Vorliegend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll der Strafrechtsklausur des ersten Staatsexamen in NRW im Juni 2014. Vielen Dank hierfür an Matthias. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
Eine Gruppe von 8 Leuten, die alle mehr oder weniger eng miteinander
verwandt sind, darunter A, B und C, kaufen und verkaufen regelmäßig
gestohlene, oder sonstwie illegal beschaffte, Fahrräder und
Kraftfahrzeuge.
Innerhalb der Gruppe gibt es keine Hierarchie, jeder ist auch in der
Lage selbstständig Entscheidungen zu treffen. Lediglich wichtige
Entscheidungen werden durch die Gruppe gemeinsam getroffen. Der Gewinn
wird gemäß einer Quote zwischen allen, außer A, aufgeteilt.
A ist der älteste, der sich mit seinem ergaunerten Vermögen
zurückgezogen hat, und nur noch dabei ist, um etwas zu tun zu haben.
Daher steht er den Sprösslingen seiner Verwandschaft lediglich beratend
zur Seite, um sie an seiner Erfahrung teilhaben zu lassen. Für die
anderen ist der Gewinn aus dem Nebengeschäft ein erheblicher Anteil an
ihrem Einkommen.
Im Januar 2014 ereignet sich folgendes:
1. Teil:
V hat sich von seinem Bekannten ein nagelneues Fahrrad geliehen. Das
Fahrrad hat keine Kennzeichnung oder einen Herstellercode, der es
ermöglichen würde, es zu identifizieren. Dieses bringt er zu C. Dieser
glaubt aufgrund eines Missverständnisses, V hätte das Fahrrad in der
Nacht zuvor gestohlen. C kauft dem V das Fahrrad zu einem Spottpreis ab
und verkauft es anschließend sofort an den Bikeshop des K, der ihm den
Marktwert dafür zahlt. Anschließend sagt V dem Eigentümer des Fahrrads,
es sei ihm gestohlen worden.
Frage: Wie hat sich C strafbar gemacht?
2. Teil:
A hört von einem Angebot, günstig ein gestohlenes Motorrad zu kaufen.
Da er nicht selbst in Kontakt mit dem Anbieter treten will ruft er den C
auf dem Handy an und hinterlässt ihm eine Nachricht auf der Mailbox mit
den benötigten Infos. C solle sich an den Anbieter wenden. A bemerkt
nicht, dass er sich verwählt und auf die Mailbox eines fremden
gesprochen hat. Dieser hört die Nachricht verwundert ab und löscht sie
anschließend. C erreicht die Nachricht nie. C hört anschließend aus
einer anderen Quelle von dem Angebot und greift sofort zu.
Frage: Wie haben sich A und C strafbar gemacht?
3. Teil:
Das gestohlene Motorrad gehört dem E. Dieser hat das Motorrad mittels
einer Detektei ausfindig gemacht. Er begibt sich sofort in die Werkstatt
in der es sich befindet und sieht dort sein Motorrad im Eingangsbereich
stehen. E, der den Zündschlüssel mitgebracht hat, erkennt zwar, dass er
damit sofort davon fahren könnte, aber vorher will er noch den C
verprügeln, den er am anderen Ende der Halle erblickt hat.
B, der gerade zwischen 2 Regalen steht, sieht und erkennt den E und
erfasst den Sachverhalt sofort richtig. Zwar könnte er sellbst sofort,
ohne die geringste Gefahr einzugehen, den E, der ihm körperlich absolut
unterlegen ist, überwältigen. Aber er möchte erst abwarten, bis der C so
viele Prügel wie möglich eingesteckt hat, weil er aufgrund einiger
Vorfälle sehr böse auf C ist. Er wartet daher, bis der C von E’s
Schlägen zu Boden geht und geht dann dazwischen. Dabei dreht er E den
Arm auf den Rücken, was sehr schmerzhaft, aber, wie B erkennt, das
sanfteste Mittel ist, den Angriff des E zu beenden. Er hält E in diesem
Griff, bis er bemerkt, dass E fliehen will. Daraufhin lässt er E los und
dieser rennt weg.
Frage: Wie haben sich B und E strafbar gemacht?
Straftaten aus dem 7. Abschnitt des Besonderen Teils sowie § 261 sind
nicht zu prüfen.
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