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Schlagwortarchiv für: Wulff

Gastautor

Aufsatzwettbewerb: Verunglimpfung des Bundespräsidenten – Vom Comeback eines (fast) vergessenen Tatbestandes

Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT, Tagesgeschehen

Wir freuen uns, euch heute den zweiten Beitrag zu unserem Aufsatzwettbewerb veröffentlichen zu können.
Der Beitrag wurde von Nils Zimmermann verfasst.
Wichtig ist: Entscheidend für die Vergabe der Preise ist die Anzahl „likes“ hier auf unserer Seite sowie auf Facebook in den nächsten 2 Wochen . Also fleißig voten, wenn euch der Beitrag gefällt.
 
Seit Wochen stößt derjenige, der bei Google nach Christian Wulff sucht, vor allem auf Witze, Karikaturen und so manchen fragwürdigen Kommentar. Der  Tiefpunkt des „Wulff-Spektakels“ dürfte das Bild eines Facebook-Nutzers sein, der Wulffs Ehefrau Bettina als „Blitzmädel“, also als Wehrmachtshelferin, bezeichnet. Obwohl Wulffs Verhalten manche Frage offen lässt, sind solche Äußerungen ohne Zweifel geschmacklos.
Würde die Internet-Gemeinde so über einen gewöhnlichen Bürger herfallen, wäre der Tatbestand der Beleidigung gem. § 185 S.1 StGB erfüllt. Christian Wulff hat dank seiner Stellung als Bundespräsident ein viel mächtigeres Schwert in der Hand: Die Strafvorschrift des § 90 StGB, die „Verunglimpfung des Bundespräsidenten“. Wer den höchsten Mann im Staate in seiner Ehre herabsetzt, riskiert eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren- vorausgesetzt der Bundespräsident erteilt die Ermächtigung zur Strafverfolgung gem. § 90 Abs.4. Bei § 185 muss der Täter höchstens mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr rechnen und kommt meistens mit einer Geldstrafe davon.
I. Allgemeines
Diese vergleichsweise hohe Strafandrohung soll als Anlass dienen, um den Tatbestand einmal genauer anzuschauen. Wer aber in der einschlägigen Literatur nach Erläuterungen sucht, wird kaum fündig: „Auch in diesem Buch wird auf die Darstellung der Regelungen (…) verzichtet“ heißt es beispielsweise bei Joecks (Joecks: Studienkommentar StGB, Bemerkungen zum 1.-5. Abschnitt, Rn. 2). Im Nomos-Kommentar beschäftigt sich Paeffgen immerhin mit der Regelung, nicht ohne abschließend darauf hinzuweisen, dass die Vorschrift „rechtstatsächlich (…) keine Rolle“ spiele (Paeffgen in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, §90 , Rn.3). Bis Dezember 2011 hatte er damit recht. Nur zwei von Wullfs Amtsvorgängern erteilten die Ermächtigung zur Verfolgung der Tat- jeweils wegen eines tätlichen Angriffs. Christian Wulff hat zuerst die Staatsanwaltschaft zur Verfolgung ermächtigt, dies aber später zurück gezogen.
Angesichts der aktuellen Ereignisse ist nicht ausgeschlossen, dass § 90 StGB vom Aufgabensteller einer Examensklausur „entdeckt“ wird. In diesem Aufsatz sollen vor allem ihr Tatbestand und ihre Entstehung geklärt werden und die Frage, ob die Vorschrift heute noch zeitgemäß ist.
II. Tatbestand
Wegen des Schattendaseins, das die Vorschrift bisher führte existiert vergleichsweise wenig Rechtsprechung zum Tatbestand. Als Tathandlung muss jedenfalls eine Verunglimpfung verlangt werden. Darunter ist jede erhebliche Ehrenkränkung zu verstehen, die nach Form und Inhalt den Ehren-Angriffen aus §§ 185 ff. StGB vergleichbar ist. Der Angriff kann sich sowohl gegen das Amt des Bundespräsidenten richten als auch gegen den Amtsinhaber. Wegen des besonderen Symbolcharakters des Amtes lässt sich die Stellung des Bundespräsidenten kaum von der Eigenschaft als Privatperson trennen (Güntge in: Satzer/Schmitt/Widmaier: StGB-Komm., § 90 Rn.1). Diese besondere Verbindung wird noch zu berücksichtigen sein. Erfolgt die Ehrverletzung durch eine Tatsachenbehauptung, hält die h.M. den Wahrheitsbeweis nach § 186 für möglich (Vgl. Fischer, Rn.3). Umstritten ist, ob auch der Vertreter des Bundespräsidenten nach Art. 57 GG durch § 90 geschützt werden kann, wenn er die Befugnisse des Bundespräsidenten wahrnimmt. Dafür spricht, dass neben der Person auch das Amt geschützt werden soll. Dafür sprich sich Fischer aus (Vgl. Fischer, § 90 Rn.3), während die herrschende Literatur dies verneint (vgl. nur: SK-Rudolphi, §90 Rn.2; Liourdi: Herkunft und Zweck der Strafbestimmungen zum Schutz des Staatsoberhauptes, S. 197). Dagegen spricht jedenfalls auch der klare Wortlaut der Vorschrift. Nach dieser Ansicht genügen §§ 185 ff. zum Schutz des Stellvertreters.
Die Handlung kann öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften geschehen. Gem. § 11 Abs.3 StGB sind Ton- und Bildspeicher den Schriften gleich gesetzt. Für den subjektiven Tatbestand ist Vorsatz erforderlich. Der Täter muss sich auch der Öffentlichkeit usw. seiner Äußerung bewusst sein (RGSt 63, 429). Falls der Bundespräsident die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt, sind gem. § 74a GVG die Staatsschutzkammern bei den Landgerichten zuständig.
III. Entstehung und Bedeutung
Die Strafbarkeit der Ehrverletzung des Staatsoberhauptes reicht bis ins römische Kaiserreich zurück. Seitdem war in Antike und Mittelalter die Majestätsbeleidigung stets strafbar. Im Absolutismus, besonders in Frankreich, als der Monarch von Gottes Gnaden als Symbol für den Staat selbst galt, stand die Majestätsbeleidigung dem In-Frage-Stellen einer gottgewollten Ordnung gleich. Majestätsbeleidigung war also eine besondere Form der Gotteslästerung. Häufig war die Todesstrafe die Folge.
Auch das Strafgesetzbuch des Deutschen Reiches von 1871 (RStGB) stellte die Majestätsbeleidigung unter Strafe. So hieß es in § 95 Abs. 1 RStGB:

„Wer den Kaiser, seinen Landesherrn oder während seines Aufenthalts in einem Bundesstaate dessen Landesherrn beleidigt, wird mit Gefängniß nicht unter zwei Monaten oder mit Festungshaft bis zu fünf Jahren bestraft.“

1871 war der religiöse Bezug nicht mehr gegeben, denn längst verstanden sich nicht mehr alle deutschen Fürsten als Herrscher „von Gottes Gnaden“. Hier wird noch einmal deutlich, dass die (mit dieser Vorschrift geschützte) Staatsgewalt des Kaiserreichs von den Fürsten ausging und das Reich sich vor allem als Bund souveräner Fürsten verstand.
Der Tatbestand bildete einen sog. „Kautschuk-Paragraph“, also etwa was heute als „Gummiparagraph“ bezeichnet wird und wurde zumindest in den frühen Jahren des Kaiserreichs zur Verfolgung politischer Gegner genutzt. Vor allem der „Eiserne Kanzler“ Bismarck setzte durch, dass die Gerichte den Tatbestand vor allem zu Ungunsten der Sozialdemokraten weit auslegen. Die sozialdemokratische Parteizeitung „Vorwärts“ veröffentlichte bis 1908 regelmäßig eine „Chronik der Majestätsbeleidigungsprozesse“ und wies so den staatlichen Machtmissbrauch nach. Darunter finden sich bisweilen auch kuriose Urteile. So wurde etwa ein Mann verurteilt, der während des Singens der Kaiserhymne den Hut nicht abgesetzt hatte.
Die Sonderstellung für das Oberhaupt eines demokratischen Staates hat freilich andere Gründe, die in die Weimarer Republik zurück reichen. §§ 5, 23 des RepSchG (RGBl I S. 585) vom 25.04.1930 enthielten erstmals eine Sonderstellung des Reichspräsidenten, die sowohl Schutz vor verbalen und tätlichen Angriffen bot. In der Notverordnung vom 19.12.1932 (RGBl I S. 548) ist mit § 94 II StGB erstmals ein klarer Vorläufer der heutigen Regelung erkennbar. Der Anlass waren die Anfeindungen, denen die Republik und ihr Staatsoberhaupt ausgesetzt waren (Paeffgen in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, §90 , Rn.1). Die erste deutsche Demokratie wird nicht zu Unrecht als „Demokratie ohne Demokraten“ bezeichnet. Das politische Klima der zwanziger Jahre brachte Überlegungen über besondere Bestimmungen zum Schutz des Staatsoberhauptes wieder auf die Tagesordnung. Verstärkt wurden die Bestrebungen durch die Ermordung des Reichsaußenministers Walter Rathenau am 24.06.1922, der zuvor Opfer einer diffamierenden Hetzkampagne geworden war.
Auch den ersten Reichspräsidenten, den Sozialdemokraten Friedrich Ebert, hatten demokratiefeindliche Kreise von rechts und links besonders ins Visier genommen: „Friedrich der Vorläufige“ nannten ihn Monarchisten, „Sattlergeselle“ die Adeligen, andere „Kommentatoren“ zeigten Ebert im Badeanzug. Kurzum: Der Präsident der ersten deutschen Demokratie war Anfeindungen von fast allen Seiten ausgesetzt. Wer die Demokratie, die „Regierungsform der Sieger“ des ersten Weltkrieges, angreifen und lächerlich machen wollte, konnte dies am besten tun, indem man den Reichspräsidenten in den Schmutz zog. Insgesamt war Ebert in seiner Amtszeit an 143 Verfahren zum Schutz seiner Ehre beteiligt.
Entgegen einer manchmal geäußerten Ansicht besteht keine Kontinuität zwischen der Majestätsbeleidigung und § 90 StGB. Die Strafbarkeit der Majestätsbeleidigung bestand im Absolutismus zum Schutze einer vermeintlich gottgewollten Ordnung und  in Deutschland ab 1871 zur gezielten Verfolgung politischer Gegner. § 90 verfolgt keinen dieser Zwecke.
Die heute geltende Vorschrift wurde am 30.08.1951 als § 95 ins StGB aufgenommen (BGBl I S. 379) und wurde später mit Änderungen zu §90. (Das „Aufrufen zur Verunglimpfung“ entfiel als Tathandlung.)
IV. Der Bundespräsident als „normaler Mensch“?
Wie oben dargestellt, stammt der Vorläufer von § 90 StGB aus einer Zeit, in der die junge Demokratie und das Staatsoberhaupt massiven Anfeindungen von rechts und links ausgesetzt waren. Die Bundesrepublik kann dagegen mit Recht als gefestigte Demokratie angesehen werden. Dadurch stellt sich die Frage, ob die Existenz von §90 überhaupt noch notwendig ist. Oder kann nicht auch der Bundespräsident wie ein „normaler Mensch“ behandelt werden? So fragte beispielsweise schon der erste Bundespräsident, Theodor Heuss, in einem Briefwechsel mit dem damaligen Bundesjustizminister Thomas Dehler, wann „es staatspolitisch notwendig ist, dass ich mich beleidigt fühle“.
Es erscheint jedenfalls zweifelhaft, ob der Ehrenschutz des Staatsoberhauptes tatsächlich unter dem Titel „Gefährdung des demokratischen Rechtsstaats“ im StGB genannt werden muss, in „Nachbarschaft“ zu Tatbeständen wie „Fortführung einer für verfassungswidrig erklärten Partei“ (§ 84) oder „Agententätigkeit zu Sabotagezwecken“ (§ 87).
Auffällig ist auch, dass andere Verfassungsorgane wie etwa die Bundeskanzlerin keinen vergleichbaren Schutz ihrer Ehre genießen. Dabei macht sich die Regierungschefin durch die Ausübung ihrer Richtlinienkompetenz nach Art. 65 GG oder durch andere Amtsgeschäfte viel angreifbarer als der Bundespräsident, der mit vergleichsweise wenigen Kompetenzen ausgestattet ist.
Lediglich §188 StGB trägt im Rahmen der allgemeinen Beleidigungsdelikte der Bedeutung der Bundeskanzlerin und anderer Personen des politischen Lebens Rechnung (Kindhäuser, § 188 Rn.1). Der Tatbestand ist allerdings enger gefasst als der von §90 StGB. Verlangt wird, dass die Tat geeignet ist, das öffentliche Wirken des Beleidigten erheblich zu erschweren. Außerdem muss die Tat aus Beweggründen begangen werden, „die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen“. Diese engen Voraussetzungen verlangt die Vorschrift zum Schutz des Bundespräsidenten nicht.
Wenn dieser vergleichsweise geringe Schutz für die Bundeskanzlerin und andere politische Mandatsträger ausreicht, dann sollte es erst recht möglich sein, den Bundespräsidenten durch § 188 zu schützen.
In der aktuellen Fassung von § 90 StGB ist die Amtsstellung als Bundespräsident von der Privatperson des Amtsinhabers jedenfalls während der Amtszeit nicht zu trennen. §90 dürfte die einzige Norm sein, die den privaten Ehrenschutz einer Person mit dem Schutz der Bundesrepublik Deutschland als freiheitlichen Rechtsstaat untrennbar verbindet. Die Grundidee ist, dass verfassungsfeindliche Kräfte das Vertrauen in die freiheitlich-demokratische Grundordnung untergraben, indem sie die Organe des Staates- und vor allem den Bundespräsidenten- lächerlich machen. Diese Grundidee erscheint aber bei einer weiteren Betrachtung nicht sonderlich stabil: Solange der demokratische Staat nicht schwächelt, stellt ein Angriff auf den Bundespräsidenten keine Bedrohung für den Bestand des Staates dar. Wenn der demokratische Staat aber in einen Zustand gerät, indem er nicht mehr gefestigt ist, wird die Existenz von § 90 StGB den Staat kaum noch schützen können.
Somit kann § 90 StGB dem Zweck seiner Existenz kaum gerecht werden. Die Vorschrift könnte nur noch ausreichen um zu zeigen, dass „der Staat sich nicht alles bieten lässt“. Dafür reicht § 188 StGB aber aus. Kurzum: Der Bundespräsident ist eben auch nur ein Mensch. Das sollte auch das StGB zur Kenntnis nehmen.
Für den „kreativen“ Facebook-Nutzer wäre dies jedenfalls kein Vorteil: Auch § 188 StGB droht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Monaten an.

20.02.2012/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2012-02-20 12:00:512012-02-20 12:00:51Aufsatzwettbewerb: Verunglimpfung des Bundespräsidenten – Vom Comeback eines (fast) vergessenen Tatbestandes
Tom Stiebert

Aufhebung Immunität von Bundespräsident Christian Wulff

Öffentliches Recht, Startseite, Tagesgeschehen, Verfassungsrecht

Aus aktuellem Anlass soll hier kurz das Verfahren zur Aufhebung der Immunität durch den deutschen Bundestag dargestellt werden:
Für den Bundespräsidenten wurde die Aufhebung seiner Immunität beantragt. Dass er überhaupt diesem Grundsatz unterliegt, ergibt sich aus Art. 60 Abs. 4 GG. Damit gelten die Regelungen zur Immunität auch für ihn. Die Strafverfolgung ist damit nur mit Genehmigung des Bundestages möglich.
Die genauen Verfahrensregelungen ergeben sich aus § 107 GO-BT. Zunächst ist das Anliegen der immunitätsaufhebung an den Bundestagspräsidenten Lammert zu leiten, der es an den Immunitätsausschuss verweist (§ 107 Abs. 1 GO-BT). Dieser hat eine Beschlussempfehlung für den Bundestag zu erstellen. (§ 107 Abs. 2 GO-BT)  Dabei unterliegt er keiner Frist (§ 107 Abs. 3 GO-BT).

§ 107 GO-BT Immunitätsangelegenheiten

(1) Ersuchen in Immunitätsangelegenheiten sind vom Präsidenten unmittelbar an den Ausschuß für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung weiterzuleiten.
(2) Dieser hat Grundsätze über die Behandlung von Ersuchen auf Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Bundestages aufzustellen (Anlage 6) und diese Grundsätze zum Ausgangspunkt seiner in Einzelfällen zu erarbeitenden Beschlußempfehlungen an den Bundestag zu machen.
(3) Die Beratung über eine Beschlußempfehlung ist an eine Fristen nicht gebunden. Sie soll frühestens am dritten Tage nach Verteilung der Vorlage (§ 75 Abs. 1 Buchstabe h) beginnen. Ist die Beschlußempfehlung noch nicht verteilt, wird sie verlesen.
(4) Vor der Konstituierung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung kann der Präsident dem Bundestag in Immunitätsangelegenheiten unmittelbar eine Beschlußempfehlung vorlegen.

Grundsätzlich hat der Bundestag in der Anlage 6 zur Geschäftsordnung eine Selbstbindung hinsichtlich der Immunitätsaufhebung festgelegt. Insbesondere wird dabei pauschal die Genehmigung für Ermittlungsverfahren erteilt. Für den Bundespräsidenten gilt diese Regelung freilich nicht, sondern nur für Mitglieder des Bundestages, sodass hier der Bundestag noch explizit entscheiden muss.
Bei seiner Entscheidung sind die Interessen des Präsidenten mit den Interessen an einer Strafverfolgung abzuwägen. Abzuwägen ist, ob das öffentliche Interesse einer Ermittlung dem öffentlichen Interesse an einer ungestörten Amtsausübung überwiegt. Hierbei ist die Abstimmung nicht auf die Aufhebung der Immunität per se, sondern auf die Zulässigkeit der konkreten Verfahrenshandlung gerichtet.  Für die Abstimmung über diesen Beschluss gilt auch hier gemäß Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG das Mehrheitsprinzip – das heißt es genügt die Mehrheit der abgegeben Stimmen. Eine andere Regelung sieht auch für die Immunitätsaufhebung das GG nicht vor. Die in vielen Medien verbreitete Ansicht 1/4 der Abgeordneten müsse zustimmen, hat im Gesetz keinen Niederschlag und beruht auf einer Verwechslung mit der Präsidentenklage nach Art. 61 GG.
 
Hinweis: Allgemein zur Strafbarkeit von Bundespräsident Wulff unser Beitrag hierzu.

16.02.2012/1 Kommentar/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-02-16 20:53:322012-02-16 20:53:32Aufhebung Immunität von Bundespräsident Christian Wulff
Tom Stiebert

Ehrensold für Bundespräsident Christian Wulff

Öffentliches Recht, Schon gelesen?, Startseite, Tagesgeschehen, Verfassungsrecht

Die Medienlandschaft befasst sich aktuell mit der Frage, ob Bundespräsident Christian Wulff im Falle eine Rücktritts ein Ehrensold nach § 1 BPräsRuhebezG (des Gesetz über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten) zusteht. Zu dieser Frage hat sich auch kürzlich Prof. von Arnim in einem – frei verfügbaren – Beitrag in der NVwZ geäußert.
Grundsätzlich wird ein Ehrensold (also eine andauernde Gewährung der Amtsbezüge) auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt geleistet, wenn der Präsident mit Ablauf der Amtszeit, oder vorher aus politischen oder gesundheitlichen Gründen aus dem Amt ausscheidet.
I. Ausscheiden aus politischen Gründen
Kernfrage ist, ob die kolportierten persönlichen Gründe, aus denen Christian Wulff aus seinem Amt ausscheiden könnte, auch als politische Gründe anzusehen sind, oder ob diese bewusst nicht erfasst sind.
Im Beitrag von Arnims wird dies unter Verweis auf den Wortlaut und die Historie sowie Systematik des Gesetzes verneint.
Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages scheint diese Ansicht zu teilen. Den Medien ist folgende Textpassage zu entnehmen:

Gründe, die im privaten Verhalten des Präsidenten liegen, werden eher keine politischen Gründe im Sinne“ des Gesetzes über die Ruhebezüge des Bundespräsidenten sein. Es sprächen vielmehr „starke Argumente“ dafür, dass politische Gründe nur solche seien, die „unmittelbar mit der Ausübung des Amtes des Bundespräsidenten zusammenhängen“

Ebenso könnte auch die Gegenansicht vertreten werde, schließlichist eine Trennung zwischen persönlicher und politischer Ebene oftmals nicht möglich. Gerade im konkreten Fall liegen zwar – zumindest moralische – persönliche Verfehlungen vor, diese wirken sich aber auch auf die politische Arbeit und Glaubwürdigkeit des Präsidenten aus.
Ein weiteres Argument für eine Gewährung des Ehrensolds im konkreten Fall kann auch § 5 BPräsRuhebezG entnommen werden. So ist selbst bei einer erfolgreichen Präsidentenklage nach dem BVerfGG der Ehrensold nicht per se ausgeschlossen; vielmehr ist über die zumindest teilweise Gewährung des Ehrensolds explizit zu entscheiden. Aus diesem Grund ist der generelle Ausschluss des Ehrensolds bei persönlichen Gründen wenig überzeugend.
II. Entscheidung über Ehrensold
Neben der Frage, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des Ehrensolds vorliegen, tritt die Problematik in den Vordergrund, wer hierüber zu entscheiden hat. Problematisch ist dies deshalb, weil das Gesetz keine entsprechende Regelung trifft.
Von Arnim kommt in seinem Beitrag – allein durch einen Vergleich mit den ähnlich formulierten Regelungen zum Reichspräsidenten (!!!) – zu dem Ergebnis, dass die Bundesregierung für eine entsprechende Beurteilung zuständig ist und Wulff damit auch finanziell von der Bundeskanzlerin abhängig wird.
Weitere Stellungnahmen hierfür lassen sich leider nicht finden; insbesondere ist nicht klar, ob der wissenschaftliche Dienst des Bundestages auf dies Frage eingegangen ist. M.E. wäre es ebenso vertretbar, dass diejenige Behörde, die den Ehrensold gewährt, die Voraussetzungen zu prüfen hat. Eine Abhängigkeit des Präsidenten von der Bundesregierung sieht das Gesetz gerade nicht vor.
III. Stellungnahme
Bei der Diskussion über Christian Wulff werden viele Fragen aufgeregt diskutiert. Dass der „Steuerzahler aufatmen könne“ (so von Arnim) ist wohl eher polemisch; die Nichtgewährung des Ehrensold hätte allenfalls politisch eine hohe Bedeutung. Ein eindeutiges Ergebnis lässt sich hier – vor allem aufgrund fehlender Vergleichsfälle – nicht finden; beide Ergebnisse lassen sich juristisch gut begründen. Insbesondere auch bei der Frage, wer Entscheidungsträger ist, kann bei ordentlicher Argumentation nahezu alles vertreten werden. Es wird aus diesem Grund spannend sein, zu sehen, wie der wissenschaftliche Dienst des Bundestages sich im Einzelnen geäußert hat.
Gut möglich ist, dass ein solcher Fall in der mündliche Prüfung, oder auch in Hausarbeiten geprüft wird. Hier zeigen sich gute Leistungen gerade darin, dass eigenständig argumentiert wird. Zumindest aber auch zur Schulung des juristischen Verständnisses ist dieser Fall auch hervorragend geeignet, steht man doch vor dem Problem aus einer sehr knappen und uneindeutigen gesetzlichen Regelung ein zutreffendes Ergebnis zu begründen.
 
Anm v. 29.02.2012.: Die Entwicklung der ereignisse hat gezeigt, dass wir mit unserer Prognose sehr richtig lagen. Der Ehrensold wird, wie heute vermeldet, wohl gezahlt werden. Entschieden hat hierüber auch nicht – wie von von Arnim gemutmaßt – die Bundesregierung sondern das Bundespräsidialamt als diejenige Behörde, die den Ehrensold gewährt. Auch wenn die Fragestellungen damit juristisch noch nicht 100-prozentig abgearbeitet sind, so ist die Frage damit zumindest praktisch entschieden.
Leider wurde, trotz unserer Nachfrage, die Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes aufgrund einer Schutzfrist nicht veröffentlicht. Zumindest hat sich in der Zwischenzeit aber die Frage wie gezeigt geklärt.

12.02.2012/6 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-02-12 13:20:582012-02-12 13:20:58Ehrensold für Bundespräsident Christian Wulff
Dr. Christoph Werkmeister

Strafbarkeit nach § 90 StGB – Verunglimpfung des Bundespräsidenten

Tagesgeschehen

Die LTO berichtet über den Tatbestand des § 90 StGB. Nach dieser Vorschrift kann die Verunglimpfung des Bundespräsidenten mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft werden. Ein beträchtlicher (Mindest-)Strafrahmen also.
Die Vorschrift und deren Hintergründe sind für das schriftliche Examen gänzlich zu vernachlässigen. In mündlichen Prüfungen könnte das Thema aber wohl einen interessanten Gesprächseinstieg bieten. Der o.g. Artikel der LTO dürfte hierfür das entsprechende Backgroundwissen bereit stellen.

11.01.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-01-11 13:01:272012-01-11 13:01:27Strafbarkeit nach § 90 StGB – Verunglimpfung des Bundespräsidenten
Tom Stiebert

Causa Wulff – Tatsächliche Strafbarkeit oder Form der Diskreditierung?

Schon gelesen?, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT, Tagesgeschehen

Wir freuen uns, euch heute den ersten Beitrag zu unserem Aufsatzwettbewerb veröffentlichen zu können. Aus aktuellem Anlass haben wir uns entschlossen, den Beitrag bereits vor dem Ende des Wettbewerbs zu veröffentlichen.
Der Beitrag wurde von Markus verfasst, der zur Zeit in Berlin Jura studiert.
Wichtig ist: Entscheidend für die Vergabe der Preise ist die Anzahl „likes“ hier auf unserer Seite sowie auf Facebook in den nächsten 2 Wochen . Also fleißig voten, wenn euch der Beitrag gefällt.
 
In den letzten Tagen überschlagen sich die Ereignisse um die sog. „Mailbox-Affäre“, in der dem Bundespräsidenten vorgeworfen wird, am 12. Dezember 2011 dem „Bild“ Chefredakteur Diekmann mit einem Strafantrag gedroht zu haben, insoweit dessen Zeitung über den umstrittenen Hauskauf-Kredit berichtet. Eine Veröffentlichung in der „Bild“ erfolgte tags darauf.
Einzelne Staatsanwaltschaften sind derzeit damit beschäftigt, einen Anfangsverdacht (§ 170 StPO) gegen Wulff im Hinblick auf eine mögliche Strafbarkeit wegen Nötigung zu prüfen (vgl. http://www.zeit.de/news/2012-01/03/bundespraesident-anzeige-gegen-wulff-anfangsverdacht-der-noetigung-03141206)
Wenn der Bundespräsident – wie zuletzt in seinem publikumswirksamen Interview vom vergangenen Mittwoch – mitteilt, dass er „weder jetzt im Amt als Bundespräsident gegen irgendein Gesetz noch vorher“ verstoßen hat, scheint es umso interessanter auf Grundlage der bisherigen Medienberichten, eine Strafbarkeit zu prüfen (A) und auch der Frage nachzugehen, ob strafprozessuale Besonderheiten (B) existieren, die eine Strafverfolgung erschweren.
A: Prüfung einer möglichen Strafbarkeit
I. §§ 240 I i.V.m. 240 IV S. 2 Nr. 3 StGB
Eine Strafbarkeit wegen einer vollendeten Nötigung in einem besonders scheren Fall könnte sich daraus ergeben, dass Wulff dem „Bild“Chefredakteur mit einer Strafanzeige bei Veröffentlichung von Details zu seinem Hauskauf und dem damit verbundenen Kredit drohte.
Unabhängig von der Frage ob die Drohung mit einer Strafanzeige als empfindliches Übel i.S.d. § 240 StGB anzusehen ist, scheitert eine Strafbarkeit eines vollendeten Delikts an der Tatsache, dass Diekmann einer von Wulff (offenbar) gewünschten Unterlassung bzw. Verzögerung einer Berichterstattung nicht entsprach, sondern vielmehr ein entsprechender Artikel veröffentlicht wurde.
II. §§ 240 I, III i.V.m. IV S. 2 Nr. 3, 22 StGB
Eine Strafbarkeit könnte sich indessen jedoch – aus dem oben geschilderten Verhalten des Bundespräsidenten – wegen einer versuchten Nötigung in einem besonders schweren Fall ergeben.
1. Tatbestandsmäßigkeit
Die Nötigung war nicht „erfolgreich“, ist somit nicht vollendet. Die versuchte Nötigung ist gemäß §§ 240 III, 12 II, 23 I Var. 2 StGB strafbar.
a) Tatentschluss
Fraglich ist, ob der Bundespräsident einen Tatentschluss im Hinblick auf die Verwirklichung einer Nötigung besaß.
Diesen kann man bezüglich der Gewaltvariante des § 240 I StGB nicht bejahen, da Wulff wohl nicht bezweckte, dass seine Äußerungen bei Diekmann einen „körperlichen Zwang“ entfalten sollten, wie etwa einen Zustand „seelischer Erregung“ (BGHSt 23, 126 (127).
Was die Drohung mit einem empfindlichen Übel anbelangt, stellt sich die Frage, ob Wulff mit der  Drohung eine Strafanzeige (§ 158 I StPO) zu erstatten, ein solches Übel herbeiführen wollte.
Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels auf dessen Eintritt sich der Drohende Einfluss zuschreibt.
Vorliegend könnte man meinen, dass Wulff mit seiner Aussage eine bloße Warnung gegenüber Diekmann äußern wollte, die vom Tatbestand des § 240 StGB nicht erfasst wäre. Als Abgrenzungskriterium  fungiert hierbei die Frage, ob sich der Täter Einfluss auf das angedrohte Übel zuschreibt (vgl. MüKo, § 240, Rn. 70ff.).
Bei dem Straftatbestand der Nötigung handelt es sich nicht um ein reines Antragsdelikt, dass ausschließlich auf  Antrag des „Verletzten“ – wie z.B. der Hausfriedensbruch i.S.d. § 123 StGB – verfolgt wird. Demnach kann ein Ermittlungsverfahren nach §§ 160 I, 163 I  StPO auch von Amts wegen durch die Strafverfolgungsbehörden eingeleitet werden, soweit nach kriminalistischer Erfahrung das Vorliegen einer Straftat möglich ist (§ 152 II StPO).
Vorliegend ist bereits fraglich, welche Straftatbestände die Journalisten durch die Recherche bzw. Veröffentlichung erfüllt haben sollen, so dass nicht angenommen werden kann, dass ein entsprechendes Ermittlungsverfahren von Amts wegen eingeleitet worden wäre (sog. Legalitätsprinzip).
Wulff konnte mit seiner Drohung mithin davon ausgehen, auf die strafrechtliche Verfolgung Einfluss nehmen zu können. Eine bloße Warnung ist somit zu verneinen.
Die Drohung mit einer Strafanzeige wird von der Rechtsprechung als Drohung mit einem empfindlichen Übel i.S.d. § 240 StGB angesehen (BGHSt 5, 254). Dem könnte man zwar entgegenhalten, dass es sich um eine bloße Unannehmlichkeit handelte, zumal die Strafanzeige wohl mangels hinreichenden Tatverdachts nicht zu einer Anklage geführt hätte (§ 170 II StPO). Dagegen spricht jedoch, dass bei einer solchen Annahme die Vorschrift des § 154 c StPO leer laufen würde, nach der von der Strafverfolgung abgesehen werden kann, wenn eine „Nötigung […] durch die Drohung begangen wurde, eine Straftat zu offenbaren“.
Da Wulff davon ausging Einfluss auf die Einleitung eines Strafverfahrens nehmen zu können und mit einer Strafanzeige drohte, ist anzunehmen, dass ein Tatentschluss bezüglich der Drohung mit einem empfindlichen Übel vorlag.
Auch der Nötigungserfolg des Unterlassens bzw. Verschiebens der Berichterstattung war vom „endgültigen Willen“ des Bundespräsidenten umfasst.
b) Unmittelbares Ansetzen
Indem Wulff bei Diekmann anrief und auf die Mailbox sprach, hat er subjektiv die Schwelle zum Jetzt-gehts-los überschritten und objektiv so zur tatbestandsmäßigen Handlung angesetzt, dass weitere Zwischenschritte zur Rechtsgutverletzung nicht mehr erforderlich waren.
2. Rechtswidrigkeit / Schuld
Eine Rechtfertigung der Tat könnte sich aus Notwehrgründen i.S.d. § 32 StGB ergeben. Hierbei fällt jedoch die Konstruktion eines gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriffs schwer. Selbst wenn man in der bevorstehenden Berichterstattung einen gegenwärtigen Angriff auf die Privatsphäre des Bundespräsidenten erblicken mag, ist die Annahme der Rechtswidrigkeit höchst zweifelhaft, zumal sich (bislang) nicht klären lässt, was sich die Journalisten zu Schulde haben kommen lassen.
Die Tat ist aus Notwehrgründen nicht gerechtfertigt.
Auch eine Rechtfertigung aufgrund eines Notstands i.S.d. § 34 StGB erscheint zumindest vor dem Hintergrund fraglich, dass es sich bei dem Bundespräsidenten um eine Person der Zeitgeschichte handelt. Eine Abwägung käme demnach zu dem Ergebnis, dass das Interesse an einer Veröffentlichung des Artikels gegenüber den Interessen des Bundespräsidenten vorrangig zu beachten wäre.
Was die Prüfung der Verwerflichkeitsklausel i.S.d. § 240 II StGB angeht, müsste eine verwerfliche Zweck-Mittel-Relation in dem Verhalten von Wulff erblickt werden.
Bereits das Mittel der Drohung mit einer – nach hier vertretener Auffassung –  rechtswidrigen Strafanzeige, die für Wulff zugleich eine mögliche Strafbarkeit nach §§ 164, 145d  StGB nach sich ziehen kann, ist als sittlich missbilligenswert anzusehen.
Auch der Zweck eine zulässige Berichterstattung durch die „Bild“ Zeitung zu unterbinden bzw. zu verschieben ist vor dem Hintergrund der sich aus Art. 5 I GG ergebenden Pressefreiheit, als verwerflich anzusehen.
Die erforderliche Zweck-Mittel-Relation i.S.d. § 240 II StGB kann demnach bejaht werden.
An der Schuld des Bundespräsidenten bestehen keine Zweifel.
4. Rücktritt
Ein Rücktritt von der versuchten Nötigung könnte er in der Aussage Wulffs gesehen werden, dass der Anruf bei dem Chefredakteur der ‚Bild‘-Zeitung ein schwerer Fehler war, der ihm leidtue und  für den er sich entschuldige.
Dieses Verhalten war für einen Rücktritt jedoch bereits deshalb ungeeignet, da aus der Sicht des Bundespräsidenten eine Erfolgsherbeiführung aus tatsächlichen Gründen nicht bzw. nicht mehr möglich war (fehlgeschlagener Versuch).
5. Strafzumessungsgründe
Die Drohung des Bundespräsidenten könnte zudem als besonders schwerer Fall der Nötigung i.S.d. § 240 III S. 2 Nr. 3 StGB qualifiziert werden, insoweit er seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger missbraucht hat.
Der Bundespräsident ist ein Amtsträger i.S.d. § 11 I Nr. 2b (MüKo, § 11 StGB, Rn. 11 m.w.N.).
Die bisherigen medialen Ausführungen über den „Drohanruf“ lassen jedoch nicht erkennen, dass Wulff gesetzes- oder pflichtwidrig seine Befugnisse missbraucht hat (Var. 1) oder ihm nicht zustehende Befugnisse sich angemaßt und als Nötigungsmittel eingesetzt hat (Var. 2). Die „bloße“ Drohung als Amtsträger reicht für eine Bejahung des besonders schweren Falles jedoch nicht aus.
Ein besonders schwerer Fall i.S.d. § 240 III S. 2 Nr. 3 StGB wäre demnach zu verneinen. Für einen atypischen Fall i.S.d. § 240 III S. 1 StGB sind zudem keine Anhaltspunkte ersichtlich.
5. Ergebnis
Der Bundespräsident hat sich durch seinen Anruf bei der „Bild“-Zeitung wegen einer versuchten Nötigung nach §§ 240 I, III i.V.m. IV S. 2 Nr. 3, 22 StGB strafbar gemacht.
B: Prozessuales
Der Bundespräsident unterliegt nach Art. 60 IV i.V.m. Art. 46 II GG der strafrechtlichen Immunität, so dass bis zur Beendigung seiner Amtszeit eine strafrechtliche Verfolgung der versuchten Nötigung  ausgeschlossen ist. Indessen ist jedoch eine Immunitätsaufhebung, infolge des ausdrücklichen Verweises in Art. 60 GG auf Art. 46 GG, durch den Bundestag möglich.
Würde eine solche nicht erteilt werden, steht einer Verjährung der Straftat nach § 78 II Nr. 5 StGB  zumindest entgegen, dass bereits Strafanzeigen gestellt wurden, die die Verjährung ruhen lassen, § 78b II Nr. 2 StGB.
Ein Strafverfahren könnte demnach nach Ende der Amtszeit gegen den Bundespräsidenten fortgeführt werden.
C: Fazit
Eine Strafbarkeit des Bundespräsidenten wegen einer versuchten Nötigung kann bislang (auf Grundlage der medialen Berichterstattung) nicht ausgeschlossen werden.
Die Aussage von Wulff, sich keines Rechtsverstoßes strafbar gemacht zu haben, ist somit kaum haltbar.

10.01.2012/5 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-01-10 12:00:232012-01-10 12:00:23Causa Wulff – Tatsächliche Strafbarkeit oder Form der Diskreditierung?
Dr. Johannes Traut

Kann der Bundespräsident die Veröffentlichung der Mailbox-Nachricht verhindern?

Deliktsrecht, Öffentliches Recht, Tagesgeschehen, Verfassungsrecht, Zivilrecht

Das kann er, wenn er einen Anspruch auf Unterlassung hat. Insofern kommen § 1004 BGB oder möglicherweise öffentlich-rechtliche Rechtsinstitute wie der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch (§ 1004 BGB analog) in Betracht.
Öffentlich- oder privatrechtlich?
Zunächst stellt sich die Frage, ob es sich um ein öffentlich-rechtliches oder privatrechtliches Rechtsverhältnis handelt. Für ein privatrechtliches Verhältnis spricht, dass es um die Unterlassung einer Handlung der BILD-Zeitung, die als Private handelt, geht. Für eine öffentlich-rechtliche Einordnung könnte der Bezug zum Amt des Bundespräsidenten sprechen.
Letztlich dürfte das aber nicht den Ausschlag geben. Es geht ihm darum, als Person sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu schützen. Der Bundespräsident möchte die Veröffentlichung also aus persönlichem Interesse, nicht aber in amtlicher Eigenschaft verhindern. Hierin liegt der Unterschied zu den Fällen, in denen eine Behörde ein Hausverbot erteilt, das dazu dient, ihre Funktionsfähigkeit zu sichern, und das öffentlich-rechtlich eingeordnet wird. Öffentlich-rechtliches Handeln kommt nach der Sonderrechtslehre auch deshalb kaum in Betracht, weil in diesem Bereich M.E. keine öffentlich-rechtliche Rechtsnorm gibt, die einer Veröffentlichung aus den genannten Gründen entgegenstehen könnte. Gegenüber der BILD-Zeitung, die selbst Private ist, gilt der Vorbehalt des Gesetzes, so dass es einer Regelung, auf die sich ein Veröffentlichungsverbot stützen kann, bedürfte.
Besteht ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB?
Dieser setzt voraus, dass die Verletzung eines absolutes Rechts (allgemein anerkannt, dass § 1004 BGB auf alle absoluten Rechte zu erweitern ist) des Anspruchsstellers droht. Vorliegend kommt einzig das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) des Herrn Wulff in Betracht. Dieses ist zwar im öffentlichen Recht entwickelt worden, aber auch zivilrechtlich geschützt und kann daher Gegenstand von Unterlassungsansprüchen sein. Eine Handlung hat zu unterbleiben, wenn sie den Anspruchssteller in seinem APR verletzt.
Fraglich ist jedoch, ob die Veröffentlichung der Nachricht eine Verletzung desselben darstellte. Grundsätzlich ist anerkannt, dass eine der Schutzdimensionen des APR auch das Recht am gesprochenen und geschriebenen Wort umfasst. Gemeint ist damit die Freiheit, zu bestimmen, ob der Kommunikationsinhalt einzig dem Gesprächspartner, einem bestimmten Personenkreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein soll (vgl. BGH NJW 2003, 1727; Palandt/Sprau, 67. Aufl. 2008, § 823 Rn. 114). Damit stellt auch die Veröffentlichung der Mailbox-Nachricht einen Eingriff in das APR des Herrn Wulff dar.
Dieser ist aber nicht notwendigerweise rechtswidrig; vielmehr ist die Rechtswidrigkeit erst durch eine Abwägung der widerstreitenden Interessen zu ermitteln. Vorliegend kann die BILD-Zeitung für die Veröffentlichung nicht nur ihre Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG, deren Ausstrahlungswirkungen auch im Zivilrecht beachtlich sind, anführen, sondern vor allem auch ein überragendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit.
Schon prima facie erscheint es gut vertretbar, eine Veröffentlichung für rechtmäßig zu halten. Dabei ist zunächst zu beachten, dass Herr Wulff auf Grund seiner Rolle als Bundespräsident – ein Amt, das er freiwillig übernommen hat – erhöhte Duldungspflichten hinsichtlich der Ausforschung seines Privatlebens durch die Presse unterliegt. Diese sind nicht grenzenlos, erlauben aber doch eine wesentlich weitergehende Untersuchung und Veröffentlichung als bei Privatpersonen.
Ferner ist auch das Verhalten des Herrn Wulff in der Angelegenheit selbst in Rechnung zu stellen. Durch seine öffentlichen Einlassungen in der Sache hat er nicht nur den Inhalt der Mailbox-Nachricht zu einer der zentralen Fragen nach seiner persönlichen Glaubwürdigkeit gemacht, sondern durch seine Aussagen auch erst ihren genauen Inhalt in Frage gestellt. Letztlich muss er zumindest deswegen, weil er zu der Debatte über den genauen Inhalt beigetragen hat, auch die Klärung der Frage hinnehmen. (Dieses Argument trifft allerdings dann nicht zu, wenn der Inhalt genau dem von Wulff beschriebenen entspricht. Denn es kann nicht zu seinen Lasten berücksichtigt werden, dass er unrichtig Vorwürfe bestreitet. Die BILD-Zeitung, die ja den Inhalt der Nachricht kennt, wird dies ggf. berücksichtigen müssen.)
Hinzu kommt noch, dass er selbst in der Öffentlichkeit wiederholt Transparenz gelobte und seine Aufrichtigkeit zu der entscheidenden Frage erhob, ob er weiterhin im Amt verbleiben könnte. Dadurch ist das öffentliche Interesse daran, die Richtigkeit seiner Aussagen auch in Hinblick auf die Mailbox-Nachricht zu überprüfen, noch maßgeblich gesteigert. Deshalb müsste in einer Abwägung sein APR gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit bzw. der Pressefreiheit der BILD-Zeitung zurückstehen. Die Veröffentlichung wäre also nicht rechtswidrig.
Gegen diese Abwägungsergebnis spricht auch nicht die Rechtsprechung der Gerichte zu heimlichen Aufnahmen des gesprochenen Wortes (vgl. etwa BGH NJW 2003, 1727). Hier handelt es sich nicht um einen heimliche Aufnahme, sondern um eine Mailbox-Nachricht, die der Absender willentlich in dauerhaft gespeicherter Form in den Machtbereich des Empfängers gelangen ließ. Damit ist sie einem Brief vergleichbar. Dass die Briefwechsel zwischen BILD-Zeitung und Herrn Wulff ohnehin veröffentlicht werden, spricht daher sogar noch für die Zulässigkeit der Veröffentlichung auch der Mailbox-Nachricht (dagegen allerdings: Die Situation ist jetzt eine andere als zum Zeitpunkt, an dem die Mailbox-Nachricht einging.).
Fazit
Der Bundespräsident könnte die Veröffentlichung auch ohne seine Zustimmung wohl nicht verhindern. Sie stellte keinen Verstoß gegen sein APR dar und wäre daher rechtmäßig.

06.01.2012/4 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-01-06 09:49:322012-01-06 09:49:32Kann der Bundespräsident die Veröffentlichung der Mailbox-Nachricht verhindern?
Dr. Johannes Traut

Geschenke, Ministergesetz und die Stellung des Bundespräsidenten

Öffentliches Recht, Tagesgeschehen, Verfassungsrecht

Aus aktuellem Anlass wirft dieser Artikel einen kurzen Blick auf die Frage, inwieweit es nach dem niedersächsischen Ministergesetz sowie nach dem GG für Ministerpräsident bzw. Bundespräsident zulässig ist, geldwerte Vorteile anzunehmen. Dabei liefert dieser Artikel keine definitve Antwort (schon angesichts im Detail immer noch unklaren Sachverhaltes), sondern Denkanstöße.
I. Ministergesetz: § 5 Abs. 4 S. 1 Nds-MinG
Die Annahme von Vorteilen durch Mitglieder der Landesregierung wird durch § 5 Abs. 4 des Niedersächsischen Ministergesetzes geregelt. Dieses findet auf alle Mitglieder der Landesregierung und damit auch auf den Ministerpräsidenten Anwendung, §§ 1f. Nds-MinG. Der Wortlaut ist:

  (4) 1Die Mitglieder der Landesregierung dürfen, auch nach Beendigung ihres Amtsverhältnisses, keine Belohnungen und Geschenke in Bezug auf ihr Amt annehmen. 2Die Landesregierung kann Ausnahmen zulassen. 3Sie kann diese Befugnis auf die Staatskanzlei übertragen.

Der Wortlaut orientiert sich damit an den entsprechenden beamtenrechtlichen Regelungen (s. §§ 42 Abs. 1 BeamtStG, 71 Abs. 1 BBG), unterscheidet sich aber insofern als dort neben Belohnungen und Geschenken auch von „sonstigen Vorteilen“ gesprochen wird. Ein sachlicher Unterschied ist damit aber nicht verbunden, der Zusatz „und sonstige Vorteile“ ist neuerer Provenienz und in dem älteren  § 5 Nds-MinG nicht enthalten. Man ist sich aber weitgehend einig , dass die Maßstäbe sich auch in den §§ 42 BeamtStG, 71 BBG nicht verschoben haben, sondern die Aufnahme des Zusatzes nur klarstellender Natur war (vgl. etwa Battis, BBG, 4. Aufl. 2009, § 71 Rn. 4).  Daher kann man sich für die Auslegung des § 5 Abs. 4 Nds-MinG auch an der Rechtsprechung zu den §§ 42 Abs. 1 BeamtStG, 71 Abs. 1 BBG orientieren – dazu sogleich.
Demnach ist klar, dass der Ministerpräsidenten in Bezug auf sein Amt keine Leistungen annehmen darf, für die er keine volle Gegenleistung erbringt. Auch soweit das schenkende Elemente „nur“ in einem vergünstigten Zinssatz liegt, ist § 5 Abs. 4 S. 1 Nds-MinG verletzt.
Da der ursprüngliche Kredit diesen Anforderungen wohl nicht genügte, stellt sich dann die Frage, ob diese Kreditvergabe auch „in Bezug auf das Amt“ erfolgte. Die Verteidigung des Bundespräsidenten stellt auf dieses Tatbestandsmerkmal ab: Nicht wegen des Amtes, sondern nur aus persönlicher Verbundenheit sei der Vorteil gewährt worden. Sollte dies den Tatsachen entsprechen, läge tatsächlich kein Verstoß gegen § 5 Abs. 4 S. 1 Nds-MinG vor.
Freilich ist fragwürdig, ob der Bundespräsident ein Gericht hiervon überzeugen könnte. Zunächst folgt aus der Formulierung: „Geschenke in Bezug auf ihr Amt“, dass das Geschenk in Bezug auf das Amt gewährt worden sein muss. Es kommt also nicht auf das subjektive Empfinden des Empfängers, sondern auf die Absichten des Gewährenden an.
Das führt zu dem Schluss, dass, wie auch der weite Anwendungsbereich des § 5 Abs. 4 S. 1 Nds-MinG, der auch Geschenke nach Beendigung des Amtsverhältnisses erfasst, nahelegt, durch die Norm auch jeder Anschein der Bestechlichkeit vermieden werden soll. Dies muss auch bei der Auslegung des „Amtsbezuges“ berücksichtigt werden. Daher ist darauf abzustellen, ob der Geber sich nach den objektiv erkennbaren Umständen bei der Gewährung der Zuwendung davon leiten lässt, dass der Empfänger – wenn auch nicht in Bezug auf ihn – dienstlich tätig wird oder werden wird.
Dies entspricht der Rechtssprechung des BVerwG zu § 71 Abs. 1 BBG. Das, was für die einfachen Beamten gilt, muss für die Minister, welche die  Spitze der Verwaltungsorganisation bilden, erst Recht gelten. Das BVerwG (NJW 1996, 2319) führt aus:

Eine Zuwendung wird in bezug auf die dienstliche Tätigkeit gewährt, wenn nach den Umständen des Einzelfalles sich der Geber davon leiten läßt, daß der Bedienstete dienstlich tätig wird oder geworden ist. Dabei ist es ausreichend, wenn nach den erkennbaren Vorstellungen und Motiven des Gebers der Gesichtspunkt der Anstellung oder dienstlichen Tätigkeit des Empfängers zumindest mitkausal ist, um jeden Anschein durch Gefälligkeiten beeinflußbarer dienstlicher Tätigkeit zu vermeiden.

Es genügt ein mittelbarer Amtsbezug. Auch nachgewiesene freundschaftliche Beziehungen genügen nicht, um einen Amtsbezug auszuschließen, wenn dieser an Hand der objektiven Kriterien vorliegt (vgl. BVerwG v. 25.3.1982 – 1 D 80/80, juris Rn. 69).
Fazit: Nach dem, was man in der Presse über das Verhältnis von Herrn Wulff und Herrn Geerkens erfahren hat, liegt es nach diesen Kriterien sehr nahe, eine amtsbezogene Zuwendung anzunehmen. Denn zwischen den beiden bestanden nicht nur freundschaftliche , sondern auch in vielerlei Hinsicht amtliche Beziehungen. Eine klare Trennung erscheint kaum plausibel. Es genügt ja bereits, wenn die Amtseigenschaft auch kausal war. Das ist etwa bei der Erwägung, es wäre auch gut für die „Landschaftspflege“ bei dem Ministerpräsidenten (und aus damaliger Sicht vielleicht zukünfigten Kanzler oder Bundesminister), wenn man „sich die Freundschaft“ erhält, der Fall.
Abwegig dürfte es sein, sich die Frage zu stellen, ob sich der Ministerpräsident selbst die Annahme des Vorteils genehmigen darf, selbst wenn ihm diese Befugnis durch die Landesregierung übertragen sein sollte (§ 5 Abs. 4 S. 3 i.V.m. S 2 Nds-MinG). Diese Genehmigung müsste zumindest in irgendeiner Form nach außen gedrungen sein.
II. Annahme von Vorteilen durch den Bundespräsidenten
Klar dürfte sein, dass der Bundespräsident nicht durch Vorteile bei der Führung seiner Amtsgeschäfts beeinflussen lassen darf. Das folgt aus seinen Amtspflichten und wird einfachgesetzlich durch §§ 331f. StGB bestätigt  (dazu noch sogleich). Hiervon zu trennen ist jedoch die Frage, ob er derartige Vorteile mitnehmen darf, soweit sie seine Amtsführung in keiner Weise beeinflussen.
Für den Bundespräsidenten fehlt eine dem § 5 Abs. 4 Nds-MinG entsprechende Regelung, in der die Annahme von Vorteilen ausdrücklich geregelt wird. Am sachnächsten ist insofern Art. 55 GG, nach dessen Absatz 2 gilt:

  (2) Der Bundespräsident darf kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.

1. Folgt aus Art. 55 Abs. 2 GG ein Verbot, Vorteile anzunehmen?
Möglicherweise ist aus dieser Norm unmittelbar ein Verbot, Vorteile anzunehmen, abzuleiten. Der Frage kann man sich mit den klassichen Auslegungsmethoden nähren:
– Wortlaut: Dem Wortlaut nach enthält Art. 55 Abs. 2 GG ein solches Verbot nicht. Der Wortlaut legt es nahe, dass Interessenkonflikte durch weitere rechtliche Bindungen des Bundespräsidenten vermieden werden sollen. Direkt sagt er nichts darüber aus, ob er einen Vorteil annehmen darf.
– Systematik: Das Grundgestz kennt mit Art. 66 GG eine vergleichbare Norm für die Mitglieder der Bundesregierung. Zur Konkretisierung dieser wurde das Bundesministergesetz geschaffen. Dessen § 5 Abs. 3 verbietet aber die Annahme von Geschenken nicht per se, sondern überlässt die Entscheidung, wie mit ihnen zu verfahren ist, der Bundesregierung. Sollte man diese Regelung als einfachrechtliche Ausformung des Gehalts von Art. 66 GG begreifen, legt auch dies den Schluss nahe, dass die Annahme von Geschenken nicht per se unzulässig ist.
In eine andere Richtung deutet freilich, dass der Bundespräsident die Bundesbeamten ernennt und entläßt (Art. 60 Abs. 1 GG). Es ist daher naheliegend, dass auch er – im Erst-Recht-Schluß – die Anforderungen erfüllen muss, die für die Beamten gelten. Zu den Grundsätzen des Berufsbeamtentums gehört es, auch einen Anschein der Bestechlichkeit zu vermeiden:

BVerwG v. 19.2.2003 – 1 D 14/02, juris Rn. 57: „Die selbstlose, uneigennützige, auf keinen Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte ist eine der wesentlichen Grundlagen des Berufsbeamtentums. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in seine Integrität trägt entscheidend zur Funktionsfähigkeit des Gemeinwesens bei. Ein Beamter, der in Bezug auf sein Amt Belohnungen oder Geschenke annimmt, setzt das Ansehen der Beamtenschaft herab und gefährdet das Vertrauen seiner Behörde und der Allgemeinheit in seine Zuverlässigkeit. Er erweckt hierdurch zugleich den Verdacht, für Amtshandlungen allgemein käuflich zu sein und sich bei seinen Dienstgeschäften nicht allein an sachlichen Erwägungen zu orientieren, sondern sich auch von dem Blick auf den ihm zugesagten, gewährten oder gar geforderten Vorteil leiten zu lassen. Dies kann im Interesse einer geordneten und sachlich orientierten Verwaltung und im Interesse eines allgemeinen Vertrauens in den Rechtsstaat, die beide für das demokratische Gemeinwesen grundlegend sind, nicht hingenommen werden.“

Gegen die Orientierung an den Maßstäben für Beamten spricht andererseits, dass der Bundespräsident nicht ihr Dienstherr ist, sondern die Erennungen lediglich zu vollziehen hat.
– Zweck: Sehr deutlich dafür, Art. 55 Abs. 2 GG aber auch dahingehend auszulegen, dass die Annahme jeden Vorteils ausgeschlossen ist, spricht jedoch der Zweck der Norm. Sie soll erkennbar die Neutralität des Bundespräsidenten wahren und sein Amt, das in besonderem Maße von der Redlichkeit des Amtsinhabers zehrt (Maunz/Dürig-Herzog, Art. 55 Rn. 4: „Flair der Redlichkeit“), schützen. Letztlich folgt aus der Stellung des Bundespräsidenten als neutralem Staatsoberhaupt, das seine gesamte Kraft in den Dienst des Gemeinwohls stellen soll und muss, dass jeder Aschein der Käuflichkeit vermieden werden muss – bei dem Bundespräsidenten in noch stärkerem Maß als bei den Beamten. Denn der Bundespräsident ist in noch viel höherem Maße Repräsentant des Staates.
2. Verbot der Annahme von Vorteilen als ungeschriebener Grundsatz?
Fraglich ist jedoch, ob dieses Ergebnis mit dem Wortlaut des Art. 55 Abs. 2 GG noch zu vereinbaren ist, es um eine analoge Anwendung oder einen ungeschriebenen Grundsatz geht. Letzteren könnte der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 2 GG) entgegenstehen, denn auch der Bundespräsident hat Grundrechte (Stichwort: Kein besonderes Gewaltverhältnis); zumindest in Art. 2 Abs. 1 GG wird durch ein Verbot der Annahme von Vorteilen eingegriffen.
Wegen des klaren Wortlauts halte ich es für nur weniger vertretbar, das Verbot unmittelbar aus Art. 55 Abs. 2 GG herzuleiten. Im Ergebnis ist wohl überzeugend, mit dem Rechtsgedanken des Art. 55 Abs. 2 GG einen ungeschriebenen Grundsatz zu entwicklen. Dies dürfte auch mit dem Vorbehalt des Gesetzes zu vereinbaren sein, da ja immerhin das Amtsverhältnis des Bundespräsidenten insgesamt im GG geregelt ist. Für Grundrechtseingriff gelten nicht die strengen Anforderungen des nulla poena sine lege Grundsatzes wie im Strafrecht. Eine bloße Analogie des Art. 55 Abs. 2 GG ist dagegen eher prolbematisch im Hinblick auf den Vorbehalt des Gesetzes. Es ist etwas anderes ob eine Frage „ungeschrieben geregelt“ ist oder ob durch Analogie erst eine Regelung geschaffen wird, die in Grundrechte eingreift.
3. Jedenfalls: Grenze der §§ 331f. StGB
Auf den Bundespräsidenten als sonstigen in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehenden Amtsträger (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 lit b) StGB) sind zumindest die §§ 331f. StGB anwendbar (hM, vgl. MüKoStGB-Ratke, 1. Aufl. 2003, § 11 Rn. 28). Eine Verletzung dieser erfordert freilich, dass sich der Bundespräsident den Vorteil „für die Dienstausübung“ gewähren lässt. Das erfordert einen Unrechtsvereinbarung, es muss die zumindest stillschweigende Übereinkunft zwischen Amtsträger und Zuwendendem bestehen, dass der Vorteil ein Äquivalent für die Dienstausübung bzw Diensthandlung darstellt. Das ist sehr viel enger als § 5 Abs. 4 Nds-MinG, wonach nur ein Bezug zur Amtseigenschaft der Person hergestellt werden muss.
M.E. sind für die notwendige Unrechtsvereinbarung in der bisherigen Presseberichterstattung noch nicht einmal Ansatzpunkte aufgetaucht.
Nach Art. 60 Abs. 4, 46 Abs. 2 GG genießt er während seiner Amtszeit Immunität, danach kann der Strafanspruch aber durchgesetzt werden.

03.01.2012/4 Kommentare/von Dr. Johannes Traut
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Johannes Traut https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Johannes Traut2012-01-03 11:14:332012-01-03 11:14:33Geschenke, Ministergesetz und die Stellung des Bundespräsidenten

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