Wir freuen uns, nach einer längeren Unterbrechung nun erneut einen Beitrag zu unserer Interviewreihe „Meine 18 Punkte“ veröffentlichen zu können. Unser heutiger Interviewpartner ist Herr Sebastian Telle, der als Unternehmensjurist bei versatel arbeitet und in seinem Interview auch einen Einblick in diesen Bereich der juristischen Arbeit gibt.
1. Name:
Sebastian Telle
2. Alter:
30
3. Studiert von bis:
2006 bis 2011
4. Studienort:
Jena, Thessaloniki und Münster
5. Beruf:
Unternehmensjurist für Regulierung bei der Versatel GmbH in Düsseldorf
6. Herr Telle, bitte ergänzen Sie folgenden Satz: Jura ist für mich…
der Schlüssel für vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten
7. Was hat Sie dazu bewogen, Jura zu studieren?
Ich habe mich immer sehr für gesellschaftliche und politische Fragen interessiert und während meines Zivildienstes fiel dann die Entscheidung für Jura. Mich reizte damals die sachliche und logische Denkweise.
8. Würden Sie ihren Studienort wieder wählen?
Ja, alle drei. Jena war vor allem zum Beginn meines Studiums die richtige Wahl. Die Studienbedingungen waren für eine derart kleine Stadt recht gut und die Umgebung hat mir sehr gefallen. In Griechenland konnte ich viel entdecken und mir hat auch fachlich der internationale Austausch gefallen. Nach Münster bin ich dann gegangen, weil mich der Schwerpunkt Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht interessiert hat und ich von der Stadt sofort begeistert war. Außerdem hatte ich dort bereits einige Kontakte.
9. Was hat Ihnen am Studium am meisten gefallen und was vielleicht nicht?
Ich konnte mich im Schwerpunkt mit spannenden Themen beschäftigen und einige Professoren fand ich sehr beeindruckend. Nicht gefallen hat mir aber, wie wenig die Vorbereitung mit dem Examen schließlich zusammen passt.
10. Welche Vorurteile hatten Sie vor dem Studium über Jura und Juristen?
Ich habe an viel Gel in den Haaren und Hemden mit hochgestellten Kragen gedacht.
11. Was war Ihr größter Fehler während Ihres Studiums bzw. Ihrer Karriere und was können Sie einem Jurastudenten, der gerade mit dem 1. Semester begonnen hat, raten anders zu machen?
Man sollte sich früh genug klar machen, dass am Ende des Studiums eine sehr zähe Phase mit vielen möglichen Enttäuschungen kommen kann. Darauf sollte man sich nicht nur durch frühes Wiederholen vorbereiten, sondern auch an sich und seine Gesundheit denken.
12. Es gibt ja auch ein „Leben neben dem Jurastudium“: Was war Ihre wichtigste Erfahrung außerhalb des eigentlichen Studiums?
Am meisten hat mich wohl mein Auslandssemester in Griechenland geprägt. Der „europäische Gedanke“ hat mich völlig begeistert und ich habe viele interessante Menschen aus der ganzen Welt kennen gelernt, mit denen ich teilweise immer noch in Kontakt stehe.
13. Und nun natürlich die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit dem Rep?
Vor dem ersten Examen hat mir ein kommerzielles Repetitorium sehr geholfen, da mich damals das Uni-Angebot nicht überzeugt hat. Daneben hatte ich eine Lerngruppe. Im Referendariat habe ich beschlossen, alles selbst in die Hand zu nehmen und mich deshalb neben der eigenen Vorbereitung auf einen kommerziellen Klausurenkurs zu beschränken.
14. Was haben Sie als erstes nach den Staatsexamina getan?
Natürlich habe ich gefeiert und danach lange ausgeschlafen. Besonders schön war der Urlaub nach dem zweiten Examen, da ich meine Stelle sehr schnell gefunden hatte und mich deshalb vollständig dem guten Essen auf Rhodos hingeben konnte.
15. Sie sind jetzt Unternehmensjurist bei Versatel. War das schon immer ihr Traumberuf?
Ja, da ich in einem sehr spezialisierten und anspruchsvollen Umfeld arbeiten kann, das täglich neue Herausforderungen bietet. Ich wollte inhaltlich auf den Gebieten Medien, Wettbewerb und Regulierung arbeiten. Auf der anderen Seite wollte ich in meinem eigenen Verantwortungsbereich tätig werden. Deshalb hat mich die Arbeit eines Regulierers in einem Telekommunikationsunternehmen sehr gereizt. Dabei handelt es sich um ein sehr spezielles Aufgabenfeld, das nicht unbedingt typisch für einen Unternehmensjuristen ist. Ich steige tief in kartell- und IT-rechtliche Probleme ein und entwickele hierfür Lösungen. Zudem ist auch der Verfahrensrahmen eher ungewöhnlich. Ich begleite unter anderem Verwaltungsverfahren zur Marktregulierung vor der Bundesnetzagentur, die als Behörde im Beschlusskammerverfahren entscheidet. Bei Anfechtungsklagen gegen diese Beschlüsse ist nur noch die Revision möglich. Deshalb wiederum beschäftige ich mich auch viel mit verwaltungsrechtlich grundsätzlichen Themen.
16. Wo würden Sie sich heute sehen, wenn Sie nicht Jura studiert hätten?
Ich wäre vielleicht Bassist in einer Progressive-Rock-Band geworden oder Konzertgitarrist und würde mir die Zähne an meinem Bach-Repertoire ausbeißen.
17. Sie sind für einen Tag Justizminister. Was würden Sie an der Juristenausbildung ändern?
Ich hatte gehofft, mich mit dem Thema nicht so schnell wieder beschäftigen zu müssen. Vielleicht bin ich auch zeitlich noch zu nah dran. Aber ich würde es ermöglichen wollen, dass das Referendariat flexibler an den späteren Praxiswunsch angepasst werden kann.
18. Bitte ergänzen Sie zum Schluss diesen Satz: Jura macht sexy, weil…
sicher nicht so, wie ich das als Gitarrist hätte haben können.
Herr Telle, wir danken Ihnen für das Gespräch!
Das Interview führte Tom Stiebert.
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