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Schlagwortarchiv für: Zueignungsabsicht

Dr. Melanie Jänsch

BGH: Konkretisierung des Gewahrsamswechsels bei kleinen, leicht transportablen Sachen

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht BT

Mit Urteil vom 6.3.2019 hat der BGH (Az.: 5 StR 593/18) eine Konkretisierung des Gewahrsamswechsels beim Diebstahl vorgenommen. Er widmete sich hierbei konkret der Frage, inwieweit bei kleinen, leicht transportablen Sachen die Begründung neuen Gewahrsams durch Verbringen der Sache in eine Gewahrsamsenklave möglich ist. Eine sichere Beherrschung dieser Klassiker-Problematik ist insbesondere für ein gutes Abschneiden in Strafrecht BT-Klausuren oder der Übung im Strafrecht unentbehrlich. Ein Blick in die Entscheidung lohnt aber nicht nur für die unteren Semester: Auch in Examensklausuren oder mündlichen Prüfungen eignet sich die Problematik hervorragend, um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen.   
 
A) Sachverhalt (leicht abgewandelt und vereinfacht)
Der Sachverhalt ist schnell erzählt: Der D nahm in einem Supermarkt vier Flaschen Jägermeister und zwei Flaschen Bacardi aus dem Regal, legte sie zunächst in einen Einkaufskorb und dann in eine von ihm mitgeführte Sporttasche, die er anschließend verschloss, um die Flaschen ohne Bezahlung für sich zu behalten. Bevor D den Supermarkt verlassen konnte, wurde er vom Ladendetektiv gestoppt.
Hat sich D wegen eines vollendeten Diebstahls strafbar gemacht?
 
B) Rechtserwägungen
Der D könnte sich, indem er die sechs Flaschen in seine Sporttasche gelegt hat, wegen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben.
 
I. Objektiver Tatbestand
1. Fremde bewegliche Sache
Bei den sechs Flaschen handelt es sich um fremde bewegliche Sachen i.S.v. § 90 BGB, mithin um taugliche Tatobjekte.
2. Wegnahme
Diese müsste der D aber auch weggenommen haben. Unter Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendiger Weise tätereigenen Gewahrsams zu verstehen. Gewahrsam bedeutet die von einem natürlichen Willen getragene tatsächliche Sachherrschaft, deren Umfang nach der Verkehrsauffassung bestimmt wird. Maßgeblich ist hierbei, dass objektiv keine Hindernisse bestehen, den Willen zur unmittelbaren Einwirkung auf die Sache zu verwirklichen. Hierzu muss nicht notwendigerweise eine räumliche Nähe zur Sache bestehen. Vielmehr genügt es, wenn die Sachherrschaft bei einer räumlichen Trennung im Bereich des sozial Üblichen für eine bestimmte Zeit ausgeübt werden kann. Subjektiv ist ein Herrschaftswille erforderlich, der sich aber auch auf eine Vielzahl von Sachen in einem bestimmten Bereich beziehen kann. Beispielsweise hat der abwesende Wohnungsinhaber einen generellen Gewahrsamswillen hinsichtlich aller Sachen in der Wohnung, auch wenn er nicht zugegen ist (Lackner/Kühl/Kühl, 29. Aufl. 2018, StGB § 242 Rn. 9, 11) und insoweit eine sogenannte Gewahrsamslockerung besteht. Nach diesen Maßstäben hatte der Ladeninhaber Gewahrsam über die Flaschen, die sich im Regal des Supermarktes befanden. Dass ggf. keine ständige Überwachungs- oder Zugriffsmöglichkeit bestand, ist hierbei irrelevant. Anzunehmen ist eine objektive Sachherrschaft und ein genereller Gewahrsamswille hinsichtlich aller Gegenstände, die sich im Supermarkt befinden.
Fraglich ist indes, ob der Gewahrsam von dem D gebrochen wurde und dieser neuen Gewahrsam begründet hat. Für die Frage dieses Wechsels der tatsächlichen Sachherrschaft ist entscheidend, dass der Täter sie derart erlangt, dass er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben kann und dieser über die Sache nicht mehr verfügen kann, ohne seinerseits die Verfügungsgewalt des Täters zu brechen. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach ständiger Rechtsprechung nach den Anschauungen des täglichen Lebens (s. BGH, Urt. v. 6.3.2019 – 5 StR 593/18, BeckRS 2019, 3712, Rn. 3 m.w.N.). Abzustellen ist damit auf die Gesamtumstände des konkreten Falls, wobei – wie der BGH betont – insbesondere die Größe, das Gewicht und die Transportmöglichkeit der betreffenden Sache zu berücksichtigen ist:

„Danach macht es einen entscheidenden Unterschied, ob es sich bei dem Diebesgut um umfangreiche, namentlich schwere Sachen handelt, deren Abtransport mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, oder ob es nur um kleine, leicht transportable Gegenstände geht. Bei unauffälligen, leicht beweglichen Sachen, wie etwa bei Geldscheinen sowie Geld- und Schmuckstücken, lässt die Verkehrsauffassung für die vollendete Wegnahme schon ein Ergreifen und Festhalten der Sache genügen. Steckt der Täter einen Gegenstand in Zueignungsabsicht in seine Kleidung, so schließt er allein durch diesen tatsächlichen Vorgang die Sachherrschaft des Bestohlenen aus und begründet eigenen ausschließlichen Gewahrsam.“

Dabei komme es auch nicht darauf an, dass sich die Person noch im Gewahrsamsbereich des Berechtigten – also etwa dem Supermarkt – befindet, wenn die Sache wie im vorliegenden Fall in einer mitgeführten Tasche verstaut wird. Der BGH zieht bei seiner Argumentation eine Parallele zu seiner ständigen Rechtsprechung, nach der ein Verstecken einer Sache unter der Kleidung bereits zur Erlangung der ausschließlichen Sachherrschaft des Täters genügt: 

„Die Verkehrsauffassung weist […] im Regelfall einer Person, die einen Gegenstand in der Tasche ihrer Kleidung trägt, die ausschließliche Sachherrschaft zu, und zwar auch dann, wenn er sich noch im Gewahrsamsbereich des Berechtigten befindet […] Für ohne Weiteres transportable, handliche und leicht bewegliche Sachen kann jedenfalls dann nichts anders gelten, wenn der Täter sie in einem Geschäft – wie hier – in Zueignungsabsicht in eine von ihm mitgeführte Hand-, Einkaufs-, Akten- oder ähnliche Tasche steckt; hierdurch bringt er sie in ebensolcher Weise in seinen ausschließlichen Herrschaftsbereich wie beim Einstecken in seine Kleidung […]. Ob er hierbei die Aussicht hat, den Gewahrsam längere Zeit aufrechtzuerhalten, ist für die Frage, ob die Wegnahme vollendet ist, ohne Belang, denn die Tatvollendung setzt keinen gesicherten Gewahrsam voraus.“

Das heißt: Der Täter kann eigenen Gewahrsam durch das Verbringen der Sache in eine sogenannte Gewahrsamsenklave begründen, wenn er durch Verstecken unter eigener Kleidung oder dem Einstecken in eine mitgebrachte Tasche dem ursprünglichen Gewahrsamsinhaber jegliche Zugriffsmöglichkeit entzieht. In Abgrenzung hierzu bleibt es bei einer bloßen Gewahrsamslockerung, wenn der Gegenstand in der generellen Herrschaftssphäre verbleiben oder eine Zugriffsmöglichkeit (z.B. infolge Sichtkontakt, Wissen um Verbleib) bestehen bleiben soll, ohne dass zugleich das Einbringen in eine generelle Herrschaftssphäre oder Gewahrsamsenklave des Täters eben diese Zugriffsmöglichkeit ausschließt (Kulhanek, NStZ 2016, 727; vgl. auch Kudlich, JA 2013, 552, 553 f.).
Abzugrenzen ist die Entscheidung insbesondere vom Urteil vom 8.12.2016 (Az.: 5 StR 512/16), in dem der BGH ausführte, das alleinige Hineinlegen von Waren in einem Selbstbedienungsmarkt in eine mitgeführte Sporttasche begründe noch keinen neuen (eigenen) Gewahrsam an den Gegenständen, wenn diese sichtbar in der offenen Tasche transportiert werden. Im hier vorliegenden Fall hat der Täter die Sporttasche aber wieder verschlossen, sodass die Flaschen aus dem Sichtfeld der Supermarktangestellten verschwunden sind. Hierdurch konnte gerade keine Kenntnis mehr über den Ort des Verbleibes bestehen, was die Zugriffsmöglichkeit durch den ursprünglichen Gewahrsamsinhaber erschwerte. Aus diesem Grund sei anzunehmen, dass bereits in diesem Zeitpunkt ein Gewahrsamswechsel stattgefunden habe. Ob sich anderes ergebe, wenn der Täter die Flaschen in zwei Tüten gepackt und zudem eine weitere mit Waren gefüllte Tüte mit sich geführt hätte, um den Anschein eines regulären Einkaufs zu erwecken, hat der BGH ausdrücklich offen gelassen, denn eine solche Konstellation sei hier nicht gegeben. Es komme stets auf die Umstände des Einzelfalls an.
Damit liege im betreffenden Fall bereits durch das Verstauen der Flaschen in der Sporttasche eine Wegnahme vor, sodass der objektive Tatbestand gegeben ist.
 
II. Subjektiver Tatbestand
1. Vorsatz
D handelte auch mit Wissen und Wollen, also vorsätzlich.
2. Zueignungsabsicht
Er handelte zudem in der Absicht, sich die Sachen rechtswidrig zuzueignen.
 
III. Rechtswidrigkeit, Schuld
Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
 
IV. D hat sich wegen eines vollendeten Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
 
C) Fazit
Eine Wegnahme kleiner, leicht transportabler Sachen kann also nicht nur dann gegeben sein, wenn sie unter der Kleidung des Täters versteckt, sondern auch, wenn sie in einer mitgebrachten Tasche verstaut werden. Dies bedeutet indes nicht, dass mit Verbringen einer Sache in eine mitgebrachte Tasche oder einen Rucksack stets ein Gewahrsamswechsel stattfindet. Im Gegenteil weist der BGH ausdrücklich darauf hin, dass die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind und in einer anderen Konstellation (- etwa, wenn mehrere Tüten getragen werden, um den Anschein eines regulären Einkaufs zu erwecken, oder auch wenn die Tasche geöffnet bleibt -) eine andere Beurteilung angezeigt sein kann. In der Klausur ist es daher wichtig, unter Ausschöpfung aller im Sachverhalt vorhandenen Informationen zu diskutieren, ob ein Gewahrsamswechsel stattgefunden hat – das Ergebnis ist hierbei zweitrangig.
 

08.05.2019/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2019-05-08 09:15:142019-05-08 09:15:14BGH: Konkretisierung des Gewahrsamswechsels bei kleinen, leicht transportablen Sachen
Nicolas Hohn-Hein

OLG Nürnberg: Gewaltsame Wegnahme einer Fan-Jacke

Klassiker des BGHSt und RGSt, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht, Strafrecht BT

In einer kürzlich ergangenen Entscheidung des OLG Nürnberg (Az. 1 St OLG Ss 258/12) hat sich das Gericht mit der Frage befasst, ob die gewaltsame Wegnahme einer Fan-Jacke einen Raub nach § 249 Abs. 1 StGB begründen kann. Die Entscheidung befasst sich mit einer grundlegenden Thematik des Raub-Tatbestands und hat daher hohe Examensrelevanz.
Sachverhalt ‚
A und M sind Fans eines bekannten deutschen Fußballvereins. Anlässlich eines Spiels gegen den „verhassten“ Bundesligaverein Greuther Fürth nutzen sie die Gunst der Stunde und treffen folgende Verabredung: A soll einen Fan des Vereins Greuther Fürth festhalten. M soll diesem sodann die Fan-Jacke vom Leib reißen. A und M wollen die Jacke als „Trophäe“ mit nach Hause nehmen und sich später überlegen, wie sie damit als „echte Fans“ Aufmerksamkeit erregen und ihrer eigenen Vereinsliebe Ausdruck verleihen können. Genaue Vorstellungen bezüglich der konkreten Weiterverwendung der Jacke haben sie zum Zeitpunkt der Tat aber nicht.
A und M setzen ihren gemeinsam gefassten Plan in die Tat um und nehmen Fan B nach dem Spiel gewaltsam die Jacke ab. Auf dem Rückweg  versteckt A die Jacke unter seinem Mantel. Am Auto angelangt verstauen A und M  die Jacke im Kofferraum und fahren damit nach Hause.
 
Äußere Umstände begründen Annahme einer Zueignungabsicht
Die äußeren Umstände der Tat gaben dem BGH, genauso wie schon der Vorinstanz, Anlass zu der Annahme, dass A und B mit Zueignungsabsicht gehandelt haben, als sie die Jacke im Kofferraum ihres Fahrzeugs verstauten. Nach Ansicht des Gerichts war dies ein sicherer Anhaltspunkt dafür, dass A und M zu keiner Zeit vorhatten, sich der Jacke zu entledigen.

Dementsprechend verhielten sich die Angeklagten auch, indem einer der beiden Angeklagten nach der Wegnahme der Jacke diese unter seiner eigenen Jacke versteckte, während beide Angeklagten zu dem ca. 30 bis 40 Meter entfernten PKW liefen, um anschließend wegzufahren. Als sie das Fahrzeug erreicht hatten, verbargen sie die dem Geschädigten weggenommene Jacke hinter dem linken Sitz der Rückbank im Kofferraum des PKW. Hätten die Angeklagten von vorneherein beabsichtigt, die Jacke wegzuwerfen, so hätten sie sich bereits auf dem Weg zu ihrem PKW der Jacke des Geschädigten entledigen können.

 
Zueignungsabsicht an Weiterverwendung der Beute gemessen
Sehr instruktiv setzt sich das Gericht mit der Zueignungsabsicht der beiden Angeklagten auseinander und definiert zunächst die Zueignung. Hiernach besteht die Zueignung aus einer Aneignungs– und einer Enteignungskomponente. Die Aneignungskomponente ist dabei das entschiedene Kriterium, um die Zueignung von der straflosen Sachentziehung und der strafbaren Sachbeschädigung gemäß §§ 303 ff. StGB abzugrenzen. Entscheidend für den vorliegenden Fall ist, dass sich der Täter

[f]ür die Zueignung wie ein Eigentümer verhalten [muss]. Prinzipiell darf aber nur der Eigentümer seine Sache beiseiteschaffen oder zerstören. Deshalb muss hier der Täter mit dolus directus ersten Grades die Sache seinem Vermögen jedenfalls vorübergehend hinzufügen wollen (zum Ganzen Jahn JuS 2011, 846, 847 m.w.N.). Daran fehlt es in Fällen, in denen er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie zu zerstören, zu vernichten, preiszugeben, wegzuwerfen, beiseitezuschaffen oder zu beschädigen. Der etwa auf Hass- und Rachegefühlen beruhende Schädigungswille ist zur Begründung der Zueignungsabsicht ebenso wenig geeignet wie der bloße Wille, den Eigentümer durch Sachentzug zu ärgern. In solchen Fällen genügt es nicht, dass der Täter für eine kurze Zeit den Besitz an der Sache erlangt (BGH StV 2011, 412 Tz. 21)

Hier ging es A und M nicht darum, die Jacke nach deren Erbeutung zu vernichten. Vielmehr wollten sie die Jacke als Trophäe behalten und später gegebenenfalls damit anderweitig weiterverfahren. Folglich haben sich A und M wegen gemeinschaftlichen Raubs gemäß § 249 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
 
Abgrenzung zum „Hells Angels“-Fall des BGH
In derselben Entscheidung – und das macht sie besonders interessant für eine Klausur oder eine mündliche Prüfung –  verweist der BGH auf einen kürzlich entschiedenen Fall des 4. Strafsenats (BGH 4 StR 502/10 – Urteil vom 27. Januar 2011), in dem Mitglieder einer Rocker-Gang einem verfeindeten Rocker die „Kutte“ entreißen, um durch deren Zerstörung ein Zeichen zu setzen und „Präsenz zu zeigen“.

In dem vom 4. Strafsenat des BGH entschiedenen Fall aus dem Rockermilieu (Auseinandersetzung zwischen „Hells Angels“ und „Outlaws“) diente die Wegnahme der Rockerkutte nach den Feststellungen des Tatgerichts vornehmlich dem Ziel, „Präsenz zu zeigen“. Eine über die Enteignung hinausgehende Zueignungsabsicht – etwa, um die erbeutete Kutte als Tauschobjekt, Arbeitsnachweis oder zum Angeben zu nutzen –vermochte die Strafkammer jedoch dort nicht festzustellen. Vielmehr vermochte sie nicht auszuschließen, dass der Tatplan von vornherein vorsah, die Kutte zu vernichten.

Anders in der vorliegenden Entscheidung. Der BGH dazu dezidiert:

So liegt es hier nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen der Jugendkammer nicht. Danach ging es dem Angeklagten im Rahmen des gemeinsam entwickelten Tatplans gerade darum, die Fanjacke eines Anhängers der Spielvereinigung Greuther Fürth zu erbeuten, um später frei darüber entscheiden zu können, in welcher Form mit der Jacke weiter verfahren werden solle. In Ausführung dieses Plans wurde die Jacke des Geschädigten B tatsächlich als „handliches Paket“ auf dem linken Sitz der Rückbank im Kofferraum des Fahrzeugs des Angeklagten und seines Mittäters verstaut.

 
Fazit
Das Thema wird mit einiger Sicherheit Prüfungsgegenstand im Examen bleiben. Mit der vorliegenden Entscheidung hat der BGH seine Rechtsprechung anhand eines ganz ähnlich gelagerten Sachverhalts bestätigt. Dass es sich bei den Problemen rund um das Thema Zueignung um ein absolutes Kerngebiet des Strafrechts handelt, sollte jedem klar sein.
In einer Klausur würde es sich beispielsweise anbieten, zunächst vom Grundfall der Zueignungsabsicht (Stichwort: „Sich wie ein Eigentümer gerieren“) auszugehen und sodann in einer Abwandlung den gleichen Fall unter umgekehrten Vorzeichen zu stellen.

24.11.2012/1 Kommentar/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2012-11-24 12:00:312012-11-24 12:00:31OLG Nürnberg: Gewaltsame Wegnahme einer Fan-Jacke
Christian Muders

BGH: Vollendeter Raub bei heimlicher Abkehr eines Mittäters vom Tatplan

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht, Strafrecht AT, Strafrecht BT

Anm. zu BGH, Beschl. v. 08.05.2012 – 5 StR 88/12 (= NStZ 2012, 508)
1. Um was geht’s?
A und J führten einen von beiden geplanten Raub dergestalt aus, dass A das Opfer O körperlich in Schach hielt, während sein Kumpan J sich in die Wohnung des O begab und nach Geld suchte. Nachdem er fündig geworden und wieder aus der Wohnung gekommen war, spiegelte er dem A allerdings vor, nichts gefunden zu haben, da er die Beute für sich behalten wollte.
Nachdem die erste Instanz (auch) den A wegen vollendetem Raub verurteilt hat, macht dieser mit der Revision geltend, dass für ihn allenfalls eine versuchte Tatbegehung in Betracht komme, da nach seinem Vorstellungsbild eine Vollendung der gemeinsam begangenen Raubtat beim Verlassen des Tatorts nicht vorgelegen habe.
2. Was sagt der BGH?
Der BGH hat das Urteil der Vorinstanz bestätigt und die Verurteilung wegen vollendeten Raubes beibehalten. Er hat zur Erklärung folgendes ausgeführt:

Zwar war die Erwartung eines „fünfstelligen Betrags“ aus der Tatbeute nach den Feststellungen wesentlich dafür, dass sich der Angeklagte zur Mitwirkung an der Tat bereiterklärte. Seine Beuteerwartung war damit bestimmend für die Erbringung seines Tatbeitrages und sein eigenes Interesse an der Tat. Dies ändert aber nichts daran, sondern belegt indes, dass das gesamte objektive Tatgeschehen im gemeinsamen Tatplan lag und mithin vom Vorsatz des Angeklagten gedeckt war. Im Zeitpunkt der Wegnahme des Geldes durch J. hatte er auch die für den Mittäter eines Raubes erforderliche Zueignungsabsicht (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2011 – 4 StR 204/11, StraFo 2011, 408). Der Angeklagte hat auf der Grundlage gemeinsamen Wollens und in der Erwartung, einen Teil der Beute zu erhalten, vor und während des tatbestandsmäßigen Geschehens im arbeitsteiligen Zusammenwirken mit J. Tatbeiträge erbracht, welche die Tatbestandsverwirklichung maßgeblich förderten.

Zur Unterstützung seines Ergebnisses führt das Gericht außerdem noch einen Vergleich mit dem hypothetischen Fall einer eigenhändigen Aufgabe der Tat durch A an:

Der vorliegende Fall, dass sich ein Mittäter in Abkehr vom gemeinsamen Tatplan das vorgefundene Geld alleine zueignen will, kann im Ergebnis nicht anders beurteilt werden als derjenige, dass sich der Angeklagte selbst vom gemeinsamen Tatplan distanziert und daher die weitere Tatvollendung nicht beobachten und beeinflussen kann: Selbst wenn der Angeklagte in dem Moment, als sein Mittäter das Geld wegnahm, die Tatbegehung abgebrochen hätte, wäre er in Anbetracht seiner fortwirkenden Tatbeiträge gleichwohl wegen vollendeten (mittäterschaftlichen) Raubes strafbar gewesen (vgl. § 24 Abs. 2 StGB). Die spätere Fehlvorstellung des Angeklagten über die Tatvollendung ändert an deren Zurechnung erst recht nichts.

3. Warum ist die Entscheidung wichtig?
a) Der Beschluss stammt bereits vom Mai 2012, ist also schon etwas älteren Datums. Dennoch ist es nicht fernliegend, dass sein Abdruck in der aktuellen Ausgabe der NStZ Prüfer, die noch auf der Suche nach einem geeigneten Fall sind, dazu animiert, sich des Sachverhalts als Vorbild für einen eigenen Prüfungsfall anzunehmen. Die Geschehnisse sind so einfach gehalten, dass sie sich für eine mündliche Prüfung hervorragend eignen, aber auch als Teilaspekt einer größeren schriftlichen Klausur Verwendung finden können, zumal die Vermögensdelikte im Strafrecht ein „Examensdauerbrenner“ sind.
b) Inhaltlich ist dem BGH in vollem Umfang zuzustimmen, wobei sein ergänzender hypothetischer Vergleich mit einem Rücktritt des A meines Erachtens allerdings eher verwirrend erscheint, da eine freiwillige Aufgabe der Tat (durch wen auch immer) hier gerade nicht vorliegt. Vielmehr ergibt sich das stimmige Ergebnis unter konsequenter Anwendung der Grundsätze der Mittäterschaft, wobei die Besonderheiten des Raubes als „kupiertes Erfolgsdelikt“ zu beachten sind. Danach wird der zweiaktige, objektive Tatbestand des Raubes vorliegend in geradezu „klassischer Manier“ als Fall eines mittäterschaftlichen Vorgehens durchgeführt: Während der eine Beteiligte (A) die Nötigungshandlung ausführt (Gewalt durch das körperliche „In-Schach-halten“), führt der andere die Wegnahme innerhalb der Wohnung des Opfers aus. Letztere Handlung ist dem draußen wartenden A wiederum über § 25 Abs. 2 StGB zurechenbar, da er 1.) selbst einen wesentlichen Tatbeitrag in Gestalt der Nötigung ausführt und 2.) dieses Verhalten auch dem beiderseitig verabredeten Vorgehen entsprach. Dass J dabei – sozusagen „im Exzess“ – von dem gemeinsamen Tatplan insofern abgewichen ist, als er vor oder nach der abgesprochenen Ansichnahme des Geldes die Absicht fasste, selbiges alleine für sich zu behalten, ist dabei für die mittäterschaftliche Zurechnung unschädlich. Denn diese kann sich ohnehin nur auf die objektiven Tatteile beziehen, während subjektive Elemente (wie Vorsatz, aber auch eine Bereicherungs- oder Zueignungsabsicht) sowie Sonderpflichtmerkmale zwingend stets in persona des jeweiligen Tatbeteiligten vorliegen müssen. Dementsprechend führt auch die Tatsache, dass der A schlussendlich leer ausgegangen ist, nicht zur Annahme eines (für ihn) bloß versuchten Raubes. Denn der Raub ist, entsprechend der Kriterien beim Diebstahl, bereits dann vollendet, wenn die Wegnahme erfolgreich abgeschlossen wurde, was bei kleineren Gegenständen wie Geld mit dem Einstecken in eine dem Täter gehörige „Gewahrsamsenklave“ der Fall ist – auf eine anschließende objektive Zueignung, wie sie etwa für die Unterschlagung nach § 246 StGB gefordert wird, kommt es gerade nicht an. Vielmehr ist es ausreichend, wenn der jeweilige Täter das von ihm – nach dem oben Gesagten – höchstpersönlich zu verwirklichende subjektive Merkmal der „Zueignungsabsicht“ zum Zeitpunkt der Tat – und d.h. nach § 8 S. 1 StGB: der Tathandlung – aufweist (Koinzidenzprinzip). Letzteres kann vorliegend im Hinblick auf A aber nicht zweifelhaft sein, da er sowohl zum Zeitpunkt der Nötigung als auch der ihm zuzurechnenden Wegnahme durch J noch in Erwartung eines zu erlangenden Geldbetrages vor der Wohnung des O ausharrte.

27.09.2012/11 Kommentare/von Christian Muders
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Christian Muders https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Christian Muders2012-09-27 10:00:342012-09-27 10:00:34BGH: Vollendeter Raub bei heimlicher Abkehr eines Mittäters vom Tatplan

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