Vielen Dank an Kieran für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der im Dezember 2013 in NRW gelaufenen zweiten Klausur im Zivilrecht. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen.
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Sachverhalt
Aufgabe 1)
V möchte sein Motorrad verkaufen. Er erstellt dazu ein Inserat bei einer Internetplattform. Diese Internetplattform ist so aufgebaut, dass nach Ablauf einer Bietefrist automatisch das bei Ablauf höchste Gebot akzeptiert wird. Ferner gibt es ein Bewertungssystem, bei dem jeder User nach einer Transaktion den anderen User bewertet. Diese Bewertungen sind öffentlich sichtbar. Zudem wird jeder Username nur einmal vergeben. Bei der Registrierung gibt man Namen und Anschrift an, pro Account darf nur eine Person registriert sein.
V schreibt in seiner Artikelbeschreibung, das Motorrad habe vor ihm nur ein anderer Besitzer gehabt. Dabei weiß er, dass in Wirklichkeit vier Leute vor ihm das Motorrad besessen haben. Zudem schreibt er „Barzahlung bei Abholung“ in die Beschreibung. F hat ebenfalls einen Account unter dem Namen „putzi_237“ auf der Seite. Ihr Freund K möchte gerne das Motorrad kaufen. Er bespricht das mit ihr, und sie stimmt letztlich zu, dass er ein Gebot iHv 1.500 Euro abgibt. Sie besprechen zudem, dass sie den Verkäufer nach der Auktion darüber informieren wollen.
Das Gebot von „putzi_237“ bleibt bis zum Ablauf der Frist das Höchstgebot. F ruft sofort bei V an und klärt ihn darüber auf, dass eigentlich K und nicht sie das Motorrad kaufen wolle. V sagt: „Mir ist das alles gleich. Hauptsache morgen kommt hier einer vorbei, bringt mir mein Geld und nimmt das Motorrad mit. Von mir aus kann K das übernehmen.“ K mietet sogleich einen Transporter, weil wegen der glatten Straßen eine Rückfahrt mit dem Motorrad nicht infrage kommt, für 100 Euro. Damit fährt er zu V, gibt ihm die 1.500 Euro und nimmt das Motorrad samt Fahrzeugbrief mit.
Nach zwei Monaten finden F und K heraus, dass das Motorrad schon von 4 anderen Leuten vor V besessen wurde. Erbost darüber ruft K bei V an und erklärt den Rücktritt vom Vertrag. Tags darauf mietet er erneut einen Transporter für 100 Euro und bringt V das Motorrad zurück. Den Fahrzeugbrief behält er zunächst. Er verlangt von V die Herausgabe des Kaufpreises Zug um Zug gegen Aushändigung des Fahrzeugbriefs. V fühlt sich dazu nicht verpflichtet, da kein Vertrag zwischen ihm und K bestehe. Zudem hätte, was zutrifft, V und jeder andere einen Transporter für 70 Euro je Fahrt besorgen können.
Hat K Ansprüche gegen V?
Bearbeitervermerk: Deliktsrecht ist nicht zu prüfen.
Aufgabe 2)
Da V sich weigert, erhebt K beim zuständigen Amtsgericht Klage. Das Gericht lädt beide ordnungsgemäß zu einer Güte- und mündlichen Verhandlung am 08.08.13. V erscheint, K jedoch nicht. V beantragt ein Versäumnisurteil gegen K, welches das Gericht erlässt. Dies wird K am 14.08.13 zugestellt. Am 20.08.13 geht beim Amtsgericht ein Einspruch des K gegen das Versäumnisurteil ein. Daraufhin lädt das Amtsgericht erneut beide Parteien zur mündlichen Verhandlung. Direkt nach Aufruf der Sache erklärt K, dass er die Klage zurücknehme. V meint, K „soll sich endlich mal entscheiden, was er will“, und verweigert die Zustimmung zur Klagerücknahme.
Ist die Klagerücknahme des K wirksam?
Erster teil würde ich einfach mal auf die abwandlung des ebay-falls tippen
Frage 2 einfach nach § 259 I lösen und sagen, dass die Rücknahme nur mit Zustimmung des Beklagten möglich ist? Sehe hier keine Problempunkte
meine § 269 I ZPO, nicht § 259
Hab es eher so gesehen, dass gem. §137 ZPO die mündliche Verhandlung noch nicht begonnen hat (da noch keine Anträge gestellt wurden). Insofern kommt es auf eine Einwilligung des V nicht an.
Irgendwie grübel ich noch über das eher „widersprüchliche Verhalten“ des K, sprich ob er nach Einspruch gegen das VU die Klage zurücknehmen kann. Was die Prozesskosten angeht, besteht da eigentlich kein Problem, K zahlt wegen Säumnis gem. §95 ZPO sowieso und nach Klagerücknahme auch nach §269 III 2 ZPO die restlichen Kosten.
Die Sache ist damit zwar nicht mehr anhängig, eine erneute Klage wegen der selben Sache dürfte jedoch wegen Rechtsmißbrauch unzulässig sein. Sinn der Einwilligung ist ja, dass der Beklagte Rechtssicherheit erlangt. Diesem Bedürfnis liese sich zwar auch durch ein Zustimmungserfordernis nachkommen, auf der anderen Seite sehe ich aber keine Grund, wieso man dem Kläger das Recht der Klagerücknahme abschneiden sollte. Die Gründe für sein Verhalten können ja durchaus berechtigt sein und der Beklagte erhält durch die Unzulässigkeit einer erneuten Klage in der selben Sache ja ein „Mehr“. Sollten sich nachträglich neue Dinge ergeben, wäre dies ja uU ein neuer Antrag und damit eine neue Klage auch gerechtfertigt
Landgericht Bonn, 5 S 205/11, NJW-RR 2012, 1008 und mit Anm. Schwab, Jus 2013, 453 ff.
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/bonn/lg_bonn/j2012/5_S_205_11urteil20120328.html