VGH Mannheim: Freiburger Alkoholverbot rechtswidrig
Hintergrund: Die Stadt Freiburg hat für ein bestimmtes Viertel der Innenstadt eine Verordnung erlassen, nach der es (auf zwei Jahre befristet) verboten ist, alkoholische Getränke auf den öffentlich zugänglichen Flächen außerhalb konzessionierter Freisitzflächen zu konsumieren oder mit sich zu führen, wenn aufgrund der konkreten Umstände die Absicht erkennbar ist, diese dort zu konsumieren. Zeitliche Geltung hatte das Alkoholverbot in den Nächten von Freitag bis Montag, jeweils von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr und für die Nacht vor einem gesetzlichen Feiertag. Ein Verstoß ist bußgeldbewehrt. Begründet wurde die Maßnahme mit der Bekämpfung der Gewaltdelikte, deren zahlenmäßiger Anstieg auf den Alkoholkonsum zurückzuführen sei. Der VHG hatte sich mit der Verordnung im Rahmen einer Normenkontrolle (eines Jurastudenten) auseinanderzusetzen.
VGH Mannheim: Nach Ansicht des Gerichts ist die Verordnung vom Polizeigesetz nicht gedeckt. Insbesondere stellt das Gericht auf den unbedingt erforderlichen Gefahrbegriff ab. Mit Gefahr wird ein Sachverhalt bezeichnet, in der bei ungehindertem Weiterlauf, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen wird. Dies erfordere jedenfalls eine „abgesicherte Prognose“. Tatsächlich weise aber die allgemeine Lebenserfahrung nicht auf solche Umstände hin. Dies könne auch nicht mit der enthemmenden Wirkung von Alkohol begründet werden, da diese nicht typischerweise zu Gewaltbereitschaft führe.
Der VGH macht überdies aber klar, dass der Stadt Freiburg durchaus die üblichen Mittel des Polizei-Ordnungsrecht zur Verfügung stünden, ua. der Platzverweise oder Aufenthaltsverbote für Störer im Einzelfall.
Examensrelevanz: Das Polizeirecht gehört als Teil des Besonderen Verwaltungsrechts zwar oft nicht zum Lieblingsstoff, eignet sich meiner Meinung nach aber gut für (Examens) Klausuren, da hier nah am Gesetz und sehr systematisch vorgegangen werden muss, gerade, wenn noch andere Spezialgesetze, wie zum zB. das Versammlungsgesetz relevant werden. Der vorliegende Fall beschäftigt sich unter anderem mit der ganz klassischen Gefahrenproblematik. Deren Facetten müssen bekannt sein, sie gehören zum absoluten Pflichtstoff im Öffentlichen Recht. Anders mag das mit dem Prüfungsschema zur Polizeiverordnung aussehen. Dieses sollte aber zumindest in Grundzügen (Vorschriften und Grobstruktur kennen) bekannt sein, denn in der Klausur oder mündlichen Prüfung bleibt kaum die Zeit oder Möglichkeit, sich durch Lesen und Nutzung des Inhaltsverzeichnisses ein „eigenes“ Schema zu erstellen. Auch sollte man sich (auch je nach Landesrecht) mit der verwaltungsrechtlichen Normenkontrolle befassen.
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