Voraussetzungen eines wirksamen Nottestaments gem. § 2250 Abs. 2 BGB
Wir freuen uns sehr, heute einen Gastbeitrag von Julian Götz, derzeit Rechtsreferendar am Landgericht Köln, veröffentlichen zu können. Der Beitrag befasst sich mit den Voraussetzungen der wirksamen Errichtung eines Nottestaments gem. § 2250 Abs. 2 BGB.
I. Einleitung
Das OLG Hamm hat mit Beschluss vom 10. Februar 2017 zum Aktenzeichen 15 W 587/15 entschieden, dass ein Nottestament vor drei Zeugen unwirksam ist, wenn entweder eine nahe Todesgefahr beim Testierenden objektiv nicht vorlag oder nicht alle Zeugen subjektiv vom Vorliegen einer nahen Todesgefahr überzeugt waren.
II. Sachverhalt
Die 1936 geborene Erblasserin hatte in einem im Jahre 2013 errichteten Testament ihren Sohn zum Alleinerben eingesetzt. Sie litt vor ihrem Tode an Krebs im Endstadium und wurde in einem Krankenhaus stationär behandelt. Im Februar 2014 verstarb die Erblasserin. Vier Tage vor ihrem Versterben errichtete sie im Krankenhaus in Gegenwart von drei Zeugen ein Nottestament, in welchem sie neben der Erbeinsetzung ihres Sohnes eine Testamentsvollstreckung anordnete. Nach dem Tode der Erblasserin haben ihr zum Erben bestimmter Sohn und die testamentarisch vorgesehene Testamentsvollstreckerin im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins darüber gestritten, ob die Testamentsvollstreckung durch das Nottestament wirksam angeordnet wurde.
III. Voraussetzungen eines wirksamen Nottestaments gem. § 2250 Abs. 2 BGB
Dies ist der Fall, wenn das Nottestament wirksam errichtet worden wäre, denn das zeitlich später errichtete, wirksame Testament überlagert das frühere (§ 2258 Abs. 1 BGB). Zu den Voraussetzungen eines wirksamen Nottestaments nach § 2250 Abs. 2 BGB führt das OLG Hamm aus:
„Ein wirksames Drei-Zeugen-Testament hat gem. § 2250 Abs. 2 BGB zur Voraussetzung, dass der Testierende sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich weder die Errichtung eines Testaments vor einem Notar noch vor einem Bürgermeister nach § 2249 BGB möglich ist. […] Die derart nahe Gefahr des Todes bzw. der Testierunfähigkeit muss dabei entweder objektiv vorliegen oder subjektiv nach Überzeugung aller drei Testamentszeugen bestehen […].“
Maßgeblicher Zeitpunkt in dem eine nahe Todesgefahr objektiv vorliegen muss, ist der Zeitpunkt der Testierung selbst. Dass die Erblasserin in diesem Fall schon einige Tage vor Errichtung ihres Nottestaments den Zeugen Bescheid gegeben hat und den ganzen Vorgang angestoßen hat, ist irrelevant. Sie hätte in dieser Zeit zwar auch einen Notar oder den Bürgermeister verständigen können, jedoch ist „der Erblasser […] befugt, mit der Errichtung seiner letztwilligen Verfügung beliebig lange zuzuwarten. Er ist nicht gehalten, sich zu einer rechtzeitigen Testierung zu entschließen, um die Errichtung eines Testamentes vor einem Notar oder eines Nottestamentes vor einem Bürgermeister zu ermöglichen“, so das OLG Hamm.
Eine objektive Todesgefahr war in vorliegendem Fall am Tag der Errichtung des Nottestaments nicht festzustellen, sodass es auf die subjektive Seite, also auf die Vorstellung der Zeugen ankam. Hierzu wurde durch die Vorinstanz, das AG Essen als Nachlassgericht in einer Beweisaufnahme festgestellt, dass einer der drei Zeugen nicht davon überzeugt war, dass die Erblasserin in akuter Todesgefahr schwebe. Einer akuten Todesgefahr steht jedoch auch die Gefahr der jederzeit drohenden Testierunfähigkeit gleich. Allerdings habe der Zeuge auch hieran nicht gedacht. Tatsächlich verstarb die Erblasserin vier Tage später. Testierunfähigkeit setzte bei ihr 48 Stunden nach Errichtung des Nottestaments ein. Somit lag weder eine nahe Todesgefahr objektiv vor, noch waren alle drei Zeugen von einer solchen Gefahr überzeugt, sodass das Nottestament unwirksam war und es bei dem im Jahre 2013 errichteten Testament blieb.
IV. Fazit
Diese aktuelle Entscheidung des OLG Hamm sollte Grund genug sein, sich noch einmal allgemein mit den Themen Testierfähigkeit, Wirksamkeitsvoraussetzungen und Widerruf von Testamenten auseinanderzusetzen.
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