Zivilrecht ZI (ZIII) – August 2012 – 1. Staatsexamen Sachsen-Anhalt (NRW, Rheinland-Pfalz, Hamburg)
Vielen Dank an Sophie für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls zu der im August 2012 in Sachsen-Anhalt gelaufenen ersten Klausur im Zivilrecht. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen. Die Klausur lief in anderen Bundesländern als ZIII. Zu den inhaltlichen Abweichungen schaut einfach in die Kommentare.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
V schließt mit K einen Kaufvertrag über ein Grundstück über 250.000 € und lässt dieses auf unter Beachtung der notariellen Form. Dabei wird dem K gesagt, dass der Eintragungsantrag gestellt wird, sobald er den Kaufpreis auf ein Treuhandkonto überwiesen hat.
Dem Sohn der V scheint dieser Preis zu niedrig und er verweist auf die N. Diese bietet 310.000 € für das Grundstück. Die V nimmt an, lässt das Grundstück unter Beachtung der Form auf und trägt eine Vormerkung zugunsten der N Anfang April ein. Ende April zahlt K den Kaufpreis auf das Treuhandkonto und wird Ende Mai im Grundbuch als Eigentümer eingetragen.
N wird bei gewollter Eintragung als Eigentümerin auf die fehlende Bewilligung des K hingewiesen.
1. Was kann N tun, um als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen zu werden?
2. Welches Gericht ist dafür zuständig und welche Klage statthaft?
Abwandlung 1
Wie ist die Rechtslage, wenn V und N aus Kostengründen nur 200.000 € notariell beurkunden lassen?
Abwandlung 2
V und N haben den richtigen Kaufpreis beurkunden lassen. K erhält von V Anfang April die Schlüssel zu dem Haus. Obwohl er von der eingetragenen Vormerkung zugunsten N weiß, lässt er neue Wärmedämmplatten einbauen und den Putz erneuern. Auch trägt er neue abweisende Farbe auf. K weiß, dass diese Arbeiten nicht erforderlich waren. Die Kosten beliefen sich auf 25.000 € inkl. einer Wertsteigerung des Hauses von 20.000 €.
K will nun das Grundstück erst räumen, wenn N ihm die Kosten erstattet. N hätte diese Arbeiten auch selbst vornehmen lassen wollen.
Kann N von K Herausgabe des Grundstücks verlangen?
Lief heute sehr ähnlich als ZIII in NRW.
Hauptfall:- K u. V bevollmächtigten den Notar mit Eintragungsantrag- Frage 1: Ist K Eigentümer des Grundstücks geworden?- Frage 2: Kann N von K Zustimmung zur Berichtigung verlangen?- Frage 3: Welches Gericht ist örtlich zuständig, wenn N Zustimmung einklagen möchte?Abwandlung 1: gleich, aber:
– Frage: Ist für N ein vormerkungsfähiger Anspruch entstanden?
Abwandlung 2: gleich, allerdings wird gefragt, ob K die Kosten ersetzt verlangen kann und wenn ja, in welcher Höhe.
Wie in Sachsen-Anhalt auch in RLP.
In welchen Anspruch habt ihr die Verwendungsersatzansprüche reingeprüft?
Habt ihr N gegen k auf Herausgabe aus 985 und dann ein ZBR? Aber P: N war hier ja noch gar nicht Eigentümer?
Lief auch in Hamburg so wie in Sachsen-Anhalt.
@ Nicole, der „Bucheigentümer“ wird wie ein Besitzer iSd § 986 BGB behandelt.
In Rheinland-Pfalz war N als Eigentümerin eingetragen ( bei der letzten Aufgabe) und hat daraufhin das Grundstück herausverlangt. Bei uns war es also so, dass im Zeitpunkt der Verwendung noch kein EBV vorlag, bei Herausgabeverlangen jedoch schon.
Worauf beziehst Du Deine Aussage genau, Examensmaus? Entweder unser Sachverhalt war hier leicht abgewandelt (N war als Eigentümerin eingetragen) oder ich steh grad auf dem Schlauch.
Wie ich Nicole verstehe, meint sie, dass N zurzeit der von K vorgenommenen Verwendungen (im Juni) noch keine Eigentümerin war und so eigentlich die für §§ 994, 996 erforderliche Vindikationslage im Zeitpunkt der Verwendungsvornahme noch nicht vorlag, sondern erst mit Eintragung der N im Juli.
Allerdings war N im Juni bereits Vormerkungsberechtigte und da sagt man, dass die §§ 987 ff. auf das Verhältnis Vormerkungsberechtigter – unberechtigter Besitzer analog Anwendung finden, sodass trotz fehlender Vindikationslage im Zeitpunkt der Verwendungsvornahme ein Anspruch des K gegen N gem. §§ 994, 996 in Betracht kam…
Achso, die Sache mit der analogen Anwendung war mit gar nicht bewusst. Es gibt ja auch andere Fälle, in denen die Rspr. es für die Verwendungen ausreichen lässt, dass im Zeitpunkt des Herausgabeverlangens ein EBV vorliegt. Ich habs halt als Problem dargestellt und dann mit der Rspr.-Argumentation aufgelöst.
Oh, in HH lief sie doch anders.
Aufgabe 1: Die Auflassung zwischen V-K war nicht notariell beurkundet.
Aufgabe 2: Falsche Angaben um Steuern zu sparen.
Aufgabe 3: N wird als Eigentümerin eingetragen und verlangt dann das Grundstück heraus.
Diskussion der objektiven/subjektiven Nützlichkeit iRv § 996?
Aufgabe 1a: Ging bei mir glatt durch. Zwar war die Auflassung noch nicht bindend (keine notarielle B.), ist aber auch nicht widerrufen worden. Die Vormerkung zu Gunsten von N führt wenn überhaupt nur zu relativer Unwirksamkeit §§ 883 II, 135.
Aufgabe 1b: Anspruch aus § 888 I geht mehr oder weniger durch. Habe noch kurz angesprochen, ob zu Gunsten des K so etwas wie ein Anwartschaftsrecht entstand (wg. der Bevollmächtigung des Notars) und daher u.U. rel. Unwirksamkeit nicht eintritt, das aber verneint.
Aufgabe 1c: § 24 ZPO nicht so einfach, da N Rechte aus der Vormerkung herleitet, § 24 aber von „dinglicher Belastung“ redet. Str., ob Vormerkung dingliches Recht ist.
Aufgabe 2: KV zum hohen Preis ist Scheingeschäft, § 117 I = nichtig. Verdecktes Geschäft ist formnichtig, daher ist ein vormerkungsfähiger Anspruch nicht entstanden.
Ein „zukünftiger“ Anspruch wegen Heilbarkeit scheidet aus, da mit Heilung der Anspruch im Entstehungszeitpunkt erlischt.
Aufgabe 3: Ansprüche aus GoA m.E. (-) da K Eigentümer ist und daher kein fremdes Geschäft.
EBV (-), da keine VL. Habe aber die §§ 994 ff. analog angewandt. i.E. Anspruch (-), da Kenntnis des K von der Zustimmungspflicht nach § 888 I.
§§ 951, 812 (-), da kein Rechtsverlust bei K.§ 812 2. Fall allg. Verwendungskondiktion. Str. ob anwendbar neben EBV. Habe mich dafür entschieden und Anspruch i.H.v. 20.000 bejaht. Kurz noch eine aufgerdrängte Bereicherung angesproche, aber da N die Maßnahmen ebenso ergriffen hätte war das nicht von Belang.
Hab ich ähnlich allerdings Aufgabe 3: § 996 (+) da nach § 990 guter Glaube im Zeitpunkt des Erwerbs (+)
ja gut, aber da man das ebv ja nur analog anwendet, kommt es nicht auf ein Recht zum Besitz an (K ist Eigentümer), sondern auf die Pflicht zur Zustimmung nach § 888 I zur Eintragung der N. Diese Zustimmungspflicht ist dann Bezugspunkt des guten Glaubens. Und ungeachtet der Gutgläubigkeit des K z.Zt. des Erwerbs des Grundstücks hat er ja ab Ende April Kenntnis von der Vormerkung gehabt und folglich auch Kenntnis von seiner Pflicht, am Eigentumserwerb der N mitzuwirken, § 990 I 2.
Daher § 996 (-), zumindest nach meiner Lösung xD
Ich habe bei Aufgabe 1b (in Rheinland-Pfalz war das Aufgabe 1) auch diskutiert, ob eine Auflassungsvormerkung entstanden ist. Ich habe da mit dem Rechtsgedanken von § 878 BGB und vor allem mit den §§ 81,91 InsO argumentiert. Die Frage war ja m.E., ob die Verfügung i.S.d. § 883 II 1 BGB VOR oder NACH Eintragung der Vormerkung erfolgt ist. Im Ergebnis habe ich aber auch eine Verfügung nach Eintragung der Vormerkung angenommen. Andererseits: bei uns stand, dass beide zusammen – also V und K – den Notar aufschiebend bedingt bevollmächtigt haben, vgl. §§ 167, 158 I. Ich habe mir halt gedacht: okay, Vollmacht ist grundsätzlich frei widerruflich, daher noch kein Vergleich mit tatsächlich gestelltem Eintragungsantrag (dann ja Auflassungsanwartschaft (+)). Nur ist mir in den letzten Tagen gekommen, dass der Widerruf der Vollmacht als GestaltungsR nur von beiden (K und V) gemeinsam erklärt werden könnte. Naja, ziemlich interessant!
Bei Aufgabe 3 habe ich die Bösgläubigkeit kurz diskutiert, sie im Ergebnis aber mit dem Rechtsgedanken des § 142 II bejaht. Wer die Möglichkeit der Pflicht zur Herausgabe kennt, muss sich, wenn das Herausgabeverlangen erfolgt, so behandeln lassen, als habe das Herausgabeverlangen von Anfang an bestanden. Ob das so geht, weiss ich auch nicht.
Danke, also wenn N als Eigentümerin eingetragen war in der 3. Abwandlung, dann macht Anspruch aus 985 Sinn..hatte das aus der Aufgabenstellung jedoch nicht rausgelesen.
Ach ja, aber die 994 ff dann aber schon scheitern lassen wegen keine notwenige Verwendung und Wissen von der Vormekung?
Und dann ist mir noch rätselhaft wie zu 812er-Problematik mit aufgedrängter Bereicherung, weil die im Fall ja doch irgendwie eindeutig angelehnt war wenn auch nicht einschlägig?
..insgesamt m.E eine faire Klausur…
Ja sehr fair vor allem die zpo frage u der dritte teil mit arbeitsrecht…..so war es zumindest in mainz
Na dann ist ja gut….