Zivilrecht ZI – August 2014 – 1. Staatsexamen Baden-Württemberg
Vorliegend erhaltet Ihr ein Gedächtnisprotokoll der ersten gelaufenen Klausur im Zivilrecht im August 2014 in Baden-Württemberg. Vielen Dank dafür an Sven. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen.
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Sachverhalt
K möchte einen alten Mercedes SL 280 kaufen, da er kürzlich zu etwas Geld gekommen ist. Im Internet findet er bei Ebay einen entsprechenden Wagen: Mercedes SL 280, 1967, 129 000 km, US-amerikanische Ausführung und unvollständiger Fahrzeugchronik in Topzustand. Der Wagen wurde von V aus Y Stadt, dem (allein) persönlich haftenden Gesellschafter der A-KG unter eigenem Namen dort angeboten. Das Angebot des V enthielt folgende (nach §§ 305 ff. BGB wirksame) Bedingungen.
Privatverkauf. Keine Gewährleistung. Abholung und Bezahlung innerhalb von 7 Tagen. Vorsicht Spaßbieter: wenn nur aus Spaß geboten wird, wird ein Betrag von 20% gefordert. Gerichtsstand ist X Stadt.
K bietet zuerst 29000€, wird dann allerdings von einem Dritten überboten, woraufhin er 31000€ bietet. Am 5. Mai bei Ablauf der Aktion ist Ks Gebot das höchste und er bekommt von Ebay eine Mail zugesandt, die den Kaufvertrag bestätigt. Am 6. Mai schon schreibt K dem V eine Mail indem er ihm erklärt, dass er nicht vor dem 20. Mai den PKW abholen könne. V antwortet dass das nicht gehe und verweist auf seine Angebotsbedingungen. Am 17. Mai erklärt V den Rücktritt vom Vertrag. Am 21. Mai mailt K den V an und verlangt nach sofortiger Erfüllung. Er könne Jederzeit vorbeikommen und Bezahlen. V reagiert auf dieses Scheiben jedoch nicht. Am 7. Juni kauft K von einem anderen einen Mercedes SL 280, 98000 km Laufleistung, deutsche Ausführung, 1964 und vollständiger Fahrzeugchronik für 36100€. Am 17. Juni steht V bei K vor der Haustür und bietet ihm den Mercedes an. K der inzwischen Rat bei einem Anwalt einholte ist sich seiner Sache sicher und verlangt Schadensersatz iHv 5100€. V weigert sich, worauf K den V vorm Landgericht Y verklagt. Zum Termin erscheint V (anders als K) ohne Rechtsanwalt. K beantragt den V zu verurteilen.
Wie wird das Landgericht entscheiden?
Abwandlung:
V und K führen den Vertrag durch. K hat sich aber an sein Ersatzauto gewöhnt. Vorher hatte er sich der in Mechanik versierte K das Auto genau angeguckt und dabei versehentlich übersehen, dass die Vorderradaufhängung defekt war. Er fragte seinen Freund F ob dieser das Auto kaufen möchte, wobei er, K, natürlich für keine Schäden haften will. F erklärt sich einverstanden, nachdem er sich das Auto, welches noch beim V stand angeguckt hatte. Dieser hatte ihm als Besitzer eines Autohauses über das Auto aufgeklärt und auch gesagt er hätte das Auto vollständig überprüft und keine Mängel feststellen können. Der stets zuverlässige Mechaniker M der A-KG hatte zuvor das Auto inspiziert und die defekte Vorderradaufhängung entdeckt, aber im Anschluss vergessen sie auszutauschen. K bittet V das Auto direkt an F zu liefern was dieser auch tut. F bezahlt den Preis direkt an V. Als F mit dem Auto das erste mal fahren möchte geht die Vorderradaufhängung kaputt und das Auto erleidet einen Totalschaden, F selbst bleibt unverletzt.
Da F nicht gegen seinen Freund K vorgehen will, fragt er nach Ansprüchen gegen V.
Worauf wollen die mit dem „Spaßbieter“ hinaus? Sollen die 20% eine Art Vertragsstrafe darstellen? Ein Spaßbieter dürfte doch § 116 unterfallen und damit an seine WE gebunden sein, wenn er Höchstbietender ist. Damit kommt ein wirksamer KV auch mit dem „Spaßbieter“ zustande. Sollen die 20% dann nur fällig werden, wenn er den Kaufpreis mangels Solvenz nicht entrichten kann?
Kann mir vielleicht jemand weiterhelfen?
Zumal die Klausel laut Sachverhalt „nach §§ 305 ff. BGB wirksam“ ist.. Ausführungen zur geltungserhaltenden Reduktion sind dann wohl auch nicht gewollt.. Die Relevanz des Spaßbieterteils erschließt sich mir auch nicht
Ich vermute der SV wurde an dieser Stelle ungenau wiedergegeben. Wahrscheinlich meinen die nur die formellen Vrs. der wirksamen Einbeziehung, mit dem Hintergrund, dass keine Ausführungen dazu erwartet werden, dass ein ebay Angebot dem AGB Recht unterfällt.
Gut, das würd schon mehr Sinn machen.. Demnach wäre der materielle Anknüpfungspunkt mE beim Rücktritt des V wegen „Nichtleistung“ der Abholung innerhalb der 7 Tages Frist.
Die 7 Tages Frist ist doch ne eigene Klausel. Die wird nicht alleine deswegen unwirksam, weil die Spaßbieterklausel unwirksam ist. Die Frage ist doch eher, ob die die Klausel mit dem Gerichtsstand X inhaltlich so mit der Spaßbieterklausel verknüpft ist, dass man sie nicht aufrechterhalten kann. Entweder man sagt, dass dieses Klausel eine eigenständige Bedeutung für die gesamte Vertragsabwicklung haben kann unabhängig von der „Vetragsstrafe“ (dann wirksam), oder man ist der Ansicht, dass sie sich auf die Vertragsstrafe bezieht (dann auch unwirksam) Immerhin wurde ja vor Gericht Y geklagt. Da müsste man das dann in der Zuständigkeit bringen
Ok danke.. Das mit dem Gerichtsstand hätte ich jetzt allein über § 38 ZPO gelöst..
Stimmt….hab den gerade gelesen. Dann dürfte bzgl dieser Klausel § 307 II Nr. 1 BGB einschlägig sein, da die Klausel ja auch ggü Verbrauchern verwendet wird. Also ist die so oder so unwirksam, unabhängig von der Spaßbieterklausel. Ich kapiers echt nicht, was die damit wollen
Hat K mit dem V oder der A-KG einen Kaufvertrag geschlossen? Liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor? War der Rücktritt wirksam?
Nein, die Formulierung „nach §§305ff BGB wirksam“ stand genau so im SV…
Die Spaßbieter klausel beweist das es dem verkäufer nicht so wichtig ist mit der Frist, alos das er ohne Frist zurück treten kann, braucht man damit der Vertrag bestehen bleibt.
Inhaltlich Unsinn, orthographisch erschreckend.
In LG Mainz, Urt. v. 06.07.2005 – 3 O 184/04 wurde die durch die Spaßbieterklausel in Aussicht gestellte Vetragsstrafe als Indiz für eine Unternehmerstellung des V gewertet, da solche „typischerweise nicht zwischen privaten Personen vereibart werden“. Insofern könnte ein Verbrauchsgüterkauf anzunehmen sein und der in der Abwandlung relevante Gewährleistungsauschluss zwischen V und K dürfte hinfällig sein.
Danke. Da muss man erstmal drauf kommen 🙂
Der Gewährleistungsausschluss in der Abwandlung ist zwischen K und F vereinbart worden.
Das Indiz über die Klausel wird im ersten Teil unter dem Prüfungspunkt § 281 BGB – Schuldverhältnis, Vertrag zwischen V und K oder Vertrag zwischen A-KG und K relevant. Je nachdem, wie man das Agenturgschäft behandelt, ist dann zu entscheiden.
Liegt hier wirklich ein Agenturgeschäft vor? Eigentlich versteht man doch unter einem Agenturgeschäft, dass der Autohändler lediglich als „Vermittler“ des Verbrauchers (der bspw. seinen alten PKW verkaufen will) auftritt, der der eigentliche Verkäufer sein soll. Hier tritt V aber in eigenem Namen auf. Beim Agenturgeschäft ist es idR doch so, dass der Unternehmer im Namen des Verbrauchers auftritt, und die Gewährleistungsrechte ausschließt, weil er lediglich als Vertreter/Vermittler des Verbrauchers fungieren will.
Wenn das finanzielle Risiko beim Verbraucher liegt, soll das Agenturgeschäft zulässig sein, hat der Unternehmer mit dem Verbraucher aber bereits einen festen Preis vereinbart, dann liegt eine unzulässige Umgehung der Verbraucherschutzvorschriften vor. So hab ich das jedenfalls in Erinnerung.