Zivilrecht ZII – September 2012 – 1. Staatsexamen NRW, Hessen
Vielen Dank an Friederike für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls zu der im September 2012 gelaufenen zweiten Klausur im Zivilrecht in NRW. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen, sowie Lösungsansätze sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
B betreibt ein kleines Hotel. Er beschließt, eine „Serviceoffensive“ zu starten und möchte dafür einen Kleinbus anschaffen, mit welchem er seine Gäste vom 5km entfernten Bahnhof abholen und sie nach Ende der Reise wieder zum Bahnhof fahren kann. Im Juli 2011 kauft B bei T (nach einer ausgiebigen Probefahrt) für 120.000€ einen Kleinbus. Da B nicht sofort bezahlen kann, einigen sich B und T auf eine Anzahlung in Höhe von 20.000€ und zehn monatliche Raten von je 10.000€. T behält sich das Eigentum am Bus vor. Wartungsarbeiten und eventuell anfallende Reparaturen soll B auf eigene Kosten durchführen. T weiß um die Geldnot des B und verlangt deshalb in Höhe von den noch ausstehenden 100.000€ eine Bürgschaft der vermögenden Ehefrau des B, der E.
B fragt telefonisch bei E an, ob sie für ihn bürgen würde. E sendet daraufhin dem T eine e-Mail, in welcher sie erklärt, für alle Verbindlichkeiten des B aus dem Kaufvertrag über den Bus bürgen zu wollen. T hat Zweifel über die Rechtsgültigkeit der e-Mail und bittet E daher, die Erklärung noch einmal schriftlich zu bestätigen. E verfasst eine entsprechende Erklärung am PC, druckt sie aus, unterschreibt sie und schickt sie per Fax an den T.
Außerdem verlangt der T noch die Bestellung einer Grundschuld in Höhe der noch ausstehenden 100.000€ (Restkaufpreisforderung). Der Bruder des B (V) ist Eigentümer eines Hausgrundstücks und erklärt sich bereit. Eine Grundschuld wird dem T daraufhin von V formgerecht eingeräumt und korrekt im Grundbuch eingetragen.
3 Monate nach Übergabe ist der Bus nach einem Unfall nicht mehr fahrbereit. B bringt ihn zur Reparatur in die Werkstatt des W. Bevor B den reparierten Bus abholen kann, wird er im November 2011 zahlungsunfähig. Er kann weder die Raten bei T, noch die Rechnung für den Bus bezahlen. Er hat auch sonst keine Vermögenswerte. B erklärt öffentlich und auch gegenüber T persönlich, seine Schulden bei T in Höhe von noch 70.000€ nicht zahlen zu können.
Aufgabe 1:
a) Hat T gegen E einen Anspruch auf Zahlung der 70.000€ aus der Bürgschaft? Hat E der Inanspruchnahme unter irgendeinem rechtlichen Gesichtspunkt etwas entgegenzuhalten?
b) Angenommen E muss zahlen: Kann sie Rückgriff bei V nehmen? Wenn ja in welcher Höhe?
Aufgabe 2:
T hat gegenüber B den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. T verlangt daraufhin vom W den Bus heraus, der sich immer noch in der Werkstatt des W befindet. W weigert sich jedoch unter „Hinweis auf seine gesetzlichen Rechte“. Er ist nur unter der Bedingung zur Herausgabe des Busses bereit, dass die Rechnung in Höhe von 5.000€ beglichen wird, von wem auch immer. T meint, sein Herausgabeanspruch habe mit den Reparaturkosten nichts zu tun.
Hat T einen Anspruch auf Herausgabe des Busses gegen W?
In Hessen gab es noch eine dritte Frage: Wie kann T die Zwangsversteigerung seines Busses auf dem Grundstück des B (§§ 55, 20 ZVG) verhindern, wenn S einen vollstreckbaren Titel gegen B hat? T und B hatten mittlerweile vereinbart, dass B den Bus gegen einen Mietzins von 500€ benutzen darf. Ein Kauf den Busses war nicht mehr vorgesehen.
In Hessen fiel aber der Teil mit dem Fax und dem vorherigen Telefonat weg.
Bürgschaft und Grundschuld wurden als korrekt entstanden angenommen laut Sachverhalt.