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Schlagwortarchiv für: Werkrecht

Lena Bleckmann

BGH zum Widerrufsrecht beim Werkvertrag sowie zur Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Schuldrecht, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Werkvertragsrecht, Zivilrecht

Vergangene Woche hat der BGH in einer Entscheidung zu Treppenliften grundlegende Fragen im Bereich des Verbraucherwiderrufsrechts geklärt. Die Entscheidung liefert darüber hinaus wertvolle Erkenntnisse zur Abgrenzung von Kaufverträgen, Werkverträgen und Werklieferungsverträgen.  An Klausur- und Examensrelevanz dürfte eine solche Entscheidung kaum zu übertreffen sein.
I. Der Sachverhalt
Der Sachverhalt ist schnell erzählt. A vertreibt sog. Kurventreppenlifte – es handelt sich um Vorrichtungen, die an Treppenaufgängen befestigt werden, um insbesondere Personen, die in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt sind, den Treppenauf- und –abstieg zu erleichtern bzw. überhaupt erst zu ermöglichen. Die Schienen werden hierbei individuell an im jeweiligen Treppenhaus zu befahrende Kurven angepasst. A weist Verbraucher in Bezug auf diese Kurventreppenlifte darauf hin, dass im Rahmen des jeweiligen Vertrags, abgesehen von einem bestimmten Modell, kein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe. Hiergegen wendet sich die Verbraucherzentrale V. Sie ist der Ansicht, dass sehr wohl ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht und nimmt die A  auf Unterlassung in Anspruch.

Anm.: Hierbei mag es sich um eine für eine Zivilrechtsklausur eher ungewöhnliche Konstellation handeln. Bearbeiter müssten sich mit der Anspruchsberechtigung der Verbraucherzentralen nach § 8 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 4 UKlaG auseinandersetzen. Dass dies gefordert wird, ist nicht ausgeschlossen, aber selten. Der Fall lässt sich jedoch ohne größere Probleme abwandeln, indem man eine tatsächliche Bestellung eines solchen Kurventreppenlifts durch einen Verbraucher mit anschließender Ausübung eines möglichen Widerrufsrechts konstruiert. Die eher unübliche Einkleidung sollte mithin nicht dazu verleiten, die Klausurrelevanz der Entscheidung zu verkennen.

II. Widerrufsrechte und Informationspflichten
Eine kurze Wiederholung der Fragen rund um das Widerrufsrecht im Verbraucherschutzrecht: Die verbraucherschützenden Vorschriften der §§ 312 ff. BGB sind nach § 312 Abs. 1 BGB auf Verbraucherverträge anwendbar, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Was Verbraucherverträge sind, definiert § 310 Abs. 3 BGB: Es handelt sich um Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer. Die übrigen Absätze des § 312 BGB enthalten sodann Einschränkungen des Anwendungsbereichs, die vorliegend aber keine weitere Beachtung finden sollen.
Möchte der Verbraucher nach Abschluss eines Vertrags i.S.d. § 312 Abs. 1 BGB von diesem Abstand nehmen, kann ihm dies aufgrund eines Widerrufsrechts möglich sein. § 312g Abs. 1 BGB sieht ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge vor. In der Klausur ist an dieser Stelle daher eine saubere Subsumtion unter die Begriffe des außerhalb des Geschäftsräume geschlossenen Vertrags nach § 312b BGB bzw. des Fernabsatzvertrags nach § 312c BGB erforderlich. Für den konkreten Fall würde der Sachverhalt dann nähere Angaben enthalten, welche die Zuordnung zu dem einen oder anderen Begriff ermöglichen. Liegt ein Fernabsatzvertrag oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Vertrag vor, greift grundsätzlich  § 312g Abs. 1 BGB i.V.m. § 355 BGB: Wird der Widerruf fristgerecht unter Wahrung der Anforderungen des § 355 Abs. 1 BGB erklärt, sind die Parteien an ihre auf Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden. Der Unternehmer ist nach § 312d Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 246a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB verpflichtet, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren. Das alles gilt jedoch nicht, wenn das Bestehen eines Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2, 3 BGB ausgeschlossen ist.
III. Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB
Zurück zum Fall: Die Verbraucherzentrale V stützt sich für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch (§ 8 Abs. 1 UWG, § 3 Abs. 1 UWG, § 3a UWG) auf die Informationspflicht des Unternehmers bei bestehenden Widerrufsrechten nach § 312d Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 246a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB. Sofern im Falle der Bestellung eines Kurventreppenlifts ein Widerrufsrecht bestünde, würde der Hinweis von Seiten der A, dass ein solches gerade nicht besteht, wettbewerbswidriges Verhalten darstellen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 13.5.2020 – 6 U 300/19, MMR 2021, 350). Zentrale Frage ist mithin, ob denn ein solches Widerrufsrecht bestünde, wenn es mit einem Verbraucher zum Abschluss eines Vertrags über Anfertigung und Einbau eines Kurventreppenlifts durch die A käme.
Die Vorinstanz hat das noch abgelehnt: Das OLG Köln sah die Voraussetzungen des Ausschlusses nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB als erfüllt an (OLG Köln, Beschl. v. 13.5.2020 – 6 U 300/19, MMR 2021, 350, 351 f). Nach dieser Norm besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Dass die Laufschienen für Kurventreppenlifte individuell angefertigt werden und an die konkreten Gegebenheiten vor Ort angepasst werden, wird nicht bezweifelt. Der Problempunkt ist ein anderer: Bei dem Vertrag, der bei Bestellung eines Kurventreppenlifts abgeschlossen wird, müsste es sich um einen Vertrag zur Lieferung von Waren i.S.d. § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB handeln. Der Begriff geht auf Art. 16 lit. c Richtlinie 2011/83/EU zurück, der den Ausschluss des Widerrufsrecht vorsieht, wenn „Waren geliefert werden“.  Nun existieren im deutschen Zivilrecht mehrere Vertragstypen, die eine Lieferung von Waren umfassen: Sowohl ein Kaufvertrag nach § 433 BGB, als auch ein Werklieferungsvertrag nach § 650 BGB und ein Werkvertrag nach § 631 BGB kann Waren (es handelt sich hierbei ausschließlich um bewegliche Gegenstände, siehe § 241a Abs. 1 BGB) zum Gegenstand haben. Nicht alle dieser Vertragstypen fallen jedoch nach Ansicht des BGH unter den Begriff des Vertrags zur Lieferung von Waren, den § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB verwendet. In einer Entscheidung aus dem Jahre 2018 hinsichtlich des Einbaus eines Senkrechtslifts äußerte sich der BGH dahingehend, dass § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB Kaufverträge und Werklieferungsverträge, in aller Regel aber nicht Werkverträge umfasse.

 „Dem Wortlaut nach umfasst § 312 g II 1 Nr. 1 BGB Verträge, die auf die Lieferung von Waren gerichtet sind. Damit werden nach dem allgemeinen Sprachgebrach Kaufverträge (§ 433 BGB) und Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen (Werklieferungsverträge, § 651 BGB) erfasst.

 Dies entspricht der Verbraucherrechte-RL, deren Umsetzung unter anderem § 312g BGB dient. Nach Art. 2 Nr. 5 Verbraucherrechte-RL ist ein „Kaufvertrag“ jeder Vertrag, durch den der Unternehmer das Eigentum an Waren an den Verbraucher überträgt oder deren Übertragung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, einschließlich von Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Damit werden von dieser Definition Kauf- und Werklieferungsverträge umfasst, und zwar auch dann, wenn sich der Unternehmer gegenüber dem Verbraucher zur Montage der zu liefernden Waren verpflichtet hat. Eine entsprechende Regelung enthalten §§ 474 I 2, 434 II 1, 433, 651 S. 1 BGB.

 In Abgrenzung zum „Kaufvertrag“ ist dagegen ein „Dienstleistungsvertrag“ jeder Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und nach dem der Unternehmer eine Dienstleistung für den Verbraucher erbringt oder deren Erbringung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, Art. 2 Nr. 6 Verbraucherrechte-RL. Nach dieser Definition sind Werkverträge (§ 631 BGB) jedenfalls regelmäßig nicht als auf die Lieferung von Waren gerichtete Verträge einzustufen. Ob Werkverträge im Sinne des deutschen Rechts in Ausnahmefällen als Verträge über die Lieferung von Waren iSd § 312g II 1 Nr. 1 BGB einzustufen sind, braucht nicht entschieden zu werden.

 (BGH, Urt. v. 30.8.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380, 3381)

Zur Begründung führte der BGH auch ein systematisches Argument an: Zum Schutz der Unternehmer, die Werkverträge erbringen, sei ein Ausschluss des Widerrufsrechts nicht in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB geregelt, sondern vielmehr in § 357 Abs. 3 S. 1 BGB.
Somit ist eine Abgrenzung der drei Vertragstypen notwendig. Grundsätzlich gilt: Der Verkäufer schuldet nach § 433 Abs. 1 S. 1 BGB allein Übergabe und Übereignung einer Sache, während ein Werklieferungsvertrag nach § 650 S. 1 BGB auf die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Sachen gerichtet ist. Der Unternehmer des Werkvertrags ist nach § 631 BGB zur Herstellung des versprochenen Werks verpflichtet. Für eine Zuordnung zu einem dieser Vertragstypen muss der Vertragsschwerpunkt betrachtet werden: „Liegt der Schwerpunkt des Vertrags auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz, liegt ein Kauf- oder Werklieferungsvertrag vor. Liegt der Schwerpunkt des Vertrags dagegen nicht auf dem Warenumsatz, sondern schuldet der Unternehmer die Herstellung eines funktionstauglichen Werks, ist ein Werkvertrag anzunehmen“ (BGH, Urt. v. 30.8.2018 – VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380, 3381).
Die Vorinstanz ist auf Basis dieser Rechtsprechung zu dem Ergebnis gelangt, es handle sich um einen Werklieferungsvertrag. Die Lieferung des Treppenlifts stehe im Vordergrund, die Montage könne durch jede Fachfirma mit geringem Aufwand erfolgen (OLG Köln, Beschl. v. 13.5.2020 – 6 U 300/19, MMR 2021, 350, 352). Der BGH ist anderer Ansicht. In der Pressemitteilung heißt es:

„Im Streitfall liegt der Schwerpunkt des angestrebten Vertrags nicht auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz am zu liefernden Treppenlift, sondern auf der Herstellung eines funktionstauglichen Werks, das zu einem wesentlichen Teil in der Anfertigung einer passenden Laufschiene und ihrer Einpassung in das Treppenhaus des Kunden besteht. Auch der hierfür, an den individuellen Anforderungen des Bestellers ausgerichtete, erforderliche Aufwand spricht daher für das Vorliegen eines Werkvertrags. Bei der Bestellung eines Kurventreppenlifts, der durch eine individuell erstellte Laufschiene auf die Wohnverhältnisse des Kunden zugeschnitten wird, steht für den Kunden nicht die Übereignung, sondern der Einbau eines Treppenlifts als funktionsfähige Einheit im Vordergrund, für dessen Verwirklichung die Lieferung der Einzelteile einen zwar notwendigen, aber untergeordneten Zwischenschritt darstellt.“

(BGH, Pressemitteilung Nr. 191/2021 v. 20.10.2021)

Demnach handelt es sich bei der Bestellung eines Kurventreppenlifts regelmäßig um einen Werkvertrag, auf den der Ausschluss des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht anwendbar ist. Der Hinweis der A, ein gesetzliches Widerrufsrecht bestehe nicht, ist daher unrichtig und wettbewerbswidrig. Der von V  geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit § 312d Abs. 1 S. 1, § 312g Abs. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB besteht.
IV. Ausblick
Der BGH knüpft mit dieser Entscheidung an seine viel diskutierte Rechtsprechung aus dem Jahr 2018 an und bleibt dabei, dass sich der Ausschluss des Widerrufsrechts in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB i.d.R. nicht auf Werkverträge bezieht. Das macht im konkreten Fall jeweils eine Zuordnung zum Vertragstyp des Kauf-, Werklieferungs- oder Werkvertrags erforderlich. Von Studenten und Examenskandidaten ist in vergleichbaren Fällen eine genau Auswertung des Sachverhalts zu fordern. Die Ausführung der Vorinstanz zeigen hier, dass auch abweichende Ergebnisse durchaus vertretbar hergeleitet werden können. Entscheidend ist – wie so oft – eine fundierte Argumentation.

25.10.2021/1 Kommentar/von Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Lena Bleckmann2021-10-25 08:00:182021-10-25 08:00:18BGH zum Widerrufsrecht beim Werkvertrag sowie zur Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen
Redaktion

Schema: Gewährleistungsrechte im Werkrecht, §§ 634ff. BGB

Rechtsgebiete, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Werkvertragsrecht, Zivilrecht

Schema: Gewährleistungsrechte im Werkvertragsrecht nach §§ 634 ff. BGB

I. Tatbestand des § 634 BGB

1. Vorliegen eines Werkvertrags gem. § 631 BGB

2. Vorliegen eines Mangels (§ 633)
– Sachmangel (§ 633 II BGB)
– Rechtsmangel (§ 633 III BGB)

3. Zum maßgeblichen Zeitpunkt
– Maßgeblich ist der Gefahrübergang
– Grds. mit der Abnahme, § 640 I 1 BGB
– Wenn Abnahme nach der Beschaffenheit des Werkes ausgeschlossen, Zeitpunkt der Vollendung des Werkes, § 646 BGB
– Ohne Abnahme auch bei Annahmeverzug des Gläubigers, § 644 I BGB
– Ohne Abnahme auch bei Versendung, § 644 II BGB

II. Voraussetzungen des jeweiligen Gewährleistungsrecht

1. Nacherfüllung, §§ 634 Nr. 1, 635 BGB

Die Nacherfüllung ist vorrangig vor den anderen Gewährleistungsrechten.

a) Anspruch entstanden: Erforderlich ist nur das Vorliegen der Voraussetzungen des § 634 BGB.
b) Anspruch erloschen: Allgemeine Erlöschensgründe, insb. § 275 I BGB.
c) Anspruch gehemmt: Insbesondere § 635 III BGB ist zu beachten.
d) Rechtsfolge: Der Unternehmer hat die Wahl zwischen der Beseitigung des Mangels und der Neulieferung.

2. Selbstvornahmerecht/Aufwendungsersatz, §§ 634 Nr. 2, 637 BGB

a) Vorliegen der Voraussetzungen des § 634 BGB
b) Fristsetzung und fruchtloser Fristablauf bzw. Entbehrlichkeit der Fristsetzung (§§ 323 II, 326 V, 636 BGB).
c) Verweigerung der Nacherfüllung erfolgt nicht zu Recht.
d) Rechtsfolge: Der Besteller kann den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.

3. Rücktritt, §§ 634 Nr. 3 Fall 1, 346, 323, 326 V, 636 BGB

a) Vorliegen der Voraussetzungen des § 634 BGB
b) Fristsetzung und fruchtloser Fristablauf bzw. Entbehrlichkeit der Fristsetzung (§§ 323 II, 326 V, 636 BGB).
c) Rücktrittserklärung, § 349 BGB
d) Rechtsfolge: Wenn der Besteller die Vergütung noch nicht gezahlt hat, führt die Erklärung des Rücktritts zum Erlöschen seiner Leistungspflicht. Wenn der Besteller die Vergütung bereits gezahlt hat, hat er einen Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung. Die Rückgewähr richtet sich nach den §§ 346ff. BGB.

4. Minderung, §§ 637 Nr. 3 Fall 2, 638 BGB

a) Vorliegen der Voraussetzungen des § 634 BGB
b) Fristsetzung und fruchtloser Fristablauf bzw. Entbehrlichkeit Fristsetzung (§§ 323 II, 326 V, 636 BGB).
c) Minderungserklärung, § 638 I 1 BGB
d) Rechtsfolge: Wenn der Besteller die Vergütung noch nicht gezahlt hat, führt die Erklärung der Minderung zum Erlöschen seiner Leistungspflicht in der entsprechenden Höhe. Wenn der Besteller die Vergütung bereits gezahlt hat, hat er einen Anspruch auf Rückzahlung der zu viel gezahlten Vergütung, § 638 IV BGB.

5. Schadensersatz, § 634 Nr. 4 Fall 1 (iVm §§ 280ff. BGB, bei anfänglicher Unmöglichkeit iVm § 311a II BGB)

a) Haftungsbegründender Tatbestand

aa) Vorliegen der Voraussetzungen des § 634 BGB
bb) Ggf. weitere Voraussetzungen entsprechend der jeweiligen Anspruchsgrundlage (insb. Fristsetzung im Rahmen von § 281).
cc) Vertretenmüssen, §§ 276 ff. BGB

b) Haftungsausfüllender Tatbestand

6. Aufwendungsersatz, §§ 634 Nr. 4 Fall 2, 284 BGB

a) Vorliegen der Voraussetzungen des § 437 BGB
b) Vorliegen der Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung (§§ 281, 283, 311a II BGB)
c) Vertretenmüssen, §§ 276ff. BGB
d) Aufwendungen im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung

III. Ausschlusstatbestände
– Individualvereinbarung
– AGB
– § 640 II BGB: Kenntnis des Mangels
– Bei Rücktritt: § 323 V 2, VI BGB
– Bei Minderung § 323 VI BGB

Das Schema ist in den Grundzügen entnommen von myjurazone.de.

01.06.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-06-01 10:00:292017-06-01 10:00:29Schema: Gewährleistungsrechte im Werkrecht, §§ 634ff. BGB
Nicolas Hohn-Hein

AG München: „Kunstgeschmack“ im Rahmen eines Werkvertrags

Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Werkvertragsrecht, Zivilrecht, Zivilrecht

In einer im vergangenen Jahr entschiedenen und nunmehr rechtskräftigen Sache des AG München (Urteil vom 19.04.2011 – Az. 224 C 33358/10) ging es um die Frage, ob der Besteller Mängel im Rahmen eines Werkvertrags geltend machen kann, wenn das bei einem Künstler in Auftrag gegebene Kunstwerk dem Besteller nicht gefällt.
Sachverhalt (vereinfacht und leicht abgewandelt)
B ist Kunstliebhaberin und besitzt ein Wohnhaus in einer noblen Gegend in München. Um dem schon in die Jahre gekommenen Treppenhaus wieder den notwendigen Glanz zu verleihen, wendet sie sich im Mai 2010 an den Künstler K, der für seine ausgefeilten und einzigartigen Glasfenster bis an den Starnberger See hin berühmt ist. B, die die Werke des K aus einem Katalog kennt, beschreibt dem K ihre ungefähren Vorstellungen von dem neuen Fenster. Es müsse den typischen „Wow-Effekt“ haben, wie man es von den Werken des K gewohnt sei. Das Fenster solle B und vor allem ihre Besucher „umhauen“ und die besondere Exklusivität ihres Hauses unterstreichen. K solle sich an den Werken in seinem Katalog orientierten. Weitere Einzelheiten der Ausführung oder des Motivs werden nicht besprochen. Sie vereinbaren einen Preis in Höhe von 4000 Euro. K macht sich daraufhin an die Arbeit.
Im Juli 2010 teilt K der B die Fertigstellung des Fensters mit und lässt es auch sogleich montieren. B überweist eine erste Anzahlung in Höhe von 2000 Euro auf das Konto des K. Da sich B in der Folgezeit zunächst nicht meldet, kontaktiert K die B und verlangt das restliche Geld. B verweigert die weitere Zahlung und verlangt ihrerseits „ihr Geld“ wieder zurück. B führt aus, sie sei „maßlos enttäuscht“, weil sie sich eine „Sonnenuntergangsstimmung“ vorgestellt habe. Dies sei jedoch nicht erreicht worden. Bei dem Fenster stelle sich nicht der gewünscht „Wow-Effekt“ ein, sodass B sich veranlasst sehe, von der ganzen Sache Abstand zu nehmen. K hält an seinem Zahlungsverlangen fest.
Kann B von K die Rückzahlung der 2000 Euro verlangen?
 
Künstlerische Freiheit des Künstlers hat grundsätzlich Vorrang
Die Rückzahlung käme nur dann in Frage, wenn der fehlende „Wow-Effekt“ einen Sachmangel im Sinne von § 633 BGB darstellen würde und B damit Mängelrechte über § 634 BGB  geltend machen könnte. Entgegen anderen Werkverträgen, die z.B. die Herstellung oder Reparatur eines Gegenstands zum Inhalt haben, ist bei einem Vertrag über die Herstellung einer Kunstinstallation die Besonderheit zu beachten, dass das Kunstwerk das Ergebnis eines Schaffensprozesses des Künstlers ist. Das Ergebnis ist damit grundsätzlich allein vom Wirken des Künstlers abhängig, der insoweit seinem Schöpferwillen Ausdruck verleiht. Dabei besitzt er eine gewisse Gestaltungsfreiheit. Sie geht bspw. aber nicht soweit, dass bei einem Portrait diejenige Person nicht mehr erkennbar und identifizierbar ist. Ebenso bei Textabweichungen bei einem Theaterstück (Palandt/Sprau, § 633, Rz. 13). Das Gericht führt dazu aus, dass

[d]iese Installation ordnungsgemäß erstellt worden [sei]. Grundsätzlich müsse jemand, der einen Künstler beauftrage, sich vorher mit dessen künstlerischen Eigenarten und Auffassungen vertraut machen. Der Künstler schaffe das Werk in eigener Verantwortung und in künstlerischer Freiheit. Solange der vereinbarte Zweck und die tragende Idee vorhanden seien, sei das Werk vertragsgemäß. Der Besteller trage das Risiko, ein Werk abnehmen zu müssen, das ihm nicht gefalle. Dies sei Ausfluss der Gestaltungsfreiheit des Künstlers. 

Gestaltungsfreiheit einschränkbar durch Parteiabrede
Von dem obigen Grundsatz kann aber ohne Weiteres abgewichen werden, wenn zwischen dem Besteller und dem Künstler entsprechende Abreden bestehen, die das zu erstellende Werk näher konkretisieren. Beim Beispiel des Portrait-Gemäldes wird eine Konkretisierung bereits „in der Natur der Sache“ liegen, es sei denn, der Künstler wäre für seine abstrakten Portraits bekannt. Hier fehlt aber eine solche Einschränkung. Denn

[e]ine solche Abrede sei hier aber nicht erfolgt. Der Vertrag lege eindeutig fest, dass sich das Gemälde zwar an den anderen im Katalog orientiere, aber keine Kopie, sondern ein eigenständiges Werk sei. Dass hinterher eine andere Vereinbarung getroffen wurde, habe [B] nicht beweisen können.

B kann daher eine Rückzahlung des Geldes nicht verlangen und ist darüber hinaus verpflichtet, auch den Restbetrag an K zu leisten.
Fazit
Der Fall bietet wenig Neues und bestätigt lediglich die BGH-Rechtssprechung zu dem Thema. Die Konstellation ist aber nicht nur für Examenskandidaten interessant, sondern auch für Studenten früherer Semester, da sie Raum zum Argumentieren lässt, auch ohne die Rechtsprechung zu kennen. Der griffige „Wow-Effekt“  (wörtliches Zitat in der Pressemitteilung!) und die wesentlichen Umstände des vorliegenden Falls ließen sich gut in den Text einer Fortgeschrittenenklausur einbauen und mit weiteren Problemen aus dem Vertragsrecht verbinden.

17.04.2012/0 Kommentare/von Nicolas Hohn-Hein
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Nicolas Hohn-Hein https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Nicolas Hohn-Hein2012-04-17 17:36:582012-04-17 17:36:58AG München: „Kunstgeschmack“ im Rahmen eines Werkvertrags

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