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Schlagwortarchiv für: widerruf

Redaktion

Wirkung des Widerrufs (§ 355 BGB)

Karteikarten, Rechtsgebiete, Schuldrecht, Uncategorized, Zivilrecht, Zivilrecht

Auch, wenn nach dem Begriff „Widerruf“ eine Rückwirkung naheliegend ist, wirkt die Ausübung des Widerrufsrechts ex nunc!

Denn: Der Widerruf ist ein Gestaltungsrecht. Die Ausübung des Widerrufs wandelt den Vertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis um.

§ 355 III 1 BGB: Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren.

Anders als bei der Anfechtung nach § 142 I BGB entfällt die Rechtsgrundlage gerade nicht rückwirkend.

Die Rückabwicklung erfolgt daher nach den §§ 357 ff. BGB und nicht nach Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB).

Noch ausstehende fällige Leistungen sind nach Ausübung des Widerrufs nicht mehr geschuldet.

18.10.2023/2 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2023-10-18 08:19:352023-10-18 08:19:37Wirkung des Widerrufs (§ 355 BGB)
Simon Mantsch

BGH zu Darlehensklauseln der Mercedes-Benz Bank AG

AGB-Recht, Aktuelles, Rechtsprechung, Schuldrecht, Uncategorized, Zivilrecht

Jüngst hatte sich der BGH mit den von der Mercedes-Benz Bank AG verwendeten Klauseln in Verbraucherdarlehensverträgen zwecks PKW-Finanzierung zu befassen (Urt. v. 24.3.2023 – VIa ZR 1517/22). Inhaltlich galt es dabei, sich mit den äußerst examensrelevanten Materien der verbundenen Verträge gem. § 358 BGB und der AGB-Kontrolle gem. §§ 305 ff. BGB auseinanderzusetzen. Studierenden sollte die Entscheidung vor diesem Hintergrund bekannt sein.

I. Der Sachverhalt (gekürzt)

Der Kläger K kaufte bei der Daimler AG (Beklagte und im Folgenden als Daimler bezeichnet; Hinweis: aus der Daimler AG wurde zum 1.2.2022 die Mercedes-Benz Group AG) am 7.3.2019 einen Neuwagen zum Preis von 55.335,89 EUR, der – wie sich herausstellen sollte – vom Dieselskandal betroffen war. K leistete eine Anzahlung in Höhe von 9.140,00 EUR. Im Übrigen wurde der Kaufpreis durch die Mercedes-Benz Bank AG (im Folgenden Darlehensgeberin) finanziert. Dazu schloss K mit der Darlehensgerberin einen Verbraucherdarlehensvertrag gem. §§ 488, 491 BGB. Dieser diente ausdrücklich der Finanzierung des in Rede stehenden PKW und bildete darüber hinaus eine wirtschaftliche Einheit mit dem zwischen K und Daimler abgeschlossenen Kaufvertrag gem. § 433 BGB. Die von der Darlehensgeberin verwendeten Vertragsklauseln enthielten dabei unter anderem die nachstehenden Regelungen:

„II. Sicherheiten

Der Darlehensnehmer räumt dem Darlehensgeber zur Sicherung aller gegenwärtigen und bis zur Rückzahlung des Darlehens noch entstehenden sowie bedingten und befristeten Ansprüche des Darlehensgebers aus der Geschäftsverbindung einschließlich einer etwaigen Rückabwicklung, gleich aus welchem Rechtsgrund, Sicherheiten gemäß nachstehenden Ziffern 1-3 ein. […]

[…]

3. Abtretung von sonstigen Ansprüchen

Der Darlehensnehmer tritt ferner hiermit folgende – gegenwärtige und zukünftige – Ansprüche an den Darlehensgeber ab, […] [der] diese Abtretung annimmt:

  • gegen den Schädiger und den Halter des schadenverursachenden Fahrzeuges sowie deren Haftpflichtversicherer auf Ausgleich für Beschädigung oder Zerstörung des Finanzierungsobjektes.
  • gegen den Kaskoversicherer auf Ausgleich für Beschädigung, Zerstörung oder Abhandenkommen des Finanzierungsobjektes.
  • gegen den Verkäufer für den Fall einer Rückgängigmachung des finanzierten Vertrages oder Herabsetzung der Vergütung.
  • gegen die Daimler AG [Beklagte], Mercedes-Benz Leasing GmbH, Mercedes-Benz Mitarbeiter-Fahrzeuge Leasing GmbH oder einen Vertreter der Daimler AG, gleich aus welchem Rechtsgrund. Ausgenommen von der Abtretung sind Gewährleistungsansprüche aus Kaufvertrag des Darlehensnehmers gegen die Daimler AG [Beklagte] oder einen Vertreter der Daimler AG. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber auf Anforderung jederzeit die Namen und Anschriften der Drittschuldner mitzuteilen.

[…]

6. Rückgabe der Sicherheiten

Der Darlehensgeber verpflichtet sich, nach Wegfall des Sicherungszweckes (alle Zahlungen unanfechtbar erfolgt) sämtliche Sicherungsrechte (Abschnitt II. Ziff. […] 3) zurückzuübertragen […] Bestehen mehrere Sicherheiten, hat der Darlehensgeber auf Verlangen des Darlehensnehmers schon vorher nach […] [seiner] Wahl einzelne Sicherheiten oder Teile davon freizugeben, falls deren realisierbarer Wert 120% der gesicherten Ansprüche des Darlehensgebers überschreitet.

[…]“

K begehrte von Daimler Schadensersatz aus deliktischer Handlung aufgrund des Inverkehrbringens des Fahrzeugs mit einem als illegale Abschaltvorrichtung zu qualifizierendem Thermofenster.

II. Die Entscheidung (gekürzt)

Das erstinstanzliche zuständige LG hat das Begehren des K ebenso wie das in der Berufung mit der Sache betraute OLG abgelehnt. Als Grund wurde angeführt, dass K sämtliche Ansprüche gegen Daimler an die Darlehensgeberin abgetreten habe (vgl. AGB), womit ihm im Ergebnis die Aktivlegitimation für ein deliktisches Vorgehen gegen Daimler fehle. Etwas anderes könne sich auch nicht aus einer Einziehungsermächtigung (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB) ergeben, da eine solche nur bei einer stillen Sicherungsabtretung, nicht jedoch bei der hier in Rede stehenden offengelegten Sicherungsabtretung angenommen werden kann. Eine Aktivlegitimation des K könne sich auch nicht aus einer unwirksamen Bestimmung in den verwendeten AGB und einer damit einhergehenden unwirksamen Sicherungsabtretung ergeben, da die AGB einer Überprüfung am Maßstab der §§ 305 ff. BGB insoweit standhalten.

Die Erwägungen des Berufungsgerichts konnten einer revisionsrechtlichen Überprüfung durch den BGH nicht standhalten. Tatsächlich würde K die Aktivlegitimation fehlen, wenn es zu einer wirksamen Sicherungsabtretung aller Ansprüche gegen Daimler (mit Ausnahme der Gewährleistungsansprüche) an die Darlehensgeberin gekommen wäre. Dazu müsste jedoch die Abtretung aller Ansprüche gegen Daimler an die Darlehensgeberin „gleich aus welchem Rechtsgrund“ wirksam gewesen sein. Bei den verwendeten Klauseln handelt es sich – insoweit übereinstimmend mit den Feststellungen des OLG – um allgemeine Geschäftsbedingungen gem. § 305 Abs. 1 BGB, die nach § 305 Abs. 2 BGB auch Bestandteil des Verbraucherdarlehensvertrages geworden sind. Sie müssten jedoch auch einer Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB standhalten, wenn nach § 307 Abs. 3 BGB von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen getroffen worden sind, es sich mithin nicht bloß um deklaratorische Regelungen handeln würde. Dazu muss der Inhalt der Klausel ermittelt werden.

Ein verständiger Leser kann die verwendeten AGB (insbesondere unter Beachtung der Regelung II. Ziffer 3 vierter Spiegelstrich) nur so verstehen, dass sämtliche Ansprüche gegen Daimler, gleich aus welchem Rechtsgrund, an die Darlehensgeberin abgetreten werden. Davon ausgenommen sind nur die Gewährleistungsansprüche aus dem Kaufvertrag. Beachtet werden muss jedoch, dass der zwischen K und Daimler und der zwischen K und der Darlehensgeberin geschlossene Verbraucherdarlehensvertrag verbundene Verträge nach § 358 Abs. 3 S. 1, 2 BGB a.F. darstellen, da der Darlehensvertrag – wie von § 358 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. verlangt – ausdrücklich der Finanzierung des in Rede stehenden PKW diente und weiterhin eine wirtschaftliche Einheit mit dem ebenso geschlossenen Kaufvertrag darstellte. Liegt ein derartiger Vertrag vor, kommt es im Falle des Widerrufs von einem der Verträge nach § 358 Abs. 4 S. 5 BGB zu einer gesetzlichen Schuldübernahme der Darlehensgeberin. Wenn das Darlehen dem Vertragspartner des verbundenen Vertrages (hier: Daimler) bei Wirksamwerden des Widerrufs also schon zugeflossen ist, so tritt der Darlehensgeber im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Vertragspartners des verbundenen Vertrages (hier: Daimler) ein. Für die Rückabwicklung dürfte K also die gegen Daimler bestehenden Ansprüche aus § 355 Abs. 3 S. 1 BGB gegenüber der Darlehensgeberin geltend machen. Gerade das aber schließt die von der Darlehensgerberin verwendete Klausel aus. Vielmehr bedürfte es einer vorherigen Rückabtretung der Ansprüche gegen Daimler an K, damit zum gesetzlichen Regelmodell aus § 358 Abs. 4 S. 5 BGB zurückgekehrt wird. Dies ist in der Klausel für den Fall des Widerrufs nicht vorgesehen. Im Ergebnis weicht die Klausel somit vom gesetzlichen Regelfall ab und es hat nach § 307 Abs. 3 BGB eine umfassende Inhaltskontrolle zu erfolgen.

Die von der Darlehensgeberin verwendete Klausel wäre gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen würde. Dies ist nach der Zweifelsregelung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB untern anderem dann anzunehmen, wenn die vorgenommene Abweichung vom gesetzlichen Leitbild mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist. In diesem Kontext ist jedoch zu beachten, dass § 361 Abs. 2 S. 1 BGB explizit regelt, dass von den Vorschriften der §§ 355 ff. BGB nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf, soweit sich nicht aus einer gesetzlichen Regelung etwas anderes ergibt. Es handelt sich damit um einseitig zwingendes Recht. Gleichwohl wird durch die angesprochene Klausel eine Abweichung zu Ungunsten des Verbrauchers dadurch vorgenommen, dass er an der Geltendmachung seiner Anspruchs aus §§ 355 Abs. 3 S. 1, 358 Abs. 4 S. 5 BGB gehindert wird. Und mehr noch: Der zunächst gegen Daimler bestehende Anspruch des K auf Rückgewähr der Anzahlung dient nach der Abtretung infolge der AGB-Klausel nunmehr der Darlehensgeberin dergestalt, dass dieser ihren eigenen Anspruch gegen K auf Wertersatz gem. §§ 358 Abs. 4 S. 5, 357 Abs. 7 BGB a.F. absichert. Denn § 358 Abs. 4 S. 5 BGB wurde nicht in Gänze abbedungen, sondern nur dergestalt, dass K der Darlehensgeberin nicht die Ansprüche gegen Daimler bzw. nach der Schuldübernahme gegen die Darlehensgeberin entgegenhalten kann. Der Verbraucher sähe sich somit einem Wertersatzanspruch ausgesetzt, ohne sich von dieser Leistungspflicht durch Aufrechnung gem. §§ 387, 389 BGB mit einem Gegenanspruch – nämlich den auf Rückgewähr der Anzahlung – befreien zu können. Das könnte den Verbraucher im Ergebnis davon abhalten, von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Dies ist mit dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen nicht in Einklang zu bringen.

Die Klausel aus der AGB ist somit wegen einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Sie kann nicht einschränkend so interpretiert werden, dass sie gerade noch im Einklang mit §§ 305 ff. BGB steht. Dies liefe auf eine unzulässige geltungserhaltende Reduktion hinaus. Auch lässt sich die Klausel nicht inhaltlich in einen wirksamen und einen unwirksamen Teil mit der Folge gliedern, dass nur letzterer Teil unwirksam wird. Der blue-pencil-test gelingt mithin ebenso wenig. Die formularmäßige Sicherungsabtretung ist im Ergebnis somit unwirksam. Der Vertrag bleibt im Übrigen nach § 306 Abs. 1 BGB wirksam.

In Ermangelung einer wirksamen Sicherungsabtretung ist K somit im Hinblick auf einen Anspruch gegen Daimler aus deliktischer Handlung anspruchsberechtigt und mithin aktivlegitimiert gewesen. Einer eingehenderen Prüfung des deliktischen Anspruchs des K gegen Daimler ist das Berufungsgericht aufgrund seiner fehlerhaften Annahme bisher schuldig geblieben und eine solche Prüfung kann nach § 563 Abs. 3 ZPO auch nicht durch das Revisionsgericht (den BGH) erfolgen. Die Sache ist somit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

III. Einordnung der Entscheidung

Das Urteil des BGH beschäftigt sich inhaltlich nahezu ausschließlich mit examensrelevanten Vorschriften und erweist sich daher geradezu prädestiniert, um einen Teil einer zukünftigen Examensklausur darzustellen. Und wie so oft zeigt sich, dass bei der AGB-Prüfung nicht auf Lücke gelernt werden sollte. Hier lässt sich zwar mit entsprechender Argumentation vieles vertreten, doch ist es wahrlich hilfreich, grundlegende Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu kennen. Ob man in Examensklausuren mit entsprechenden Fallkonstellationen ohne weiteres auf § 361 Abs. 2 BGB und die Regelung des § 358 Abs. 4 S. 5 BGB gestoßen wäre, erscheint zumindest fraglich.

An dieser Stelle soll nochmals ausführlicher auf die nicht ganz einfache Regelung des § 358 Abs. 4 S. 5 BGB eingegangen werden. Der Regelungsgehalt wurde bereits an vorheriger Stelle diskutiert. Es fragt sich jedoch, worin der Sinn und Zweck der mit der Regelung verbundenen Schuldübernahme liegt. Die Antwort liegt auf der Hand: es geht – wie so oft – um Verbraucherschutz. Ohne die Regelung des § 358 Abs. 4 S. 5 BGB müsste der Verbraucher der Darlehensgeberin zunächst den Darlehensbetrag zurückerstatten, um dann vom Vertragspartner des verbundenen Vertrags Rückzahlung des Kaufpreises verlangen zu können. Damit würde aber auch das Insolvenzrisiko jenes Vertragspartners beim Verbraucher liegen. Das gilt es jedoch zu vermeiden, wenn sich die Verträge geradezu als Einheit darstellen. § 358 Abs. 4 S. 5 BGB verlagert daher gerade dieses Insolvenzrisiko auf die Darlehensgeberin und führt zu einer bilateralen Abwicklung. Die Darlehensgeberin muss sich nun an den Vertragspartner des verbundenen Vertrags wenden (im oben diskutierten Fall also an Daimler), um aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB Rückzahlung zu verlangen.

Ferner stellt sich die Frage, wie die bilaterale Abwicklung letztlich ausgestaltet ist. Dabei gilt es folgendes zu beachten:

  1. Die Darlehensgeberin kann gegen den Verbraucher keinen Anspruch auf Rückzahlung des Darlehensbetrages geltend machen, da sich dieser mit dem Anspruch des gegen die Darlehensgeberin (in seiner Rolle als Daimler) auf Rückzahlung des Kaufpreises saldiert.
  2. Daraus folgt zudem, dass auch der Verbraucher den gezahlten Kaufpreis nicht zurückverlangen kann.
  3. Der Verbraucher hat jedoch gegen die Darlehensgeberin einen Anspruch auf Rückerstattung der an seine Vertragspartner (Darlehensgeberin und Daimler) erbrachten Leistungen (etwa eine geleistete Anzahlung).
  4. Die Darlehensgeberin hat demgegenüber (in seiner Rolle als Daimler) einen Anspruch auf Rückerstattung der finanzierten Leistung (also des PKW) sowie Wertersatz für den Wertverlust nach § 357 a BGB (bzw. § 357 Abs. 7 BGB a.F.).
  5. Komplizierter wird es, wenn die Rückabwicklung zwischen Darlehensgeberin und Daimler in Rede steht. Infolge der bilateralen Abwicklung hat die Darlehensgeberin den finanzierten Gegenstand erlangt, während sich der Darlehensbetrag in Gestalt des gezahlten Kaufpreises nach wie vor im Vermögen von Daimler befindet. Für die Herstellung des „richtigen“ Zustands wird – wie bereits angesprochen – oft auf Bereicherungsansprüche aus Nichtleistungskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB zurückgegriffen. Ganz widerspruchsfrei ist dies freilich nicht, da im Mehrpersonenverhältnis eigentlich vorrangige Leistungsverhältnisse zu beachten wären, die eine Nichtleistungskondiktion ausschließen. Gleichwohl verbietet sich im bereicherungsrechtlichen Mehrpersonenverhältnis nach Ansicht des BGH jede schematische Lösung (BGH, Urt. v. 19.9.2014 – V ZR 269/13, NJW 2015, 229, 231; st. Rspr.). Alternativ könnte jedoch auch angedacht werden, auch in diesem Rückabwicklungsverhältnis § 355 Abs. 4 S. 5 BGB entsprechend anzuwenden, sodass die Darlehensgeberin im Verhältnis zu Daimler in die Rolle des Verbrauchers einrücken würde.
12.06.2023/1 Kommentar/von Simon Mantsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Simon Mantsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Simon Mantsch2023-06-12 11:56:452024-09-14 09:23:39BGH zu Darlehensklauseln der Mercedes-Benz Bank AG
Dr. Philip Musiol

Ticketverkaufsstellen wie Eventim müssen bei coronabedingtem Veranstaltungsausfall nicht die Ticketkosten zurückerstatten

Kaufrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schuldrecht, Startseite, Uncategorized, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Entscheidungen rund um das Coronavirus beherrschen nach wie vor die Rechtsprechung. Besonders die letztinstanzlichen Entscheidungen sind dabei von besonderer Prüfungsrelevanz, so auch das Urteil des BGH vom 13.07.2022, Az. VII ZR 329/21.

I.             Sachverhalt

Die Klägerin K hatte bei einer Vorverkaufsstelle, dem Ticketdienstleister T, im Dezember 2019 fünf Konzertkarten gekauft, das Konzert sollte am 21.03.2020 stattfinden. T ist dabei nicht selbst Veranstalter der Veranstaltungen, sondern vertreibt die Tickets nur im Auftrag des jeweiligen Veranstalters in eigenem Namen als Kommissionärin (§ 383 HGB). Das Konzert wurde schließlich aus Infektionsschutzgründen abgesagt. Anders als bei anderen Veranstaltungen der Fall, handelte es sich hierbei augenscheinlich um eine „endgültige“ Absage, ohne dass in dem Urteil Versuche, das Konzert zu verschieben thematisiert werden. Infolge der Absage wurde der Klägerin von der Veranstalterin – wohlgemerkt: nicht von der Vorverkaufsstelle – ein Wertgutschein angeboten. K lehnte diesen Wertgutschein ab und forderte stattdessen den Ticketdienstleister T auf die Erstattung des Ticketpreises in Anspruch. In erster Instanz war K hiermit erfolgreich, das Berufungsgericht wies die Klage ab. Mit ihrer Revision begehrte K nun die Wiederherstellung des erstinstanzlichen, der Klage stattgebenden Urteils.

II.            Entscheidung

Die Revision brachte nicht das von der Klägerin erhoffte Ergebnis. Der BGH wies die Revision zurück und schloss sich der Entscheidung des Berufungsgerichts an.

Zunächst ordnete der BGH den Vertrag, der zwischen K und T zustande gekommen war, als Rechtskauf im Sinne des § 453 BGB ein, um dann in einem zweiten Schritt einen Anspruch auf Rückerstattung des Ticketpreises infolge eines Rücktritts nach §§ 453 Abs. 1 aF, 437 Nr. 2 Alt. 1, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB abzulehnen. Denn es fehle an einem Rücktrittsgrund: Hauptleistungspflicht der T war nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag die Verschaffung des Rechts auf Teilnahme an Konzert durch Übertragung des Eigentums und des Besitzes an der dieses Recht verbriefenden Eintrittskarte. Keine Leistungspflicht der T aus dem Rechtskaufvertrag sei demgegenüber die Durchführung des Konzerts selbst. Durch die Übereignung der Eintrittskarte habe T ihre Verpflichtung damit vollständig erfüllt, für eine nachträgliche Absage des Konzerts hafte sie nicht. Insbesondere habe T ihre Verpflichtung zur Verschaffung eines Teilnahmerechts nicht mangelhaft erfüllt: Zum Zeitpunkt der Übertragung des Rechts an K war die Durchführung des Konzerts noch planmäßig vorgesehen und K stand das künftige Recht zur Teilnahme daran zu. Eine spätere, coronabedingte Absage der Veranstaltung könne schon deshalb keine Mängelgewährleistungsrechte der K begründen, weil es sich bei der Absage um einen Umstand handelt, der nach der bereits erfolgten mangelfreien Übertragung des Rechts eintrat. Maßgeblich für die Mangelfreiheit sei der Zeitpunkt der Übertragung des verkauften Rechts. Die Eintrittskarten verschafften der K dagegen als kleine Inhaberpapiere gemäß §§ 807, 793 Abs. 1 S. 1 BGB einen unmittelbaren Anspruch auf Durchführung und Teilnahme an der Veranstaltung gegen die Veranstalterin selbst. Hierbei handele es sich auch nicht um ein erst künftiges Recht. Das in der Eintrittskarte verkörperte Recht auf Teilnahme an der Veranstaltung entstehe mit der Errichtung des kleinen Inhaberpapiers durch den Veranstalter und mit dem Abschluss des Begebungsvertrags, mit dem die verbriefte Forderung schuldrechtlich begründet werde. Dass das Konzert erst in der Zukunft stattfindet, ändere hieran nichts, weil das Recht zur Teilnahme bereits entstanden sei und es nicht mehr im Belieben des Veranstalters stehe, dem Inhaber einer Eintrittskarte das Teilnahmerecht zu verweigern.

Neben der Frage, ob T aus Mängelgewährleistungsrechten zur Rückerstattung verpflichtet sei, befasste sich der BGH damit, ob T eine Garantie für das Stattfinden der Veranstaltung übernommen hatte. Auch dies lehnte der BGH ab: Einem durchschnittlichen Erwerber von Eintrittskarten über eine Vorverkaufsstelle sei bekannt, dass die Vorverkaufsstelle in der Regel keinerlei Einfluss auf die Durchführung der Veranstaltung habe. Der Erwerb einer Eintrittskarte über eine Vorverkaufsstelle begründe die Erwartung, dass der Inhaber der Karte durch deren Vorzeigen von dem Veranstalter Zutritt zu der jeweiligen Veranstaltung verlangen kann. Demgegenüber könne man nicht erwarten, dass die Vorverkaufsstelle selbst dem Karteninhaber Zutritt zu der Veranstaltung verschaffen kann. Vor diesem Hintergrund könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Vorverkaufsstelle verschuldensunabhängig und über die Pflichten eines Verkäufers hinaus für die Durchführung der Veranstaltung einstehen wolle. Auch der Umstand, dass sich der Käufer bei der Absage der Veranstaltung direkt an den Veranstalter richten müsse, mit dem er bis dahin keinen unmittelbaren Kontakt hatte, führte nach Ansicht des BGH zu keinem anderen Ergebnis. Stattdessen handele es sich hierbei um eine notwendige und für den Käufer vorhersehbare Folge des Auseinanderfallens von Verkäufer und Veranstalter.

Weiterhin ergebe sich auch wegen eines Widerrufs nach §§ 312g Abs. 1, 355 Abs. 1, 3 S. 1, 357 Abs. 1 BGB kein Rückzahlungsanspruch. Zwar bejahte der BGH das Vorliegen eines Fernabsatzvertrags, hielt jedoch gleichzeitig den Ausschlusstatbestand nach § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung für einschlägig. Denn der Rechtskaufvertrag habe das Zugangsrecht zu einer „auf einen bestimmten Zeitpunkt terminierten Freizeitbetätigung – einer Konzertveranstaltung – zum Gegenstand und [sei] somit als Dienstleistungsvertrag im Sinne von Art. 16 Buchst. l der Verbraucherrechterichtlinie und dementsprechend als von § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB erfasst anzusehen“ (Rn. 45). Die Veranstalterin sei vorliegend Kommittentin und schulde der Vorverkaufsstelle im Falle eines Widerrufs die Rückerstattung des Kaufpreises an den Verkäufer. Damit würde die Veranstalterin das wirtschaftliche Risiko des Widerrufs des Vertrags und das Risiko bezüglich der frei gewordenen Kapazitäten tragen.

Schließlich lehnte der BGH noch einen Anspruch der K auf Rückzahlung des Kaufpreises wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Rechtskaufvertrags gemäß § 313 Abs. 1, 3 BGB ab. Dabei lässt er offen, ob es zu einer Störung der Geschäftsgrundlage kam. Zwar führt er aus, dass dem Vertrag die beidseitige und nachträglich schwerwiegend gestörte Erwartung zu Grunde gelegen haben dürfte, dass sich bis zu dem geplanten Veranstaltungstermin die grundlegenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen, unter denen Großveranstaltungen grundsätzlich zulässig waren, nicht etwa auf Grund einer Pandemie ändern würden mit der Folge von hoheitlichen Verboten solcher Veranstaltungen. Es genüge, dass die Parteien diese Umstände als selbstverständlich ansahen, ohne sich diese bewusst gemacht zu haben. Darauf komme es aber deshalb nicht an, weil neben der Annahme einer Geschäftsgrundlage (bzw. des Wegfalls derselben) für die eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1, 2 BGB erforderlich ist, dass dem betroffenen Vertragspartner unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Daran fehle es in dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall. Zunächst nutzt der BGH die Gelegenheit, um zum Verwendungsrisiko von Eintrittskarten auszuführen: Grundsätzlich trage der Käufer das Risiko, den Kaufgegenstand nicht wie von ihm beabsichtigt nutzen zu können. Dies sei auf die Konstellation des Rechtskaufs übertragbar, sodass es grundsätzlich in der Risikosphäre des Käufers liege, das in der Eintrittskarte verbriefte Recht auf Teilnahme an der Veranstaltung auch tatsächlich ausüben und durchsetzen zu können, mithin die Veranstaltung tatsächlich durchgeführt wird. Etwas anderes gelte jedoch, wenn die Absage der Veranstaltung auf eine hoheitliche Maßnahme zur Pandemiebekämpfung zurückgehe. Dieses Risiko gehe über das gewöhnliche Verwendungsrisiko des Verkäufers hinaus. Die fehlende Nutzbarkeit des Teilnahmerechts sei Folge umfangreicher staatlicher Eingriffe in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, für die weder der Veranstalter noch einer der Kaufvertragsparteien verantwortlich gemacht werden kann. Jedoch sei das Festhalten an dem unveränderten Rechtskaufvertrag der K deshalb zumutbar, weil die Veranstalterin des ausgefallenen Konzerts bereit war, für die Absage der Veranstaltung einzustehen und ihr Wertgutscheine als Ersatz hierfür auszustellen. Deren Annahme sei der K zumutbar gewesen, zumal sie die Auszahlung des Betrags jedenfalls nach dem 31. Dezember 2021 hätte verlangen können, wenn ihr nicht der Verweis auf einen Gutschein angesichts ihrer persönlichen Lebensumstände unzumutbar gewesen wäre (Art. 240 § 5 Abs. 5 Nr. 1 EGBGB). Der BGH führt zur Anwendbarkeit der Regelung zwar aus, dass die genannte Gutscheinlösung für einen Rechtskaufvertrag zwischen Vorverkaufsstelle und einem Käufer nicht gelte, da sie in ihrem Anwendungsbereich auf Veranstalter beschränkt sei. Jedoch sei der Gesetzgeber ersichtlich davon ausgegangen, dass die Berechtigung zur Ausgabe eines Gutscheins durch den Veranstalter die pandemiebedingte Problematik auch bei Beteiligung einer Vorverkaufsstelle löst. So muss der Wert des Gutscheins nach Art. 240 § 5 Abs. 2 S. 1 EGBGB auch etwaige Vorverkaufsgebühren umfassen, die üblicherweise bei einem Verkauf über Vorverkaufsstellen anfallen. Der Gesetzgeber ging zudem davon aus, dass der Veranstalter seine Pflicht zur Übergabe des Gutscheins unter anderem durch dessen Aushändigung seitens der Vorverkaufsstelle erfüllen kann. Die hierdurch zum Ausdruck kommende Intention des Gesetzgebers würde umgangen, wenn ein Käufer von einer als Kommissionärin handelnden Vorverkaufsstelle die Rückzahlung des Ticketpreises verlangen könnte. In diesem Falle könnte sich die Vorverkaufsstelle bei dem Veranstalter schadlos halten, wodurch die Entlastung durch die „Gutscheinlösung“ leerliefe. Dafür, dass der K als Partei eines Rechtskaufvertrags das Festhalten hieran zumutbar ist, spreche schließlich die Gleichbehandlung mit Personen, die ihre Eintrittskarten unmittelbar beim Veranstalter erworben haben: Wieso sollte K besser stehen als ein Dritter, der sein Veranstaltungsticket unmittelbar von dem Veranstalter erhält und entsprechend der gesetzgeberischen Wertung auf die Gutscheinlösung verwiesen werden kann. Damit war es der K zumutbar, am unveränderten Vertrag festzuhalten, weshalb eine Vertragsanpassung nach § 313 BGB ausscheide.

III.          Einordnung der Entscheidung

Der auf den ersten Blick ungewohnte Einstieg ins Kaufrecht über den Umweg eines Rechtskaufs macht die Entscheidung besonders examensrelevant. Auf den zweiten Blick lässt sich der Fall durch saubere Arbeit am Gesetz und einer klaren Abgrenzung der unterschiedlichen schuldrechtlichen Verpflichtungen lösen.

Dabei ist die richtige Einordnung des Vertragstyps eine unerlässliche Weichenstellung für die restliche Falllösung: So sollte in der Fallbearbeitung klargestellt werden, dass T selbst nicht Veranstalterin ist und die Tickets in eigenem Namen „verkauft“. Hier könnte – in gebotener Kürze – eine Stellvertretung der Veranstalterin zumindest angeprüft werden. Dabei ist freilich auf die Besonderheiten des Falls zu achten, um sich nicht in unnötigen Ausführungen zu verlieren. Zur Einordnung des Vertragstyps führt der BGH aus: „Zwar ist im allgemeinen Sprachgebrauch regelmäßig von einem „Erwerb“ oder „Kauf“ von Eintrittskarten die Rede. Rechtlich handelt es sich hierbei jedoch grundsätzlich nicht um einen Sachkauf der Karten. Kaufgegenstand ist vielmehr das Recht auf Teilnahme an der vom Veranstalter durchzuführenden Veranstaltung, das durch die – nicht personalisierte – Eintrittskarte als sogenanntes kleines Inhaberpapier im Sinne von § 807 BGB verkörpert ist.“ (Rn. 20)

Soweit es um Ansprüche aus Mängelrechten geht, kommt es entscheidend auf das Pflichtenprogramm des Verkäufers an: Es ist ein Unterschied, ob die Verschaffung eines Zugangsrechts oder die Durchführung einer Veranstaltung Vertragsgegenstand ist – dies muss erkannt werden. Nachdem das Pflichtenprogramm herausgearbeitet wurde, ist auf die mangelfreie Erfüllung der Pflichten abzustellen, sowie auf den hierfür maßgeblichen Zeitpunkt. So wie die Mängelrechte beim Sachkauf vom Zeitpunkt des Gefahrübergangs nach §§ 446, 447 BGB abhängen, kommt es beim Rechtskauf auf den Zeitpunkt der Übertragung des verkauften Rechts an. Hier ist allerdings nicht auf die §§ 446, 447 BGB abzustellen – diese sind allein auf die Verschaffung von Sachen anwendbar. Gedanklich lassen sich gleichwohl Parallelen ziehen.

Die Frage, ob eine Vorverkaufsstelle eine Garantie für die Durchführung einer Veranstaltung übernommen hat, lässt sich durch eine Auslegung der Vereinbarung nach §§ 133, 157 BGB beantworten, wobei die einschlägigen Normen zu zitieren sind. Hier sollte klargestellt werden, dass mit Blick auf ihre weitreichenden Folgen hohe Anforderungen an die Annahme einer Garantie zu stellen sind.

Der Fall bietet darüber hinaus Gelegenheit, Kenntnisse aus dem Verbraucherschutzrecht abzuprüfen. Eine richtlinienkonforme Auslegung wie der BGH sie unter Verweis auf eine Entscheidung des EuGH vorgenommen hat, wird von Prüflingen wohl kaum ohne zur Verfügungstellung weiteren Materials erwartet werden können. Dennoch lohnt es sich, sich die ratio des § 312g Abs. 2 Nr. 9 BGB vor Augen zu führen: Es geht darum, dem Veranstalter nicht das wirtschaftliche Risiko von kurzfristig freiwerdenden Kapazitäten aufzuerlegen. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der BGH annahm, dass es sich bei der Veranstalterin um die Kommittentin handelte, sei der Anwendungsbereich eröffnet, da Folgen des Widerrufs die Veranstalterin sonst mittelbar treffen würden. In einem letzten Schritt muss auf das im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung allgegenwärtige Thema des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eingegangen werden. Im Gutachten ist es ratsam, die Voraussetzungen für einen Rückzahlungsanspruch nach § 313 Abs. 1, 3 BGB schematisch zu prüfen und nicht die Frage offenzulassen, ob die Geschäftsgrundlage überhaupt betroffen ist bzw. sich geändert hat. Aus klausurtaktischen Gründen sollte dies bejaht werden, um sich sodann dem letzten Schwerpunkt des Falls zuzuwenden: Der Frage, ob das Festhalten am Vertrag unter Berücksichtigung der durch die Veranstalterin angebotenen Gutscheine zumutbar war. Die Frage, ob einer Partei das Festhalten am Vertrag zumutbar ist, ist eine Wertungsfrage. Dadurch sind gesetzgeberische Wertungen, auch wenn sie den Fall nicht unmittelbar betreffen, stets beachtlich, ebenso wie Vergleiche mit ähnlich gelagerten Konstellationen. Namentlich ist damit die Konstellation des Ticketkäufers, der sein Ticket unmittelbar beim Veranstalter erworben hat, als Vergleich heranzuziehen. Diese Erwägung sowie die wirtschaftlichen Folgen (möglicher Regress der Vorverkaufsstelle beim Veranstalter und eine drohende Umgehung des gesetzgeberischen Willens) rechtfertigen es, in Fällen wie dem Vorliegenden davon auszugehen, dass es dem Ticketkäufer zumutbar ist, an dem Rechtskaufvertrag mit der Vorverkaufsstelle festzuhalten.

15.08.2022/1 Kommentar/von Dr. Philip Musiol
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Philip Musiol https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Philip Musiol2022-08-15 08:03:462022-10-24 14:47:34Ticketverkaufsstellen wie Eventim müssen bei coronabedingtem Veranstaltungsausfall nicht die Ticketkosten zurückerstatten
Dr. Lena Bleckmann

BGH zum Widerrufsrecht beim Werkvertrag sowie zur Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen

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Vergangene Woche hat der BGH in einer Entscheidung zu Treppenliften grundlegende Fragen im Bereich des Verbraucherwiderrufsrechts geklärt. Die Entscheidung liefert darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse zur Abgrenzung von Kaufverträgen, Werkverträgen und Werklieferungsverträgen.  An Klausur- und Examensrelevanz dürfte eine solche Entscheidung kaum zu übertreffen sein.
I. Der Sachverhalt
Der Sachverhalt ist schnell erzählt. A vertreibt sog. Kurventreppenlifte – es handelt sich um Vorrichtungen, die an Treppenaufgängen befestigt werden, um insbesondere Personen, die in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sind, den Treppenauf- und –abstieg zu erleichtern bzw. überhaupt erst zu ermöglichen. Die Schienen werden hierbei individuell an im jeweiligen Treppenhaus zu befahrende Kurven angepasst. A weist Verbraucher in Bezug auf diese Kurventreppenlifte darauf hin, dass im Rahmen des jeweiligen Vertrags, abgesehen von einem bestimmten Modell, kein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe. Hiergegen wendet sich die Verbraucherzentrale V. Sie ist der Ansicht, dass sehr wohl ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht und nimmt die A  auf Unterlassung in Anspruch.

Anm.: Hierbei mag es sich um eine für eine Zivilrechtsklausur eher ungewöhnliche Konstellation handeln. Bearbeiter müssten sich mit der Anspruchsberechtigung der Verbraucherzentralen nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 4 UKlaG auseinandersetzen. Dass dies gefordert wird, ist nicht ausgeschlossen, aber selten. Der Fall lässt sich jedoch ohne größere Probleme abwandeln, indem man eine tatsächliche Bestellung eines solchen Kurventreppenlifts durch einen Verbraucher mit anschließender Ausübung eines möglichen Widerrufsrechts konstruiert. Die eher unübliche Einkleidung sollte mithin nicht dazu verleiten, die Klausurrelevanz der Entscheidung zu verkennen.

II. Widerrufsrechte und Informationspflichten
Eine kurze Wiederholung der Fragen rund um das Widerrufsrecht im Verbraucherschutzrecht: Die verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 312 ff. BGB sind nach § 312 Abs. 1 BGB auf Verbraucherverträge anwendbar, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Was Verbraucherverträge sind, definiert § 310 Abs. 3 BGB: Es handelt sich um Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer. Die übrigen Absätze des § 312 BGB enthalten sodann Einschränkungen des Anwendungsbereichs, die vorliegend aber keine weitere Beachtung finden sollen.
Möchte der Verbraucher nach Abschluss eines Vertrags i.S.d. § 312 Abs. 1 BGB von diesem Abstand nehmen, kann ihm dies aufgrund eines Widerrufsrechts möglich sein. § 312g Abs. 1 BGB sieht ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge vor. In der Klausur ist an dieser Stelle daher eine saubere Subsumtion unter die Begriffe des außerhalb des Geschäftsräume geschlossenen Vertrags nach § 312b BGB bzw. des Fernabsatzvertrags nach § 312c BGB erforderlich. Für den konkreten Fall würde der Sachverhalt dann nähere Angaben enthalten, welche die Zuordnung zu dem einen oder anderen Begriff ermöglichen. Liegt ein Fernabsatzvertrag oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vor, greift grundsätzlich  § 312g Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 BGB: Wird der Widerruf fristgerecht unter Wahrung der Anforderungen des § 355 Abs. 1 BGB erklärt, sind die Parteien an ihre auf Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden. Der Unternehmer ist nach § 312d Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 246a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB verpflichtet, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren. Das alles gilt jedoch nicht, wenn das Bestehen eines Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2, 3 BGB ausgeschlossen ist.
III. Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB
Zurück zum Fall: Die Verbraucherzentrale V stützt sich für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch (§ 8 Abs. 1 UWG, § 3 Abs. 1 UWG, § 3a UWG) auf die Informationspflicht des Unternehmers bei bestehenden Widerrufsrechten nach § 312d Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 246a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB. Sofern im Falle der Bestellung eines Kurventreppenlifts ein Widerrufsrecht bestünde, würde der Hinweis von Seiten der A, dass ein solches gerade nicht besteht, wettbewerbswidriges Verhalten darstellen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 13.5.2020 – 6 U 300/19, MMR 2021, 350). Zentrale Frage ist mithin, ob denn ein solches Widerrufsrecht bestünde, wenn es mit einem Verbraucher zum Abschluss eines Vertrags über Anfertigung und Einbau eines Kurventreppenlifts durch die A käme.
Die Vorinstanz hat das noch abgelehnt: Das OLG Köln sah die Voraussetzungen des Ausschlusses nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB als erfüllt an (OLG Köln, Beschl. v. 13.5.2020 – 6 U 300/19, MMR 2021, 350, 351 f). Nach dieser Norm besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Dass die Laufschienen für Kurventreppenlifte individuell angefertigt werden und an die konkreten Gegebenheiten vor Ort angepasst werden, wird nicht bezweifelt. Der Problempunkt ist ein anderer: Bei dem Vertrag, der bei Bestellung eines Kurventreppenlifts abgeschlossen wird, müsste es sich um einen Vertrag zur Lieferung von Waren i.S.d. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB handeln. Der Begriff geht auf Art. 16 lit. c Richtlinie 2011/83/EU zurück, der den Ausschluss des Widerrufsrecht vorsieht, wenn „Waren geliefert werden“.  Nun existieren im deutschen Zivilrecht mehrere Vertragstypen, die eine Lieferung von Waren umfassen: Sowohl ein Kaufvertrag nach § 433 BGB, als auch ein Werklieferungsvertrag nach § 650 BGB und ein Werkvertrag nach § 631 BGB kann Waren (es handelt sich hierbei ausschließlich um bewegliche Gegenstände, siehe § 241a Abs. 1 BGB) zum Gegenstand haben. Nicht alle dieser Vertragstypen fallen jedoch nach Ansicht des BGH unter den Begriff des Vertrags zur Lieferung von Waren, den § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB verwendet. In einer Entscheidung aus dem Jahre 2018 hinsichtlich des Einbaus eines Senkrechtslifts äußerte sich der BGH dahingehend, dass § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB Kaufverträge und Werklieferungsverträge, in aller Regel aber nicht Werkverträge umfasse.

 „Dem Wortlaut nach umfasst § 312 g II 1 Nr. 1 BGB Verträge, die auf die Lieferung von Waren gerichtet sind. Damit werden nach dem allgemeinen Sprachgebrach Kaufverträge (§ 433 BGB) und Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen (Werklieferungsverträge, § 651 BGB) erfasst.

 Dies entspricht der Verbraucherrechte-RL, deren Umsetzung unter anderem § 312g BGB dient. Nach Art. 2 Nr. 5 Verbraucherrechte-RL ist ein „Kaufvertrag“ jeder Vertrag, durch den der Unternehmer das Eigentum an Waren an den Verbraucher überträgt oder deren Übertragung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, einschließlich von Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Damit werden von dieser Definition Kauf- und Werklieferungsverträge umfasst, und zwar auch dann, wenn sich der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher zur Montage der zu liefernden Waren verpflichtet hat. Eine entsprechende Regelung enthalten §§ 474 I 2, 434 II 1, 433, 651 S. 1 BGB.

 In Abgrenzung zum „Kaufvertrag“ ist dagegen ein „Dienstleistungsvertrag“ jeder Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und nach dem der Unternehmer eine Dienstleistung für den Verbraucher erbringt oder deren Erbringung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, Art. 2 Nr. 6 Verbraucherrechte-RL. Nach dieser Definition sind Werkverträge (§ 631 BGB) jedenfalls regelmäßig nicht als auf die Lieferung von Waren gerichtete Verträge einzustufen. Ob Werkverträge im Sinne des deutschen Rechts in Ausnahmefällen als Verträge über die Lieferung von Waren iSd § 312g II 1 Nr. 1 BGB einzustufen sind, braucht nicht entschieden zu werden.

 (BGH, Urt. v. 30.8.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380, 3381)

Zur Begründung führte der BGH auch ein systematisches Argument an: Zum Schutz der Unternehmer, die Werkverträge erbringen, sei ein Ausschluss des Widerrufsrechts nicht in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB geregelt, sondern vielmehr in § 357 Abs. 3 S. 1 BGB.
Somit ist eine Abgrenzung der drei Vertragstypen notwendig. Grundsätzlich gilt: Der Verkäufer schuldet nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB allein Übergabe und Übereignung einer Sache, während ein Werklieferungsvertrag nach § 650 S. 1 BGB auf die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Sachen gerichtet ist. Der Unternehmer des Werkvertrags ist nach § 631 BGB zur Herstellung des versprochenen Werks verpflichtet. Für eine Zuordnung zu einem dieser Vertragstypen muss der Vertragsschwerpunkt betrachtet werden: „Liegt der Schwerpunkt des Vertrags auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz, liegt ein Kauf- oder Werklieferungsvertrag vor. Liegt der Schwerpunkt des Vertrags dagegen nicht auf dem Warenumsatz, sondern schuldet der Unternehmer die Herstellung eines funktionstauglichen Werks, ist ein Werkvertrag anzunehmen“ (BGH, Urt. v. 30.8.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380, 3381).
Die Vorinstanz ist auf Basis dieser Rechtsprechung zu dem Ergebnis gelangt, es handle sich um einen Werklieferungsvertrag. Die Lieferung des Treppenlifts stehe im Vordergrund, die Montage könne durch jede Fachfirma mit geringem Aufwand erfolgen (OLG Köln, Beschl. v. 13.5.2020 – 6 U 300/19, MMR 2021, 350, 352). Der BGH ist anderer Ansicht. In der Pressemitteilung heißt es:

„Im Streitfall liegt der Schwerpunkt des angestrebten Vertrags nicht auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz am zu liefernden Treppenlift, sondern auf der Herstellung eines funktionstauglichen Werks, das zu einem wesentlichen Teil in der Anfertigung einer passenden Laufschiene und ihrer Einpassung in das Treppenhaus des Kunden besteht. Auch der hierfür, an den individuellen Anforderungen des Bestellers ausgerichtete, erforderliche Aufwand spricht daher für das Vorliegen eines Werkvertrags. Bei der Bestellung eines Kurventreppenlifts, der durch eine individuell erstellte Laufschiene auf die Wohnverhältnisse des Kunden zugeschnitten wird, steht für den Kunden nicht die Übereignung, sondern der Einbau eines Treppenlifts als funktionsfähige Einheit im Vordergrund, für dessen Verwirklichung die Lieferung der Einzelteile einen zwar notwendigen, aber untergeordneten Zwischenschritt darstellt.“

(BGH, Pressemitteilung Nr. 191/2021 v. 20.10.2021)

Demnach handelt es sich bei der Bestellung eines Kurventreppenlifts regelmäßig um einen Werkvertrag, auf den der Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht anwendbar ist. Der Hinweis der A, ein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe nicht, ist daher unrichtig und wettbewerbswidrig. Der von V  geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit § 312d Abs. 1 S. 1, § 312g Abs. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB besteht.
IV. Ausblick
Der BGH knüpft mit dieser Entscheidung an seine viel diskutierte Rechtsprechung aus dem Jahr 2018 an und bleibt dabei, dass sich der Ausschluss des Widerrufsrechts in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB i.d.R. nicht auf Werkverträge bezieht. Das macht im konkreten Fall jeweils eine Zuordnung zum Vertragstyp des Kauf-, Werklieferungs- oder Werkvertrags erforderlich. Von Studenten und Examenskandidaten ist in vergleichbaren Fällen eine genau Auswertung des Sachverhalts zu fordern. Die Ausführung der Vorinstanz zeigen hier, dass auch abweichende Ergebnisse durchaus vertretbar hergeleitet werden können. Entscheidend ist – wie so oft – eine fundierte Argumentation.

25.10.2021/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2021-10-25 08:00:182021-10-25 08:00:18BGH zum Widerrufsrecht beim Werkvertrag sowie zur Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen
Carlo Pöschke

Alles auf Anfang: (Doch) kein Verbraucherwiderrufsrecht des Bürgen

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Mit Urteil vom 22.09.2020 (Az.: XI ZR 219/19, BeckRS 2020, 27470) hat der BGH entschieden, dass einem Bürgen kein Widerrufsrecht gemäß §§ 355 Abs. 1, 312g Abs. 1, 312 Abs. 1, 312b Abs. 1 BGB zusteht. Die Frage der Widerruflichkeit von Bürgschaftserklärungen ist seit jeher zwischen Rechtsprechung und Literatur hoch umstritten. Mit seinem aktuellen Urteil haben die Karlsruher Richter nun zum zweiten Mal eine Hundertachtzig-Grad-Wende hingelegt: 1991 hat der BGH die Widerruflichkeit einer Bürgschaftserklärung zunächst abgelehnt, da eine Bürgschaft kein auf eine entgeltliche Leistung gerichteter Vertrag i.S.d. § 1 Abs. 1 des damals geltenden Haustürwiderrufsgesetzes darstelle (BGH NJW 1991, 2905). Diese Rechtsprechung hat der BGH später mit Blick auf die Haustürgeschäfterichtlinie 85/577/EWG, die eine Beschränkung auf entgeltliche Verträge nicht vorsah, und Erwägungsgrund 1 der Präambel, wonach auch einseitige Verpflichtungserklärungen erfasst werden sollten, korrigiert. Im Anschluss an den EuGH (NJW 1998, 1295) forderte der BGH jedoch zunächst das Vorliegen einer sog. „doppelten Haustürsituation“ (NJW 1998, 2356). Die Literatur hat das doppelte Haustürgeschäftserfordernis zu Recht massiv kritisiert: Denn die Schutzbedürftigkeit des Bürgen hängt nicht von der Lage des Hauptschuldners bei dessen Vertragsschluss ab. In der Folge gab der BGH auch das doppelte Haustürgeschäftserfordernis auf (NJW 2006, 845). Mit seiner Entscheidung vom 22.09.2020 hat der BGH nun alles wieder auf Anfang gesetzt: Mangels Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 312 Abs. 1 BGB können Bürgschaftserklärungen nicht nach Verbraucherwiderrufsrecht widerrufen werden.
„How puzzling all these changes are!” schrieb bereits Lewis Caroll in dem 1865 erstmals erschienen weltberühmten Kinderbuch Alice’s Adventures in Wonderland. Dass diese zickzack verlaufende rechtliche Entwicklung für den ein anderen oder anderen „verwirrend“ sein mag, werden auch die Justizprüfungsämter erkennen. Insbesondere weil sowohl Bürgschafts- als auch Verbraucherwiderrufsrecht beliebte Examensthemen sind, ist es nur eine Frage der Zeit, wann diese Entscheidung auch im Examen geprüft wird.
 
A. Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt)
Die G-Bank (im Folgenden: G) hat der S-GmbH (im Folgenden: S) ein Darlehen über 100.000 € gewährt. B war geschäftsführender Alleingesellschafter der S und übernahm zugunsten der G eine selbstschuldnerische Bürgschaft, die sämtliche Aspekte aus dem Kreditvertrag sicherte. Die Bürgschaftserklärung unterzeichnete B in Anwesenheit eines Mitarbeiters der G am 22.12.2015 in den Geschäftsräumen der S. Über ein Widerrufsrecht wurde er nicht belehrt. Nachdem ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Hauptschuldnerin gestellt worden war, kündigte die G wirksam mit Schreiben vom 26.04.2016 den Darlehensvertrag fristlos und stellte die 100.000 € zur Rückzahlung fällig. B wiederum widerrief seine auf den Abschluss des Bürgschaftsvertrags gerichtete Willenserklärung mit Schreiben vom 21.09.2016.
Die G fordert B zur Zahlung von 100.000 € auf. Zu Recht?
 
B. Gutachterliche Falllösung
Der G könnte gegen den B ein Anspruch auf Zahlung von 100.000 € aus einem wirksamen Bürgschaftsvertrag (§ 765 Abs. 1 BGB i.V.m. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB) zustehen.
 
I. Anspruch entstanden
Dann müsste ein solcher Anspruch zunächst entstanden sein. Dies setzt aufgrund der Akzessorietät der Bürgschaft (§ 767 Abs. 1 S. 1 BGB) neben dem Abschluss eines wirksamen Bürgschaftsvertrags auch den Bestand der Hauptverbindlichkeit voraus.
 
1. Wirksamer Bürgschaftsvertrag
G und B müssten einen Bürgschaftsvertrag geschlossen haben. Ein Vertrag besteht aus zwei übereinstimmenden, in Bezug aufeinander abgegebenen Willenserklärungen, namentlich Angebot und Annahme. Vorliegend ist in dem Unterzeichnen der Bürgschaftserklärung ein Angebot des B auf Abschluss des Vertrags zu sehen. Dabei wurde auch das Schriftformerfordernis des § 766 S. 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 BGB eingehalten, sodass die Willenserklärung des B nicht nach § 125 S. 1 BGB nichtig ist. Schließlich hat die G das Angebot des B jedenfalls konkludent angenommen. Somit wurde zwischen B und G ein wirksamer Bürgschaftsvertrag geschlossen.
 
2. Bestand der Hauptverbindlichkeit
Darüber hinaus müsste die G eine wirksame Hauptverbindlichkeit gegen die S haben. G und S haben einen Darlehensvertrag (§ 488 Abs. 1 BGB) über 100.000 € geschlossen, an dessen Wirksamkeit mangels entgegenstehender Angaben im Sachverhalt keine Zweifel bestehen. Diesen Darlehensvertrag hat die G durch fristlose Kündigung gem. § 490 Abs. 1 BGB fällig gestellt. Es besteht eine Hauptverbindlichkeit aus dem Darlehensvertrag.
 
3. Zwischenergebnis
Der Anspruch der G gegen den B auf Zahlung von 100.000 € ist entstanden.
 
II. Anspruch nicht erloschen
Der Anspruch könnte jedoch durch wirksamen Widerruf gem. §§ 355 Abs. 1 S. 1 BGB mit ex nunc-Wirkung erloschen sein. Dazu müsste dem B ein Widerrufsrecht zustehen, welches er fristgerecht ausgeübt hat.
 
1. Bestehen eines Widerrufsrechts
Zu prüfen ist somit zunächst, ob dem B ein Widerrufsrecht zusteht. Im vorliegenden Fall könnte sich ein gesetzliches Widerrufsrecht aus §§ 312g Abs. 1, 312b Abs. 1 BGB ergeben. Das Bestehen eines Widerrufsrechts setzt zunächst voraus, dass dessen Anwendungsbereich eröffnet ist.
 
a) Persönlicher Anwendungsbereich, § 312 Abs. 1 BGB
In persönlicher Hinsicht erfasst § 312 Abs. 1 BGB Verbraucherverträge i.S.d. § 310 Abs. 3 BGB.
Nach der Legaldefinition des § 310 Abs. 3 BGB sind unter Verbraucherverträgen Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher zu verstehen.
Die G handelte bei Abschluss des Bürgschaftsvertrags in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit und damit als Unternehmerin i.S.d. § 14 BGB.
Fraglich ist indes, ob auch B als Verbraucher zu qualifizieren ist. Nach der Legaldefinition des § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Dies ist vorliegend insoweit zweifelhaft, als dass B geschäftsführender Alleingesellschafter der S ist. Es ist daher davon auszugehen, dass B den Bürgschaftsvertrag nur eingegangen ist, um sicherzustellen, dass die G „seiner“ S-GmbH das Darlehen gewährt. Es könnte daher argumentiert werden, dass der Bürgschaftsvertrag der selbständigen Tätigkeit des B zuzurechnen ist. Dagegen spricht jedoch, dass die Verwaltung eigenen Vermögens, wozu auch das Halten eines GmbH-Anteils gehört, grds. keine gewerbliche Tätigkeit darstellt. Dies gilt selbst dann, wenn die Person geschäftsführender Alleingesellschafter der GmbH ist. Das Motiv der Bürgschaftsübernahme, durch Übernahme der persönlichen Haftung für die Rückzahlung des Darlehens den Fortbestand des Unternehmens und die eigene wirtschaftliche Existenzgrundlage zu sichern, ist dabei unerheblich (BGH NJW 2006, 431; OLG Hamburg WM 2020, 1066; MüKo-BGB/Micklitz, 8. Aufl. 2018, § 13 Rn. 57 m.w.N.). V handelte als Verbraucher, sodass der Bürgschaftsvertrag als Verbrauchervertrag zu qualifizieren ist und der persönliche Anwendungsbereich nach § 312 Abs. 1 BGB eröffnet ist.
 
b) Sachlicher Anwendungsbereich
In sachlicher Hinsicht verlangt § 312 Abs. 1 BGB – anders als noch § 312 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. –, dass der Verbrauchervertrag eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat. Erforderlich ist, dass der Unternehmer aufgrund eines Verbrauchervertrages die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen hat.
 
aa) Enges Verständnis des Wortlauts des § 312 Abs. 1 BGB
Bei einem Bürgschaftsvertrag handelt es sich um einen einseitig den Bürgen verpflichtenden Vertrag. Eine entgeltliche Leistung des Verbrauchers fällt ihrem eindeutigen Wortlaut nach jedoch nicht unter die Vorschrift des § 312 Abs. 1 BGB. Legt man dieses enge Verständnis des Wortlauts des § 312 Abs. 1 BGB an, bestünde mangels Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs gem. § 312 Abs. 1 BGB kein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB.
 
bb) Weites Verständnis des Wortlauts des § 312 Abs. 1 BGB
Das ganz überwiegende Schrifttum legt das Erfordernis, dass der Unternehmer die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen hat, hingegen sehr weit aus. Es wird argumentiert, ein Bürgschaftsvertrag verpflichte zwar nur den Bürgen. Dieser leiste die Sicherheit aber gerade im Hinblick auf die Kreditgewährung durch den Sicherungsnehmer, sodass eine ausreichende Verknüpfung zur Leistung des Unternehmers bestehe (Staudinger/Thüsing, Neubearb. 2019, § 312 Rn. 9; BeckOK BGB/Martens, 55. Ed. 2020, § 312 Rn. 12; vgl. auch MüKo-BGB/Wendehorst, 8. Aufl. 2019, § 312 Rn. 35; Erman/Koch, 16. Aufl. 2020, § 312 Rn. 19).
Diese weite Auslegung hat der BGH allerdings nun abgelehnt: Die entgeltliche Leistung des Unternehmers müsse aus dem Verbrauchervertrag geschuldet werden, für welchen das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB in Anspruch genommen wird. Dazu führt der BGH weiter aus:

Dies ergibt sich aus § 312 Abs. 1 BGB, der einen Verbrauchervertrag nach § 310 Abs.  3 BGB als Rechtsgrund für die Leistung voraussetzt. Dass die Leistung des Unternehmers aufgrund eines separaten, nicht dem § 310 Abs. 3 BGB unterfallenden Vertrags an einen Dritten erbracht wird, reicht danach nicht […].

 
cc) Analogie
Das Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 i.V.m. §§ 312b Abs. 1, 312 Abs. 1, 312g Abs. 1 BGB könnte jedoch im Wege einer Analogie auf außerhalb von Geschäftsräumen gestellte Verbraucherbürgschaften ausgeweitet werden. Eine analoge Anwendung des § 312 Abs. 1 BGB kommt dann in Betracht, wenn eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage besteht.
Somit gilt es zunächst zu untersuchen, ob der § 312 Abs. 1 BGB eine planwidrige Regelungslücke aufweist. In diesem Zusammenhang stellt der BGH auf den aus den Gesetzgebungsmaterialien hervortretenden Willen des Gesetzgebers ab, wonach die Neuregelung der §§ 312 ff. BGB ausschließlich Verbraucherverträge erfassen sollte, die als Austauschvertrag mit einer Gegenleistungspflicht des Verbrauchers ausgestaltet sind. Verträge, in denen der Verbraucher die für den Vertragstypus charakteristische Leistung schuldet, sollten demgegenüber ausdrücklich nicht erfasst werden (BT-Drucks. 17/12637, S. 45; BT-Drucks. 17/13951, S. 72; BR-Drucks. 817/12, S. 73).
Ebenfalls könne man nicht davon ausgehen, dass der Gesetzgeber schlichtweg vergessen habe, die Widerruflichkeit auf den Bürgschaftsvertrags zu erstrecken. Denn:

Die Diskussion über die Widerruflichkeit von Bürgschaften war aufgrund der Entscheidung des EuGH […] [in der Rs. Dietzinger] […], die einen jahrelangen Meinungsstreit in Rechtsprechung und Literatur nach sich zog […], allgemein bekannt. Zudem ist der Gesetzgeber während des Gesetzgebungsverfahrens ausdrücklich auf die Gefahr einer Wiederholung dieser Diskussion für den Fall hingewiesen worden, dass das Gesetz eine entgeltliche Leistung des Unternehmers als Vertragsgegenstand des Verbrauchervertrages fordere […]. Der Gesetzgeber hat dies bei der Neufassung des § 312 Abs. 1 BGB nicht zum Anlass genommen, das Widerrufsrecht auf den einseitig den Verbraucher verpflichtenden Bürgschaftsvertrag zu erstrecken […].

Somit ist § 312 Abs. 1 BGB mangels planwidriger Regelungslücke nicht analog auf Verbraucherbürgschaftsverträge anzuwenden.
 
dd) Richtlinienkonforme Auslegung / Rechtsfortbildung
§ 312 ff. BGB setzen die RL 2011/83/EU um. Insoweit könnte daher eine richtlinienkonforme Auslegung des § 312 Abs. 1 BGB bzw. eine Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs im Wege der Rechtsfortbildung geboten sein. Dafür spricht der Wortlaut des Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2011/83/EU, wonach die RL für „jegliche Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden“ gilt. Das Erfordernis, dass der Verbrauchervertrag eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, findet sich in der RL hingegen nicht. Allerdings erfordere – so der BGH – der der RL zugrundeliegende Schutzzweck eine einschränkende Auslegung des Wortlauts des Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2011/83/EU:

Mit dem Widerrufsrecht zum Außergeschäftsraumvertrag sollte der Nachteil ausgeglichen werden, dass die Initiative zu den Vertragsverhandlungen in der Regel vom Gewerbetreibenden ausgeht und der Verbraucher auf die Verhandlungen außerhalb der Geschäftsräume des Gewerbetreibenden nicht vorbereitet ist oder psychisch unter Druck steht. Dies birgt die Gefahr, dass der Verbraucher Waren kauft oder Dienstleistungen in Anspruch nimmt, die er ansonsten nicht kaufen oder in Anspruch nehmen würde, beziehungsweise Verträge über Waren und Dienstleistungen zu überhöhten Preisen schließt, weil er keine Möglichkeit hat, Qualität und Preis des Angebots mit anderen Angeboten zu vergleichen […]. Mit dem Widerrufsrecht zum Fernabsatzgeschäft wurde dem Verbraucher eine angemessene Bedenkzeit eingeräumt, damit er die gekaufte Ware prüfen und ausprobieren bzw. die Eigenschaften der Dienstleistung zur Kenntnis nehmen kann. Alle Überlegungen stellen danach auf eine Leistung des Unternehmers ab. Hieran knüpfen die Informationspflichten des Unternehmers nach Art. 6 und die Pflichten des Verbrauchers nach Art. 14 der Richtlinie an […].

Somit erfordert die RL 2011/83/EU nach Ansicht des BGH keine Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs des § 312g Abs. 1 BGB auf Bürgschaftsverträge.
 
ee) Zwischenergebnis
Mithin handelt es bei dem Bürgschaftsvertrag nicht um einen Verbrauchervertrag, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat. Der persönliche Anwendungsbereich nach § 312 Abs. 1 BGB ist nicht eröffnet.
 
c) Zwischenergebnis
Mangels Eröffnung des Anwendungsbereichs des  nach § 312 Abs. 1 BGB steht B kein Widerrufsrecht gem. §§ 312g I, 312b I BGB zu.
 
2. Zwischenergebnis
Der Anspruch ist nicht durch wirksamen Widerruf erloschen.
 
III. Anspruch durchsetzbar
Der Durchsetzbarkeit des Anspruchs steht auch nicht die Einrede der Vorausklage gem. § 771 BGB entgegen. Einerseits hat sich der B selbstschuldnerisch verbürgt (§ 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB), andererseits wurde über das Vermögen der S bereits das Insolvenzverfahren eröffnet (§ 773 Abs. 1 Nr. 3 BGB).
 
IV. Ergebnis
G steht gegen B ein Anspruch auf Zahlung von 100.000 € aus einem wirksamen Bürgschaftsvertrag (§ 765 Abs. 1 BGB i.V.m. § 488 Abs. 1 S. 1 BGB) zu.
 
C. Stellungnahme
Die Entscheidung des BGH enthält viel Kluges: Die Karlsruher Richter argumentieren sauber am Wortlaut des § 312 Abs. 1 BGB entlang und schließen nicht – wie Teile der Literatur –  vorschnell von der Schutzbedürftigkeit eines Bürgen auf das Bestehen eines Widerrufsrechts nach § 355 Abs. 1 i.V.m. §§ 312g Abs. 1, 312 Abs. 1, 312b Abs. 1 BGB. Des Weiteren wird mustergültig dargelegt, weshalb das Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 i.V.m. §§ 312g Abs. 1, 312 Abs. 1, 312b Abs. 1 BGB nicht im Wege einer Analogie auf außerhalb von Geschäftsräumen gestellte Verbraucherbürgschaften auszuweiten ist.
Der BGH ist davon überzeugt, dass sich die RL 2011/83/EU ihrem Telos nach nicht auf Verbraucherbürgschaftsverträge beziehen kann. Dabei ist sich der BGH seiner Sache ganz sicher: Schließlich hat es der XI. Senat nicht einmal für nötig empfunden, den Europäischen Gerichtshof im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV anzurufen. Aufgrund „des Wortlauts, der Regelungssystematik und des Regelungszwecks der Richtlinie“ bleibe nämlich kein Raum für Zweifel, sodass es sich um einen sog. acte clair, der eine Vorlagepflicht entfallen lässt, gehandelt habe.
Angesichts der zahlreichen Gegenstimmen in der Literatur und des eindeutigen Wortlauts des Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2011/83/EU erscheint die Annahme eines acte clair verwunderlich: Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2011/83/EU verlangt nämlich keine entgeltliche Leistung des Unternehmers, sondern lediglich einen Verbrauchervertrag. Auch der Schutzzweck der Richtlinie erfordert keine teleologische Reduktion seines Wortlauts. Denn Zweck der Richtlinie ist es, wie der BGH richtig dargelegt hat, Verbraucher vor Verhandlungen außerhalb von Geschäftsräumen zu schützen, auf die sie nicht vorbereitet sind und bei denen sie unter Umständen psychisch unter Druck stehen. Wenn Verbraucher davor geschützt werden sollen, Waren zu kaufen oder Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, dann muss erst recht der Bürge geschützt werden, der eine Verbindlichkeit eingeht, ohne eine Gegenleistung dafür zu erhalten. Auch das Argument, die Informationspflichten des Unternehmers nach Art. 6 RL 2011/83/EU sowie die Pflichten des Verbrauchers nach Art. 14 RL 2011/83/EU knüpfen an eine Leistung des Unternehmers an, vermag nicht zu überzeugen. Richtig ist zwar, dass sich sowohl die Informationspflichten des Unternehmers als auch die Pflichten des Verbrauchers vorwiegend auf Waren und Dienstleistungen beziehen. Allerdings umfasst die Richtlinie laut Art. 3 Abs. 1 S. 2 ausdrücklich auch die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme. Teile der Informationspflichten des Unternehmers und der Pflichten des Verbrauchers passen aber beispielsweise auch nicht auf die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme: So würde es weder Sinn machen, dem Verbraucher Informationen zu den wesentlichen Eigenschaften (Art. 6 Abs. 1 lit. a) RL 2011/83/EU) von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme zur Verfügung zu stellen, noch können Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme an den Anbieter zurückgesendet werden (Art. 6 Abs. 1 lit. i), Art. 14 Abs. 1 RL 2011/83/EU). Die in Art. 6 und Art. 14 RL 2011/83/EU aufgezählten Pflichten finden also nur Anwendung, soweit sie für den konkreten Vertrag einschlägig sind; sie schließen die Einbeziehung von einseitig den Verbraucher verpflichtenden Verträgen in den Anwendungsbereich des Verbraucherwiderrufsrecht jedoch nicht aus.
All dies zeigt: Es spricht viel dafür, dass die vom deutschen Gesetzgeber vorgenommene Einschränkung in § 312 Abs. 1 BGB gegen die RL 2011/83/EU verstößt (so auch Maume, NJW 2016, 1041). Dies hätte zur Folge, dass aufgrund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts die Beschränkung in § 312 Abs. 1 BGB auf Verbraucherverträge, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben, unangewendet bleiben müsste. Jedenfalls aber hätte der BGH den EuGH um Auslegung des Art. 3 Abs. 1 S. 1 RL 2011/83/EU ersuchen müssen.
 
D. Summa
In einem Satz lässt sich diese bemerkenswerte Entscheidung des BGH wie folgt zusammenfassen: Bürgschaftsverträge fallen nicht in den Anwendungsbereich des Verbraucherwiderrufsrechts nach § 312 Abs. 1 BGB – weder unmittelbar, noch analog oder aufgrund richtlinienkonformer Auslegung. Nun muss man diese Entscheidung nicht für richtig halten, vertieft auseinandersetzen sollte sich der Examenskandidat mir ihr dennoch. Bei dieser Gelegenheit ist es ratsam, sich die Grundsätze des Bürgschaftsrechts noch einmal vor Augen zu führen. Denn es ist ein Leichtes, diese Entscheidung mit typischen Problemen aus dem Bürgschaftsrecht – von der Form des Bürgschaftsversprechens, über die Sittenwidrigkeit einer Bürgschaft bis hin zur formularmäßigen Vereinbarung von Globalbürgschaften (Stichwort: Anlassrechtsprechung) – zu einem Examensfall „anzufetten“.
Um die Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs des Verbraucherwiderrufsrechts ging es auch in BAG NZA 2019, 688. Das BAG hat die Widerrufbarkeit von arbeitsrechtlichen Aufhebungsverträgen nach §§ 312g I, 312b I BGB abgelehnt und gleichzeitig das Gebot fairen Verhandelns, das in der Literatur zuvor bereits vereinzelt Anklang gefunden hat, ausdrücklich anerkannt. Eine Besprechung dieser ebenfalls examensrelevanten Entscheidung findet ihr hier.

09.11.2020/1 Kommentar/von Carlo Pöschke
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Carlo Pöschke https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Carlo Pöschke2020-11-09 08:35:002020-11-09 08:35:00Alles auf Anfang: (Doch) kein Verbraucherwiderrufsrecht des Bürgen
Dr. Melanie Jänsch

EuGH: Neues zum Ausschluss des Verbraucherwiderrufsrechts bei individuell angefertigter Ware

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Mit aktuellem Urteil vom 21.10.2020 (Az.: C-529/19) hat der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV entschieden, dass ein Widerrufsrecht bei individuell anzufertigender Ware auch dann ausgeschlossen ist, wenn mit der Produktion noch gar nicht begonnen wurde. Die Normen zum Verbraucherwiderruf bei einem außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrag gehen auf europäisches Sekundärrecht zurück; aufgrund des Gebots richtlinienkonformer Auslegung ist die Entscheidung daher für das Verständnis der nationalen Verbraucherwiderrufsvorschriften – konkret: des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB – maßgeblich und kann angesichts dessen auch in ihrer Bedeutung für Zivilrechtsklausuren als gewichtig eingeschätzt werden. In einer entsprechenden Klausur könnte die – trotz ihrer Examensrelevanz von den meisten Studierenden eher stiefmütterlich behandelte – Thematik problemlos in eine Anspruchsprüfung eingebettet werden, weshalb sich den Grundsätzen der Entscheidung im Rahmen des nachfolgenden Beitrags klausurtypisch in Form einer Anspruchsprüfung genähert werden soll.
 
A) Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt)
Die K, eine Verbraucherin, kaufte auf einer gewerblichen Messe bei der V GmbH eine speziell auf ihre Bedürfnisse angepasste Einbauküche. Teile dieser Küche hätten bei einer Drittfirma angefertigt werden müssen und wären nach Anpassung in der Käuferwohnung nicht mehr weiter verwendbar gewesen. Ein paar Tage nach Abschluss des Vertrags überlegte es sich die K jedoch anders; sie kontaktierte die V GmbH und widerrief den Kauf. V berief sich auf den Ausschluss des Widerrufs bei individuell herzustellender Ware nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die K wandte daraufhin ein, dass dem Unternehmen zum Zeitpunkt des Widerrufs noch keinerlei Schaden entstanden sei, weil die Anfertigung der Passstücke noch gar nicht begonnen worden war. Und selbst bei Vertragserfüllung wäre der tatsächliche Schaden sehr gering gewesen. V bestand weiterhin auf Zahlung und Abnahme der Küche. Angesichts der europarechtlichen Grundlagen des Verbraucherwiderrufsrechts legte das AG Potsdam dem EuGH unter anderem die Frage vor, ob der Widerrufsausschluss der Verbraucherrechterichtlinie (Art. 16 Buchstabe c der Richtlinie) auch gilt, wenn der Verkäufer beziehungsweise die Drittfirma zum Zeitpunkt des Widerrufs noch gar nicht mit der individuellen Fertigung begonnen hat.
 
B) Rechtsausführungen
In einer entsprechenden Klausur könnte nach einem Anspruch der V auf Kaufpreiszahlung und Abnahme der Küche gemäß § 433 Abs. 2 BGB gefragt sein, der im Folgenden geprüft werden soll.
I. Zweifelsohne wurde ein hierfür erforderlicher wirksamer Kaufvertrag i.S.v. § 433 BGB über die Einbauküche abgeschlossen.
II. Der Anspruch auf Kaufpreiszahlung und Abnahme der Sache gemäß § 433 Abs. 2 BGB könnte indes erloschen sein, wenn die K ihre Willenserklärung nach den Grundsätzen des Verbraucherwiderrufsrechts gemäß § 355 Abs. 1 S. 1 BGB wirksam widerrufen hat. Dies setzt das Bestehen eines Widerrufsrechts voraus, welches innerhalb der Widerrufsfrist ausgeübt wurde.
 
Anmerkung: Ein Widerruf wirkt nach h.M. – wie der Rücktritt nach den §§ 346 ff. BGB und im Gegensatz zur Anfechtung gemäß § 142 Abs. 1 BGB – ex nunc.
 
1. Zunächst ist also zu prüfen, ob der K ein Widerrufsrecht zusteht. Ein solches kann sich mangels vertraglicher Vereinbarungen im vorliegenden Fall allein gesetzlich, konkret aus § 312g Abs. 1 BGB ergeben, der Verbrauchern bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (AGV) und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht einräumt.
a) Unproblematisch liegt hier ein für die Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs notwendiger Verbrauchervertrag i.S.v. §§ 312 Abs. 1, 310 Abs. 3 BGB vor, der auf eine entgeltliche Leistung gerichtet ist: Als natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abgeschlossen hat, die weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, sondern vielmehr privater Natur sind, handelte die K als Verbraucherin gemäß § 13 BGB. Die V GmbH ist eine juristische Person des Privatrechts, welche beim Abschluss des Kaufvertrags in Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit, mithin als Unternehmerin gemäß § 14 Abs. 1 BGB handelte. Der Kaufvertrag über die Einbauküche stellt einen auf entgeltliche Leistung des Unternehmers gerichteten Vertrag dar, § 312 Abs. 1 BGB.
b) Ist danach der persönliche Anwendungsbereich eröffnet, müsste der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sein. Nach der Legaldefinition des § 312b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB fallen hierunter Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Was ein Geschäftsraum ist, benennt § 312b Abs. 2 S. 1 BGB: Hier kommt ein sog. beweglicher Geschäftsraum in Betracht, der Gewerberäume erfasst, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Ein Schwerpunkt der gutachterlichen Prüfung sollte angesichts dessen darauf liegen, ob ein Messestand unter diese Definition subsumiert werden kann. Da das Verbraucherwiderrufsrecht auf europäisches Sekundärrecht (die RL 2011/83/EU) zurückgeht, sind bei der näheren Bestimmung der Reichweite des Begriffs auch europarechtliche Vorgaben zu beachten. Nach Ansicht des EuGH kommt es ausgehend vom Schutzzweck des Verbraucherwiderrufsrechts darauf an, ob „in Anbetracht aller tatsächlichen Umstände rund um diese Tätigkeiten und insbesondere des Erscheinungsbilds des Messestandes sowie der vor Ort auf der Messe selbst verbreiteten Informationen ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeiten ausübt und ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen“ (EuGH, Urt. v. 07.08.2018 – C-485/17, EuZW 2018, 742). Vereinfacht: Maßgeblich ist, ob der Verbraucher wegen des offensichtlichen Verkaufscharakters der Messe davon ausgehen musste, dass Unternehmer dort Verträge abschließen.
 
Anmerkung: Der BGH hat sich mit der auf juraexamen.info bereits ausführlich besprochenen Problematik des Verbraucherwiderrufs bei Messeständen in einer examensrelevanten Entscheidung aus dem letzten Jahr bereits auseinandergesetzt (Urt. v. 10.04.2019 – VIII ZR 82/17, BeckRS 2019, 7655): Nach den Maßstäben dieses Urteils ist bei einer Verkaufsmesse mit unterschiedlichen Ausstellern unter Berücksichtigung der europarechtlichen Grundlagen nicht von einer typischen Überrumpelungssituation auszugehen; im Gegenteil muss ein Verbraucher – außer in Messebereichen, die ihrem äußeren Erscheinungsbild nach lediglich Werbe- und Informationszwecken dienen – mit Verkaufsangeboten rechnen, sodass ein beweglicher Geschäftsraum i.S.d. § 312b Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BGB vorliegt und damit kein Widerrufsrecht besteht.
 
Handelt es sich also um einen Messebereich, in dem der durchschnittlich informierte Verbraucher damit rechnen muss, dass er vom Unternehmer angesprochen wird, liegt beim Abschluss des Kaufvertrags ein beweglicher Geschäftsraum und damit eben kein Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen vor. Schon aus diesem Grund wäre ein Widerruf dann ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall bedarf es diesbezüglich weitergehender Feststellungen: Der EuGH hat das AG Potsdam ausdrücklich darauf hingewiesen, dass – auf der Basis der vorstehenden Erwägungen – fraglich sei, ob der Kauf überhaupt außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen worden sei. Es bedürfe hier einer Aufklärung, wo denn genau auf der Messe die Küche gekauft worden sei (Rn. 16 f.).
 
2. Dies kann jedoch dahinstehen, weil ein Widerruf bei individuell anzufertigender Ware ohnehin ausgeschlossen ist – und das, wie der EuGH nunmehr eindeutig klarstellt – sogar dann, wenn zum Zeitpunkt des Widerrufs noch gar nicht mit der individuellen Fertigung begonnen wurde. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB, der seinem klaren Wortlaut nach unabhängig vom Stand der Produktion darauf abstellt, ob für die Herstellung der Ware „eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist“, ist insoweit mit Unionsrecht vereinbar. Nach den Ausführungen des EuGH

„weist nichts im Wortlaut von Art. 16 Buchst. c der Richtlinie 2011/83 darauf hin, dass die Ausnahme von dem in dieser Bestimmung geregelten Widerrufsrecht von irgendeinem Ereignis abhängt, das nach dem Abschluss eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags über die Lieferung von „Waren …, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind“, eintritt.“ (Rn. 24).

Im Gegenteil müsse ein Verbraucher vor bzw. bei Abschluss eines Vertrags sicher wissen, ob ihm ein Widerrufsrecht zustehe:

„Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, dass mit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83 sichergestellt werden soll, dass dem Verbraucher vor Abschluss eines Vertrags sowohl die Informationen über dessen Bedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses übermittelt werden, die dem Verbraucher die Entscheidung ermöglichen, ob er sich vertraglich an einen Unternehmer binden möchte, als auch die Informationen, die zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung und vor allem zur Ausübung seiner Rechte, insbesondere seines Widerrufsrechts, erforderlich sind (Urteil vom 10. Juli 2019, Amazon EU, C‑649/17, EU:C:2019:576, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). Das Bestehen des Widerrufsrechts des Verbrauchers an ein zukünftiges Ereignis zu knüpfen, dessen Eintritt von der Entscheidung des Unternehmers abhängt, wäre jedoch mit dieser Pflicht zur vorvertraglichen Unterrichtung unvereinbar.“ (Rn. 26 f.)“

Dies gelte umso deutlicher, als der Verbraucher regelmäßig auf den Fortschritt der Produktion weder Einfluss habe noch darüber informiert werde. Letztlich ist daher der konkrete Vertragsschluss der maßgebliche Zeitpunkt, nach dem sich bestimmt, ob ein Widerrufsrecht besteht. Übertragen ins nationale Recht heißt das, dass ein Widerruf – unabhängig davon, ob überhaupt ein außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag besteht – jedenfalls nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen ist.
III. K ist damit weiterhin zur Kaufpreiszahlung und Abnahme der Küche nach § 433 Abs. 2 BGB verpflichtet.
 
C) Fazit
Selbst nach Ansicht des EuGH, der regelmäßig zur weiten Auslegung verbraucherschützender Vorschriften neigt, gilt: Verbraucherschutz nicht um jeden Preis. Wer einen Gegenstand kauft, bei dem einzelne Stücke speziell angepasst oder individuell hergestellt werden müssen, hat kein Widerrufsrecht – und das unabhängig davon, ob mit der Fertigung überhaupt schon begonnen wurde und dem Verkäufer damit ein Schaden entstünde oder nicht. Der Entscheidung gebührt uneingeschränkte Zustimmung: Aus Gründen der Rechtssicherheit muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses feststehen, ob dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zusteht oder nicht – und dann kann es nicht auf den Stand der Produktion ankommen.
 

02.11.2020/1 Kommentar/von Dr. Melanie Jänsch
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Melanie Jänsch https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Melanie Jänsch2020-11-02 08:39:212020-11-02 08:39:21EuGH: Neues zum Ausschluss des Verbraucherwiderrufsrechts bei individuell angefertigter Ware
Dr. Yannik Beden, M.A.

BGH: Widerrufsrecht bei Online-Matratzenkauf

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Mit seiner Entscheidung vom 3. Juli 2019 – VIII ZR 194/16 hat sich der BGH zu einer äußerst prüfungsrelevanten Fragestellung im Bereich des Widerrufsrechts positioniert. Den Kern des Urteils bildet § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB, wonach – mangels anderweitiger Parteiabrede – Verträge zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde, vom Anwendungsbereich des gesetzlichen Widerrufsrechts ausgenommen sind. Konkret geht es dabei um den Onlinekauf einer Matratze, deren Schutzfolie vom Verbraucher vor Rücksendung der Ware entfernt wurde. Das Ergebnis des BGH: Auch wenn der Verbraucher die Matratze auspackt und die Schutzfolie entfernt, steht ihm das gesetzliche Widerrufsrecht zu. Die Entscheidung lässt sich problemlos in Klausuren mit schuldrechtlichen Schwerpunkten integrieren und sollte deshalb jedem Studenten und Examenskandidaten bekannt sein.
I. Worum es geht
Die Parteien streiten um den Widerruf eines Fernabsatzvertrags über den Kauf einer Matratze in einem Onlineshop. Der Käufer bestellte zu privaten Zwecken beim Online-Händler eine Matratze, die ihm mit versiegelter Schutzfolie geliefert wurde. Nach Erhalt der Matratze entfernte der Käufer die Schutzfolie. Im weiteren Verlauf bat der Käufer den Verkäufer um die Vereinbarung eines Termins zum Rücktransport der Ware. Der Online-Händler veranlasste jedoch keinen Rücktransport, sodass der Käufer die Rücksendung der Ware selbst veranlasste.
Der Verkäufer ging davon aus, dass dem Käufer kein Widerrufsrecht zustehe, da die Schutzfolie der Matratze von diesem entfernt wurde. Der Käufer verlangt die Rückerstattung des von ihm bereits gezahlten Kaufpreises sowie Erstattung der Transportkosten, die ihm durch seine eigens vorgenommene Rücksendung der Ware entstanden sind. Zu Recht?
II. BGH: § 312g II Nr. 3 BGB nicht einschlägig

Den Ausgangspunkt der Lösungsfindung bildet § 312g Abs. 1 BGB, wonach Verbrauchern bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zusteht. Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über den Kauf einer Matratze handelte es sich aufgrund des Umstands, dass der Vertrag über die Webseite zum Onlineshop des Verkäufers geschlossen wurde, unproblematisch um einen Fernabsatzvertrag i.S. der Norm. Allerdings besteht das Widerrufsrecht bei Fernabsätzen nach der gesetzlichen Konzeption nicht uneingeschränkt: § 312g Abs. 2 BGB sieht insgesamt 13 Fallgruppen vor, bei denen Besonderheiten hinsichtlich des Gegenstands bzw. der Abschlussmodalitäten nach Sinn und Zweck ein Widerrufsrecht des Verbrauchers ausschließen. § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB ordnet dabei an, dass ein Widerrufsrecht nicht besteht bei „Verträge[n] zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde“.
1. Vergleichbarkeit von Matratzen mit Kleidungsstücken
Der VIII. Zivilsenat verneint die Anwendbarkeit des Ausnahmetatbestands für die Matratze, deren Schutzfolie vor Rückgabe der Ware entfernt wurde. Das Widerrufsrecht solle den Verbraucher im Fernabsatzhandel vor Situationen schützen, in denen es ihm nicht möglich ist, die Ware vor Abschluss des Vertrages in Augenschein zu nehmen und sich der Eigenschaften des Kaufgegenstands zu vergewissern. Grundsätzlich müsse dieser Nachteil immer ausgeglichen werden, indem dem Verbraucher eine angemessene Bedenkzeit, in der er auch die Ware prüfen und ausprobieren kann, eingeräumt wird. Der BGH hält diesen Grundsatz auch mit Blick auf die Ausnahmevorschriften aus § 312g Abs. 2 BGB besonders hoch, mit der Folge, dass diese restriktiv zu handhaben seien. § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB greife deshalb – so das Gericht – „nur dann ein, wenn nach der Entfernung der Versiegelung der Verpackung die darin enthaltene Ware aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene endgültig nicht mehr verkehrsfähig ist, weil der Unternehmer Maßnahmen, die sie unter Wahrung des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene wieder verkehrsfähig machen, nicht oder nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten ergreifen könnte.“   
Münzt man diese Vorgaben auf das Entfernen der Schutzfolie einer Schlafmatratze, so sei nach Ansicht des BGH der Kauf einer Matratze demjenigen von Kleidungsstücken gleichzusetzen. Der Kontakt mit dem menschlichen Körper sei in diesen Fällen der Regelfall. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Verkäufer bei derartigen Waren in der Lage sei, nach Rückerhalt der Ware diese mittels einer Reinigung oder Desinfektion für eine Wiederverwendung bzw. einen erneuten Verkauf in Stand zu setzen. Summa summarum stünde dem Verbraucher also ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu, sodass er den Kaufpreis nach § 355 Abs. 3 S. 1 BGB zurückverlangen könne.
2. Andere Ansicht wohl vertretbar
Das Ergebnis des BGH kann in Anbetracht des Wortlauts des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB durchaus kritisch betrachtet werden. Maßgeblich ist nämlich nicht, ob die Ware nach einer – mit zusätzlichen Kosten verbundenen – Reinigungs- bzw. Säuberungsmaßnahme des Unternehmers nochmals in Verkehr gebracht werden kann. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Ware „zur Rückgabe geeignet“ ist. Gleichermaßen ist die Lösung des Gerichts konsequent, wenn man wie der BGH davon ausgeht, dass die Ausnahmevorschrift aufgrund des Schutzzwecks der §§ 312 ff. BGB restriktiv ausgelegt werden muss und erst der finale, endgültige Entfall der Verkehrsfähig den Anwendungsbereich des § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB eröffnet.     
III. Fortführung der Vorabentscheidung des EuGH zur Verbraucherrechetrichtlinie
Der BGH bestätigt mit seiner Entscheidung zum nationalen Widerrufsrecht gleichzeitig die Vorgaben des EuGH zur Auslegung der Verbraucherrechterichtlinie. Dieser urteilte im Vorabentscheidungsverfahren zur identischen Rechtsstreitigkeit (EuGH Urteil v. 27.03.2019 – C-681/17, NJW 2019, 1507), dass eine Matratze, deren Schutzfolie vom Verbraucher nach der Lieferung entfernt wurde, nicht unter die in Art. 16 lit. e der RL 2011/83/EU vorgesehene Ausnahmebestimmung fällt. Die Vorschrift entspricht dem Wortlaut nach derjenigen des nationalen Widerrufsrechts. Der EuGH legte den argumentativen Grundstein für die Entscheidung des BGH, indem auch er auf einen Vergleich zu Kleidungsstücken rekurriert:

„Es steht aber außer Zweifel, dass zahlreiche Kleidungsstücke bei bestimmungsgemäßer Anprobe, wie es auch bei Matratzen nicht auszuschließen ist, direkt mit dem menschlichen Körper in Kontakt kommen können, ohne dass sie deshalb in der Praxis besonderen Schutzanforderungen unterworfen würden, um diesen Kontakt bei der Anprobe zu vermeiden.
Eine solche Gleichsetzung zweier Warenkategorien, nämlich Kleidungsstücke und Matratzen, kommt […] insofern in Betracht, als selbst bei direktem Kontakt dieser Waren mit dem menschlichen Körper davon ausgegangen werden kann, dass der Unternehmer in der Lage ist, sie nach der Rücksendung durch den Verbraucher mittels einer Behandlung wie einer Reinigung oder einer Desinfektion für eine Wiederverwendung durch einen Dritten und damit für ein erneutes Inverkehrbringen geeignet zu machen, ohne dass den Erfordernissen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht genügt würde.“

IV. Für die Klausurbearbeitung

Die Entscheidung des BGH konkretisiert die – unionsrechtlich vorgeprägten – Ausnahmevorschriften zum Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen. In der Klausur muss das Problem an der richtigen Stelle verortet werden: Nach einer voranzustellenden Prüfung der Anwendbarkeit der §§ 312 ff. BGB ist im Rahmen von § 355 Abs. 3 BGB nach der Existenz eines Widerrufsrechts zu fragen. Diese könnte sich aus § 312g Abs. 1 BGB ergeben. An diesem Punkt muss sodann erörtert werden, ob das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB ausnahmsweise aufgrund der Bestimmungen aus § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB entfällt. Hier überzeugen Prüflinge, die nach dem Telos der Norm fragen und mit entsprechender Begründung zu einer restriktiven Auslegung der Ausnahmevorschrift kommen. Vertretbar erscheint in Anbetracht des Wortlauts der Norm – jedenfalls für eine versiegelte Schlafmatratze – auch eine vom BGH abweichende Lösung. Wie immer sollte diese dann mit entsprechender Argumentation substantiiert werden.
 
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30.07.2019/1 Kommentar/von Dr. Yannik Beden, M.A.
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Dr. Sebastian Rombey

BGH zum Verbraucherwiderruf bei Messeständen

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Verbraucher können Außergeschäftsraumverträge (kurz AGV) binnen einer Frist von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Doch handelt es sich auch bei einem auf einer Messe abgeschlossenen Kaufvertrag um einen solchen AGV, mit der Folge, dass ein Verbraucherwiderrufsrecht besteht? Genau mit dieser Frage hatte sich der VIII. Zivilsenat des BGH in seiner jüngsten Entscheidung zu befassen. Da hierbei – wie so oft, wenn es um Widerrufsrechte geht – nicht nur nationale Normen, sondern auch europäisches Sekundärrecht (genauer die RL 2011/83/EU) zu Grunde lagen und überdies eine neuere EuGH-Entscheidung zu beachten war, dürfte dem Urteil – auch wegen seiner grundsätzlichen Relevanz – eine erhöhte Klausurrelevanz zukommen. Doch der Reihe nach.
I. Sachverhalt (vereinfacht)
Worum es geht, ist schnell erzählt: Der gewerbliche Verkäufer V vertreibt Einbauküchen und bot diese u.a. auf der alle zwei Jahre stattfindenden „Messe Rosenheim“ zum Kauf an. Mit dem Käufer K, einem Verbraucher, schloss er an seinem Stand einen schriftlichen Kaufvertrag über eine Einbauküche des Modells „P“ zu einem Preis von rund 10.000 €. Der Kaufvertrag enthielt keine Widerrufsbelehrung. Unbeirrt davon widerrief K noch am selben Tag seine Willenserklärung, was V aber nicht gelten lassen wollte, weshalb die Sache vor Gericht ging.
II. Die Entscheidung des BGH (Urt. v. 10.04.2019 – VIII ZR 82/17, BeckRS 2019, 7655)
Es stellt sich damit die Rechtsfrage, ob der wirksam geschlossene Kaufvertrag ex nunc erloschen ist, was wiederum der Fall ist, wenn K seine Willenserklärung wirksam widerrufen hat. Dazu bedarf es zunächst eines Widerrufsrechts.
Mangels vertraglich vereinbarten Widerrufsrechts kommt vorliegend nur ein gesetzliches Widerrufsrecht im Sinne der §§ 312g Abs. 1, 312b, 355 Abs. 1 S. 1, 357 BGB in Betracht. An dem dafür notwendigen Vorliegen eines Verbrauchervertrags (K ist Verbraucher, § 13 BGB, V ist Unternehmer, § 14 BGB, und es geht um eine entgeltliche Leistung, namentlich den Küchenkauf) bestehen keine Bedenken, §§ 312 Abs. 1, 310 Abs. 3 BGB.
Gleichwohl müsste es sich auch um einen AGV handeln. Darunter fallen nach der Legaldefinition des § 312b Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist. Ein beweglicher Geschäftsraum ist wiederum ein solcher Raum, in dem der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Es gilt damit zu klären, ob auch ein Messestand und diese beiden Definitionen fällt. Da die genannten Vorschriften indes europarechtlich determiniert sind, muss zunächst ein Blick auf die entsprechende Richtlinie geworfen werden.
Zum Hintergrund: In einem ähnlich gelagerten Fall (dort ging es um einen von einem Unternehmer auf der Berliner Messe „Grüne Woche 2015“ betriebenen Stand) hatte der I. Zivilsenat des BGH dem EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV die Frage vorgelegt, ob es sich hierbei um einen „beweglichen Gewerberaum“ im Sinne von Art. 2 Nr. 9 lit. b) RL 2011/83/EU handelt (BGH, Beschl. v. 13.07.2017 – I ZR 135/16, EuZW 2017, 809). Der EuGH entschied daraufhin, dass es zur Beurteilung dieser Frage darauf ankomme, ob „ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeiten ausübt und ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen […]“ (EuGH, Urt. v. 07.08.2018 – C-485/17, EuZW 2018, 742). Zur Begründung berief er sich insbesondere auf Sinn und Zweck der Widerrufsvorschriften sowie auf Erwägungsgrund 21 zur RL 2011/83/EU. Es gehe darum, den Verbraucher vor psychischen Drucksituationen sowie Überraschungs- und Überrumpelungsmomenten zu schützen. Überdies könne Erwägungsgrund 22 zur RL 2011/83/EU entnommen werden, dass auch Messestände als Geschäftsräume zu behandeln seien, soweit eben diese gerade genannten Voraussetzungen vorlägen. Auf Grund des Gebots richtlinienkonformer Auslegung ist die Entscheidung für § 312b Abs. 2 S. 1 BGB von elementarer Bedeutung respektive sind die nationalen Gerichte daran gebunden.
Überträgt man eben diese Auslegungsgrundsätze auf den vorliegenden Fall, ergibt sich ein eindeutiges rechtliches Bild:
Im Einklang mit dem Berufungsgericht geht der VIII. Zivilsenat des BGH (Rn. 25) deshalb davon aus, dass „es sich bei der ‚Messe Rosenheim‘ im Jahr 2015 um eine klassische Verkaufsmesse handelte, bei der das interessierte Publikum in 14 Ausstellungshallen mit 19 unterschiedlichen Branchen und deren Kaufangeboten in Kontakt treten konnte. Angesichts des offensichtlichen Verkaufscharakters der Messe und der breit gefächerten, teils auch hochwertige Gegenstände umfassenden Produktpalette, die in einem ‚bunten Mix‘ verschiedener Branchen – über sämtliche Hallen verteilt – präsentiert worden sei, habe das Angebot der Beklagten [hier des Verkäufers] zum Kauf der hier in Rede stehenden Einbauküche für den Kläger [hier den Käufer] nicht überraschend sein können, so dass von einer Überrumpelung nicht gesprochen werden könne.“
An diesem Ergebnis könnte sich nur dann etwas ändern, wenn man berücksichtigt, dass auf der Messe auch Händler vertreten waren, die ihre Stände zu Werbe- oder Informationszwecken betrieben. Das jedoch – so der BGH (Rn. 26) – könne an dem Auslegungsergebnis nichts ändern:
„Anders könnte es sich in Bezug auf den Messestand der Beklagten [hier des Verkäufers] nur darstellen, wenn dieser – wie etwa die von der Berufungsbegründung des Klägers [hier des Käufers] hierfür (neben anderen) exemplarisch benannten Stände der Agentur für Arbeit, der AOK, des Arbeiter-Samariter-Bunds oder von Handwerkern, die ihr Berufsbild vorstellen wollten – nach außen das Erscheinungsbild eines reinen Informations- oder Werbestands vermittelt hätte, an dem, entgegen dem einen anderen Eindruck vermittelnden generellen Verkaufscharakter der Messe, Verkäufe nicht getätigt würden.“ Da dafür im vorliegenden Fall aber nichts ersichtlich war, kam es darauf nicht weiter an.
Ein weiterer, mündlich vorgetragener Einwand des Käufers verfing ebenso wenig. Dieser hatte argumentiert, es habe es sich bei der Einbauküche um einen Kaufgegenstand gehandelt, dessen Maße erst noch durch Aufmaß hätten ermittelt werden müssen, sodass er nicht damit habe rechnen können, an dem Messestand sogleich mit einem Kaufangebot konfrontiert zu werden. Darauf ließ sich der BGH indes nicht ein und stellte unter Rekurs auf die oben zitierte EuGH-Auslegungshinweise klar (Rn. 27):
„Diese Frage [gemeint ist die Beurteilung eines Überrumpelungseffekts aus Sicht eines verständigen Verbrauchers] ist unabhängig davon zu beurteilen, ob im Hinblick auf den im Einzelfall in Rede stehenden Kaufgegenstand weitere Maßnahmen erforderlich sind, wie etwa ein Aufmaß nach den örtlichen Gegebenheiten beim Verbraucher zu nehmen, um die vertragsgemäße Leistung ordnungsgemäß erbringen zu können.“
Im Ergebnis verbleibt es also dabei, dass es sich um einen beweglichen Geschäftsraum und daher nicht um einen AGV handelt, sodass kein gesetzliches Widerrufsrecht besteht und der Kaufvertrag weiterhin wirksam ist.
III. Fazit: Verbraucherwiderruf nicht um jeden Preis
Auch wenn der EuGH zu einer weiten Auslegung der Widerrufsvorschriften tendiert, ist er doch bei Messeständen, bei denen sich der Verkaufscharakter in der Vielzahl der Fälle aufdrängen dürfte, etwas vorsichtiger in seinen Wertungen und hat zur Beurteilung eines AGVs darauf abgestellt, dass „ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen konnte, dass der betreffende Unternehmer dort seine Tätigkeiten ausübt und ihn anspricht, um einen Vertrag zu schließen […].“ Das ist freilich ein nur wenig konkreter Maßstab.
Was der BGH wiederum daraus gemacht hat, verdient volle Zustimmung; sein Urteil sollte man sich merken: Danach wird man bei einer Verkaufsmesse mit unterschiedlichen Ausstellern nicht davon ausgehen können, dass ein Verbraucher an einem Stand überrumpelt wird. Er wird vielmehr genau damit rechnen müssen, dass man mit Kaufangeboten auf ihn zukommt – ein typischer Geschäftsraumvertrag also. Eine Ausnahme gilt dann, wenn es sich um einen Messebereich handelt, der seinem äußeren Erscheinungsbild nach Werbe- und Informationszwecken dient. Ob es sich dagegen – wie konkret bei einer Einbauküche – um einen Kaufgegenstand handelt, dessen Maße beim Verbraucher erst noch durch Aufmaß ermittelt werden müssen oder – abstrakt formuliert – noch weitere Schritte nötig sind, um die vertragsgemäße Leistung später erbringen zu können, kann keine Rolle spielen.

15.05.2019/3 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2019-05-15 09:01:102019-05-15 09:01:10BGH zum Verbraucherwiderruf bei Messeständen
Redaktion

Schema: Widerruf eines Verwaltungsakts, § 49 VwVfG

Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Verwaltungsrecht

Schema: Widerruf eines Verwaltungsakts, § 48 VwVfG

  • Gilt für die Aufhebung eines rechtmäßigen VAs.
  • Dagegen gilt § 48 VwVfG für die Aufhebung eines rechtswidrigen VAs.
  • Vorrangig sind speziellere Regelungen anzuwenden, insbesondere § 3 StVG, § 15 II, III GastG und § 45 II, III, IV WaffG.

I. Ermächtigungsgrundlage
§ 49 I VwVfG oder § 49 II VwVfG oder § 49 III VwVfG
II. Formelle Rechtmäßigkeit

1. Zuständigkeit

– Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach § 49 V VwVfG iVm § 3 VwVfG
– Die sachliche Zuständigkeit liegt nach dem actus-contrarius-Gedanken bei derjenigen Behörde, die den ursprünglichen VA erlassen hat. Ausnahme:

– Es hat ursprüngliche eine unzuständige Behörde gehandelt oder
– Inzwischen wäre eine andere Behörde für den Erlass des Ausgangs-VAs sachlich zuständig.

2. Verfahren, insb. § 28 VwVfG

3. Form, insb. § 39 VwVfG

III. Materielle Rechtmäßigkeit

1. Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage

a) § 49 I VwVfG

aa) Rechtmäßigkeit des widerrufenen VAs
bb) Aufzuhebender VA ist nicht begünstigend
cc) Widerruf ist nicht ausnahmsweise unzulässig oder ein VA gleichen Inhalts müsste erneut erlassen werden.

b) § 49 II VwVfG

aa) Rechtmäßigkeit des widerrufenen VAs
bb) Aufzuhebender VA ist begünstigend
cc) Widerrufsgrund gem. § 49 II Nr. 1-5 VwVfG
dd) Frist, §§ 49 II 2, 48 IV VwVfG

c) § 49 III VwVfG

aa) Rechtmäßigkeit des widerrufenen VAs
bb) Aufzuhebender VA ist begünstigend und zwar handelt es sich um eine Geld- oder Sachleistung
cc) Widerrufsgrund, § 49 III Nr. 1, 2 VwVfG
dd) Frist, §§ 49 III 2, 48 IV VwVfG

2. Rechtsfolge: Ermessen

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

10.11.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-11-10 10:00:042017-11-10 10:00:04Schema: Widerruf eines Verwaltungsakts, § 49 VwVfG
Tom Stiebert

OLG Hamm: Wer Sexspielzeug kauft, muss es behalten

AGB-Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Auch wenn Jura oft trocken erscheint, finden sich doch auch immer wieder Fälle die zum schmunzeln anregen, gleichzeitig aber auch juristisch interessant sind. Besispielhaft hierfür steht ein Urteil des OLG Hamm vom 22.11.2016 (4 U 65/15). Auch wenn dieser Fall im Wettbewerbsrecht angesiedelt war, ging es schwerpunktmäßig um die Frage, ob bei Sexspielzeug ein Widerrufsrecht nach § 312g BGB besteht.
I. Zugrunde lag folgender – aus dem Leben gegriffener – Sachverhalt:
Ein Unternehmen vertreibt Sexspielzeug. Dieses ist mit „einem Hygienesiegel mit der Aufschrift ‚Hygienesiegel – kein Umtausch bei beschädigtem oder entferntem Siegel'“ versehen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sehen insoweit vor, dass kein Widerrufsrecht bei den im Internet getätigten Bestellungen (sog. Fernabsatzverträgen) zur Lieferung versiegelter Waren besteht, wenn die Waren aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind und die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Zu klären war nun, ob ein solcher Ausschluss des Widerrufsrechts zulässig ist.
II. Das OLG Hamm bestätigte nun, dass ein Widerrufsrecht nicht besteht.
In der Klausur wäre zunächst zu prüfen, ob ein Fernabsatzvertrag oder ein außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vorliegt (§ 312g Abs. 1 BGB). Ist dies gegeben, besteht im Grundsatz ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB, sofern nicht die Ausnahmen nach § 312g Abs. 2 BGB greifen. Das Gericht stützt sich dabei auf § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB und verneint ein Widerrufsrecht:

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist in der durchgeführten mündlichen Verhandlung deutlich geworden, dass der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zustehen dürften, weil die Beklagte das Widerrufsrecht eines Verbrauchers beim Onlinehandel mit den streitgegenständlichen Erotikartikeln aus Gründen des Gesundheitsschutzes gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB ausschließen darf, wenn der Verbraucher die Verpackung unter Entfernung des angebrachten Hygienesiegels öffnet. Unabhängig von der Fragestellung, ob ein Verbraucher beim Onlinekauf derartiger Gegenstände überhaupt erwarte, sie nach dem Öffnen einer versiegelten Verpackung zurückgeben zu dürfen, sprechen aus Sicht des Oberlandesgerichts auch Gründe des Verbraucherschutzes für den Ausschluss des Widerrufsrechts in diesen Fällen. Der gebotene Gesundheitsschutz beim Vertrieb derartiger Artikel dürfe eher zu gewährleisten sein, wenn nur mit originalverpackter Ware gehandelt wird und nicht etwa auch mit Artikeln, die von einem früheren Erwerber nach einem Öffnen einer versiegelten Verpackung – in Ausübung eines ihm eingeräumten Widerrufsrechts – zurückgegeben wurden.

Zu prüfen ist die Rechtmäßigkeit des – hier formularmäßigen – Ausschlusses am Maßstab des § 307 BGB. Das Gericht stützt sich hier maßgeblich auf § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB und den dort vorgesehenen Gesundheitsschutz. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, diese Norm näher zu betrachten, insbesondere da hierzu nur sehr wenig Rechtsprechung vorliegt. Sie ist als Spezifizierung des § 312d IV Nr 1 Var 3 BGB aF anzusehen, der darauf abstellte, dass die Ware aufgrund ihrer Beschaffenheit „nicht zur Rücksendung geeignet“ war. Nunmehr sollen hiermit die Voraussetzungen klargestellt werden. Erfasst werden zB Arzneimittel, die aus Sicherheitsgründen nicht mehr abgegeben werden können, fertig verpackte Lebensmittel (Grube/Karsten, LMuR 12, 129), benutzte Hygieneartikel oder Kosmetika (Jauernig/Stadler, § 312g BGB, Rn. 6). Zu klären ist ferner noch, wann tatsächlich ein Entfernen der Versiegelung vorliegt – auch hier fehlt es an Rechtsprechung.
Zuletzt muss diese Norm auch restriktiv ausgelegt werden: Sie kann nicht für jedwedes Sexspielzeug und -zubehör gelten, sondern nur für solches, bei dem besondere Hygienebedenken bestehen, namentlich für Gegenstände, die zur „Anwendung am oder im menschlichen Körper“ vorgesehen sind. Hier dürften tatsächlich Schutzaspekte überwiegen
III. Das Urteil ist ohne Zweifel etwas kurios – auch die Beweisausfnahme dürfte interessant gewesen sein (vielleicht gab es ja auch Sachverständige?). Dessen ungeachtet bleibt das Urteil auch juristisch spannend, befasst es sich doch mit einer neuen und wenig bekannten Norm zum Widerrufsrecht bzw. dessen Ausnahmen. Ein kurzer Blick hierauf lohnt sich allemal. Danach bleibt dann noch genug Zeit für entspannendere Dinge.

23.11.2016/1 Kommentar/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-11-23 10:17:452016-11-23 10:17:45OLG Hamm: Wer Sexspielzeug kauft, muss es behalten
Tom Stiebert

BGH: Ausübung Verbraucherwiderrufsrecht bedarf keines Sachgrundes

BGB AT, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht, Zivilrecht

Das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen ist äußerst examensrelevant. Noch relevanter sind in diesem Kontext aktuelle höchstrichterliche Entscheidungen. Aus diesem Grund sollte einer Entscheidung des BGH vom heutigen 16.3.2016 (Az. 1 C 194/14; Pressemitteilung hier) Beachtung geschenkt werden.
Es ging hier um die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Verbraucher sein Widerrufsrecht im Rahmen eines Fernabsatzgeschäfts (§ 355 BGB, § 312c BGB, § 312g Abs. 1 BGB) ausüben kann, bzw. wann dies unzulässig ist. Die Problematik rührt daher, dass das Gesetz lediglich anordnet, dass dem Verbraucher im Fall des Fernabsatzgeschäfts das Widerrufsrecht zusteht (§ 312g Abs. 1 BGB). Das Gesetz äußert sich dagegen nicht zu der Frage, ob dieses Widerrufsrecht an Voraussetzungen geknüpft ist.
I. Der Sachverhalt hier war denkbar einfach:
Der Kläger hatte bei der Beklagten über das Internet zwei Matratzen bestellt, die im Januar 2016 ausgeliefert und vom Kläger zunächst auch bezahlt worden waren. Unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters und eine „Tiefpreisgarantie“ des Verkäufers bat der Kläger um Erstattung des Differenzbetrags von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe. Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin fristgerecht und sandte die Matratzen zurück.
Motiv des Widerrufs war hier also, dass der Verbraucher mit diesem Druckmittel seine Forderung bzgl. der Tiefpreisgarantie durchsetzen wollte. Der Verkäufer war der Ansicht, dies sei unzulässig und widerspreche dem Gedanken und Zweck des Widerrufsrechts. Aus diesem Grund weigerte er sich, den Kaufpreis zurückzuerstatten.
II. Der BGH teilte diese Ansicht nicht, sondern bejahte das Bestehen und die entsprechend wirksame Ausübung des Widerrufsrechts. Aus diesem Grund bestehe ein Anspruch aus § 355 Abs. 3 S. 1 BGB
Die tatbestandlichen Voraussetzungen der § 312g, 312 c BGB lagen hier vor. Es handelte sich um ein Fernabsatzgeschäft. Der Widerruf sei wirksam ausgeübt wurden.
Dem Käufer stand hier auch ein Widerrufsrecht zu.

Dem steht nicht entgegen, dass es dem Kläger darum ging, einen günstigeren Preis für die Matratzen zu erzielen. Für die Wirksamkeit des Widerrufs eines im Internet geschlossenen Kaufvertrags genügt allein, dass der Widerruf fristgerecht erklärt wird. Die Vorschriften über den Widerruf sollen dem Verbraucher ein effektives und einfach zu handhabendes Recht zur Lösung vom Vertrag geben. Einer Begründung des Widerrufs bedarf es nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung nicht. Deshalb ist es grundsätzlich ohne Belang, aus welchen Gründen der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht.

Der BGH hält damit am klaren Gesetzeswortlaut fest. Das Gesetz fordert keine besonderen Bedingungen für die Ausübung des Widerrufs. Es genügt die formelle Rechtmäßigkeit. Dies ist sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Systematik der Widerrufsvorschriften herzuleiten. Auch das Telos steht dem nicht entgegen. Motiv des Widerrufsrechts ist es, den schutzwürdigen Verbraucher, der die Ware eben aus der Ferne erwirbt, zu schützen. Dieses Schutzbedürfnis greift auch hier und knüpft an keine weiteren Voraussetzungen an.
Anerkannt ist aber, parallel zum Rechtsmissbrauch nach § 242 BGB, das Widerrufsrecht in Einzelfällen zu versagen. Dies liegt dann vor, wenn der Unternehmer seinerseits besonders schutzbedürftig ist. Die Grenzen hierfür sind – auch durch die unionsrechtlichen Vorgaben – äußerst eng zu ziehen. Dies liegt bspw. dann vor, wenn sich der Widerruf als schikanös oder bewusst schädigend erweist. Nach den Grundsätzen der cic muss Gleiches zudem bei einem arglistigen Verhalten des Verbrauchers gelten, wenn dieser also den Vertrag nie wollte.

Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Dass der Kläger Preise verglichen und der Beklagten angeboten hat, den Vertrag bei Zahlung der Preisdifferenz nicht zu widerrufen, stellt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Das ist vielmehr Folge der sich aus dem grundsätzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrecht ergebenden Wettbewerbssituation, die der Verbraucher zu seinem Vorteil nutzen darf.

Damit lag hier ein wirksamer Widerruf und damit ein Rückzahlungsanspruch vor.
III. Der Fall macht deutlich, dass es auch für scheinbar Eindeutiges manchmal einer Entscheidung eines obersten Gerichts bedarf. Häufig mag die vermeintlich einfache und eindeutige Lösung auch die richtige sein. Man sollte sich in der Klausursituation nicht verwirren lassen, sondern streng anhand der Auslegungsmethoden am Gesetz arbeiten. dann kann nichts mehr schiefgehen.

16.03.2016/3 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2016-03-16 15:31:422016-03-16 15:31:42BGH: Ausübung Verbraucherwiderrufsrecht bedarf keines Sachgrundes
Gastautor

Widerruf der Prozessführungsermächtigung während des Rechtsstreits?

Examensvorbereitung, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Referendariat, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht, Zivilrecht, ZPO

Wir freuen uns, Euch heute einen weiteren Gastbeitrag von Dr. Ole Sachtleber vorstellen zu können. Ole ist Richter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Schleswig-Holstein. Er stellt das Urteil des BGH vom 27.2.2015 (Az. V ZR 128/14) dar, das die bis dato nicht hinreichend geklärte und daher höchst prüfungsverdächtige Frage behandelt, ob und inwieweit eine Prozessführungsermächtigung während des Rechtsstreits widerrufen werden kann. Der Beitrag wendet sich deswegen in erster Linie an Referendarinnen und Referendare, aber auch an Studierende (mit zivilprozessualem Schwerpunkt).
 I. Sachverhalt (vereinfacht)
K ist Eigentümer einer Wohnung in einem aus zwei Eigentumswohnungen bestehenden Haus. Die andere Wohnung steht im Eigentum des N. Das Haus dieser Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist an die zentralen Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen angeschlossen, insbesondere an die Heizungs- und Warmwasserbereitungsanlage einer benachbarten Wohnungseigentümergemeinschaft (W).
Mit Schreiben vom 16. Juli 2015 ermächtigt N den K schriftlich dazu Ansprüche der WEG im eigenen Namen geltend zu machen. Der Kläger erhebt Klage gegen die W und beantragt die Feststellung, dass das Grundstück, auf dem sich die Eigentumswohnungen von K und N befinden, keinem Anschluss- und Benutzungszwang unterliegt. Die Klage wird der W am 31. Juli 2015 zugestellt. Noch vor dem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung widerruft N mit Schreiben vom 31. August 2015 die dem K erteilte Prozessführungsermächtigung. Daran ändert sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nichts.
Ist K prozessführungsbefugt?
II. Die Entscheidung des BGH (Urteil vom 27.2.2015, Az. V ZR 128/14)
Der Fall, dessen materiell-rechtliche Fragestellungen nicht weiter vertieft werden sollen, wirft ein sehr interessantes und prüfungsrelevantes Problem des Zivilprozessrechts auf: Welche Auswirkungen hat der während des Rechtsstreits (also nach Rechtshängigkeit, §§ 253 I, 261 I ZPO) erklärte Widerruf einer Prozessführungsermächtigung auf die Prozessführungsbefugnis des Klägers?
1. Die Prozessführungsbefugnis als Sachurteilsvoraussetzung
Die Prozessführungsbefugnis, die in § 51 I ZPO zumindest angesprochen wird, ist die prozessuale Befugnis ein behauptetes Recht im eigenen Namen geltend zu machen. Es handelt sich dabei – anders als die Aktiv-/Passivlegitimation, die die Begründetheit der Klage betrifft – um eine Sachurteilsvoraussetzung, die von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens (in der Zulässigkeit) zu prüfen ist (§ 56 I ZPO). Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Prozessführungsbefugnis ist der Schluss der mündlichen Verhandlung (vgl. §§ 136 IV, 323 II, 767 II ZPO). Insofern unterscheidet sich die Prozessführungsbefugnis nicht von den übrigen Sachurteilsvoraussetzungen. Eine wichtige Ausnahme normiert etwa § 261 III Nr. 2 ZPO für die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts: Das einmal zuständige Gericht bleibt zuständig, auch wenn die zuständigkeitsbegründenden Umstände nach Rechtshängigkeit (§§ 253 I, 261 I ZPO) wegfallen (sogenannter Grundsatz der perpetuatio fori; siehe aber § 506 ZPO).
Fehlt die Prozessführungsbefugnis, ist die Klage nach entsprechendem Hinweis gemäß § 139 III ZPO durch Prozessurteil (als unzulässig) abzuweisen, ohne dass in der Sache eine Entscheidung ergeht. Das hat Auswirkungen auf die materielle Rechtskraft des Urteils: Wird der Zulässigkeitsmangel behoben, kann der Kläger erneut klagen, ohne dass § 322 ZPO dem entgegensteht. Aus dieser beschränkten Reichweite der Rechtskraft eines Prozessurteils folgt im Übrigen auch, dass die Frage der Zulässigkeit der Klage grundsätzlich nicht offen bleiben kann, etwa mit der Begründung, die Klage sei „jedenfalls“ unbegründet (zu Ausnahmen und allgemein zur Prüfung der Sachurteilsvoraussetzungen siehe Dresenkamp/Sachtleber, Zivilakte – Von der Klageschrift bis zum Urteil (3. Aufl. 2015), Rn. 23).
2. Prozessstandschaft
Behauptet der Kläger, selbst Inhaber des Rechts zu sein, ist die Prozessführungsbefugnis in der Regel unproblematisch; anders kann dies bspw. bei Insolvenzverwaltung (§ 80 InsO) oder Testamentsvollstreckung (§§ 2205, 2211 BGB) sein. Etwas schwieriger gestaltet sich die Rechtslage, wenn der Kläger ein behauptetes fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht. In diesen Fällen spricht man von einer Prozessstandschaft (allgemein dazu Thomas/Putzo-Hüßtege, ZPO (36. Aufl. 2015), § 51 Rn. 19-45).
Um einen solchen Fall der Prozessstandschaft geht es hier. Denn der geltend gemachte Anspruch steht der Wohnungseigentümergemeinschaft als rechtsfähigem Verband zu, nicht aber den einzelnen Wohnungseigentümern (§ 10 VI 2 WEG). K macht also ein behauptetes fremdes Recht (das der WEG) im eigenen Namen geltend.
Man unterscheidet zwischen gesetzlicher (auf gesetzlicher Ermächtigung beruhender) und gewillkürter (rechtsgeschäftlicher) Prozessstandschaft. Maßgeblich ist, wie es der Wortlaut des § 51 I ZPO auch nahelegt („…die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts…“), insoweit das materielle Recht.
Eine gesetzliche Prozessstandschaft sehen eine ganze Reihe von Vorschriften vor, etwa §§ 1011, 2039 BGB. In diesen Fällen kann jeder einzelne Teilhaber den gemeinschaftlichen Anspruch geltend machen. Auch § 265 II ZPO regelt einen Fall, in dem ein Nicht(mehr)berechtigter einen fremden Anspruch im eigenen Namen geltend machen kann. Schließlich fällt die Prozessführung durch sogenannte Parteien kraft Amtes (zu diesem Begriff vgl. § 116 Nr. 1 ZPO) darunter (bspw. Insolvenzverwalter oder Testamentsvollstrecker). Eine gesetzliche Ermächtigung, die es K gestattet, den Anspruch des Verbands der Wohnungseigentümer geltend zu machen, gibt es aber nicht.
Möglich ist auch eine gewillkürte Prozessstandschaft. Der Kläger kann ein behauptetes fremdes Recht ausnahmsweise im eigenen Namen geltend machen, wenn der Rechtsinhaber ihn dazu entsprechend § 185 Abs. 1 BGB wirksam ermächtigt hat, der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an der eigenen Prozessführung hat und der Beklagte dadurch nicht unzumutbar benachteiligt wird.
Diese Voraussetzungen waren hier (jedenfalls zunächst) gegeben:
In dem Schreiben des N vom 16. Juli 2015 liegt eine Ermächtigung. Weil die WEG nur aus K und N besteht, bedurfte es nach Ansicht des BGH dazu keiner Beschlussfassung der WEG:
„Eine Ermächtigung zur Geltendmachung von Ansprüchen des Verbandes muss jedoch nicht zwingend in Gestalt eines (Mehrheits-) Beschlusses der Wohnungseigentümer erteilt werden. Sie kann auch in der Zustimmung aller Wohnungseigentümer zu einer Klageerhebung durch einzelne Wohnungseigentümer liegen (vgl. Senat, Urteil vom 24. Juni 2005 – V ZR 350/03, NJW 2005, 3146, 3147). Dabei kann die Zustimmung in der gemeinsamen Erhebung der Klage zum Ausdruck kommen (vgl. Senat, Urteil vom 24. Juni 2005 – V ZR 350/03, aaO) oder gegenüber dem klagenden Wohnungseigentümer erklärt werden. Bei einer zweigliedrigen Wohnungseigentümergemeinschaft, wie sie hier gegeben ist, genügt es daher, wenn der eine Wohnungseigentümer den anderen zur Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft ermächtigt.“
 
Auch steht K ein schutzwürdiges Interesse an der eigenen Prozessführung zu. Es folgt sowohl aus der zu erwartenden deutlichen Wertsteigerung seiner Eigentumswohnung für den Fall, dass die Wohnanlage nicht mehr dem Versorgungsverbund mit der W unterliegt, als auch aus der mit einer rechtlichen Loslösung der Wohnungseigentümergemeinschaft vom Versorgungsverbund gewonnenen Dispositionsfreiheit.
3. Widerruf der Prozessführungsermächtigung während des Rechtsstreits?
Der BGH hatte sich nun mit der Frage zu befassen, welche Wirkungen dem mit Schreiben vom 31. August 2015 durch N erklärten Widerruf der Prozessführungsermächtigung zukommen. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen der Prozessführungsbefugnis (hier in Form einer gewillkürten Prozessstandschaft) ist – wie ausgeführt – der Schluss der mündlichen Verhandlung. Danach müsste die Klage des K als unzulässig abgewiesen werden, weil der Widerruf vor diesem Zeitpunkt erklärt wurde. Allerdings erfolgte der Widerruf erst nach Klageerhebung (Rechtshängigkeit, §§ 253 I, 261 I ZPO). Erstmals war also die Frage zu entscheiden, ob und inwiefern eine Prozessführungsermächtigung noch während des Rechtsstreits widerrufen werden kann.
a) Bisheriger Meinungsstand
Zunächst stellt der BGH den (etwas unübersichtlichen) Meinungsstand dar:
„(1) Der Senat hat in einer älteren Entscheidung ohne weitere Differenzierung den Widerruf als jederzeit möglich angesehen (Urteil vom 12. Juli 1985 – V ZR 56/84, NJW-RR 1986, 158). Dem haben sich andere Senate des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 – IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132, 135; BGH, Beschluss vom 11. März 2014 – VIII ZR 31/14, NJW 2014, 1970 Rn. 8: „grundsätzlich“; im Ergebnis wohl auch BGH, Urteil vom 22. Dezember 1988 – VII ZR 129/88, NJW 1989, 1932) und auch Teile der Literatur angeschlossen (vgl. PG/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl., § 50 Rn. 39; im Ergebnis ebenfalls für die Möglichkeit eines jederzeitigen Widerrufs Musielak/Weth, ZPO, 12. Aufl., § 51 Rn. 26 und Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 36. Aufl., § 51 Rn. 33 u. 38).
(2) Demgegenüber soll sich nach Auffassung des VI. Zivilsenats und weiter Teile der Literatur der Widerruf einer rechtswirksam erteilten Ermächtigung während des gerichtlichen Verfahrens auf ihren Fortbestand nicht auswirken (BGH, Urteil vom 19. September 1995 – VI ZR 166/94, NJW 1995, 3186, 3187; MüKoZPO/Lindacher, 4. Aufl., Vorbem. zu § 50 Rn. 56; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., Vor § 50 Rn. 45; BeckOK-ZPO/Hübsch, Stand 1. Januar 2015, § 51 Rn. 48; Rosenberg, JZ 1952, 137; Staudinger/Gursky, BGB [2014], § 183 Rn. 12; MüKoBGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 183 Rn. 13; Palandt/Ellenberger, BGB, 74 Aufl., § 183 Rn. 1; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 183 Rn. 3). In diesem Sinne hat auch das Reichsgericht entschieden (RGZ 164, 240, 242).
(3) Schließlich findet sich in der Literatur die Meinung, dass zwar der Widerruf auch nach Klageerhebung wirksam sei, allerdings müsse zum Schutz des Prozessgegners entweder der Prozess in analoger Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO zwischen den bisherigen Parteien weitergeführt oder aber ein gesetzlicher Parteiwechsel von dem Prozessstandschafter auf den Rechtsinhaber gemäß § 239 ff. ZPO analog angenommen werden (vgl. Leyendecker, ZZP 122 (2009), 465, 485 f.).“
b) Die Lösung des BGH
Da die ZPO keine näheren Vorschriften über Erteilung und Bestand einer Prozessführungsermächtigung enthält und § 51 I ZPO insoweit auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts verweist, stellt der BGH zunächst dar, dass sich der Widerruf der Prozessführungsermächtigung nach bürgerlichem Recht richtet, nämlich nach § 183 S. 1 BGB:
„(a) Materiell-rechtlich ist die Ermächtigung zur Prozessführung mit einer Verfügungsermächtigung gemäß § 185 Abs. 1 BGB vergleichbar (ebenso Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 36. Aufl., § 51 Rn. 33). Diese legitimiert einen Nichtberechtigten zur Verfügung über einen fremden Gegenstand im eigenen Namen. Sie ist funktional und systematisch mit der unmittelbaren Stellvertretung verwandt, da beide es ermöglichen, unmittelbar auf den Rechtskreis eines anderen einzuwirken. Sie unterscheiden sich allerdings darin, dass der Ermächtigte im eigenen Namen auftritt, während bei der Stellvertretung ausschließlich der Vertretene Geschäftspartei ist (MüKoBGB/Schramm, 6. Aufl., Vorbem. Vor §§ 164 bis 181, Rn. 39). Die Prozessführungsermächtigung berechtigt den Ermächtigten zur Durchsetzung eines fremden Rechts im eigenen Namen. Diese Ähnlichkeit zwischen Verfügungsermächtigung und Prozessführungsermächtigung rechtfertigt es, die Regelung über die Widerruflichkeit einer Verfügungsermächtigung (§ 183 BGB) auch auf die Prozessführungsermächtigung anzuwenden (im Ausgangspunkt ebenso RGZ 164, 240, 242 sowie Staudinger/Gursky, BGB [2014], § 183 Rn. 12; MüKoBGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 183 Rn. 13; Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., § 183 Rn. 1).
(b) Hieraus folgt aber nicht, dass eine Prozessführungsermächtigung nur bis zur Erhebung der Klage widerrufen werden kann. Die Einwilligung ist ebenso wie die Vollmacht (§ 168 Satz 2 BGB) frei widerruflich, soweit sich nicht aus dem Gesetz oder aus dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis ein anderes ergibt (vgl. MüKoBGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 183 Rn. 9 mwN). Die Widerruflichkeit einer Ermächtigung endet erst mit der Vornahme des Hauptgeschäfts (§ 183 Satz 1 BGB). Insoweit kommt es auf dessen vollständige Verwirklichung an; bei mehraktigen Verfügungsgeschäften ist der Widerruf bis zu dem Zeitpunkt möglich, in dem das letzte Teilstück des Rechtsgeschäfts vorgenommen wird (vgl. MüKoBGB/Bayreuther, 6. Aufl., § 183 Rn. 12; Staudinger/Gursky, BGB [2014], § 183 Rn. 10; Bamberger/Roth/Bub, BGB, 3. Aufl., § 183 Rn. 3).
Bei einer Prozessführungsermächtigung ist Hauptgeschäft die gerichtliche Durchsetzung eines Rechts. Demgemäß umfasst eine Prozessführungsermächtigung nicht nur die Einleitung eines Rechtsstreits, sondern dessen Führung insgesamt. Zur Durchsetzung des Rechts genügt in den wenigsten Fällen die Erhebung der Klage. Um das erstrebte Ziel – eine verbindliche Entscheidung über den materiellen Anspruch – zu erreichen, sind regelmäßig vielfältige weitere Maßnahmen und Erklärungen des Prozessstandschafters notwendig (z. B. Antragstellung in der mündlichen Verhandlung, Beweisantritte, Rechtsmitteleinlegung). Dies hat zur Folge, dass eine Prozessführungsermächtigung mit materiell-rechtlicher Wirkung auch während des Rechtsstreits widerrufen werden kann, solange zur Durchsetzung des Rechts noch Prozesshandlungen des Prozessstandschafters geboten sind. Etwas anderes gilt nur, wenn sich aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis Abweichendes, z. B. die Unwiderruflichkeit der Ermächtigung, ergibt.“
 
Dieses – auf der Grundlage des bürgerlichen Rechts gefundene – Ergebnis kassiert der BGH aber recht schnell wieder ein, indem er darauf verweist, dass der materiell-rechtliche Widerruf zunächst nur „im Verhältnis zwischen dem Rechtsinhaber und dem Ermächtigten“ wirksam sei und daraus nicht „in jedem Fall“ die Unzulässigkeit der Klage folge. Für die prozessualen Wirkungen greift der Senat stattdessen zusätzlich auf die Grundsätze über den Widerruf von Prozesshandlungen zurück. Eine Prozessführungsermächtigung vermittelt dem Kläger nämlich seine prozessuale Befugnis zur Prozessführung und entfaltet seine Wirkungen auf dem Gebiet des Prozessrechts, weswegen es sich dabei um eine Prozesshandlung handelt.
 
Es gibt Prozesshandlungen, die unmittelbar prozessrechtliche Wirkungen entfalten (sog. Bewirkungshandlungen). Darunter fallen etwa die Klagerücknahme nach § 269 ZPO und das Anerkenntnis nach § 307 ZPO. Daneben gibt es Prozesshandlungen, deren bezweckter Erfolg erst durch ein Tätigwerden des Gerichts erreicht werden kann (sog. Erwirkungshandlungen) wie bspw. Anträge oder Angriffs- und Verteidigungsmittel (§ 282 ZPO). Soweit die ZPO keine speziellen Regelungen zum Widerruf bzw. zur Rücknahme enthält (Beispiele: § 290 ZPO für den Widerruf eines Geständnisses, §§ 346, 516 ZPO für die Rücknahme des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil), ist zu unterscheiden:
Bewirkungshandlungen können widerrufen werden, solange ihr prozessualer Erfolg noch nicht eingetreten ist. Erwirkungshandlungen können widerrufen werden, solange der Gegner keine schutzwürdige Rechtsposition erlangt hat (Thomas/Putzo-Reichold, a.a.O., Einl. III Rn. 22; allgemein zu Prozesshandlungen: Dresenkamp/Sachtleber, a.a.O, Rn. 15).
Der BGH ordnet die Prozessführungsermächtigung als Erwirkungshandlung ein. Es kommt danach darauf an, ab wann der Gegner eine schutzwürdige Position erlangt hat. Insoweit verweist der BGH auf den in § 269 I ZPO genannten Zeitpunkt (Beginn der mündlichen Verhandlung durch den Beklagten), weil dem Beklagten dann ein „Recht auf Sachentscheidung“ zusteht:
„Eine geschützte Rechtsposition erlangt die beklagte Partei, wenn sie bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt hat. Von diesem Zeitpunkt an kann die Klage nur noch mit ihrer Zustimmung zurückgenommen werden (§ 269 Abs. 1 ZPO). Der Kläger hat es also nicht mehr allein in der Hand, eine Entscheidung des Gerichts durch eine Klagerücknahme zu vermeiden. Diese Rechtsposition des Beklagten muss auch zum Tragen kommen, wenn dem Kläger die Prozessführungsbefugnis mittels Widerrufs seiner Prozessführungsermächtigung durch den Rechtsinhaber entzogen wird. Denn der Widerruf wirkte für die beklagte Partei wie eine Klagerücknahme, wenn er ohne weiteres zur Unzulässigkeit der Klage führte. Durch einen willentlichen, der Sphäre des Klägers zuzurechnenden Akt wäre einer Entscheidung des Gerichts in der Sache der Boden entzogen, eine erneute Klage aber jederzeit möglich. Dies muss ein Beklagter, der bereits zur Hauptsache mündlich verhandelt hat, nach dem Rechtsgedanken des § 269 Abs. 1 ZPO nicht hinnehmen. Stimmt er einer Abweisung der Klage als unzulässig nicht zu, ist die Ermächtigung des Klägers, auch wenn sie materiell-rechtlich wirksam widerrufen wurde, mit Rücksicht auf den Vorrang des Prozessrechts in diesem Bereich (vgl. § 51 ZPO) als fortbestehend anzusehen und der Rechtsstreit – vorbehaltlich eines Eintritts des Rechtsinhabers in den Prozess nach den Regeln über den Parteiwechsel (vgl. zu dieser Möglichkeit BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 – IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132) – mit dem Prozessstandschafter fortzusetzen.“
c) Keine analoge Anwendung der §§ 265 II 2, 261 III Nr. 2 ZPO
Einer analogen Anwendung des § 265 II 2 ZPO oder § 261 III Nr. 2 ZPO erteilt der BGH eine Absage, weil es jedenfalls an der Vergleichbarkeit der Fallgestaltungen fehle:
„Aus § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO lässt sich der Fortbestand der Prozessführungsbefugnis trotz Widerrufs der Ermächtigung weder unmittelbar noch aufgrund einer entsprechenden Anwendung herleiten. Nach dieser Bestimmung hat die Veräußerung der im Streit befangenen Sache oder die Abtretung des geltend gemachten Anspruchs auf den Prozess keinen Einfluss. Dies bedeutet, dass bei einer Rechtsnachfolge auf Klägerseite grundsätzlich der bisherige Kläger den Prozess für den Rechtsnachfolger in gesetzlicher Prozessstandschaft fortführt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 265, Rn. 1, 6 mwN). Hiermit ist der nachträgliche Wegfall der Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft nicht vergleichbar, weil das materielle Recht, um das es im Prozess geht, bei einer Prozessstandschaft nicht übertragen wird. Es steht vielmehr schon während der Dauer der Prozessstandschaft ebenso wie nach deren Ende unverändert dem Rechtsinhaber zu (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1993 – IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132, 135 f.).
Der in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO im Zusammenhang mit der Zuständigkeit des Prozessgerichts statuierte Grundsatz der perpetuatio fori regelt einen speziellen Fall, der dem nach Klageerhebung erklärten Widerruf einer Prozessführungsermächtigung ebenfalls nicht gleichgestellt werden kann.“
5. Ergebnis
Da die Beklagte noch nicht zur Hauptsache mündlich verhandelt hat, steht der Rechtsgedanke des § 269 ZPO einem auch prozessual wirksamen Widerruf der Prozessführungsermächtigung durch N nicht entgegen. Weil K die Prozessführungsbefugnis fehlt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Der Tenor des (Prozess)Urteils könnte bspw. lauten (Klammerzusätze optional):
 
Die Klage wird (als unzulässig) abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist (wegen der Kosten) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Bei der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist zu beachten, dass in der Hauptsache nichts zu vollstrecken ist und ausschließlich die Beklagte ihre Kosten bei dem Kläger vollstrecken kann. Bei obiger Tenorierung wurde davon ausgegangen, dass § 709 ZPO zur Anwendung kommt, weil der von der Beklagten vollstreckbare Kostenbetrag über 1.500 Euro und damit über dem in § 708 Nr. 11, Alt. 2 ZPO genannten Betrag liegt. Wird die Klage abgewiesen, ist das bei einem Gebührenstreitwert von mindestens 8.000,01 Euro der Fall (siehe Dresenkamp/Sachtleber, a.a.O., Rn. 188 mit Berechnung). Liegt der vollstreckbare Kostenbetrag unter 1.500 Euro, kommen §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO zur Anwendung. Dann würde wie folgt tenoriert werden können (Formulierungsbeispiel auch bei Thomas/Putzo-Seiler, a.a.O., § 711 Rn. 3b; allgemein zur Tenorierung: Dresenkamp/Sachtleber, a.a.O., Rn. 176 ff.):
 
Das Urteil ist (wegen der Kosten) vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
III. Fazit
Eine Problematik, die sich hervorragend eignet, um in eine Prüfungsaufgabe (bspw. eine Urteilsklausur oder einen Aktenvortrag im Assessorexamen) einzufließen. Da in einer Urteilsklausur nicht damit zu rechnen ist, ein Prozessurteil anfertigen zu müssen, könnte der Aktenauszug etwa vorsehen, dass der Widerruf nach dem in § 269 I ZPO bezeichneten Zeitpunkt erfolgt und der Beklagte der Klageabweisung als unzulässig nicht zustimmt. Der Widerruf der Prozessführungsermächtigung wäre dann prozessual unbeachtlich und die Klage zulässig, sodass eine Entscheidung in der Sache zu entwerfen wäre.
 

26.09.2015/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-09-26 10:00:142015-09-26 10:00:14Widerruf der Prozessführungsermächtigung während des Rechtsstreits?
Dr. Maximilian Schmidt

Kostenloser Seitensprung? Tinder, parship und co. als Heiratsvermittler i.S.d. § 656 BGB?

Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Verschiedenes, Zivilrecht

Immer mehr Dating- und Partnerplattformen verlangen für ihre Dienste eine Nutzungsgebühr. Während Akademiker und Singles mit Niveau (anscheinend ein Widerspruch…) mit mindestens 30€ pro Monat dabei sind, verlangt tinder seit diesem Jahr für alle anderen ca. 10€ p.M. Findige Juristen könnten nun auf die Idee kommen nach Nutzung der Dienste das Entgelt nicht zu bezahlen – zumindest in anteiliger Höhe mit Verweis auf das verbraucherschutzrechtliche Widerrufsrecht (hierzu V.) oder in voller Höhe auf § 656 BGB:

(1) Durch das Versprechen eines Lohnes für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe wird eine Verbindlichkeit nicht begründet.

I. Rechtsnatur der sog. Naturalobligation – „Wettschulden sind Ehrenschulden“
Ein Rechtsbegriff der vor allem für mündliche Prüfungen bekannt sein sollte ist der der „Naturalobligation„. Hierbei handelt es sich um unvollkommene, nicht einklagbare, also nicht mit staatlicher Hilfe durchsetzbare Forderungen.  Neben dem Ehemäklerlohn ist dies das klassische Beispiel „Spiel und Wette“  i.S.d. § 762 BGB. Auch in diesen Fällen können Forderungen nicht durchgesetzt werden. Somit erklärt sich auch das Sprichtwort: „Wettschulden sind Ehrenschulden“ – sie können nicht eingeklagt werden, sondern müssen vom Ehrenmann „von sich aus“ beglichen werden (oder dieser zur „freiwilligen“ Zahlung gebracht werden – Stichwort: Moskau Inkasso). Eine dennoch eingereichte Klage wird als unbegründet, nicht als unzulässig abgewiesen, da ein materiell-rechtliches Hindernis vorliegt (BGH v. 4.3.2004 – III ZR 124/03).
II. Grund für die fehlende Durchsetzbarkeit
Ursprünglich wurde die sittliche Anstößigkeit der entgeltlichen gewerblichen Ehevermittlung als Normzweck angesehen, also eine Ausprägung des § 138 BGB. Die Ehe beruhe auf „himmlischen Einflüssen“, so dass die weltliche Vermittlung anstößig erscheine. Heute hat sich der Schutzzweck leicht verschoben, es soll die Intimssphäre der Ehegatten vor unerwünschten Ehemaklerprozessen geschützt werden (Diskretionsbedürfnis). Ein solcher Prozess, in welchem der Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe erbracht werden müsste, könnte das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen stark beeinträchtigen – müsste doch konkret dargelegt werden, inwiefern man die Partner zusammengebracht hat. Daher erscheint der Ausschluss der Durchsetzbarkeit auch heute noch angemessen.
III. Anwendbarkeit des § 656 BGB auf Online-Dating/Partner-Plattformen
Findet § 656 BGB nun Anwendung auch auf Partnervermittlung? Um Kostenansprüchen der Partnerbörsen entgehen zu können, müssten diese den „Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer Ehe oder für die Vermittlung des Zustandekommens einer Ehe“ erbringen. An dieser Stelle muss man zwischen den verschiedenen Plattformen differenzieren. Auf Partnervermittlungen ist § 656 BGB analog anzuwenden. Grund hierfür ist zum einen, dass die heutige Partnerschaftsvermittlung in der Praxis die Eheanbahnung nahezu vollständig abgelöst hat (Meier, NJW 2011, 2396 ). Mag dies noch nicht wirklich überzeugen, kommt zum anderen hinzu, dass es bei teleologischer Betrachtung keine Rolle spielt, ob die Vermittlung tatsächlich in letzter Konsequenz auf eine Heirat gerichtet ist oder ob eine bloße außereheliche Partnerschaft angestrebt wird. In beiden Fällen geht es um die Zusammenführung zweier Menschen im Bereich ihres höchstpersönlichen Lebens, so dass der Schutz des persönlichen Intimbereichs der Betroffenen auch hier Geltung beansprucht (IV ZR 160/89 – BGHZ 112, 122; BGH, NJW-RR 2004, 778; Staudinger/Reuter, § 656 Rn. 7; Meier, NJW 2011, 2396). Hiermit ist selbstverständlich nichts über die rechtspolitische Sinnhaftigkeit der Norm an sich gesagt. Ob Klagen aus Ehe- und Partnervermittlungsverträgen tatsächlich das Diskretionsbedürfnis der Betroffenen verletzten, ist zumindest fraglich.
Soweit es sich also um eine Partnervermittlung handelt, findet § 656 BGB Anwendung. Parship und elitepartner.de sind echte Partnervermittlungen, so dass bei diesen die Durchsetzbarkeit etwaiger Forderungen gehindert ist. Anders hingegen bei tinder. Hier ist die Möglichkeit zum Kennenlernen doch erkennbar auf kurzfristige Kontakte ausgelegt und es werden insbesondere keine weitergehenden Dienstleistungen erbracht als die bloße, zufällige Möglichkeit sich kennenzulernen. Es liegt letztlich nur eine Gelegenheit für verschiedene Personen vor, miteinander in Kontakt zu treten; es fehlt an einer aktiven Förderung der Kontakteaufnahme durch Persönlichkeitsprofile, „passgenaue“ Vorschläge usw. Tinder entspricht daher eher „virtuellen Freizeitclubs“, die nach der Rechtsprechung nicht von § 656 BGB (analog) erfasst sind (OLG Frankfurt NJW 1984, 180 f.; zugegeben: tinder klingt besser als Freizeitclub). Dies führt zu der – auf den ersten juristischen und auch zweiten laienhaften Blick – erstaunlichen Erkenntnis, dass Seitensprünge (Geld) kosten, während Partnerschaften „kostenfrei“ sind.
IV. Möglichkeit des Widerrufs, § 312 ff. BGB?
Viel ist mit der Anwendbarkeit von § 656 BGB jedoch nicht gewonnen, da so gut wie alle Partnerbörsen wohl auch gerade wegen § 656 BGB die Zahlung im voraus verlangen. Daher stellt sich die Frage nach der Möglichkeit des Widerrufs nach den verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften der §§ 312 ff. BGB. Grundsätzlich steht dem Kunden ein Widerrufsrecht zu, da er als Verbraucher mit einem Unternehmer qua Fernkommunikationsmittel einen Vertrag schließt. Fraglich ist hingegen der Ausschluss der Widerrufbarkeit.
Ein solcher könnte sich aus § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB ergeben, wonach “ Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind“ vom Widerruf ausgeschlossen sind. Mit Blick auf die von elitepartner.de und anderen „echten“ Partnervermittlungen durchgeführten Persönlichkeitstest kann man durchaus von einer individualisierten Leistung sprechen. Hiergegen spricht jedoch, dass es sich um eine Dienstleistung und keine Ware handelt. Auch eine analoge Anwendung muss wohl ausscheiden (s. zum alten Recht ausführlich Meier, NJW 2011, 2396). Andere Ausschlussgründe greifen ebenfalls nicht. Daher ist grundsätzlich ein Widerruf des Partnervermittlungsvertrages möglich und führt zur Rückabwicklung der erbrachten Leistungen. Wie hoch der zu ersetzende objektive Wert einer u.U. durchgeführten Persönlichkeitsanalyse ist, sei an dieser Stelle dahingestellt; dieser ist jedoch mit dem rückzuerstattenden „Mitgliedsbeitrag“ zu verrechnen, § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
V. Kündigung nach § 627 BGB
Nach h.M. ist zudem die jederzeitige Kündigung nach § 627 BGB möglich (BGH NJW 1987, 2808 f.; BGH MMR 2010, 90, Rn. 19). Begründet wird dies damit, dass die Partnervermittlung ein besonderes Vertrauensverhältnis benötige (zur Kritik s. Rachow, MMR 2015, 152). Die Kündigung wirkt jedoch nur ex nunc, so dass diese nicht zur Kostenfreiheit führt, sondern allein ein Fortlaufen des Vertrages verhindert.

VI. Fazit: Liebe gratis, Sex aber nicht?
Die große Liebe zu finden kann damit kostenlos sein: Entweder weil nicht im voraus bezahlt wird und in der Folge auf § 656 BGB berufen wird oder aber ein Widerruf nach §§ 312 ff. BGB erklärt wird. Ein solcher Widerruf ist zwar auch bei bloßen Kennenlern-Plattformen wie tinder denkbar, doch kann mangels Anwendbarkeit des § 656 BGB keine völlige Kostenfreiheit hergestellt werden – eine gesetzgeberische Wertung, die wohl nur den einen oder anderen überzeugen mag…
 

07.05.2015/6 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2015-05-07 09:00:072015-05-07 09:00:07Kostenloser Seitensprung? Tinder, parship und co. als Heiratsvermittler i.S.d. § 656 BGB?
Dr. Maximilian Schmidt

BVerwG: Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis allein wegen Bandidos-Mitgliedschaft

Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verwaltungsrecht

Das heutige des Urteil des BVerwG (28.01.2015 – 6 C 1.14; 6 C 2.14; 6 C 3.1) sollte von Kandidaten in der Examensvorbereitung Beachtung geschenkt werden. Fraglich war, ob eine waffenrechtliche Erlaubnis alleine wegen der Mitgliedschaft in der Rockergruppe „Bandidos“ widerrufen werden kann.
Zunächst sei auf unseren ausführlichen Artikel zum Waffenrecht hingewiesen – eine Materie, die immer wieder im Examen vorkommt, um „unbekannte Rechtsgebiete“ abzufragen. Wer die wesentlichen Normen bereits kennt, macht weniger Fehler und kommt besser mit dem Fall zurecht.
Die aktuelle Entscheidung des BVerwG führt die Rechtsprechung zum Begriff der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG fort und nimmt an, dass alleine die Mitgliedschaft in einer als gewalttätig vermuteten Vereinigung die Unzuverlässigkeit begründen kann (s. für NPD-Mitgleid BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – Az. 6 C 29/08; s. auch unseren Beitrag hier): (aus Pressemitteilung entnommen, Herv. d. Verf.)

Auch die Gruppenzugehörigkeit einer Person kann als (personenbezogener) Umstand für deren waffenrechtliche Zuverlässigkeit relevant sein. Nach den Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs sind von Mitgliedern der Bandidos gehäuft Straftaten unter zum Teil erheblicher Gewaltanwendung begangen worden, die maßgeblich auf die szenetypischen Rivalitäten zwischen den Bandidos und anderen Rockergruppierungen zurückzuführen sind. Es besteht wie bei anderen Mitgliedern der Bandidos die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass die Kläger – selbst wenn sie dies persönlich nicht anstreben sollten oder sogar für sich vermeiden wollten – künftig in die Austragung solcher Rivalitäten und in hiermit einhergehende gewalttätige Auseinandersetzungen einbezogen werden. Tritt dieser Fall ein, liegt es wiederum nicht fern, dass sie hierbei – ob beabsichtigt oder unter dem Druck der Situation – Waffen missbräuchlich verwenden oder Nichtberechtigten überlassen. Für diese Prognose ist auf die Bandidos allgemein und nicht auf das jeweilige Chapter abzustellen. Aufgrund der Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass die Tendenz zur gewalttätigen Austragung szeneinterner Rivalitäten für die Bandidos schlechthin, nicht nur für einzelne Chapter prägend ist, und dass zudem aufgrund der Vernetzung der Chapter untereinander wechselseitige Unterstützung bei Auseinandersetzungen angefordert wird.

Letztlich wird der Widerruf auf die Norm des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und c WaffG gestützt, wonach Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Waffen oder Munition missbräuchlich oder leichtfertig verwenden oder Personen überlassen werden, die zur Ausübung der tatsächlichen Gewalt über diese Gegenstände nicht berechtigt sind. Es muss also aus dem bisherigen Verhalten eine Zukunftsprognose getroffen werden.
Das BVerwG geht mit seiner Auslegung sehr weit, da weder der Kläger noch das konkrete Chapter bisher mit dem Strafrecht in Konflikt geraten sind. Dennoch verdient die Entscheidung Beifall: Nicht erst Verurteilungen können die Zuverlässigkeit in Zweifel ziehen, sondern diese ist im Wege einer Gesamtbetrachtung zu ermitteln. Hier müssen alle Gefahrenpotentiale einbezogen werden, also auch, in welchen Kreisen sich der Kläger bewegt (kriminelles Milieu), wie dort Konflikte üblicherweise gelöst werden (mit Gewalt) und welche Position der Kläger dort einnimmt („Präsident“). Dem präventiven Charakter des Waffenrechtes entspricht es daher, die Zuverlässigkeit zu verneinen und somit den Waffenberechtigungsschein zu entziehen. Zugleich darf die Auslegung nicht soweit gehen, dass einzelne Personen in „Sippenhaft“ genommen werden. Nur bei offensichtlich dem kriminellen Milieu angehörigen Personen und Vereinigungen können eindeutige Rückschlüsse auf die Zuverlässigkeit allein aus der Mitgliedschaft gezogen werden.

28.01.2015/0 Kommentare/von Dr. Maximilian Schmidt
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Maximilian Schmidt https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Maximilian Schmidt2015-01-28 16:19:122015-01-28 16:19:12BVerwG: Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis allein wegen Bandidos-Mitgliedschaft
Maria Dimartino

Betriebliche Übung – Anspruch auf Weihnachtsgeld?

AGB-Recht, Arbeitsrecht, Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Lerntipps, Mündliche Prüfung, Rechtsgebiete, Referendariat, Schon gelesen?, Schwerpunktbereich, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht, Zivilrecht

Beispielsfall:
Arbeitgeber A gewährt Arbeitnehmer B seit 2004 ein Weihnachtsgeld/eine Gratifikation in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes. Im Vertrag des B steht folgende Klausel:
„§ 10
… die Zahlung eines Weihnachtsgeldes ist freiwillig und jederzeit widerruflich.“
A geht es dieses Jahr wirtschaftlich schlechter, daher sendet er an die Belegschaft einen Brief mit folgendem Inhalt: „Aufgrund der wirtschaftlich schlechten Lage wird dieses Jahr kein Weihnachtsgeld gezahlt.“
Hat B Anspruch auf Auszahlung eines Weihnachtsgeldes?
 
A. Betriebliche Übung – Anspruch auf Weihnachtsgeld?
I. Was ist eine betriebliche Übung?
Unter einer betrieblichen Übung wird ein Tatbestand verstanden, aufgrund dessen ein Arbeitgeber auch für die Zukunft zu Leistungen verpflichtet wird, die er wiederholt ohne vertragliche Verpflichtung erbracht hat, ohne sich den freiwilligen Charakter der Leistung oder ihre Widerruflichkeit vorzubehalten.
Beispiele:

  • Weihnachtsgeld
  • Urlaubsgeld
  • Jubiläumsgratifikation
  • Pausenregelungen
  • Kostenfreies Parken
  • Anwendung bestimmter Tarifverträge zugunsten des Arbeitnehmers
  • Essensgeld
  • Zusage von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, § 1b Abs. 1 S. 4 BetrAVG
  • Freizeit (Silvester, Heilig Abend, Aschermittwoch, Wäldchestag, Geburtstag etc.)

 II. Wie entsteht eine betriebliche Übung?
1. Gewohnheitsrecht
Teilweise wird vertreten, dass die betriebliche Übung Gewohnheitsrecht wäre (Gamillscheg, FS Hilger und Stumpf, 1983, S. 227, 243 ff.). Dagegen spricht jedoch bereits das Fehlen einer allgemeinen Verkehrssitte. Eine auf einen Betrieb beschränkte „Verkehrssitte“ kann nicht mit einer allgemeinen Verkehrssitte gleichgestellt werden (vgl. Richardi/Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, § 8 Rn. 2).
2. Vertrauenstheorie
In der Lehre wird die Vertrauenstheorie vertreten, hier entsteht durch die wiederkehrende Gewährung von gleichförmigen Leistungen dem Arbeitnehmer nach Treu Glauben ein Vertrauenstatbestand, welcher Grund für die Fortsetzung der bisherigen Übung ist (vgl. Canaris, Die Vertrauenshaftung im dt. Privatrecht, 1971, S. 387 ff.).
3. Vertragstheorie
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG v. 16.6.2007 – 5 AZR 849/06) wird ein Anspruch aus betrieblicher Übung nach den Grundsätzen der Vertragstheorie und somit nach den Regeln der allgemeinen Vertragslehre begründet: d.h. durch Angebot und Annahme.
 

  • Das Angebot erfolgt ausdrücklich oder konkludent durch regelmäßige Wiederholung einer bestimmten gleichförmigen Verhaltensweise des Arbeitgebers (unabhängig von einem Verpflichtungswillen). Denn Trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins (Rechtsbindungswille, Geschäftswille) des Arbeitgebers liegt eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte.
  • Schlussfolgerung des Arbeitnehmers, dass der Arbeitgeber sich binden wollte unter der Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte (§ 242 BGB).

Anmerkung: Ausnahmen gelten für Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der haushaltsrechtlichen Vorgaben (vgl. BAG 1.11.2005 – 1 AZR 355/04).

  • Für jährliche Sonderzuwendungen gilt, dass ein Anspruch erworben wird, wenn die Leistungen in drei aufeinander folgenden Jahren vorbehaltslos und in gleich bleibender Höhe gewährt werden (vgl. BAG 24.3.2010 – 10 AZR 43/09).
  • Stillschweigende Annahme gemäß § 151 BGB durch den Arbeitnehmer.

 
Sowohl nach der Vertrauenstheorie als auch nach der Vertragstheorie ist hier eine betriebliche Übung entstanden. Für die Vertragstheorie sprechen vor allem die Aspekte, wie man sich wieder von einer entstandenen betrieblichen Übung löst.
In diesem Fall hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zehn Jahre lang Weihnachtsgeld gleichförmig in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes gewährt. Eine betriebliche Übung war zunächst entstanden.
 
III. Vermeidung der Entstehung einer betrieblichen Übung
Der Arbeitgeber könnte das Entstehen einer betrieblichen Übung durch die Vertragsklausel „freiwillig und widerruflich“ verhindert bzw. für die Zukunft ausgeschlossen haben.
Das Entstehen einer betrieblichen Übung kann vermieden werden, wenn der Erklärende (Arbeitgeber) klar und unmissverständlich zu erkennen gibt, dass die Leistung freiwillig erfolgt und kein Rechtsanspruch entsteht.
Oder der Arbeitgeber darf eine Leistung gar nicht erst gleichförmig gewähren; beispielsweise jedes Jahr ein Weihnachtsgeld in anderer Höhe auf unterschiedlicher Berechnungsgrundlage gewähren (dies ist aber nicht wirklich dauerhaft praktikabel).
 
Freiwilligkeitsvorbehalt oder Widerrufsvorbehalt
In der Regel werden solche Vorbehalte im Vertrag geregelt. Ein Arbeitsvertrag ist regelmäßig ein Formulararbeitsvertrag, der für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert ist, mithin allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB.

„Ein Freiwilligkeitsvorbehalt darf nicht mehrdeutig sein. Er darf insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen.“ (BAG v. 8.12.2010 – 10 AZR 671/09)

Wichtig ist jedoch aus Gründen der Transparenz, dass entweder ein Freiwilligkeitsvorbehalt oder ein Widerrufsvorbehalt vereinbart wird, ansonsten wird eine solche Klausel mangels Transparenz (§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB) unwirksam sein und das Entstehen einer betrieblichen Übung nicht verhindern können. Ebenso darf ein Freiwilligkeitsvorbehalt nicht pauschal für alle Leistungen erklärt werden (vgl. BAG 14.9.2011 – 10AZR 526/10).
Möglich ist auch ein Widerrufsvorbehalt. Hier ist jedoch darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt wird (max. 20 bis 25 % der Gesamtvergütung), ansonsten ist diese Klausel gem. § 307 Abs. 2 BGB unwirksam.
Ein solcher Vorbehalt kann durch Aushang, Rundschreiben, Erklärung gegenüber jedem einzelnen Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag erfolgen, als Vermerk auf der Lohnauszahlung etc. (vgl. BAG 15.5.2012 – 3 AZR 610/11).

„Bei einer Verknüpfung von Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerrufsvorbehalt in einem Arbeitsvertrag wird für den Arbeitnehmer nicht hinreichend deutlich, dass trotz mehrfacher, ohne weitere Vorbehalte erfolgender Sonderzahlungen, ein Rechtsbindungswille des Arbeitgebers für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll.“ (BAG v. 8.12.2010 – 10 AZR/09)

In diesem Fall hält die Klausel dem Transparenzgebot nicht stand, sie ist durch die Verwendung „freiwillig und jederzeit widerruflich“ widersprüchlich, denn entweder gewährt man etwas freiwillig, dann entsteht erst gar kein Anspruch oder man gewährt einen Anspruch und widerruft diesen für die Zukunft. 
Eine geltungserhaltende Reduktion ist nicht erlaubt. Der sog. Blue-Pencil-Test, wonach Teile einer Klausel (soweit diese teilbar ist) gestrichen werden können (vgl. Senat 6. Mai 2009 – 10 AZR 443/08 – Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44) hilft hier auch nicht weiter, da es in diesem Fall willkürlich wäre, ob man nun das Wort „freiwillig“ oder „widerruflich“ streichen würde.
Exkurs:
Ob doppelte Schriftformklauseln das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern können, ist umstritten.
Beispiel:
„Änderungen, Ergänzungen und die Aufhebung dieses Vertrages bedürfen zu Ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Dies gilt auch für die Änderung dieser Schriftformklausel selbst. Ausgeschlossen sind damit insbesondere Vertragsänderungen durch betriebliche Übung. Das vorstehende Schriftformerfordernis findet keine Anwendung bei Abreden, die nach Vertragsschluss unmittelbar zwischen den Parteien mündlich getroffen werden.“ 
Wenn man dann zum Ergebnis gelangt, dass nur konstitutive doppelte Schriftformklauseln (Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung der Erklärung) betriebliche Übung verhindern können, so wird man hier letztlich Schwierigkeiten haben zu beweisen, dass der Arbeitsvertrag und somit auch diese Klausel nicht rein deklaratorischer Art sind und der Arbeitgeber nicht nur seiner Verpflichtung aus § 2 Nachweisgesetz (NachwG) nachkommen wollte bzw. der Vertrag nur zu Beweiszwecken schriftlich festgehalten wurde. Ob dies der Fall ist, wird im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln sein (§ 157 BGB).
 
IV. Kann man eine betriebliche Übung aufheben?
Kann sich der Arbeitgeber einseitig von der entstandenen betrieblichen Übung lösen?
Nachdem eine betriebliche Übung entstanden ist und Vertragsinhalt geworden ist (individualrechtlicher Anspruch) kann diese nicht mehr einfach einseitig beseitigt werden. Ein aus betrieblicher Übung entstandener Anspruch geht nicht dadurch unter, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer die Übung einstellt (vgl. Artikel hier im Blog: keine sog. Gegenbetriebliche Übung BAG v. 18.3.2009 – 10 AZR 281/08)
Möglichkeiten sich von einer entstandenen betrieblichen Übung zu lösen:

  • Änderungskündigung
  • Kündigung (keine Teilkündigung einzelner Vertragsbedingungen!)
  • Aufhebungsvertrag

 B. Fazit
Ist eine betriebliche Übung erst einmal entstanden, kann diese nicht mehr einseitig beseitigt werden, es sei denn der Arbeitgeber kündigt den kompletten Arbeitsvertrag. Will der Arbeitgeber das Entstehen einer solchen betrieblichen Übung vermeiden, muss er sich klar ausdrücken, z.B. durch konkreten, auf die Leistung bezogenen Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag.

30.11.2014/0 Kommentare/von Maria Dimartino
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Maria Dimartino https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Maria Dimartino2014-11-30 15:44:382014-11-30 15:44:38Betriebliche Übung – Anspruch auf Weihnachtsgeld?
Redaktion

Erbrechtliche Verfügungen

Erbrecht, Rechtsgebiete, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht


Der Verlag De Gruyter stellt jeden Monat einen Beitrag aus der Ausbildungszeitschrift JURA – Juristische Ausbildung zwecks freier Veröffentlichung auf Juraexamen.info zur Verfügung.
Der heutige Beitrag

“Erbrechtliche Verfügungen” von Prof. Dr. Anne Röthel

befasst sich mit einem erbrechtlichen Thema. Das Erbrecht gehört sicherlich nicht zu den Kerngebieten des Examens – und wird deshalb wohl meist auch eher stiefmütterlich behandelt. Gleichwohl, oder vielleicht gerade deshalb, ist wenigstens eine Grundkenntnis erbrechtlicher Begrifflichkeiten und ihrer Einordnung jedem Examenskandidaten dringend zu empfehlen. Der vorliegende Beitrag unternimmt den Versuch, unter dem Thema „erbrechtliche Verfügungen“ Begrifflichkeiten wie „Verfügung von Todes wegen“, „einseitige und zweiseitige erbrechtliche Verfügungen“, „Widerruf“, „Aufhebung“ u.a. näher zu beleuchten.
Ihr findet den Beitrag wie immer hier.

25.08.2014/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-08-25 08:00:022014-08-25 08:00:02Erbrechtliche Verfügungen
Gastautor

Amazon, bei Rücksendung: Kündigung – eine rechtliche Bewertung

Aktuelles, Schuldrecht, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht

Wir freuen uns heute einen Gastbeitrag von Janis Beckedorf veröffentlichen zu können. Inhaltlich setzt er sich mit der neuen Praxis von Amazon auseinander Kunden ihre Accounts aufgrund zu häufiger Rücksendungen zu sperren.
 
I. Sachverhalt
Wer Ware bei Amazon bestellt, kann sämtliche Produkte innerhalb von 30 Tagen zur Erstattung zurücksenden. So lauten jedenfalls die AGB von Amazon, denn der Onlineshop gewährt seinen Kunden über das gesetzliche Widerrufsrecht hinaus eine freiwillige Rückgabegarantie.
Ganz im Gegensatz zu diesem kundenfreundlichen Verhalten wurde nun eine neue Praxis von Amazon bekannt: Einige Kunden erhielten ohne Vorwarnung eine E-Mail des Onlineshops, ihr Kundenkonto werde aufgrund „wiederholter Überschreitung der hausüblichen Anzahl von Retouren“ gesperrt. Der Onlineshop möchte durch derartige Maßnahmen die hohen Retourkosten reduzieren. Auf Nachfragen weist Amazon darauf hin, dass sie „eine Sperrung nicht ohne gründliche Prüfung des Gebrauchs der Rücksendemöglichkeit vornehmen“. Ihre Entscheidung sei jedoch endgültig und sie bitten keine neuen Kundenkonten zu eröffnen. Auf Grund der Größe des Onlineshops hat die Sperrung teilweise erhebliche Einschränkungen für die Betroffenen zur Folge.
Inwiefern Amazon weiterhin als kundenfreundlich gelten kann, wird sich in der Handhabung ähnlicher Fälle in der Zukunft zeigen. Jedoch könnte sich Amazon auch bei den bisherigen Sperrungen rechtswidrig verhalten haben. Aus rechtlicher Sicht könnte sich dies zum einen daraus ergeben, dass Amazon einem gesetzlich nicht abdingbaren Widerrufsrecht entgegenwirke, zum anderen dass der ausgeübte Druck eine unlautere geschäftliche Handlung nach dem UWG darstelle. Des Weiteren kann eine AGB-Kontrolle dahinstehen, da die Praxis von Amazon nicht in ihren AGB festgelegt wird.
II. Das Widerrufsrecht
§§ 355 I 1, 312d I 1 BGB statuieren für Verträge, die im Fernabsatz geschlossen wurden ein Widerrufsrecht. Dieses steht auch den Kunden von Amazon zu. § 312i BGB erweitert den Rechtschutz der Kunden dahingehend, dass man von den gesetzlichen Vorschriften weder zum Nachteil des Verbrauchers abweichen darf (S. 1), noch diese durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden können (S. 2).
Dass ein solches Widerrufsrecht bei Verträgen mit Amazon besteht, wird von keiner Seite bestritten. Allerdings übt der Onlineshop erheblichen Druck auf die Kunden aus, dieses nicht wahrzunehmen. Daraus ergibt sich die Problematik, ob dieser Druck eine für § 312i BGB relevante Abweichung oder Umgehung des gesetzlichen Widerrufsrecht darstellt, denn faktisch kann der Kunde sich nicht mehr folgenlos von seiner Willenserklärung lösen.
1. Abweichung von den Vorschriften zum Nachteil des Verbrauchers
Wie oben dargestellt besteht für den konkreten Vertrag unstreitig ein Widerrufsrecht. Somit steht eine Änderung der tatsächlichen Rechtsposition des Kunden bezüglich des konkreten Kaufvertrages nicht in Frage. Da der Druck von Amazon erst auf der faktischen Ebene wirkt, liegt eine rechtliche Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften über das Widerrufsrecht zum Nachteil des Verbrauchers iSd § 312i S. 1 BGB nicht vor.
2. Umgehung durch anderweitige Gestaltungen
Dieser Druck könnte allerdings eine Umgehung nach § 312i S. 2 BGB darstellen. Dabei ist zu beachten, dass hier dem Kunden zwar ein Widerrufsrecht eröffnet wird, der faktische Druck allerdings bei der anschließenden Wahl des Kunden ansetzt, das Widerrufsrecht nicht auszuüben.
Daher stellt sich zunächst die Frage, ob eine an den Tatbestand anschließend wirkende faktische Beeinträchtigung der Ausübung des Widerrufsrechts eine Umgehung iSd § 312i S. 2 BGB sein kann.
Dafür spricht, dass der Wortlaut von § 312 S.2 BGB nicht nur das Abweichen von Vorschriften, sondern jegliche Gestaltungen, die zur Umgehung führen, umfasst. Es handelt sich bei § 312i BGB um die Konkretisierung mehrerer EU-Richtlinien, wie beispielsweise Art. 12 I der Fernabsatzrichtlinie (97/7/EG). Dort wird die Möglichkeit auf Rechte zu verzichten umfänglich ausgeschlossen. Dieses weit gefasste Umgehungsverbot findet sich auch in der Struktur von § 312i BGB wieder, da dort nicht nur Abweichung von Vorschriften, sondern explizit auch anderweitige Gestaltungen geregelt werden. Es spricht daher auch die Umsetzung der Richtlinie für eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf faktische Hinderungen der Ausübung des Widerrufsrechts.
Somit ist der seitens Amazon ausgeübte Druck zunächst von dem Umgehungsverbot erfasst. Dies hätte zur Folge, dass Amazon nicht grundlos ein Kundenkonto sperren dürfte. Der Onlineshop müsste folglich, solange keine besonderen Gründe vorliegen, mit jedem Kunden Verträge schließen. Grundrechtlich liegt jedoch die Entscheidung, ob es zu einem weiteren Vertrag kommt, aufgrund der grundrechtlich geschützten Vertragsfreiheit (Art. 2 I GG) bei beiden Vertragsparteien, also auch bei Amazon. Wenn man in dem Verhalten von Amazon eine unzulässige Umgehung sieht, wird Amazon jedoch die Entscheidung, einen weiteren Vertrag abzuschließen, genommen. Dies widerspricht der grundrechtlich geschützten Privatautonomie nach hier vertretener Auffassung in so erheblichem Maße, dass eine grundrechtskonforme Auslegung einem so weiten Verständnis von Umgehungen nach § 312i S. 2 BGB entgegensteht. Daher ist Amazons Praxis nach dem BGB rechtmäßig.
III. Unlautere geschäftliche Handlung
Dennoch könnte Amazons Verhalten die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch Ausübung von Druck nach § 4 Nr. 1 Var. 1 UWG unlauter beeinträchtigen.
Hierbei ist jedoch die Schutzrichtung von § 4 UWG zu beachten: Es wird dort die Freiheit geschützt, sich zwischen den Angeboten verschiedener Unternehmen entscheiden zu können (Sosnitza in: Piper/Ohly/Sosnitza, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 5. Auflage 2010, § 4 UWG, Rn. 1.4.). Vorliegend liegt jedoch kein Druck vor, der sich auf die Entscheidung zwischen verschiedenen Unternehmen richtet, sondern es ist die Ausübung eines Widerrufsrechts betroffen. Daraus ergibt sich, dass die hier in Rede stehende Geschäftspraxis von Amazon aus teleologischen Gesichtspunkten keinen Verstoß gegen § 4 UWG darstellt, sodass Amazons Verhalten auch nach Maßgabe des UWG rechtmäßig ist.
Sonderfall: Kindlebesitzer
Kindlebesitzer (der Kindle ist ein E-Book-Reader von Amazon) sind besonders hart von einer Kontosperrung betroffen, da die Geräte darauf ausgelegt sind, nach dessen Kauf weitere E-Books von Amazon zu beziehen. Nach einer Sperrung des Kontos ist es ihnen jedoch nicht mehr möglich, neue E-Books über Amazon zu erwerben. Bezüglich des Kaufes der einzelnen E-Books ist Amazons Verhalten wie oben zu bewerten. Jedoch bleibt zu diskutieren, ob es Teil der Geschäftsgrundlage (§ 313 I BGB) des Kindlekaufes ist, dass Amazon dem Kunden nicht ohne einen sachlichen Grund und einer vorherigen Abmahnung den Kauf von neuen E-Books verweigert. Damit dies Teil der Geschäftsgrunde ist, muss es mindestens von einer Partei bei Vertragsschluss vorausgesetzt worden sein und die andere hätte sich redlicherweise auf eine solche Vertragsbedingung einlassen müssen. Es ist zu beachten, dass Amazon kein Interesse hat, sich nach Vertragsschluss derartig zu binden. Die Möglichkeit bei Amazon E-Books zu kaufen, ist eine wesentliche Funktion des Kindles, jedoch bleibt es weiterhin möglich von anderen Onlineshops ungeschützte E-Books zu beziehen und diese auf dem Kindle zu lesen, sodass nach der Sperrung ein Kindle für den Nutzer weiterhin brauchbar ist. Somit ist auch das Vorliegen einer Geschäftsgrundlage zu verneinen und Amazons Verhalten als rechtmäßig einzustufen.
 
Der Autor studiert zur Zeit Jura an der Bucerius Law School in Hamburg.

26.09.2013/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2013-09-26 09:00:332013-09-26 09:00:33Amazon, bei Rücksendung: Kündigung – eine rechtliche Bewertung
Zaid Mansour

Rechtsprechungsübersicht in Zivilsachen

AGB-Recht, BGB AT, Deliktsrecht, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schuldrecht, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

In den letzten Wochen ist eine Vielzahl von – in materiell-zivilrechtlicher Hinsicht – examensrelevanten Gerichtsentscheidungen ergangen, die im Folgenden überblicksartig dargestellt werden sollen. Da in den meisten Fällen die Entscheidungsgründe noch nicht veröffentlicht wurden, sei insoweit auf die entsprechenden Pressemitteilungen verwiesen.
I. BGH, Urteil v. 20.03.2013 – VIII ZR 168/12 (Examenstipp!)
Die Entscheidung darf als besonders examensverdächtig eingestuft werden, da sich zum einen mit ihr zivilrechtliches Standardwissen (wie etwa die AGB-Kontrolle) vortrefflich abfragen lässt und sie zum anderen einen Sachverhalt zum Gegenstand hat, dem aufgrund der Vielzahl ähnlich gelagerter Fälle, eine erhebliche Praxisrelevanz beigemessen werden kann.

 Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Allgemeine Geschäftsbedingung des Vermieters, welche die Haltung von Hunden und Katzen in der Mietwohnung generell untersagt, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Sie benachteiligt den Mieter unangemessen, weil sie ihm eine Hunde- und Katzenhaltung ausnahmslos und ohne Rücksicht auf besondere Fallgestaltungen und Interessenlagen verbietet. Zugleich verstößt sie gegen den wesentlichen Grundgedanken der Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters in § 535 Abs. 1 BGB. Ob eine Tierhaltung zum vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne dieser Vorschrift gehört, erfordert eine umfassende Interessenabwägung im Einzelfall. Eine generelle Verbotsklausel würde – in Widerspruch dazu – eine Tierhaltung auch in den Fällen ausschließen, in denen eine solche Abwägung eindeutig zugunsten des Mieters ausfiele.
Die Unwirksamkeit der Klausel führt nicht dazu, dass der Mieter Hunde oder Katzen ohne jegliche Rücksicht auf Andere halten kann. Sie hat vielmehr zur Folge, dass die nach § 535 Abs. 1 BGB** gebotene umfassende Abwägung der im Einzelfall konkret betroffenen Belange und Interessen der Mietvertragsparteien, der anderen Hausbewohner und der Nachbarn erfolgen muss. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht eine Zustimmungspflicht der Klägerin zur Hundehaltung rechtsfehlerfrei bejaht. (Pressemiteilung)

II. BGH, Urteil v. 20.03.2013 – VIII ZR 233/12
Der BGH hat in diesem Fall entschieden, dass die Kündigung eines Wohnraumietvertrages wegen eines bei Abschluss des Vertrages noch nicht absehbaren Eigenbedarfs, kein rechtsmissbräuchliches Verhalten begründet.

Die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn der Vermieter bei Abschluss des Mietvertrages beabsichtigt oder zumindest erwägt, die Wohnung alsbald selbst zu nutzen oder sie einem Angehörigen seiner Familie oder seines Haushalts zu überlassen. Dies war nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hier nicht der Fall, weil bei Abschluss des Mietvertrages für die Klägerin noch nicht absehbar war, dass ihr Enkel seine Lebensplanung ändern würde und das vermietete Einfamilienhaus zusammen mit seiner zwischenzeitlich schwangeren Partnerin und späteren Ehefrau und dem gemeinsamen Kind würde bewohnen wollen. (Pressemitteilung)

III. BGH, Urteil v. 13.03.2013 – VIII ZR 186/12
Der BGH hat sich im Rahmen dieses Verfahrens mit der Frage beschäftigt, ob der Käufer eines mit einer gelben Umweltplakette versehenen Gebrauchtfahrzeugs den (privaten) Verkäufer auf Gewährleistung in Anspruch nehmen kann, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung der Plakette mangels Einstufung des Fahrzeugs als „schadstoffarm“ nicht erfüllt sind und es deshalb in Umweltzonen nicht bestimmungsgemäß genutzt werden kann. (Pressemitteilung)
 IV. OLG Hamm, Urteil v. 23.01.2013 – I-8 U 281/11
Das OLG Hamm hatte sich im vorliegenden Fall mit der Frage der Zulässigkeit des Widerrufs eines Haustürgeschäfts zu beschäftigen und dabei entschieden, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht gilt, wenn ein Anleger im Rahmen eines Haustürgeschäfts einem geschlossenen Investmentfond beitritt und dabei unzutreffend über das ihm zustehende gesetzliche Widerrufsrecht belehrt wurde.

Der Kläger und seine Ehefrau hatten im Januar 2008 nach mehrfachen, in ihrem Wohnhaus in Detmold durchgeführten Beratungsgesprächen entschieden, sich zum Zwecke der Kapitalanlage mit einer Einlage an einem Investmentfonds der Beklagten zu beteiligen. Nachdem sie über 22.000 Euro eingezahlt hatten, erklärten sie im Dezember 2009 den Widerruf ihrer Beteiligungen. Die Beklagte hat gemeint, der Beitritt beruhe nicht auf einem Haustürgeschäft. Die Beitrittserklärung sei zudem im Dezember 2009 nicht mehr zu widerrufen gewesen, weil die dafür vorgesehene Frist zuvor abgelaufen sei. Die Anleger seien bei Abgabe ihrer Beitrittserklärung ordnungsgemäß belehrt worden. Der Kläger und seine Ehefrau klagten auf Feststellung seit Dezember 2009 nicht mehr als Gesellschafter an der beklagten Fondsgesellschaft beteiligt zu sein.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts haben der Kläger und seine Ehefrau ihren im Januar 2008 erklärten Beitritt gemäß §§ 355, 312 BGB wirksam widerrufen. Auf den Beitritt zu einem Fonds in der Form einer Personengesellschaft seien die Regeln über den Haustürwiderruf anzuwenden. Ein Haustürgeschäft liege vor. Dem Beitritt seien fünf Verhandlungen vorausgegangen, bei denen zusammenhängende Inhalte besprochen worden seien. Deswegen habe eine fortwirkende Überraschungssituation vorgelegen.
Der Widerruf sei im Dezember 2009 möglich gewesen, weil beim Beitritt keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt worden sei. In der hierzu verfassten Erklärung sei versäumt worden, den Anleger darauf hinzuweisen, dass er im Falle eines Widerrufs lediglich Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben habe, da sich seine Rechte nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft richteten. Diese Folge gelte auch für den Kläger und seine Frau, nachdem ihr Beitritt zu der Fondsgesellschaft in Vollzug gesetzt worden sei. Sie hätten keinen Anspruch auf Rückzahlung der Einlage, sondern auf ein ihnen nach gesellschaftsvertraglicher Abwicklung möglicherweise zustehendes Abfindungsguthaben, das aber noch geklärt werden müsse. (Pressemitteilung – juris).

V. OLG Hamm, Urteil v. 15.01.2013 – I-9 U 84/12
Das Judikat betrifft die Reichweite der Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters einer Treibjagd gegenüber den Eigentümern und Pächtern von nahe zum Jagdgebiet gelegenen Grundstücken. Danach trifft den Jagdveranstalter gegenüber den Inhabern nicht unmittelbar angrenzender Grundstücke keine anlassunabhängige Informations- bzw. Hinweispflicht hinsichtlich des bevorstehenden Jagdgeschehens und damit einhergehender Schussgeräusche.

Der Kläger aus Hamm hielt auf in der Nähe von Ahlen gepachteten Weideflächen mehrere Pferde. Er hat vom beklagten Arzt aus Ahlen Schadensersatz aus Anlass einer Treibjagd vom 04.10.2004 verlangt. Diese Jagd hatte der Beklagte in einem von den gepachteten Weideflächen ca. 100 m entfernt liegenden Waldgebiet veranstaltet. Nach der Behauptung des Klägers soll das Jagdgeschehen – insbesondere durch die von diesem ausgehenden Schussgeräusche – drei seiner Pferde auf der Weide in Panik versetzt haben. Hierdurch hätten sich die Tiere erhebliche Verletzungen zugezogen, eines habe notgetötet werden müssen. Für den hierdurch entstandenen Schaden in Höhe von ca. 23.500 Euro habe der Beklagte, so der Kläger, aufzukommen, weil weder er noch der Grundstückeigentümer von der bevorstehenden Jagd unterrichtet worden seien. Insoweit habe der Beklagte ihm obliegende Verkehrssiche-rungspflichten verletzt. […]
Nach Auffassung des Oberlandesgerichtes ist der Beklagte als Veranstalter der Jagd zwar grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu schaffen, um eine Schädigung anderer durch das Jagdgeschehen zu verhindern. Der Beklagte sei deswegen aber nicht verpflichtet gewesen, den Kläger als anliegenden Pächter über die bevorstehende Treibjagd zu unterrichten. Auf die mit einer Jagd verbundenen Schussgeräusche habe nicht hingewiesen werden müssen. Schussgeräusche gehörten für sich genommen zu einer waldtypischen Geräuschkulisse und seien insoweit als Lärmbeeinträchtigungen hinzunehmen. Sie seien nur unter besonderen Umständen schadensträchtig, etwa wenn ein Schuss in unmittelbarer Nähe eines Reiters abgegeben werde. Derartige Umstände seien im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Die vom Kläger gepachtete Weide habe außerhalb des bejagten Waldgebietes gelegen, ohne unmittelbar an dieses anzugrenzen. Nach dem Jagdkonzept des Beklagten hätten auch keine Schüsse in unmittelbarer Nähe der Pferde abgegeben werden sollen. Selbst wenn sich einzelne Jagdteilnehmer hieran nicht gehalten hätten, was der Kläger bereits nicht dargelegt habe, sei der Beklagte für ein solches vom Jagdkonzept abweichendes Verhalten nicht einstandspflichtig, weil es für ihn nicht vorhersehbar gewesen sei. (Pressemitteilung-juris, Hervorhebung durch d. Autor)

Da die Entscheidung nicht rechtskräftig ist und das Verfahren derzeit unter dem Az. VI ZR 91/13 beim BGH anhängig ist, erscheint es ratsam den Fall künftig im Auge zu behalten.
 
 
 

30.03.2013/0 Kommentare/von Zaid Mansour
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Zaid Mansour https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Zaid Mansour2013-03-30 09:00:262013-03-30 09:00:26Rechtsprechungsübersicht in Zivilsachen
Dr. Christoph Werkmeister

OLG Koblenz: Widerrufsrecht im Fernabsatzrecht auch bei wesentlicher Vertragsänderung

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht, Zivilrecht

Das OLG Koblenz entschied mit Urteil vom 28.03.2012 – 9 U 1166/11 einen äußerst examensrelevanten Sachverhalt, der sicherlich auch Gegenstand von Klausuren werden wird.
Sachverhalt

Eine Verbraucherin hatte ihren Vertrag mit 1&1 über Telefon- und Internet-Dienste (Service-Flat 6.000 DSL-Paket) mit einer Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten fristgerecht gekündigt. Daraufhin wurde sie vor Ablauf des Vertrages von einem Mitarbeiter des Unternehmens angerufen. Dieser bot ihr einen neuen Vertrag (Doppel Flatrate 16.000 DSL-Paket) zum neuen Preis mit neuer 24-monatiger Laufzeit an. Die Verbraucherin willigte zunächst ein, bereute ihre Entscheidung jedoch später und erklärte per E-Mail, dass sie den neuen Vertrag nicht mehr wolle. Das Unternehmen teilte ihr daraufhin mit, dass ein Widerrufsrecht nur bei Neuabschlüssen bestehe. Dies sei hier nicht der Fall, weil es sich nur um eine Inhaltsänderung im Rahmen eines bestehenden Vertrages handele. (Quelle: Beck-aktuell).

Rechtliche Würdigung
Fraglich ist in diesem Zusammenhang, ob der Verbraucherin ein Fernabsatzwiderrufsrecht gemä § 312d BGB zusteht. Hierzu bedarf es naturgemäß eines Fernabsatzvertrages i.S.d. § 312b Abs. 1 BGB. Das OLG Koblenze hatte sodann zu klären, ob der Begriff „Vertrag“ in diesem Sinne auch Änderungen eines Vertrages erfasst.
Das OLG führte hierzu aus, dass das Widerrufsrecht auch dann gelte, wenn ein Verbraucher per Fernkommunikationsmittel wesentliche Inhalte eines bestehenden Vertrages wie den Leistungsgegenstand ändert. Das OLG argumentierte, der Verbraucher sei in diesem Fall in Bezug auf den Abänderungsvertrag genauso schutzwürdig wie bei einem Erstvertrag. Eine derartige Auffassung ist folgerichtig, denn es kann keinen Unterschied machen, ob ein gänzlich neuer Vertrag abgeschlossen wird oder ob ein Vertrag verändert wird. Darüber hinaus ist in dogmatischer Hinsicht anzuführen, dass eine Vertragsänderung streng genommen auch den Abschluss eine Vertrages, nämlich eine Einigung durch zwei korrespondierende Willenserklärungen, darstellt. Insofern bestehen auch im Hinblick auf den Wortlaut des § 312b BGB, der einen „Vertrag über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen“ voraussetzt, keine Bedenken.
Folgerichtig müsste das Unternehmen im hiesigen Sachverhalt auch entsprechend über das Widerrufsrecht informieren, vgl. §§ 312c, 355, 360 BGB. Das Widerrufsrecht entfalle nur dann, wenn sich der Verbraucher unmittelbar vor dem Telefonat im Rahmen eines persönlichen Kontaktes bei dem Unternehmen über die neuen Vertragsbedingungen informiert habe.  In diesem Fall müsse der Kunde nicht mehr vor Übereilung geschützt werden.
Examensrelevanz
Die hier besprochene Entscheidung ist im Kontext einer Vielzahl von Entscheidungen zum Fernabsatzrecht zu sehen. So hatten die Gerichte zunächst vielfältig über die Rechtsfolgen eines derartigen Widerrufs (s. dazu etwa hier) und über die Belehrungsvoraussetzungen (s. dazu etwa hier) zu entscheiden. Es rücken nunmehr vermehrt Fragestellungen in den Vordergrund, bei denen es um die Definition des Begriffs des Fernabsatzvertrages i.S.d. § 312b BGB geht (s. dazu auch hier). Mit dem Voranschreiten der judizierten Konstellationen steigt gleichsam auch die Examensrelevanz. Examenskandidaten sollten sich demnach über das Fernabsatzrecht auf dem Laufenden halten.

06.05.2012/2 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-05-06 17:17:352012-05-06 17:17:35OLG Koblenz: Widerrufsrecht im Fernabsatzrecht auch bei wesentlicher Vertragsänderung
Tom Stiebert

OLG Hamm: Zeitpunkt Vertragsschluss bei e-bay

BGB AT, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

In der vergangenen Woche haben wir über ein Urteil des OLG Hamm zum Zeitpunkt der Widerrufsbelehrung bei e-bay berichtet.  Diese Urteil hat aber noch unter einem weiteren Gesichtspunkt hohe praktische Bedeutung, enthält es doch auch Ausführungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei Internetauktionen. Hier sind zwei Ansatzpunkte denkbar: die Abgabe des Gebots oder das zeitliche Ende der Auktion.
I. OLG Hamm: Vertragsschluss bei Gebotsabgabe
Nach Ansicht des OLG Hamm liegt bereits im Einstellen der Auktion ein verbindliches Angebot (und keine invitatio ad offerendum) das durch die Abgabe des Höchstgebots angenommen wird. Diese Willenserklärung unterliegt einer auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB, die dann eintritt, wenn ein höheres Gebot abgegeben wird.

„Denn bei Verträgen der genannten Art auf der Online-Handelsplattform X kommt der Vertrag (schon) dadurch zustande, dass der Verkäufer durch die Freischaltung der Artikelbeschreibung ein verbindliches Angebot unter Bestimmung einer Frist nach § 148 BGB abgibt, das der Käufer bei einer solchen Online-Auktion durch die Abgabe des Gebotes annimmt. Hieraus folgt, dass der Vertrag (bereits) mit der Abgabe des Gebotes durch den Käufer zustande kommt. Die vertragliche Bindung beruht damit nicht auf dem Ablauf der Auktionsfrist, sondern auf den innerhalb der Laufzeit abgegebenen Willenserklärungen der Parteien. Die verbindliche Annahmeerklärung des Käufers erlischt gemäß § 158 Abs. 2 BGB nur dann, wenn ein Dritter während der Angebotsdauer ein höheres Angebot abgibt.“

Klar ist auch, dass die essentialia negotii hier erfüllt. Ist das Angebot noch als offerte ad incertas personas anzusehen, so steht bei dem Gebot der Vertragspartner auch fest – denn der konkrete Vertrag soll zwischen dem Bieter und dem Anbieter zustandekommen.
II. Ansicht des BGH im ricardo-Urteil (VIII ZR 13/01)
Am bedeutendsten für den Vertragsschluss bei Internetauktionen ist das sog. ricardo-Urteil von 2001. Der BGH legte hier dar:

„Außer Frage steht, daß das online abgegebene Höchstgebot des Klägers eine wirksame, auf den Abschluß eines Kaufvertrages mit dem Beklagten gerichtete Willenserklärung darstellt.[…]
Dabei kann – weil für die Rechtsfolgen ohne Bedeutung – dahingestellt bleiben, ob die Willenserklärung des Beklagten rechtlich, wie das Berufungsgericht gemeint hat, als Verkaufsangebot und das spätere Höchstgebot des Klägers als dessen Annahme zu qualifizieren sind oder ob, wie es der Wortlaut der vom Beklagten abgegebenen Erklärung nahe legt und vom Berufungsgericht hilfsweise angenommen wird, die Willenserklärung des Beklagten eine – rechtlich zulässige – vorweg erklärte Annahme des vom Kläger abgegebenen Höchstgebots darstellt.“
Die Einzelheiten des Vertragsschlusses bleiben hier aber unklar. Insbesondere bleibt offen, in welcher Art und Weise der Vertrag zustandekommt.  Gerade die  Bedeutung einer Bedingung nach § 158 BGB wird offengelassen. Aus dem Urteil kann sich damit keine Antwort auf die Frage des Zeitpunkts des Vertragsschlusses herleiten lassen.
III. (Zusätzlich) aufschiebende Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB

Möglich ist es aber auch alternativ oder ergänzend zur auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB auch eine aufschiebende Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB festzuschreiben, nach der EIN Vertrag mit demjenigen zustandekommt, der zum Zeitpunkt des Zeitablaufs Höchstbietender ist. Dies hätte zur Folge, dass während der Schwebezeit noch kein Vertrag besteht, sondern dieser erst am Ende und einmalig geschlossen wird.
Hinweis: Meines Erachtens müsste, folgt man dieser Ansicht, aber zumindest auch diskutiert werden, an welchen Zeitpunkt die Informationspflicht aus § 355 Abs. 2 BGB anknüpft, spricht diese Norm doch nur von Vertragsschluss. Als solcher kann ebensogut auch die Abgabe des Höchstgebots angesehen werden, ist das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft ist mit seiner Vornahme tatbestandlich vollendet (BGH NJW 1994, 3227, 3228). Allerdings wird der Telos des § 355 Abs. 2 BGB gebieten, erst dann zu informieren, wenn der Vertrag tatsächlich wirksam ist – zu diskutieren wäre dies aber allemal.
Nimmt man also eine aufschiebende Bedingung an, so wird im Ergebnis Vertragsschluss zumindest i.S.d § 355 BGB erst beim Zeitablauf der Auktion sein.
IV. Stellungnahme
Welcher Ansicht man im Ergebnis folgt, ist Geschmackssache, führen beide doch – zumindest bei § 355 Abs. 2 BGB durch die Rechtsprechung des OLG Hamm –  zum gleichen Ergebnis.
Ein Unterschied liegt aber darin, dass ohne eine aufschiebende Bedingung eine verstärkte vertragliche Bindung des Anbieters an verschiedene Bieter eintritt und diese Bindung auch bereits vor Zeitende eintritt. Eine vorzeitige Beendigung der Auktion führt damit dennoch zu einer vertraglichen Bindung an den bis dahin Höchstbietenden. Dem könnte entgegen gehalten werden, dass der Zeitablauf gerade ein maßgeblicher Faktor des Anbietenden ist – auch um einen höheren Preis zu erzielen, steigen die Gebote erfahrungsgemäß gegen Ende der Auktion noch einmal stark an.
Aus den ebay-AGB ergibt sich eine solche Rücknahmemöglichkeit aber nicht. So ergibt sich aus § 9 Nr. 11:
„Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, dürfen nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind.“
Noch deutlicher wird dies in § 10 Nr. 1 der ebay-AGB:
„Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.“
Auch wenn diese AGB zwischen ebay und dem Anbieter keine rechtliche Wirkung für den Bietenden haben, so sind sie aber doch zumindest als Indiz anzusehen. Der Anbieter muss sich zumindest bewusst sein, dass sofort durch die Abgabe des Gebots eine vertragliche Bindung und damit verbunden auch eine mögliche vertragliche Haftung eintritt. Ebenso muss auch der Bietende schutzwürdig sein, vertraut er doch auf auf die Wirksamkeit seines Gebotes und möchte nicht, dass hieraus – nur durch eine Handlung des Anbietenden – keine Rechtswirkung erwächst. Eine vertragliche Bindung schon vor Zeitablauf und im Zweifel auch (ablösend) zu mehreren Bietern widerspricht damit gerade nicht der Grundkonzeption der ebay-Versteigerung. Bestätigung findet dies auch in einem Urteil des OLG Oldenburg v. 28.07.2005 (8 U 93/05), das betont:
„Der Beklagte hat zwar die Internetauktion unter Berufung auf die eBay-Grundsätze vorzeitig beendet und die bis dahin abgegebenen Gebote gestrichen; das berührt indes die Wirksamkeit seines zuvor abgegebenen Angebots nicht.“
Der Schutzzweck fordert damit die Annahme einer aufschiebenden Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB gerade nicht; die alleinige Annahme einer auflösenden Bedingung ist ausreichend.
Vertragsschluss wäre nach der hier vertretenen Ansicht damit bei Abgabe des Gebots anzunehmen. Selbstverständlich ist hier auch die andere Ansicht bei entsprechender Argumentation vertretbar, gerade weil diese Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist. Für Examensklausuren ist dieses Problem, insbesondere in der Verbindung zu § 355 Abs. 2 BGB als hochbrisant anzusehen und wird sicher geprüft werden.

13.02.2012/4 Kommentare/von Tom Stiebert
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