. a. EuGH v. 8.9.2011 – C-78/08, EU:C:2011:550 Rn. 31 und die dort angeführte Rspr.). Denn der Gerichtshof sieht die ihm durch Art. 267 AEUV übertragene Aufgabe im Kern darin, „[…] zur Rechtspflege in den Mitgliedstaaten beizutragen, nicht aber darin, Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben“ (wiederum EuGH v. 26.2.2013 – C-617/10, EU:C:2013:105).
 
Manche Gerichte haben offensichtlich Freude an der Vorlage, zu der sie gar nicht verpflichtet sind. So gibt es z.B. ein Gericht mit acht Vorlagen desselben Richters innerhalb von etwas mehr als 20 Monaten (Vorlagebeschluss vom 27.3.2019 – 6 K 1016/15.Wi, entschieden durch den Gerichtshof am 9.7.2020 – Rs. C‑272/19; Vorlagebeschluss v. 27.6.2019 – 6 K 565/17, entschieden durch den Gerichtshof am 12.5.2021 – C-505/19; Vorlagebeschluss vom 13.5.2020 – 6 K 805/19.WI, anhängig Rs. C-215/20; Vorlagebeschluss vom 15.5.2020 – 6 K 806/19.WI, anhängig als Rs C-222/20; Vorlagebeschluss vom 17.12.2020 – 23 K 1360/20.WI.PV, anhängig als Rs. C-34/21; Vorlagebeschluss vom 30.7.2021 – 6 K 421/21.WI, anhängig als Rs. C-481/21; Vorlagebeschluss vom 31.8.2021 – 6 K 226/21.WI, anhängig als Rs. C-552/21; Vorlagebeschluss vom 1.10.2021 – 6 K 788/20.WI; vor einigen Jahren schon Vorlagebeschluss vom 27.2.2009 – 6 K 1045/08.WI, entschieden EuGH v. 9.11.2010 Rs. C-93/09). Sie betreffen alle – wie die anderen Vorlagen – auch diesmal den Datenschutz. Dieses Rechtsgebiet ist wohl das „Steckenpferd“ des Richters, zu dem er in den vergangenen 20 Jahren zahlreiche engagierte, durchaus kluge und auch rechtspolitisch ausgerichtete Beiträge veröffentlicht hat. Dabei kommentiert er auch seine eigenen Vorlagen, in denen er das gewünschte Ergebnis der Prüfung des Gerichtshofs vorwegnimmt (s. ZD-Aktuell 2021, 05470), oder im Anschluss an die Entscheidung des Gerichtshofs das Ergebnis, von dem er dann ggf. auch deutlich macht, wo er anders denkt (ZD 2021, 426).
 
III. Das mag man auch rechtspolitisch bewerten. Ich habe schon vor mehr als 15 Jahren geschrieben, ohne dass sich meine Meinung geändert hätte: Nicht alles muss nach Luxemburg (Thüsing, BB Editorial, Heft 35/2005). Die deutschen Gerichte bleiben vorlagefreudig und das ist gut so, weil es in den meisten Fällen der größeren Rechtssicherheit dient. Nicht alle diese Vorlagen verfolgen freilich dieses Ziel (s. auch Thüsing, BB-Editorial, Heft 25/2007). Zuweilen spielen die Instanzgerichte über Bande und versuchen, ihre Rechtsprechung, die das BAG nicht überzeugt, über den Umweg des EuGH zu erzwingen (s. hierfür exemplarisch die Vorlage im Verfahren Schultz-Hoff Rs. C-350/06 durch das LAG Düsseldorf v. 21.8.2006). So etwas hat einen faden Beigeschmack, insbesondere wenn die europarechtlichen Anknüpfungspunkte gering sind und die erhoffte Antwort nur richtig sein könnte, wenn nicht nur Deutschland, sondern sehr viele andere Länder auch irren würden. Allgemein gilt: respice finem! Wer vorlegt, muss sorgsam die Folgen berechnen, die seine Vorlage haben könnte.

18.11.2021/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2021-11-18 08:27:472021-11-18 08:27:47Vorlagepflicht der nationalen Gerichte – Generalanwalt Bobek schlägt neue Perspektiven für Art. 267 Abs. 3 AEUV vor
Carlo Pöschke

Alles auf Anfang: (Doch) kein Verbraucherwiderrufsrecht des Bürgen

Examensvorbereitung, Kreditsicherung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Mit Urteil vom 22.09.2020 (Az.: XI ZR 219/19, BeckRS 2020, 27470) hat der BGH entschieden, dass einem Bürgen kein Widerrufsrecht gemäß §§ 355 Abs. 1, 312g Abs. 1, 312 Abs. 1, 312b Abs. 1 BGB zusteht. Die Frage der Widerruflichkeit von Bürgschaftserklärungen ist seit jeher zwischen Rechtsprechung und Literatur hoch umstritten. Mit seinem aktuellen Urteil haben die Karlsruher Richter nun zum zweiten Mal eine Hundertachtzig-Grad-Wende hingelegt: 1991 hat der BGH die Widerruflichkeit einer Bürgschaftserklärung zunächst abgelehnt, da eine Bürgschaft kein auf eine entgeltliche Leistung gerichteter Vertrag i.S.d. § 1 Abs. 1 des damals geltenden Haustürwiderrufsgesetzes darstelle (BGH NJW 1991, 2905). Diese Rechtsprechung hat der BGH später mit Blick auf die Haustürgeschäfterichtlinie 85/577/EWG, die eine Beschränkung auf entgeltliche Verträge nicht vorsah, und Erwägungsgrund 1 der Präambel, wonach auch einseitige Verpflichtungserklärungen erfasst werden sollten, korrigiert. Im Anschluss an den EuGH (NJW 1998, 1295) forderte der BGH jedoch zunächst das Vorliegen einer sog. „doppelten Haustürsituation“ (NJW 1998, 2356). Die Literatur hat das doppelte Haustürgeschäftserfordernis zu Recht massiv kritisiert: Denn die Schutzbedürftigkeit des Bürgen hängt nicht von der Lage des Hauptschuldners bei dessen Vertragsschluss ab. In der Folge gab der BGH auch das doppelte Haustürgeschäftserfordernis auf (NJW 2006, 845). Mit seiner Entscheidung vom 22.09.2020 hat der BGH nun alles wieder auf Anfang gesetzt: Mangels Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 312 Abs. 1 BGB können Bürgschaftserklärungen nicht nach Verbraucherwiderrufsrecht widerrufen werden.
„How puzzling all these changes are!” schrieb bereits Lewis Caroll in dem 1865 erstmals erschienen weltberühmten Kinderbuch Alice’s Adventures in Wonderland. Dass diese zickzack verlaufende rechtliche Entwicklung für den ein anderen oder anderen „verwirrend“ sein mag, werden auch die Justizprüfungsämter erkennen. Insbesondere weil sowohl Bürgschafts- als auch Verbraucherwiderrufsrecht beliebte Examensthemen sind, ist es nur eine Frage der Zeit, wann diese Entscheidung auch im Examen geprüft wird.
 
A. Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt)
Die G-Bank (im Folgenden: G) hat der S-GmbH (im Folgenden: S) ein Darlehen über 100.000 € gewährt. B war geschäftsführender Alleingesellschafter der S und übernahm zugunsten der G eine selbstschuldnerische Bürgschaft, die sämtliche Aspekte aus dem Kreditvertrag sicherte. Die Bürgschaftserklärung unterzeichnete B in Anwesenheit eines Mitarbeiters der G am 22.12.2015 in den Geschäftsräumen der S. Über ein Widerrufsrecht wurde er nicht belehrt. Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Hauptschuldnerin gestellt worden war, kündigte die G wirksam mit Schreiben vom 26.04.2016 den Darlehensvertrag fristlos und stellte die 100.000 € zur Rückzahlung fällig. B wiederum widerrief seine auf den Abschluss des Bürgschaftsvertrags gerichtete Willenserklärung mit Schreiben vom 21.09.2016.
Die G fordert B zur Zahlung von 100.000 € auf. Zu Recht?
 
B. Gutachterliche Falllösung
Der G könnte gegen den B ein Anspruch auf Zahlung von 100.000 € aus einem wirksamen Bürgschaftsvertrag (§ 765 Abs. 1 BGB i.V.m. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB) zustehen.
 
I. Anspruch entstanden
Dann müsste ein solcher Anspruch zunächst entstanden sein. Dies setzt aufgrund der Akzessorietät der Bürgschaft (§ 767 Abs. 1 S. 1 BGB) neben dem Abschluss eines wirksamen Bürgschaftsvertrags auch den Bestand der Hauptverbindlichkeit voraus.
 
1. Wirksamer Bürgschaftsvertrag
G und B müssten einen Bürgschaftsvertrag geschlossen haben. Ein Vertrag besteht aus zwei übereinstimmenden, in Bezug aufeinander abgegebenen Willenserklärungen, namentlich Angebot und Annahme. Vorliegend ist in dem Unterzeichnen der Bürgschaftserklärung ein Angebot des B auf Abschluss des Vertrags zu sehen. Dabei wurde auch das Schriftformerfordernis des § 766 S. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB eingehalten, sodass die Willenserklärung des B nicht nach § 125 S. 1 BGB nichtig ist. Schließlich hat die G das Angebot des B jedenfalls konkludent angenommen. Somit wurde zwischen B und G ein wirksamer Bürgschaftsvertrag geschlossen.
 
2. Bestand der Hauptverbindlichkeit
Darüber hinaus müsste die G eine wirksame Hauptverbindlichkeit gegen die S haben. G und S haben einen Darlehensvertrag (§ 488 Abs. 1 BGB) über 100.000 € geschlossen, an dessen Wirksamkeit mangels entgegenstehender Angaben im Sachverhalt keine Zweifel bestehen. Diesen Darlehensvertrag hat die G durch fristlose Kündigung gem. § 490 Abs. 1 BGB fällig gestellt. Es besteht eine Hauptverbindlichkeit aus dem Darlehensvertrag.
 
3. Zwischenergebnis
Der Anspruch der G gegen den B auf Zahlung von 100.000 € ist entstanden.
 
II. Anspruch nicht erloschen
Der Anspruch könnte jedoch durch wirksamen Widerruf gem. §§ 355 Abs. 1 S. 1 BGB mit ex nunc-Wirkung erloschen sein. Dazu müsste dem B ein Widerrufsrecht zustehen, welches er fristgerecht ausgeübt hat.
 
1. Bestehen eines Widerrufsrechts
Zu prüfen ist somit zunächst, ob dem B ein Widerrufsrecht zusteht. Im vorliegenden Fall könnte sich ein gesetzliches Widerrufsrecht aus §§ 312g Abs. 1, 312b Abs. 1 BGB ergeben. Das Bestehen eines Widerrufsrechts setzt zunächst voraus, dass dessen Anwendungsbereich eröffnet ist.
 
a) Persönlicher Anwendungsbereich, § 312 Abs. 1 BGB
In persönlicher Hinsicht erfasst § 312 Abs. 1 BGB Verbraucherverträge i.S.d. § 310 Abs. 3 BGB.
Nach der Legaldefinition des § 310 Abs. 3 BGB sind unter Verbraucherverträgen Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher zu verstehen.
Die G handelte bei Abschluss des Bürgschaftsvertrags in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit und damit als Unternehmerin i.S.d. § 14 BGB.
Fraglich ist indes, ob auch B als Verbraucher zu qualifizieren ist. Nach der Legaldefinition des § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Dies ist vorliegend insoweit zweifelhaft, als dass B geschäftsführender Alleingesellschafter der S ist. Es ist daher davon auszugehen, dass B den Bürgschaftsvertrag nur eingegangen ist, um sicherzustellen, dass die G „seiner“ S-GmbH das Darlehen gewährt. Es könnte daher argumentiert werden, dass der Bürgschaftsvertrag der selbständigen Tätigkeit des B zuzurechnen ist. Dagegen spricht jedoch, dass die Verwaltung eigenen Vermögens, wozu auch das Halten eines GmbH-Anteils gehört, grds. keine gewerbliche Tätigkeit darstellt. Dies gilt selbst dann, wenn die Person geschäftsführender Alleingesellschafter der GmbH ist. Das Motiv der Bürgschaftsübernahme, durch Übernahme der persönlichen Haftung für die Rückzahlung des Darlehens den Fortbestand des Unternehmens und die eigene wirtschaftliche Existenzgrundlage zu sichern, ist dabei unerheblich (BGH NJW 2006, 431; OLG Hamburg WM 2020, 1066; MüKo-BGB/Micklitz, 8. Aufl. 2018, § 13 Rn. 57 m.w.N.). V handelte als Verbraucher, sodass der Bürgschaftsvertrag als Verbrauchervertrag zu qualifizieren ist und der persönliche Anwendungsbereich nach § 312 Abs. 1 BGB eröffnet ist.
 
b) Sachlicher Anwendungsbereich
In sachlicher Hinsicht verlangt § 312 Abs. 1 BGB – anders als noch § 312 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. –, dass der Verbrauchervertrag eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat. Erforderlich ist, dass der Unternehmer aufgrund eines Verbrauchervertrages die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen hat.
 
aa) Enges Verständnis des Wortlauts des § 312 Abs. 1 BGB
Bei einem Bürgschaftsvertrag handelt es sich um einen einseitig den Bürgen verpflichtenden Vertrag. Eine entgeltliche Leistung des Verbrauchers fällt ihrem eindeutigen Wortlaut nach jedoch nicht unter die Vorschrift des § 312 Abs. 1 BGB. Legt man dieses enge Verständnis des Wortlauts des § 312 Abs. 1 BGB an, bestünde mangels Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs gem. § 312 Abs. 1 BGB kein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB.
 
bb) Weites Verständnis des Wortlauts des § 312 Abs. 1 BGB
Das ganz überwiegende Schrifttum legt das Erfordernis, dass der Unternehmer die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen hat, hingegen sehr weit aus. Es wird argumentiert, ein Bürgschaftsvertrag verpflichte zwar nur den Bürgen. Dieser leiste die Sicherheit aber gerade im Hinblick auf die Kreditgewährung durch den Sicherungsnehmer, sodass eine ausreichende Verknüpfung zur Leistung des Unternehmers bestehe (Staudinger/Thüsing, Neubearb. 2019, § 312 Rn. 9; BeckOK BGB/Martens, 55. Ed. 2020, § 312 Rn. 12; vgl. auch MüKo-BGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, § 312 Rn. 35; Erman/Koch, 16. Aufl. 2020, § 312 Rn. 19).
Diese weite Auslegung hat der BGH allerdings nun abgelehnt: Die entgeltliche Leistung des Unternehmers müsse aus dem Verbrauchervertrag geschuldet werden, für welchen das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB in Anspruch genommen wird. Dazu führt der BGH weiter aus:

Dies ergibt sich aus § 312 Abs. 1 BGB, der einen Verbrauchervertrag nach § 310 Abs.  3 BGB als Rechtsgrund für die Leistung voraussetzt. Dass die Leistung des Unternehmers aufgrund eines separaten, nicht dem § 310 Abs. 3 BGB unterfallenden Vertrags an einen Dritten erbracht wird, reicht danach nicht […].

 
cc) Analogie
Das Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 i.V.m. §§ 312b Abs. 1, 312 Abs. 1, 312g Abs. 1 BGB könnte jedoch im Wege einer Analogie auf außerhalb von Geschäftsräumen gestellte Verbraucherbürgschaften ausgeweitet werden. Eine analoge Anwendung des § 312 Abs. 1 BGB kommt dann in Betracht, wenn eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage besteht.
Somit gilt es zunächst zu untersuchen, ob der § 312 Abs. 1 BGB eine planwidrige Regelungslücke aufweist. In diesem Zusammenhang stellt der BGH auf den aus den Gesetzgebungsmaterialien hervortretenden Willen des Gesetzgebers ab, wonach die Neuregelung der §§ 312 ff. BGB ausschließlich Verbraucherverträge erfassen sollte, die als Austauschvertrag mit einer Gegenleistungspflicht des Verbrauchers ausgestaltet sind. Verträge, in denen der Verbraucher die für den Vertragstypus charakteristische Leistung schuldet, sollten demgegenüber ausdrücklich nicht erfasst werden (BT-Drucks. 17/12637, S. 45; BT-Drucks. 17/13951, S. 72; BR-Drucks. 817/12, S. 73).
Ebenfalls könne man nicht davon ausgehen, dass der Gesetzgeber schlichtweg vergessen habe, die Widerruflichkeit auf den Bürgschaftsvertrags zu erstrecken. Denn:

Die Diskussion über die Widerruflichkeit von Bürgschaften war aufgrund der Entscheidung des EuGH […] [in der Rs. Dietzinger] […], die einen jahrelangen Meinungsstreit in Rechtsprechung und Literatur nach sich zog […], allgemein bekannt. Zudem ist der Gesetzgeber während des Gesetzgebungsverfahrens ausdrücklich auf die Gefahr einer Wiederholung dieser Diskussion für den Fall hingewiesen worden, dass das Gesetz eine entgeltliche Leistung des Unternehmers als Vertragsgegenstand des Verbrauchervertrages fordere […]. Der Gesetzgeber hat dies bei der Neufassung des § 312 Abs. 1 BGB nicht zum Anlass genommen, das Widerrufsrecht auf den einseitig den Verbraucher verpflichtenden Bürgschaftsvertrag zu erstrecken […].

Somit ist § 312 Abs. 1 BGB mangels planwidriger Regelungslücke nicht analog auf Verbraucherbürgschaftsverträge anzuwenden.
 
dd) Richtlinienkonforme Auslegung / Rechtsfortbildung
§ 312 ff. BGB setzen die RL 2011/83/EU um. Insoweit könnte daher eine richtlinienkonforme Auslegung des § 312 Abs. 1 BGB bzw. eine Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs im Wege der Rechtsfortbildung geboten sein. Dafür spricht der Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2011/83/EU, wonach die RL für „jegliche Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden“ gilt. Das Erfordernis, dass der Verbrauchervertrag eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, findet sich in der RL hingegen nicht. Allerdings erfordere – so der BGH – der der RL zugrundeliegende Schutzzweck eine einschränkende Auslegung des Wortlauts des Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2011/83/EU:

Mit dem Widerrufsrecht zum Außergeschäftsraumvertrag sollte der Nachteil ausgeglichen werden, dass die Initiative zu den Vertragsverhandlungen in der Regel vom Gewerbetreibenden ausgeht und der Verbraucher auf die Verhandlungen außerhalb der Geschäftsräume des Gewerbetreibenden nicht vorbereitet ist oder psychisch unter Druck steht. Dies birgt die Gefahr, dass der Verbraucher Waren kauft oder Dienstleistungen in Anspruch nimmt, die er ansonsten nicht kaufen oder in Anspruch nehmen würde, beziehungsweise Verträge über Waren und Dienstleistungen zu überhöhten Preisen schließt, weil er keine Möglichkeit hat, Qualität und Preis des Angebots mit anderen Angeboten zu vergleichen […]. Mit dem Widerrufsrecht zum Fernabsatzgeschäft wurde dem Verbraucher eine angemessene Bedenkzeit eingeräumt, damit er die gekaufte Ware prüfen und ausprobieren bzw. die Eigenschaften der Dienstleistung zur Kenntnis nehmen kann. Alle Überlegungen stellen danach auf eine Leistung des Unternehmers ab. Hieran knüpfen die Informationspflichten des Unternehmers nach Art. 6 und die Pflichten des Verbrauchers nach Art. 14 der Richtlinie an […].

Somit erfordert die RL 2011/83/EU nach Ansicht des BGH keine Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 312g Abs. 1 BGB auf Bürgschaftsverträge.
 
ee) Zwischenergebnis
Mithin handelt es bei dem Bürgschaftsvertrag nicht um einen Verbrauchervertrag, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat. Der persönliche Anwendungsbereich nach § 312 Abs. 1 BGB ist nicht eröffnet.
 
c) Zwischenergebnis
Mangels Eröffnung des Anwendungsbereichs des  nach § 312 Abs. 1 BGB steht B kein Widerrufsrecht gem. §§ 312g I, 312b I BGB zu.
 
2. Zwischenergebnis
Der Anspruch ist nicht durch wirksamen Widerruf erloschen.
 
III. Anspruch durchsetzbar
Der Durchsetzbarkeit des Anspruchs steht auch nicht die Einrede der Vorausklage gem. § 771 BGB entgegen. Einerseits hat sich der B selbstschuldnerisch verbürgt (§ 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB), andererseits wurde über das Vermögen der S bereits das Insolvenzverfahren eröffnet (§ 773 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
 
IV. Ergebnis
G steht gegen B ein Anspruch auf Zahlung von 100.000 € aus einem wirksamen Bürgschaftsvertrag (§ 765 Abs. 1 BGB i.V.m. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB) zu.
 
C. Stellungnahme
Die Entscheidung des BGH enthält viel Kluges: Die Karlsruher Richter argumentieren sauber am Wortlaut des § 312 Abs. 1 BGB entlang und schließen nicht – wie Teile der Literatur –  vorschnell von der Schutzbedürftigkeit eines Bürgen auf das Bestehen eines Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 i.V.m. §§ 312g Abs. 1, 312 Abs. 1, 312b Abs. 1 BGB. Des Weiteren wird mustergültig dargelegt, weshalb das Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 i.V.m. §§ 312g Abs. 1, 312 Abs. 1, 312b Abs. 1 BGB nicht im Wege einer Analogie auf außerhalb von Geschäftsräumen gestellte Verbraucherbürgschaften auszuweiten ist.
Der BGH ist davon überzeugt, dass sich die RL 2011/83/EU ihrem Telos nach nicht auf Verbraucherbürgschaftsverträge beziehen kann. Dabei ist sich der BGH seiner Sache ganz sicher: Schließlich hat es der XI. Senat nicht einmal für nötig empfunden, den Europäischen Gerichtshof im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV anzurufen. Aufgrund „des Wortlauts, der Regelungssystematik und des Regelungszwecks der Richtlinie“ bleibe nämlich kein Raum für Zweifel, sodass es sich um einen sog. acte clair, der eine Vorlagepflicht entfallen lässt, gehandelt habe.
Angesichts der zahlreichen Gegenstimmen in der Literatur und des eindeutigen Wortlauts des Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2011/83/EU erscheint die Annahme eines acte clair verwunderlich: Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2011/83/EU verlangt nämlich keine entgeltliche Leistung des Unternehmers, sondern lediglich einen Verbrauchervertrag. Auch der Schutzzweck der Richtlinie erfordert keine teleologische Reduktion seines Wortlauts. Denn Zweck der Richtlinie ist es, wie der BGH richtig dargelegt hat, Verbraucher vor Verhandlungen außerhalb von Geschäftsräumen zu schützen, auf die sie nicht vorbereitet sind und bei denen sie unter Umständen psychisch unter Druck stehen. Wenn Verbraucher davor geschützt werden sollen, Waren zu kaufen oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, dann muss erst recht der Bürge geschützt werden, der eine Verbindlichkeit eingeht, ohne eine Gegenleistung dafür zu erhalten. Auch das Argument, die Informationspflichten des Unternehmers nach Art. 6 RL 2011/83/EU sowie die Pflichten des Verbrauchers nach Art. 14 RL 2011/83/EU knüpfen an eine Leistung des Unternehmers an, vermag nicht zu überzeugen. Richtig ist zwar, dass sich sowohl die Informationspflichten des Unternehmers als auch die Pflichten des Verbrauchers vorwiegend auf Waren und Dienstleistungen beziehen. Allerdings umfasst die Richtlinie laut Art. 3 Abs. 1 S. 2 ausdrücklich auch die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme. Teile der Informationspflichten des Unternehmers und der Pflichten des Verbrauchers passen aber beispielsweise auch nicht auf die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme: So würde es weder Sinn machen, dem Verbraucher Informationen zu den wesentlichen Eigenschaften (Art. 6 Abs. 1 lit. a) RL 2011/83/EU) von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme zur Verfügung zu stellen, noch können Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme an den Anbieter zurückgesendet werden (Art. 6 Abs. 1 lit. i), Art. 14 Abs. 1 RL 2011/83/EU). Die in Art. 6 und Art. 14 RL 2011/83/EU aufgezählten Pflichten finden also nur Anwendung, soweit sie für den konkreten Vertrag einschlägig sind; sie schließen die Einbeziehung von einseitig den Verbraucher verpflichtenden Verträgen in den Anwendungsbereich des Verbraucherwiderrufsrecht jedoch nicht aus.
All dies zeigt: Es spricht viel dafür, dass die vom deutschen Gesetzgeber vorgenommene Einschränkung in § 312 Abs. 1 BGB gegen die RL 2011/83/EU verstößt (so auch Maume, NJW 2016, 1041). Dies hätte zur Folge, dass aufgrund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts die Beschränkung in § 312 Abs. 1 BGB auf Verbraucherverträge, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben, unangewendet bleiben müsste. Jedenfalls aber hätte der BGH den EuGH um Auslegung des Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2011/83/EU ersuchen müssen.
 
D. Summa
In einem Satz lässt sich diese bemerkenswerte Entscheidung des BGH wie folgt zusammenfassen: Bürgschaftsverträge fallen nicht in den Anwendungsbereich des Verbraucherwiderrufsrechts nach § 312 Abs. 1 BGB – weder unmittelbar, noch analog oder aufgrund richtlinienkonformer Auslegung. Nun muss man diese Entscheidung nicht für richtig halten, vertieft auseinandersetzen sollte sich der Examenskandidat mir ihr dennoch. Bei dieser Gelegenheit ist es ratsam, sich die Grundsätze des Bürgschaftsrechts noch einmal vor Augen zu führen. Denn es ist ein Leichtes, diese Entscheidung mit typischen Problemen aus dem Bürgschaftsrecht – von der Form des Bürgschaftsversprechens, über die Sittenwidrigkeit einer Bürgschaft bis hin zur formularmäßigen Vereinbarung von Globalbürgschaften (Stichwort: Anlassrechtsprechung) – zu einem Examensfall „anzufetten“.
Um die Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs des Verbraucherwiderrufsrechts ging es auch in BAG NZA 2019, 688. Das BAG hat die Widerrufbarkeit von arbeitsrechtlichen Aufhebungsverträgen nach §§ 312g I, 312b I BGB abgelehnt und gleichzeitig das Gebot fairen Verhandelns, das in der Literatur zuvor bereits vereinzelt Anklang gefunden hat, ausdrücklich anerkannt. Eine Besprechung dieser ebenfalls examensrelevanten Entscheidung findet ihr hier.

09.11.2020/1 Kommentar/von Carlo Pöschke
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Carlo Pöschke https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Carlo Pöschke2020-11-09 08:35:002020-11-09 08:35:00Alles auf Anfang: (Doch) kein Verbraucherwiderrufsrecht des Bürgen

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