Zivilrecht I – Oktober 2020 – Hessen
Nachfolgend erhaltet ihr ein Gedächtnisprotokoll zu einer Examensklausur im Zivilrecht, die im Oktober 2020 in Hessen gestellt wurde. Ergänzungen und Korrekturanmerkungen sind wie immer gerne gesehen. Wir danken sehr herzlich für die Zusendung.
Unser Examensreport lebt von Eurer Mithilfe. Deshalb bitten wir Euch, uns Gedächtnisprotokolle Eurer Klausuren zuzuschicken, damit wir sie veröffentlichen können. Nur so können eure Nachfolger genauso von der Seite profitieren, wie ihr es getan habt.
Ausgangsfall
A betreibt seit kurzer Zeit Yoga und möchte sich diesbezüglich eine Yogamatte zulegen. Besonders hat es ihm das Modell „Flow“ angetan, das er schon des Öfteren in Teleshopping-Sendungen gesehen an.
Da er jedoch beruflich sehr eingespannt ist, bittet er seinen befreundeten Nachbarn N, die Yogamatte „Flow“ für ihn zu kaufen.
Schon am nächsten Tag begibt sich N in das Sportgeschäft des V. Dort teilt er dem angestellten Mitarbeiter M mit, dass er für A die Yogamatte „Flow“ kaufen soll, jedoch nicht wisse, wo er sie im Laden finde. M teilt ihm daraufhin wahrheitswidrig mit, dass die Yogamatte „Flow“ für den von A beabsichtigten Hausgebrauch nicht geeignet sei. Die Yogamatte des Modells „Namaste“ sei viel besser dafür geeignet. Die beiden Modelle sind funktional gleichwertig.
Dabei kommt es M lediglich darauf an, möglichst viel Umsatz zu machen. V hatte von den Machenschaften des M keine Kenntnis.
Überzeugt von den Ausführungen des M nimmt N die Yogamatte „Namaste“ im Kaufpreis von 150 € mit. Damit möchte N dem A vor einem Fehlkauf bewahren und geht davon aus, dass diese Matte den Ansprüchen des A schon genügen wird.
Als er den A jedoch aufklärt und die Yogamatte „Namaste“ übergeben will, ist dieser nicht begeistert. So einen Müll würde er niemals kaufen. Den Kaufvertrag möchte er nicht gegen sich gelten lassen.
V verlangt daraufhin Zahlung der 150 €. N entgegnet, dass er ja schon gar nicht Vertragspartner des V geworden wäre. Dabei könne es ja nicht sein, dass er so von M getäuscht wurde und trotzdem zahlen müsse. Er sei keinesfalls an einen möglichen Vertag gebunden.
Kann V von A und/oder N den Kaufpreis i.H.v. 150 € verlangen?
Fortsetzungsfall
Als A in Geldsorgen gerät, fällt ihm ein, dass er F vor einem Jahr 8.000 € geliehen hat, damit dieser sein Auto aufbessern kann. Dabei wurde vereinbart, dass F die 8.000 € spätestens bis Ende Mai 2019 zurückzahlen sollte.
Einen Anruf des A nimmt F nicht entgegen. Auf die darauffolgende E-Mail des A antwortet F:
„Das Geld kannst du vergessen. Die siehst keinen Cent. Du kommst ja nur angekrochen, weil du selbst wieder pleite bist.“
A will das nicht auf sich sitzen lassen und begibt sich im Juni 2019 in die Rechtsanwaltskanzlei R-GbR. Diese besteht aus den Gesellschaftern X und Y. In einem rechtwirksamen Gesellschaftsvertrag wurde vereinbart, dass jeder Gesellschaft bei der Annahme und Bearbeitung von Mandanten alleinvertretungsbefugt ist. Ansonsten sollen die gesetzlichen Regelungen gelten.
A schließt mit dem X, der die R-GbR dabei alleine vertritt, einen Anwaltsvertrag ab. Daraufhin wird F auf die Rückzahlung des Darlehens verklagt. Das erstinstanzliche Gericht geht dabei jedoch fälschlicherweise von einer Verwirkung des Anspruchs aus.
Wegen eines Versehens legt X einen Tag zu spät Berufung gegen das Urteil ein. Die Berufung wäre sonst zulässig gewesen. Das erstinstanzliche Urteil des Landgericht Frankfurt am Main wird damit rechtskräftig.
A ist außer sich und begibt sich in die Kanzlei. Dabei trifft er auf Y und äußert ihm gegenüber seinen Unmut. Es könne doch nicht sein, dass die Berufungsfrist versäumt wurde. Es sei doch gerade die Pflicht von Anwälten, solche Fristen einzuhalten. Dafür müsse jemand zahlen.
Y räumt ein, dass das Ganze unglücklich gelaufen sei. Allerdings wäre es nicht ihre Schuld, wenn das LG Frankfurt am Main fehlerhaft entscheide. Nur deshalb hätten sie ja überhaupt erst die Berufungsfrist versäumt.
A ist über diese Aussage so erbost, dass er absichtlich eine im Eigentum der R-GbR stehende Vase im Wert von 1.000 € zerstört und die Kanzlei verlässt.
A erhebt daraufhin Klage gegen Y auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 8.000 €.
Y rechnet diese Forderung ohne Kenntnis des X mit den 1.000 € der zerstörten Vase auf. Zudem entgegnet Y, dass er sowieso nur subsidiär hafte. Schließlich müsse A erst die R-GbR verklagen.
Ist die zulässige Schadensersatzklage des A gegen Y begründet?
Abwandlung des Fortsetzungsfalls
Neben X und Y war auch Z Gesellschafter der R-GbR. Dieser ist noch vor der Versäumnis der Berufungsfrist aus der R-GbR ausgeschieden.
A verlangt von Z Zahlung der 8.000 €. Zurecht? Etwaige Einwendungen der Gesellschaft sind nicht zu prüfen.
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