Der BVerfG-Beschluss „Reiten im Walde“ aus dem Jahre 1989 (1 BvR 921/85) ist einer der Klassiker des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 2 Abs. 1 GG und befasst sich mit der Reichweite des durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährten Schutzes.
Leitsatz:
Eine landesgesetzliche Regelung, die das Reiten im Walde grundsätzlich nur auf solchen privaten Straßen und Wegen erlaubt, die als Reitwege gekennzeichnet sind, ist mit § 14 des Bundeswaldgesetzes vom 2. Mai 1975 (BGBl. I S. 1037) vereinbar und verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 GG.
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer R ist Eigentümer mehrerer Reitpferde, Freizeitreiter und Vorsitzender einer Reitervereinigung. In den beiden Ausgangsverfahren wandte er sich ursprünglich gegen zwei Bescheide aus dem Jahre 1977, mit denen den betroffenen Eigentümern die beantragte Sperrung bestimmter Wege in der Umgebung Aachens für den Reitverkehr genehmigt worden war. Seine vor den Verwaltungsgerichten erhobene Klage gegen die Bescheide blieb in allen Instanzen erfolglos. Mit seiner Verfassungsbeschwerde greift R – nach dem Wortlaut seines Antrags – sämtliche gerichtlichen Entscheidungen des Ausgangsverfahrens sowie mittelbar die §§ 50, 51 des Landschaftsgesetzes 1980 mit Änderung vom 19. März 1985 in dem im Rubrum bezeichneten Umfang an.
§ 50 Reiten in der freien Landschaft und im Walde
(1) Das Reiten in der freien Landschaft ist über den Gemeingebrauch an öffentlichen Verkehrsflächen hinaus auf privaten Straßen und Wegen gestattet.
(2) Das Reiten im Walde ist auf den nach den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung als Reitwege gekennzeichneten privaten Straßen und Wegen (Reitwege) gestattet. Die nach den Vorschriften dieses Gesetzes gekennzeichneten Wanderwege und Wanderpfade sowie Sport- und Lehrpfade dürfen nicht als Reitwege gekennzeichnet werden. Die Kreise und die kreisfreien Städte können im Einvernehmen mit der unteren Forstbehörde und nach Anhörung der betroffenen Gemeinden Ausnahmen von Satz 1 zulassen und insoweit bestimmen, daß in Gebieten mit regelmäßig nur geringem Reitaufkommen auf die Kennzeichnung von Reitwegen verzichtet wird. In diesen Gebieten ist das Reiten auf allen privaten Straßen und Wegen, ausgenommen Wege und Pfade im Sinne des Satzes 2, zulässig. Die Zulassung ist im amtlichen Verkündungsorgan des Kreises oder der kreisfreien Stadt bekanntzugeben.
(3) Die Vorschriften des Straßenrechts und des Straßenverkehrsrechts bleiben unberührt.
(4) bis (5) …
(6) Die Befugnis nach den Absätzen 1 und 2 darf nur zu Zwecken der Erholung ausgeübt werden. Die Ausübung erfolgt auf eigene Gefahr.
(7) Die Landschaftsbehörden sollen im Zusammenwirken mit den Forstbehörden, den Gemeinden, den Waldbesitzern und den Reiterverbänden für ein ausreichendes und geeignetes Reitwegenetz sorgen. Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte haben die Kennzeichnung von Reitwegen zu dulden.
§ 51 Kennzeichnung von Reitpferden, Reitabgabe
(1) Wer nach § 50 Abs. 1 oder 2 reitet, muß ein am Pferd zu befestigendes Kennzeichen führen.
(2) Kennzeichen nach Absatz 1 dürfen nur gegen Entrichtung einer Abgabe ausgegeben werden. Die Abgabe ist für die Anlage und Unterhaltung von Reitwegen sowie für Ersatzleistungen nach § 53 Abs. 3 zweckgebunden; sie fließt den höheren Landschaftsbehörden zu.“
Nach § 70 Abs. 1 Nrn. 7 und 8 LG 1980 in der Fassung des Gesetzes vom 6. November 1984 (GVBl. S. 663) sind die Reitbeschränkungen nach § 50 Abs. 1 und 2 sowie die Kennzeichnungspflicht nach § 51 Abs. 1 LG 1980 bußgeldbewehrt.
Der Beschwerdeführer rügt vor allem eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG. Er werde durch die Reitregelung in §§ 50, 51 LG 1980 erheblich behindert, weil er nur auf markierten Reitwegen reiten dürfe und außerdem Kennzeichen für seine Pferde beschaffen und eine Abgabe entrichten müsse. Dies verstoße gegen das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Der Bürger müsse sein Interesse und seine Freude am Reiten auch im Walde frei entfalten können. Der ordentliche und gesittete Reiter gefährde keine Rechte anderer und verstoße nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Den Belangen, welche die angegriffene Regelung schützen wolle, hätte durch weniger einschneidende, auf die örtlichen Gegebenheiten abstellende Reitbeschränkungen ausreichend Rechnung getragen werden können.
Reiter richteten keine wesentlichen Schäden im Walde an. Das Wild im Walde werde durch sie nicht gestört. Ebensowenig würden die übrigen Erholungsuchenden belästigt. Reiter gelangten meistens über die stärker besuchten Stadtrandgebiete hinaus in einsamere Bezirke. In abgelegenen Gebieten sei ein Reitverbot ohnehin sinnlos und unangemessen. In sogenannten Erholungsgebieten der Ballungszentren könne Interessenkollisionen durch Verbots- oder Reitwegeschilder nach Maßgabe der Straßenverkehrsordnung entgegengewirkt werden.
Zusätzlich rügt der Beschwerdeführer noch folgende Grundrechtsverletzungen:
Das Grundrecht auf Freizügigkeit (Art. 11 GG) sei verletzt, weil die Bewegungsmöglichkeit im ganzen Bundesgebiet zu Pferde zunichte gemacht werde. Distanz- und Wanderritte seien praktisch ausgeschlossen, denn die Benutzung von Landes- oder gar Bundesstraßen könne den Reitern aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht zugemutet werden.
Ferner sei er in seinem Grundrecht aus Art. 12 GG betroffen. Er könne sich auf die Verletzung dieses Grundrechts berufen, da er als Kreisverbandsvorsitzender der Vereinigung der Freizeitreiter in Deutschland maßgeblich an der Gestaltung und Organisation von Reitbetrieben und Reitervereinen beteiligt sei.
Schließlich sei Art. 14 Abs. 2 GG verletzt, denn die Sozialbindung des Eigentums enthalte das Recht des Reiters, ohne Einschränkung im Wald zu reiten.
Lösung
Die Verfassungsbeschwerde des R hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.
A. Zulässigkeit
Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde richtet sich nach Art 93 I Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90 ff BVerfGG.
1. Zuständigkeit des BVerfG
Die Zuständigkeit des BVerfG ergibt sich aus Art. 93 I Nr. 4 a GG i.V.m. §§ 13 Nr. 8 a, 90 ff. BVerfGG.
2. Antragsberechtigung, § 90 I BVerfGG
Gemäß § 90 I BVerfGG kann „jedermann“ Verfassungsbeschwerde erheben. R ist als natürliche Person beteiligtenfähig.
3. Prozessfähigkeit
Die Prozessfähigkeit ist mangels anderweitiger Angaben im Sachverhalt zu unterstellen.
4. Beschwerdegegenstand
Bei dem Landschaftsgesetz müsste es sich um einen tauglichen Beschwerdegegenstand iSv § 90 BVerfGG handeln. Beschwerdegegenstand kann jeder Akt der öffentlichen Gewalt sein. Darunter fällt jedes Handeln oder auch Unterlassen der Exekutive, Judikative oder Legislative. Im vorliegenden Fall möchte R gegen § 50 II 1 LandschaftsG vorgehen. Die Verabschiedung des Landschaftsgesetzes ist ein Akt der Legislative und folglich tauglicher Beschwerdegegenstand.
5. Beschwerdebefugnis
Des Weiteren müsste R beschwerdebefugt sein. Hierfür müsste die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung bestehen und R selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sein.
a) Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung
Eine Verletzung von Art. 11 GG liegt nicht vor. Art. 11 I GG schützt die Freizügigkeit innerhalb des Bundesgebietes, das ist die Möglichkeit, an jedem Ort innerhalb des Bundesgebietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen. Hier möchte sich R jedoch nicht im Wald „aufhalten“ i.S.v. einer – auch nur zeitweiligen – Niederlassung, er möchte die Waldwege reitend benutzen. Dies ist nicht vom Schutzbereich des Art. 11 I GG umfasst.
Eine Verletzung von Art. 12 GG kommt hier nicht in Betracht, da R lediglich Freizeitreiter ist. Auch eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG kommt vorliegend nicht in Betracht, da dieser nur das Erworbene schützt. R ist jedoch nicht in seinem erworbenen Eigentum verletzt.
Durch das Verbot des Reitens außerhalb der gekennzeichneten Reitwege könnte R aber in seinem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sein. Eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG kann nicht völlig ausgeschlossen werden und ist mithin möglich.
b) Eigene Betroffenheit
R müsste selbst betroffen sein. § 50 II 1 Landschaftsgesetz trifft den R als Reiter selbst, da er hierdurch selbst verpflichtet wird, beim Reiten im Wald die gekennzeichneten Reitwege zu benutzen.
c) Gegenwärtige Betroffenheit
R müsste ferner auch gegenwärtig vom Akt der öffentlichen Gewalt betroffen sein. Gegenwärtig betroffen ist, wer noch oder schon betroffen ist. § 50 II 1 Landschaftsgesetz ist schon und noch in Kraft und verbietet R, außerhalb von Reitwegen zu reiten. Er ist daher gegenwärtig betroffen.
d) Unmittelbare Betroffenheit
Da § 50 II 1 Landschaftsgesetz bereits in Kraft getreten ist und es für eine Verpflichtung der Benutzung der Reitwege keines zusätzlichen Umsetzungsaktes bedarf, ist R auch unmittelbar betroffen.
e) Zwischenergebnis
R ist mithin beschwerdebefugt.
6. Rechtswegerschöpfung und Subsidiarität
Die Verfassungsbeschwerde ist erst zulässig, wenn die Möglichkeiten, die behauptete Grundrechtsverletzung vor deutschen ordentlichen Gerichten zu überprüfen, ausgeschöpft sind, § 90 II 1 BVerfGG. Gegen formelle Gesetze wie das Landschaftsgesetz gibt es keinen ordentlichen Rechtsweg. R kann sich daher sofort direkt an das BVerfG wenden. Auch liegen keine Umstände vor, die eine Subsidiarität begründen könnten.
7. Frist, § 93 III BVerfGG, und Form, §§ 23, 92 BVerfGG
Von der Einhaltung der Frist und Form durch den R ist vorliegend mangels anderweitiger Angaben im Sachverhalt auszugehen.
8. Ergebnis
Die Verfassungsbeschwerde des R ist mithin zulässig.
B. Begründetheit
Die Verfassungsbeschwerde des R ist begründet, wenn § 50 II 1 Landschaftsgesetz in ein Grundrecht des R eingreift und dieser Eingriff nicht gerechtfertigt ist. Mangels spezielleren Grundrechts (s.o.) kommt vorliegend nur eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG in Betracht.
I. Schutzbereich
Zunächst müsste durch die Regelung des § 50 II 1 Landschaftsgesetz der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berührt sein.
1. Persönlichkeitstheorie
Nach der Persönlichkeitstheorie schützt Art. 2 Abs. 1 GG nicht jedes menschliche Verhalten, sondern nur den „Kernbereich des Persönlichen“. Diese Theorie wird jedoch heute weitgehend abgelehnt, mit dem Argument, dass es sich bei Art. 2 Abs. 1 GG ja gerade um ein Auffanggrundrecht handele.
2. Allgemeine Handlungsfreiheit nach der ständigen Rechtsprechung des BVerfG
Die herrschende Meinung vertritt seit der Elfes Entscheidung des BVerfG (BVerfGE 6, 32, 36) die Ansicht, dass Art. 2 Abs. 1 GG die allgemeine Handlungsfreiheit in umfassendem Sinne schützt. Das Grundgesetz könne „mit der ’freien Entfaltung der Persönlichkeit’ nicht nur die Entfaltung innerhalb jenes Kernbereichs der Persönlichkeit gemeint haben, der das Wesen des Menschen als geistig-sittliche Person ausmacht, denn es wäre nicht verständlich, wie die Entfaltung innerhalb dieses Kernbereichs gegen das Sittengesetz, die Rechte anderer oder sogar gegen die verfassungsmäßige Ordnung einer freiheitlichen Demokratie sollte verstoßen können. Gerade diese, dem Individuum als Mitglied der Gemeinschaft auferlegten Beschränkungen zeigen vielmehr, daß das Grundgesetz in Art. 2 Abs. 1 GG die Handlungsfreiheit im umfassenden Sinne meint.“
3. Ergebnis
Folglich schützt Art. 2 I GG nicht lediglich einen bestimmten, begrenzten Lebensbereich, sondern jedes menschliche Verhalten, mithin die Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinn. Demnach wird auch das Reiten im Wald und damit § 50 II 1 Landschaftsgesetz vom Schutzbereich des Art. 2 I GG im Sinne einer allgemeinen Handlungsfreiheit erfasst.
II. Eingriff
Ein Eingriff ist jede staatliche Maßnahme, die dem einzelnen die Ausübung seiner Grundrechte ganz oder teilweise unmöglich macht bzw. erschwert, egal ob die Wirkung mittelbar oder unmittelbar, final oder unbeabsichtigt, rechtlich oder tatsächlich, mit oder ohne Befehl und Zwang ist.
Durch die Verpflichtung des Reitens nur auf gekennzeichneten Reitwegen ist es R nicht mehr möglich, auf allen Straßen und Waldwegen zu reiten. Eine durch Art. 2 I GG geschützte Handlung ist dem R demnach unmöglich.
Mithin stellt § 50 II 1 Landschaftsgesetz einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1GG dar.
III. Rechtfertigung
Fraglich ist, ob die beanstandete Regelung verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. Verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist ein Gesetz, wenn es zur verfassungsmäßigen Ordnung gehört (Art. 2 Abs. 1 HS 2 GG), d.h. formell und materiell mit der Verfassung im Einklang steht.
Der Begriff der verfassungsmäßigen Ordnung umfasst die Gesamtheit der Normen, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehen. Die Rechte anderer sind alle subjektiven Rechte, die allerdings auch in der verfassungsmäßigen Ordnung enthalten sind. Der Begriff der Sittengesetze ist als alle guten Sitten, Treu und Glauben zu verstehen und ebenfalls von der verfassungsmäßigen Ordnung erfasst. Die Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung ist daher die (einzig) maßgebliche.
Folglich müsste das LandschaftsG zur verfassungsmäßigen Ordnung i.S.v. Art. 2 Abs. 1 GG gehören, d.h. formell und materiell verfassungsmäßig sein. Voraussetzung für die materielle Verfassungsmäßigkeit ist aber, dass der Eingriff auch von der Schranken-Schranke (Gesetzesvorbehalt) gedeckt ist; hierbei ist insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz relevant.
1. Formelle Verfassungsmäßigkeit des § 50 II 1 LandschaftsG
Aus formeller Sicht bestehen an § 50 II 1 LandschaftsG keine Bedenken.
2. Materielle Verfassungsmäßigkeit des § 50 II 1 LandschaftsG
Zudem müsste § 50 II 1 LandschaftsG auch materiell verfassungsmäßig sein. Voraussetzung für die materielle Verfassungsmäßigkeit ist, dass der Eingriff auch von der Schranken-Schranke (Gesetzesvorbehalt) gedeckt ist; Insbesondere müsste § 50 II 1 LandschaftsG verhältnismäßig sein.
a) Legitimer Zweck
Ziel der Norm ist es vor allem, die Gefahren und die sonstigen Beeinträchtigungen zu vermeiden, die sich aus der Begegnung mit Pferden und aus der mit dem Reiten verbundenen Auflockerung des Waldbodens ergeben und dadurch das Wohl und die Interessen der anderen im Wald Erholungssuchenden zu schützen. Dieser Zweck ist legitim.
b) Geeignetheit
Weiterhin müsste das Gesetz ein geeignetes Mittel sein, den Zweck zu erreichen. Geeignet ist ein Mittel, welchen den Zweck fördert. Indem § 50 II 1 LandschaftsG das Reiten nur auf Reitwegen zulässt, werden die gemeinsame Nutzung von Waldwegen durch Reiter und Wanderer und die sich hieraus für die Wanderer ergebenden Gefahren vermieden. § 50 II 1 LandschaftsG ist geeignet, den Zweck zu fördern.
c) Erforderlichkeit
§ 50 II 1 LandschaftsG müsste auch erforderlich sein. Erforderlich ist ein Gesetz, wenn es kein milderes Mittel gibt, welches den gleichen Erfolg mit der gleichen Sicherheit und einem vergleichbaren Aufwand herbeiführen würde. Ein milderes Mittel, mit welchem die beiden verfolgten Ziele – Schutz des Wanderers vor der Gefahr durch Pferde und Erhaltung des Wegezustands – mit der gleichen Wirkung erreicht werden können, ist nicht ersichtlich. Mithin ist die Regelung auch erforderlich.
d) Angemessenheit (Verhältnismäßigkeit i.e.S.)
Schließlich müsste § 50 II 1 LandschaftsG auch angemessen sein. Angemessen ist ein Gesetz, wenn das mit ihm verfolgte Ziel in seiner Wertigkeit nicht außer Verhältnis zur Intensität des Eingriffs steht (Zumutbarkeit der Maßnahme). Sowohl Reiter als auch Wanderer können sich gleichermaßen auf ihre Handlungsfreiheit aus Art. 2 I GG berufen. Der Gesetzgeber musste deshalb auf die Interessen beider Gruppen in gleichem Maße achten. Die Beschränkung des Reitens auf Reitwege kommt nur den Wanderern zugute und belastet die Reiter. Diese Belastung muss der Gesetzgeber gem. § 50 VII LandschaftsG ausgleichen, indem er für ein ausreichendes und geeignetes Reitwegenetz sorgt und dazu Waldwege zu Reitwegen umfunktioniert. Dies stellt wiederum eine Belastung der Wanderer dar.
Wägt man die Einschränkungen ab, die Reitern sowie den anderen Erholungssuchenden aufgebürdet werden, ist es insgesamt zumutbar, die Reiter auf Reitwege, die Wanderer auf Wanderwege zu verweisen.
e) Ergebnis
§ 50 II 1 LandschaftsG ist mithin verhältnismäßig.
3. Zwischenergebnis
Somit ist der Eingriff durch § 50 II 1 LandschaftsG in Art. 2 I GG gerechtfertigt.
IV. Zwischenergebnis
Die Beschränkung der Reiter auf die gekennzeichneten Reitwege ist daher keine Verletzung des R in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 I GG.
C. Ergebnis
Die Verfassungsbeschwerde des R ist mithin zulässig, aber unbegründet.
Zum Schluss noch ein kleiner Tip:
Eine aktuelle examensrelevante Entscheidung, die genau wie die „Reiten im Walde“ Entscheidung des BVerfG zu lösen ist, ist die Verfassungsbeschwerde gegen § 3a des Gesetzes über die Ladenöffnung in Baden-Württemberg.