Wissenschaftlicher Dienst des BT: Tarifeinheitsgesetz verfassungswidrig
Der Vorschlag der Bundesregierung für ein Tarifeinheitsgesetz ist nach Ansicht des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages wegen Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 3 GG verfassungswidrig (s. Tagespresse). Dies entspricht der hier bereits vertretenen Ansicht (s. unseren grundlegenden Beitrag).
Kurz zusammengefasst: Die gesetzlich angeordnete Verdrängung eines abgeschlossenen Tarifvertrages durch die Kollektivvereinbarung einer anderen Gewerkschaft stellt einen Eingriff in Art. 9 Abs. 3 GG dar. Dieser müsste gerechtfertigt sein, d.h. insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Hier können verschiedene Argumente (Sicherung des Betriebsfriedens, Stärkung der Tarifautonomie, Vereinfachung der Abrechnung vs. Monopolisierung, Minderheitenschutz) ausgetauscht werden, eine generelle Verdrängungswirkung wird aber m.E. unzulässig sein.
Spannend bleibt, wie es jetzt weitergeht. Ob der Gesetzgeber das große Risiko einer Karlsruher Klatsche eingeht, ist doch mehr als fraglich. Wahrscheinlicher, da verfassungsrechtlich (eher) zulässig, wird die Normierung einer obligatorischen Schlichtungslösung oder Absprachepflichten zwischen den Gewerkschaften sein – oder ein vollständiges Abstandnehmen von dem Vorhaben. Nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung dringender erscheint darüberhinaus eine Regelung des Streiks in der Daseinsvorsorge (Bahn, ÖPNV, Flugverkehr).
Eine „Regelung des Streiks in der Daseinsvorsorge“ ist bereits vorhanden – über die Verbeamtung.
Das vorhandene Streikrecht lässt eigentlich keine Fragen offen; wer nicht streiken darf sind Beamte. Lokführer wurden in die Wirtschaft entsandt, also dürfen sie streiken, punktum.
Stark vereinfacht: Wenn für eine Berufsgruppe ein besonderer Grund besteht, stets verfügbar zu sein, darf sie als Beamter nicht streiken, erhält zum Ausgleich dafür eine bessere Versorgung.