Zum allgemeinem Persönlichkeitsrecht eines eBay-Verkäufers
Zu Landgericht Hannover, Urteil vom 13.05.2009 (Az.: 6 O 102/08, BeckRS 2009,15783).
Wird ein Anbieter im Bewertungsportal der Internetplattform eBay negativ mit dem Kommentar „Handy als «neu» angeboten – Handy-Zubehör gebraucht – das nenne ich Betrug!!!!“ bewertet, stellt dies eine zulässige Meinungsäußerung dar, die den Bewerteten nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt.
Rechtliche Bewertung
Der eBay-Verkäufer sah sich durch die negative Bewertung in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte auf Unterlassung mittels einem quasinegatorischen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 I analog i.V.m. 823 I BGB.
Das Problem lag hier, wie meist bei solchen Fällen bei der Abwägung im Rahmen der Rechtswidrigkeit. Beim allgemeinem Persönlichkeitsrecht (APR) handelt es sich um ein sog. „Rahmenrecht“; das bedeutet im Gutachten, dass die Rechtswidrigkeit nicht indiziert wird, sondern, dass diese positiv festzustellen ist. Ob die Äußerung hier rechtswidrig war, ergibt sich sodann durch eine umfassende Abwägung, wobei das APR hier mit der Meinungsfreiheit – oder sofern diese nicht einschlägig ist, mit der allgemeinen Handlungsfreiheit – des Käufers abzuwägen ist.
Schutzbereich der Meinungsfreiheit tangiert?
Der Verkäufer brachte hier vor, der Käufer behaupte mit dieser Bewertung unwahre Tatsachen. Eine Tatsachenbehauptung fällt, wie ihr sicher alle wisst, nicht unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, die lediglich wertende Stellungnahmen erfasst. Nichtsdestotrotz liegt nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG in beinahe jeder Tatsachenbehauptung auch ein wertendes Element, so dass der Schutzbereich in den meisten Fällen eröffnet sein wird. Sofern dann etwas Unwahres behauptet wird, kann dieser Aspekt im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung berücksichtigt werden.
Sofern es sich um eine Schmähkritk, also eine sachlich nicht nachvollziehbare Beleidigung handelt, muss die Meinungsfreiheit (unabhängig von der rechtlichen Einordnung der Problematik [im Schutzbereich oder bei der Rechtfertigung]) auf jeden Fall hinter dem APR zurückstehen.
Argumentation des LG Hannover
Das LG hat die Unterlassungsklage als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Unterlassung der in dem Wertungskommentar enthaltenen Äußerung. Diese stelle nach Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin eine zulässige Meinungsäußerung dar. Es sei zu berücksichtigen, dass der Kommentar im Zusammenhang mit der negativen, symbolisch kenntlich gemachten Bewertung der Klägerin stehe.
Die Verwendung eines rechtlichen Fachbegriffs deute ebenso darauf hin, dass eine Äußerung als Rechtsauffassung und damit als Meinungsäußerung einzustufen sei und nicht als Tatsachenbehauptung. Um eine Tatsachenmitteilung handele es sich aber dann, wenn die einen Rechtsbegriff enthaltene Äußerung beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorrufe, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich seien. Entscheidend sei insoweit auch der Kontext, in dem der Rechtsbegriff verwendet werde.
Redundanz der Schutzbereichsabgrenzung in diesem Fall
Nach dem Vortrag der Parteien war zudem die Tatsache, dass das Zubehör gebraucht war, als unstreitig anzusehen. Somit konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte eine falsche Tatsache behauptet habe.
Die Meinungsfreiheit hat im Rahmen der Abwägung einen höheren Stellenwert als die bloße allgemeine Handlungsfreiheit. Sofern aber eine wahre Tatsache behauptet wurde und sofern dies v.a. auch bewiesen werden kann, wird regelmäßig auch die allgemeine Handlungsfreiheit vorrang vor dem APR genießen.
Sofern die Behauptung in der Bewertung nicht zutreffend gewesen wäre, hätte die Abwägung aber wohl mit sehr großer Wahrscheinlichkeit zulasten des Käufers ausfallen müssen.
Examensrelevanz
Auffällig an dieser Entscheidung war, dass intensiv – wie sonst aus dem Ö-Recht bekannt – geprüft wurde, inwiefern der Schutzbereich der Meinungsfreiheit überhaupt erfasst ist. Dies zeigt, dass auch in der Zivilrechtsklausur eine solche (mitunter komplexe) Abgrenzung erwartet werden darf.
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