Zivilrecht Z II – Mai 2012 – 1. Staatsexamen NRW
Vielen Dank für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der im Mai 2012 in NRW gelaufenen Klausur im Zivilrecht. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
Der in Reims geborene Koch „Bonvivants“ (B) betreibt in Köln sowohl einen Spezialitätenhandel wie
auch ein Gourmetrestaurant. Neuerdings hat er juristische Probleme und wendet sich an Rechtsanwalt
R.
Aufgabe 1:
Am 02. April 2012 hatte der Stammkunde Gourmet (G) als Geburtstagsgeschenk für seinen Freund F bei B zehn Flaschen Champagner bestellt, die G am 05. April bis 18.00 Uhr vereinbarungsgemäß bei B abholen sollte. Zwischenzeitlich hat sich G mit F zerstritten und sowohl Geburtstag als auch Geschenk vergessen; die Flaschen holt er nicht ab, obwohl sie B bereits, mit einem Schild „Zur Abholung durch G am 05.04.“ versehen, an der Kasse bereitgestellt hatte. Um 19.00 Uhr des 05. April ruft die Ehefrau des B an und bittet ihn, genügend Champagner für die anstehenden Ostertage mitzubringen. B entfernt das Schild an den für G bereitgestellten Flaschen und lädt sie in sein Auto.
Auf dem Heimweg werden die Flaschen bei einem Unfall, den der flüchtige gegnerische Unfallfahrer vollends zu verantworten hat, zerstört.
Kann B von G Kaufpreiszahlung verlangen?
Aufgabe 2:
Jan Baumann ruft bei B an und bittet um Reservierung eines Champagnermenüs für sich und seine Geschäftsgäste, worauf B antwortet: „Ist schon notiert, wir freuen uns auf Sie“. Beim abendlichen Eintreffen der Gäste stellt sich heraus, dass alle Tische bereits besetzt und auch eine andere adäquate Verköstigung nicht möglich ist. Die Gäste des Jan reisen nüchtern wieder ab. Die von Jan zuvor gemieteten Hotelzimmer werden nicht mehr genutzt. Tatsächlich hatte B nach Anruf des Jan die Reservierung nicht mehr notiert, obwohl noch Plätze frei waren, da bereits ein Johann Baumann reserviert hatte und er irrtümlich davon ausging, dieser bestätige bloß nochmals sein Kommen. Als Jan Schadensersatz wegen der Hotelkosten verlangt, erklärt B, er fechte den Vertrag an.
Kann Jan von B Schadensersatz wegen der Hotelkosten verlangen?
Aufgabe 3:
B möchte künftig standardmäßig in Formularen folgenden Passus verwenden:
[Sinngemäß:] „Gemeinsam Superkonditionen genießen! Wir liefern Spitzenware: Untersuchen Sie die Ware gleich nach Erhalt auf Mängel und helfen Sie uns, uns zu verbessern, indem Sie uns diese mitteilen.“
Bestehen Bedenken gegen diese Klausel. Welche Erwägungen wird R anstellen?
Vermerk: Erstellen Sie jeweils das Gutachten des R.
Sollte der Käufer nicht in Aufgabe 3 seine Gewährleistungsrechte verlieren, wenn er etwaige Mängel nicht rügt (entsprechend § 377 Abs. 1 HGB) ?
Nein – die Klausel war so formuliert. Sie setzte keinerlei Rechtsfolge an die „Untersuchungsobliegenheit“…
Gut. Dann hat sich das Stille-Post-Prinzip im Seminar mal wieder alle Ehre gemacht.
Da B Franzose ist, hätte man doch z.B. bei Aufgabe 1) den Einstieg ins deutsche Recht über eine IPR-Prüfung finden müssen, oder?
Rom-I ist hier anwendbar; es kommt auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verkäufers an (Art. 4) und darunter versteht man dann gem. einem Artikel etwas weiter hinten, den Ort der Hauptniederlassung -> Köln = deutsches Recht ist anwendbar.
Ich wette die Hälfte hat das schon mal nicht gemacht.
Das wäre eine dicke Sachverhaltsquetsche, er ist dort geboren, kann aber inzwischen auch deutscher Staatsangehörigkeit sein.
Bei Aufgabe 3 lautete der Passus eher: Sie prüfen die Ware sofort nach Erhalt und wenn sie nicht zufrieden sind, teilen sie uns ihr Problem sofort mit.
So wie ich die Klausel verstehe, sollte wohl eher eine allgemeine AGB-Prüfung erfolgen, wobei bei jeglichen Nr. der §308/309 bzw. 307 II,I und auch schon im Rahmen des § 305c bei der Auslegung als Ergebnis festgehalten werden sollte, dass die Klausel zwar Tatbestandsvoraussetzungen einer Rügeobliegenheit nachbildet, diese aber an keine Rechtsfolge anknüpft, die aus der Klausel selbst ersichtlicht ist. Somit lag eine Art Werbebotschaft vor, die im Regelfall auch bei verwenderfeindlichster Auslegung zulässig sein sollte.
hat jemand einen kurzen lösungsvorschlag zu aufgabe 2?