Zivilrecht ZII – Juli 2016 – 1. Staatsexamen Niedersachsen
Vielen Dank auch für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der zweiten gelaufenen Klausur im Zivilrecht des 1. Staatsexamens in Niedersachsen im Juli 2016. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Unsere Adresse lautet examensreport@juraexamen.info. Weitere nützliche Hinweise findet ihr auch hier.
Sachverhalt
K sucht ein Grundstück, da er ein Einfamilienhaus bauen will. Er beauftragt den Makler M, damit dieser ihm eine geeignete Immobilie vermittelt. Im Erfolgsfall soll M eine Provision in Höhe von 3% des Kaufpreises zuzüglich Mehrwertsteuer bekommen.
M wird schnell fündig und vermittelt dem K den Kontakt zu V, der ein passendes Grundstück verkaufen will.
Im März 2016 schließen K und V einen notariell beurkundeten Kaufvertrag über das Grundstück mit einem Kaufpreis von 70 000 € ab.
Im Grundbuch ist ein Vorkaufsrecht für N eingetragen, daher wird auf ausdrücklichen Wunsch des M folgende Klausel in den Kaufvertrag zwischen V und K aufgenommen:
§ 8 Vorbehalt des Rücktrittsrecht; Provision
(1) Der V behält sich den Rücktritt vom Kaufvertrag vor, für den Fall, dass N von seinem Vorkaufsrecht form- und fristgerecht Gebrauch macht. Der Rücktritt muss gegenüber dem Käufer K innerhalb der Frist von einer Woche nach Zugang der Erklärung des N schriftlich erklärt werden.
(2) Der Käufer K muss an M eine Provision in Höhe von 3% des Kaufpreises zuzüglich Mehrwertsteuer zahlen.
Noch am Tag der Beurkundung des Kaufvertrages überweist K die Provision in Höhe von 2499 € an M. V leitet den Kaufvertrag an N weiter, dieser geht dem N am 25.03.2016 zu. Mit einem Schreiben vom 29.03.2016, welches V am selben Tag zugeht, erklärt N das Vorkaufsrecht. V erklärt daraufhin gegenüber K in einem Schreiben, das dem K am 02.04.2016 zugeht, den Rücktritt vom Kaufvertrag. Er weist auf das Schreiben des N hin, das er als Kopie beifügt.
Frage 1:
Kann K die Erstattung der Provision verlangen
• von M?
• von N?
Abwandlung
V verheimlicht dem K die Erklärung des N und lässt das Grundstück am 05.05.2016 für K auf.
Die Grundbuch-Eintragung des K als Eigentümer erfolgt am 03.06.2016. Im Juli 2016 fragt N, wann die Abwicklung des Vorkaufs erfolgen könne. Dann erfährt er von dem Vorgehen des V.
Frage 2: Kann N noch Eigentümer des Grundstücks werden?
Frage 1, der Erstattungsanspruch des K gegen M. Nun, hier wird der K die gezahlte Provision nach 812 Abs I S.2 1. Alt BGB kondizieren können, mithin bestand zunächst der Rechtsgrund in der Eingehung eines Kaufvertages mit V in Bezug auf den Bedingungseintritt des 652 Abs. I S.1, welcher mit der Ausübung des Gestaltungsrechtes durch V entfiel. Insbesondere besteht auch eine Leistung, weil K seine Hauptleistungspflicht gegen M erfüllen- 362- wollte. Für 814 ist kein Raum. Schauen wir uns den Erstattungsanspruch des K gegen N an, läuft dieser in die Leere. In Betracht käme 812 Abs. I S.1 2. Alt BGB, welcher nebst Vorrang der Leistungsbeziehung auch daran scheitert, dass 464 Abs. II BGB nicht als erlangte Ersparnis passt. Denn der Vorkaufsberechtigte geht mit dem Dritten den Kaufvertrag ein, welcher zwischen Drittem und Käufer ausgehandelt wurde. M ist jedoch nicht der Dritte, so dass N nie hätte die Provision zahlen müssen. Für Frage 2 schauen wir uns 888 BGB an und wenden ihn wegen der Wertung aus 1098 II, 883 II BGB analog an.