Zivilrecht Z II (Z I) – August 2013 – 1. Staatsexamen NRW, Rheinland-Pfalz (Sachsen)
Vielen Dank an Dina für die Zusendung eines Gedächtnisprotokolls der im August 2013 in NRW und RLP gelaufenen 2. Klausur im Zivilrecht. Ergänzungen oder Korrekturanmerkungen sind wie immer gern gesehen. Die Klausur lief in Sachsen als 2. Klausur.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können Eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie Ihr es getan habt. Vorab vielen Dank!
Sachverhalt
S ist seit 2002 bei der G-GmbH als Sozialarbeiter angestellt. Die G- GmbH betreibt ein Internat für Jungen und Mädchen im Alter von 12-21 Jahren. 2003 wird S wegen einer sexuellen Beziehung zu einem 14 jährigen Mädchen zu einer Geldstrafe verurteilt. Von der G-GmbH erhält er dafür eine Abmahnung. Es kommt zu erneuten Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft wegen eines Sexualdelikts, von dem die F, die Geschäftsführerin der GmbH, Kenntnis erlangt (05.06.2013). Sie ruft den S direkt in ihr Büro und befragt ihn zu den Vorwürfen. Dieser schweigt. Daraufhin erklärt die F dem S in einem ruhigen Ton, dass er einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen soll, ansonsten würde sie ihn fristlos kündigen. Sie gibt ihm 15 Min. Bedenkzeit. S ist so beeindruckt, dass er schließlich unterschreibt.
Ende Juli 2013 werden die Ermittlungen mangels an Beweisen eingestellt.
S erklärt daraufhin gegenüber der GmbH Anfechtung und Widerruf des Aufhebungsvertrags, hilfsweise die Wiedereinstellung.
Frage 1: Besteht der Arbeitsvertrag zwischen S und der GmbH
Frage 2: Kann S nach Einstellung der Ermittlungen Wiedereinstellung verlangen?
Die G-GmbH schreibt die Stelle erneut aus (O-Ton): „Sozialarbeiterin gesucht für Hausaufgaben- und Freizeitbetreuung gesucht. Fünf Mal im Monat Nachschicht im Mädchentrakt des Internats“. X (Mann) bewirbt sich, weil er persönlich und fachlich qualifiziert ist, erhält jedoch eine Absage mit der Begründung, es würden nur Frauen eingestellt. Y (Frau) wird eingestellt, obwohl X – was zutrifft – besser qualifiziert ist. X ist der Absicht, es läge Verstoßes gegen §§ 1,2,3,6 AGG vor. GmbH beruft auf § 8 AGG.
Frage 3: Anspruch des X auf Vollzeiteinstellung als Sozialarbeiter aus dem AGG?
Frage 4: Nehmen wir an, er hat keinen Einstellungsanspruch. Hat er Anspruch auf Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern aus dem AGG ?
Anm. In Rheinland-Pfalz war die als Zusatz unter der Klausur die Richtlinie 2006/54/EG abgedruckt.
Diese Klausur lief auch genauso in Sachsen am Dienstag.
In Rlp genauso.
nicht ganz, in rlp war noch die RL 2006/54/EG darunter abgedruckt
Boah, soll das ernsthaft eine Examensklausur sein? Die ist ja sowas von geschenkt!
Und trotzdem wird sie im Durchschnitt ausfallen wie alle anderen Examensklausuren auch. „Geschenkt“ ist alles relativ. Solche Kommentare sind wirklich unnötig.
Wieso? Im Vergleich zu den gewöhnlichen Klausuren ist sie doch wirklich ein Witz!?
Kann jmd bitte kurz umreißen, wie man es lösen kann?
1)Arbeitsvertrag urspr (+), mglw. durch Aufhebungsvertrag beendet, wirksamkeit Aufhebungsvertrag (+), Widerruf (-), Anfechtung Aufhebungsvertrag nach § 123 BGB (drohung) nur + wenn GmbH recht zur fristlosen Kündigung, Verdachtskündigung (+) damit Anfechtung (-) also Aufhebungsvertrag (+) kurz noch auf Frist eingegangen, und damit kein Arbeitsverhätnis mehr.
2) Wiedereinstellung gestützt auf 242 BGB da war dann ein bisschen zu argumentieren aber im ergebnis (-) weil Aufhebungsfrist abgelaufen
3) § 15 I AGG scheiterte bei mir an § 8 AGG (war aber glaub Argumentationsabhängig)
4) §15 II AGG ging bei mir durch
Was für eine Aufhebungsfrist ist denn abgelaufen?
im Aufhebungsvertrag stand Beendigung zum 30. Juni das meinte ich mit Aufhebungsfrist..
Als Ergänzung zumindest für Sachsen: Die Verurteilung 2002 (nicht 2003.. die Abmahnung war nur 2003) erfolgte wegen einer sexuellen Beziehung zu einer 14jährigen außerhalb des Internats in seiner Freizeit. Außerdem war S nach der Abmahnung im Januar 2003 in die Tagesschicht
versetzt worden und erst seit 2009 auch wieder im Wechsel mit anderen
Betreuern und Betreuerinnen für die nächtliche Betreuung zuständig. Der Aufhebungsvertrag vom 5.Juni sah eine Beendigung zum 30. Juni voraus. Am 15. Juli wurde die Stelle neu mit Y besetzt. Die Einstellung des Verfahrens Ende Juli erfolgte weil die einzige Zeugin (=vermeintliches Opfer) die 8-Jährige K Aussagen gemacht hat die zu objektiven Tatsachen im Widerspruch standen und die darauf in auftrag gegebenen 2 Sachverständigengutachten zu ihrer Glaubwürdigkeit ergaben, dass sie wahrscheinlich nicht glaubwürdig ist. X beruft sich außer auf die angegebenen §§ noch auf § 7 AGG. Die GmbH stellt dann im Zusammenhang mit der Berufung auf § 8 AGG noch klar, dass sie die gesamte Betreuung der Mädchen seit dem Vorfall mit S umstrukturiert und umorganisiert hat sodass dort nun nur noch Betreuerinnen zum Einsatz kommen.
achja und bei Frage 2 war zu unterstellen dass der Aufhbungsvertrag wirksam war und S nicht dagegen vorgehn konnte
Ist Frage 3 mehr als bloß ein Hinweis auf § 15 VI AGG?
Was ist denn mit 313 bei Frage 2, ist die Einstellung der Ermittlungen nicht ein Umstand der sich nach Vertragsschluss (Aufhebungsvertrag) geändert hat?
Hatte ich jetzt nicht geprüft ist aber sicher auch nicht völlig falsch. Der BGH hats aber soweit ich weiß über 242 gelöst..
Siehe Grundlagenfälle Arbeitsrecht Alpmann Schmidt Fall 12; 32 und 33