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Schlagwortarchiv für: waffenrechtliche Zuverlässigkeit

Lukas Knappe

BVerwG: Unzuverlässigkeit eines Waffenbesitzers bei Schusswaffengebrauch unter Alkoholeinfluss oder „Waffenbesitzer dürfen angetrunken nicht jagen“

Mündliche Prüfung, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verwaltungsrecht

Die Kombination von Waffengebrauch und vorübergehend „eingeschränktem“ Zustand infolge von Alkoholgenuss erweist sich als waffenrechtlich bedenklich. Diese Einschätzung des OVG Münster hat nun das BVerwG mit Urteil vom 22.10.2014 (Az. 6 V 30.13) bestätigt und die Entscheidung, einem Kölner Jäger die Waffenerlaubnis aufgrund des Schusswaffengebrauchs unter Alkoholeinfluss zu entziehen, aufrechterhalten. Macht ein Waffenbesitzer in alkoholisiertem Zustand von seiner Schusswaffe Gebrauch, rechtfertigt dies nunmehr nach Rechtsprechung des BVerwG die Annahme, dass er im Sinne des Waffengesetzes unzuverlässig ist. Das BVerwG hat mit seinem Urteil die vorangegangenen Entscheidungen des VG Köln sowie des OVG Münster bestätigt, die die Klage des betroffenen Jägers jeweils abgelehnt hatten .

A. Sachverhalt

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens war die Entscheidung des Kölner Polizeipräsidiums einem Inhaber mehrerer waffenrechtlicher Erlaubnisse diese wegen Unzuverlässigkeit zu entziehen. Der Kläger war im Juni 2008 mit seinem Kraftfahrzeug von seinem Haus zu einem nahegelegenen Wald zur Jagd gefahren, nachdem er zuvor zwei Gläser Rotwein (0,5 l) und ein Glas Wodka (30 ml) getrunken hatte. Von einem Hochsitz aus erlegte er dann einen Rehbock mit einem Schuss. Auf der Rückfahrt wurde er allerdings von Polizeibeamten angehalten. Ein freiwilliger Alkoholtest vor Ort ergab einen Wert von 0,47 mg/l Atemluftalkoholkonzentration, ein späterer Alkoholtest auf der Wache einen Wert von 0,39 mg/l. Das zuständige Polizeipräsidium widerrief schließlich die waffenrechtliche Erlaubnis, da der Kläger infolge des Waffengebrauchs im alkoholisierten Zustand im waffenrechtlichen Sinne unzuverlässig sei. Die Verwaltungsgerichte haben im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die anschließende Klage des Jägers abgewiesen sowie auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

B. Rechtliche Beurteilung

I. Gesetzliche Grundlagen

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Waffenerlaubnis werden durch § 4 I WaffG geregelt, der nach § 4 I Nr. 2 WaffG unter anderem die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers für den Umgang mit gefährlichen Waffen voraussetzt. Die Zuverlässigkeit bildet in den jeweiligen Fachgesetzen des Besonderen Verwaltungsrechts eine persönliche Tätigkeitsvoraussetzung und soll im ordnungsrechtlichen Sinn die persönlichen Voraussetzungen des Betroffenen für eine ordnungsgemäße Ausübung der jeweiligen Tätigkeit gewährleisten (so Eifert, JuS 2004, 565 (567). Beim Begriff der Zuverlässigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der einer näheren Konkretisierung bedarf und dabei gesetzesspezifisch auszulegen ist, wobei er der vollen gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist, so dass kein Beurteilungsspielraum zugunsten der Verwaltung besteht.

Im Waffengesetz erfolgt eine fachgesetzliche Konkretisierung des Rechtsbegriffs der Zuverlässigkeit durch § 5 WaffG, der in § 5 I Nr. 2 WaffG an einen besonders gefährlichen Umgang mit Waffen oder Munitionen anknüpft. So sieht § 5 I Nr. 2 lit. b WaffG nämlich vor, dass die erforderliche Zuverlässigkeit unter anderem dann bei Waffenbesitzern fehlt, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munitionen nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen. Ein solcher bedenklicher Umgang kann sich dabei gerade daraus ergeben, dass der Betroffene aufgrund einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung zu einem vorsichtigen und sachgemäßen Gebrauch nicht in der Lage ist (vgl. OVG Münster, Urt. v. 28.02.2013, 20 A 2430/11; Gade/Stoppa, WaffG, §5 Rn.13). Vor diesem Hintergrund kommt der Waffengebrauch im alkoholisiertem Zustand folglich als Anknüpfungspunkt für die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Kölner Jägers in Betracht.

II. Lösung durch das BVerwG

1. Nach Ansicht des BVerwG geht

 vorsichtig und sachgemäß mit Schusswaffen nur um, wer sie ausschließlich in nüchternem Zustand gebraucht und sicher sein kann, keine alkoholbedingten Ausfallerscheinungen zu erleiden, die zu Gefährdungen Dritter führen können.

Dabei soll es nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung allerdings irrelevant sein, dass der Jäger im konkretem Fall zielsicher mit einem Schuss das Tier erlegt hat, also im Rahmen seines Jagdverhaltens keine konkreten alkoholbedingten Ausfallerscheinungen vorlagen. Diese abstrakte Betrachtungsweise begründet insbesondere das OVG Münster damit, dass die Auswirkungen von Alkoholkonsum zwar stets von individuellen Gegebenheiten abhängig seien, die Kombination von Waffengebrauch und Alkoholisierung allerdings als waffenrechtlich bedenklich einzuordnen sei, da es beispielsweise nach dem vom Bundesverwaltungsamt herausgegebenen Fragenkatalog für die Sachkundeprüfung zu den unbedingt zu beachtenden Grundregeln beim Umgang mit Schusswaffen gehöre, mit derartigen Waffen nicht unter dem Einfluss berauschender Mittel zu hantieren (OVG Münster, 20 A 2430/11 Rn.36f.). Daran anknüpfend führt das BVerwG aus,

ob und gegebenenfalls in welchem Umfang bei dem Kläger im konkreten Fall alkoholbedingte Ausfallerscheinungen aufgetreten sind, ist unerheblich. Unvorsichtig und unsachgemäß ist der Gebrauch von Schusswaffen bereits dann, wenn ein Waffenbesitzer hierbei das Risiko solcher Ausfallerscheinungen eingegangen ist. Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit setzt die Fähigkeit und die Bereitschaft voraus, Risiken mit dem Potential der Schädigung Dritter strikt zu vermeiden, zumal wenn dies problemlos möglich ist.

Nach Ansicht der Gerichte reicht die hier vom Kläger konsumierte Menge mit einem Wert von 0,39 mg/l bereits aus, um davon ausgehen zu können, dass der Kläger in Folge seines Schusswaffengebrauch in einem allgemein zugänglichen Waldstück im alkoholisierten Zustand, nicht hinreichend vorsichtig und sachgemäß mit seiner Waffe umgegangen ist. Die Gerichte begründen dies insbesondere damit, dass bereits die hier in Rede stehende Menge sich nach allgemeiner Erfahrung typischerweise verhaltensbeeinflussend auswirke und dementsprechende

Ausfallerscheinungen jedenfalls nicht hinreichend sicher ausgeschlossen (waren). (Die Menge) war ( nach wissenschaftlich abgesicherter Erfahrung bereits) vielmehr geeignet, die Reaktionsgeschwindigkeit sowie die Wahrnehmungsfähigkeit zu mindern und enthemmend zu wirken.

2. Als Problem erweist sich allerdings die zur Annahme der Unzuverlässigkeit erforderliche Prognoseentscheidung. Infolge dessen, dass es sich beim Begriff der Zuverlässigkeit um einen Prognosebegriff handelt, beinhaltet die behördliche Entscheidung folglich die Einschätzung, dass ein Fehlverhalten des Betroffenen hinsichtlich des Umgangs mit Waffen auch in Zukunft wahrscheinlich ist (näher dazu Eifert, JuS 2004, 565 (570); vgl. zur Prognoseentscheidung bei der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit insbes. Tettinger/Wank/Ennuschat, Gew0, §35 Rn. 31).

Zur Prognoseentscheidung und dem anzulegenden Prognosemaßstab im Rahmen der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit hat insbesondere das OVG Münster näher Stellung genommen.

 Im Übrigen erfordert die prognostische Annahme der Unzuverlässigkeit nicht die Feststellung der konkreten Gefahr, dass sich das in Rede stehende „Versagen“ des Klägers wiederholt. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG ist zwar eine zukunftsbezogene Beurteilung gefordert unter Einbeziehung und Bewertung aller Tatsachen, die in diesem Zusammenhang bedeutsam sind. Die Prognose hat sich indes am Zweck des Gesetzes zu orientieren, die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten uneingeschränktes Vertrauen dazu verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Hat ein Waffenbesitzer in diesem Zusammenhang bereits einmal „versagt“, ist schon dies allein ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Demgegenüber ist nicht etwa der Nachweis gefordert, der Betreffende werde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Zukunft erneut mit Waffen nicht sorgsam umgehen. Angesichts des möglichen Schadens bei Nichtbewährung und des präventiven ordnungsrechtlichen Charakters der Forderung nach einer besonderen Zuverlässigkeit für den Erwerb und Besitz erlaubnispflichtiger Waffen und Munition genügt es vielmehr, dass bei verständiger Würdigung aller Umstände eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine nicht ordnungsgemäße Ausübung des erlaubnispflichtigen Umgangs mit Waffen verbleibt.

 Während bloße Zweifel für die Prognose folglich nicht ausreichen, ist allerdings auch nicht die feste Gewissheit einer weiteren Pflichtverletzung erforderlich, so dass bereits die Wahrscheinlichkeit eines Fehlverhaltens ausreicht.

Trotz dessen, dass der Kläger hier erstmals unter Alkoholeinfluss von seiner Schusswaffe Gebrauch gemacht hat und auch keine konkreten alkoholbedingten Ausfallerscheinungen vorlagen, haben die Gerichte die für die Prognoseentscheidung erforderliche Wahrscheinlichkeit angenommen. Das BVerwG führt nämlich aus, dass infolge dessen, dass sich

 der Kläger trotz dieser offenkundigen Risiken vom Schusswaffengebrauch nicht hat abhalten lassen, (dies) die Prognose (rechtfertigt), dass er auch künftig mit Waffen nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen wird. Wer das Risiko alkoholbedingt geminderter Reaktionsgeschwindigkeit und Wahrnehmungsfähigkeit oder alkoholbedingter Enthemmung auch nur in einem Fall des Schusswaffengebrauchs in Kauf genommen hat, verdient das Vertrauen nicht länger, dass er mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen wird.

Die Voraussetzungen für die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit im Sinne des § 5 I Nr. 2 lit.b WaffG sind mithin erfüllt, so dass der Schusswaffengebrauch unter Alkoholeinfluss den Entzug der Waffenerlaubnis rechtfertigt.

C. Schlussbetrachtung

Zwar hat das OVG Münster ausdrücklich darauf verzichtet einen allgemeinen Grenzwert in Form einer Alkoholkonzentration aufzustellen, ab der der vorsichtige und sachgemäßen Umgang mit einer Waffe typischerweise in Frage gestellt wird, und zudem darauf verwiesen, dass eine Null-Promille-Grenze lebensfremd wäre, jedoch sollten Waffenbesitzer die Kombination von Alkoholkonsum und Schusswaffengebrauch tunlichst vermeiden, um ihren Waffenschein nicht zu verlieren. Jedenfalls sind wie hier zwei Gläser Wein und ein Wodka zu viel. Dennoch bleibt zu hoffen, dass die Gerichte hier eine nähere Konkretisierung vornehmen, da die Rechtslage für den Fall, dass alkoholbedingte Ausfallerscheinungen fehlen, zunächst unklar ist.

Der Fall bietet eine gute Möglichkeit, Grundprobleme des Besonderen Ordnungsrechts und das persönliche Tätigkeitsmerkmal der „Zuverlässigkeit“ abzuprüfen und eignet sich daher für eine mündliche oder schriftliche Prüfung. Zur Bewältigung derartiger Prüfungen ist es wichtig, sich das Grundschema der „Zuverlässigkeitsprüfung“ zu vergegenwärtigen, die sich auf Tatsachen stützen muss und bei der eine Zukunftsprognose erforderlich ist. Einen allgemeinen Überblick zu Fragen der Zuverlässigkeit, mit denen sich jeder Examenskandidat insbesondere auch im Hinblick auf das Gewerberecht in Grundzügen auseinandergesetzt haben sollte, liefert vor allem Eifert, Martin: „Zuverlässigkeit als persönliche Tätigkeitsvoraussetzung im Besonderen Verwaltungsrecht“, in: JuS 2004, 565-570.

Zur Wiederholung der persönlichen Tätigkeitsvoraussetzung der „Zuverlässigkeit“ ist auch auf folgende Beiträge hinzuweisen:

  • Unser Überblicksbeitrag zum Waffengesetz
  • Widerruf der Bestellung als Bezirksschornsteinfeger wegen außerberuflicher antisemitischer Betätigung
  • Entzug der Waffenerlaubnis wegen NPD-Mitgliedschaft
  • Mini-Crashkurs Gewerbeordnung
29.10.2014/3 Kommentare/von Lukas Knappe
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Lukas Knappe https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Lukas Knappe2014-10-29 11:19:152014-10-29 11:19:15BVerwG: Unzuverlässigkeit eines Waffenbesitzers bei Schusswaffengebrauch unter Alkoholeinfluss oder „Waffenbesitzer dürfen angetrunken nicht jagen“
Zaid Mansour

VG Weimar: NPD-Mitgliedschaft als potentieller Rechtfertigungsgrund für Widerruf einer Waffenbesitzkarte

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Das VG Weimar hat im Rahmen eines Eilrechtsschutzverfahrens nach summarischer Prüfung entschieden, dass eine Mitgliedschaft in der NPD in Verbindung mit der Teilnahme an Veranstaltungen der Partei den behördlichen Widerruf einer Waffenbesitzkarte rechtfertigen kann (Beschluss vom 09.01.2013, Az. 1 E 1194/12 We, nicht rechtskräftig; Pressemitteilung).
I. Sachverhalt
Nachdem die zuständige Behörde Kenntnis von der (zumindest bis zum Frühjahr 2009 unbestrittenen) NPD-Parteimitgliedschaft des Antragstellers und die Teilnahme an diversen Veranstaltungen der Partei erlangt hat, sprach es dem Antragsteller die waffenrechtliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) ab und entzog dem Sportschützen daraufhin die Waffenbesitzkarte (waffenrechtliche Erlaubnis zum Besitz einer Waffe). Nach Ansicht des VG Weimar lagen begründete Anhaltspunkte für die behördliche Annahme der Unzuverlässigkeit i.S.v § 5 Abs. 2 Nr. 3a) und b) WaffG vor. Auch die Annahme der Behörde, dass es sich bei der NPD um eine Partei handele, die verfassungsfeindliche Ziele verfolge, sei nicht offensichtlich rechtswidrig.
II. Rechtliche Bewertung
Einen Anspruch auf die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis hat gemäß der Grundnorm aus § 4 Abs. 1 WaffG ein Antragsteller, der das 18. Lebensjahr vollendet hat (§ 2 Abs. 1 WaffG), die erforderliche Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) und die persönliche Eignung (§ 6 WaffG) besitzt, die erforderliche Sachkunde (§ 7 WaffG) und ein Bedürfnis nachgewiesen hat (§ 8 WaffG) sowie bei Beantragung eines Waffenscheins eine Haftpflichtversicherung mit der erforderlichen Deckungssumme nachweist. Bei der waffenrechtlichen Erlaubnis handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt. Demgemäß müssen die Erlaubnisvoraussetzungen kontinuierlich vorliegen und in regelmäßigen Abständen von der zuständigen Behörde überprüft werden (vgl. § 4 Abs. 3, 4 WaffG). Die einschlägige Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme bzw. den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis findet sich in § 45 WaffG, der insoweit als lex specialis zu §§ 48, 49 VwVfG einzuordnen ist (König/Papsthart, WaffG, 1. Auflage 2012, § 45 Rn. 1 m. w. N).
Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 WaffG ist eine der zentralen Erlaubnisvoraussetzungen. Zur Beurteilung dieser Frage muss die zuständige Behörde unter Beachtung des in der Vergangenheit liegenden Verhaltens eine – gerichtlich uneingeschränkt überprüfbare – Verhaltensprognose anstellen mittels derer belastbare Rückschlüsse hinsichtlich des künftigen Verhaltens des Antragsstellers gezogen werden können, wobei die Umstände des Einzelfalls ebenfalls bei Entscheidungsfindung zu berücksichtigen sind.
In struktureller Hinsicht ist die Vorschrift zweistufig aufgebaut. § 5 Abs. 1 WaffG enthält zunächst eine abschließende Aufzählung absoluter Unzuverlässigkeitsgründe, bei deren Vorliegen die Unzuverlässigkeit unwiderleglich vermutet wird. In Abs. 2 der Vorschrift wird hingegen ein Katalog von sog. Regelunzuverlässigkeitstatbeständen im Sinne einer widerlegbaren Vermutung aufgelistet. In derartigen Konstellationen besteht folglich die Möglichkeit, einen etwaigen Gegenbeweis anzutreten (Braun, GewArch 2012, 52, 51).

§ 5 Zuverlässigkeit

[…]

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen in der Regel Personen nicht, die
[…]
3.einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die
a)gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder
b)gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker, gerichtet sind, oder
c)durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,

Der Beschluss reiht sich nahtlos in den Kanon der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ein. So judizierte das BVerwG in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt bereits, dass unzuverlässig i.S.d Waffengesetzes in der Regel auch derjenige ist, der verfassungsfeindliche Bestrebungen im Rahmen der Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen politischen Partei verfolgt (BVerwG, Urteil vom 30.09.2009 – Az. 6 C 29/08 – amtlicher Leitsatz).

Zum tieferen Verständnis, v.a. im Hinblick auf die Reichweite des Schutzgehalts von Art 21 GG, sollen an dieser Stelle die durchaus überzeugenden, maßgeblichen Passagen der o.g. Entscheidung des BVerwG dargelegt werden:

[…] Dagegen beeinträchtigt die Annahme einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit eines Parteimitglieds oder -anhängers nach § 5 Abs. Nr. 3 WaffG die von Art. 21 GG geschützte Mitwirkung der Parteien an der politischen Willensbildung nicht in rechtserheblicher Weise. Zwar kann grundsätzlich das, was dem Mitglied oder Anhänger einer Partei an parteioffizieller oder parteiverbundener Tätigkeit von Verfassungs wegen gestattet ist, nicht in anderen Rechtsbereichen mit nachteiligen Folgen verknüpft werden, soll nicht die Rechtsordnung zu sich selbst in Widerspruch treten.[…] Dieser Grundsatz erleidet aber dann eine Ausnahme, wenn der Gesetzgeber auf Grund anderer Verfassungssätze verpflichtet oder jedenfalls berechtigt ist, eine abweichende Regelung zu treffen. So ist seit Langem anerkannt, dass die gesetzliche Umsetzung der Verfassungsentscheidung in Art.33 GG, die vom Beamten das Eintreten für die verfassungsmäßige Ordnung fordert, nicht in Widerspruch zu Art. 21 Abs. 2 GG stehen darf […]. Ebenso werden Reserveoffiziere und auch Wehrpflichtige der Bundeswehr durch das Parteienprivileg nur in Bezug auf politische Aktivitäten geschützt, welche sie unabhängig von ihrem militärischen Status für ihre Partei entfalten, während das Parteienprivileg nicht daran hindert, aus der Betätigung Rückschlüsse für den militärischen Pflichtenkreis zu ziehen […]. In solchen Zusammenhängen ist es unbeschadet des Art. 21 Abs. 2 GG, Aufgabe der Verwaltungsbehörde bzw. des VG, sich nötigenfalls eine eigene Überzeugung von den verfassungsfeindlichen Zielen einer Partei zu bilden.
[…] Hier ist es zwar nicht eine verfassungsrechtlich besonders ausgeformte Pflichtenstellung des Betroffenen, wohl aber die aus Art. 2. Abs. 2 S. 1 GG herzuleitende allgemeine staatliche Schutzpflicht für das Leben und die körperliche Unversehrtheit, die den Gesetzgeber berechtigt, Gründe für eine regelmäßig anzunehmende waffenrechtliche Unzuverlässigkeit auch im Verhältnis zu Mitgliedern und Anhängern politischer Parteien aufzustellen und auszugestalten.

[…] für die Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht für das Leben und die körperliche Unversehrtheit macht es keinen wesentlichen Unterschied, ob die Betätigung, die nach der plausiblen Einschätzung des Gesetzgebers regelmäßig die Unzuverlässigkeit begründet, innerhalb oder außerhalb einer politischen Partei ausgeübt wird. Aus diesem Grunde wird durch die Anwendung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG auf die Mitglieder und Anhänger einer politischen Partei die verfassungsrechtlich garantierte Betätigungsfreiheit der Partei nicht verletzt. Vielmehr stellt sich § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG als eine Vorschrift dar, die – vergleichbar mit den allgemeinen, d.h. kein Sonderrecht gegen die Parteien enthaltenden Strafgesetzen – dem Schutz fundamentaler Rechtsgüter der Allgemeinheit dient und die daher – wiederum ähnlich den allgemeinen Strafgesetzen – für die Mitglieder und Anhänger der Parteien auch in Anbetracht des Art. 21 Abs. 2 GG ebenso Geltung beansprucht wie für alle anderen Bürger.

III. Fazit

Der Beschluss des VG Weimar verdient, gerade mit Blick auf die Rechtsprechung des BVerwG, der eindeutigen Gesetzeslage sowie des eingeschränkten gerichtlichen Prüfungsumfangs im Eilrechtsschutzverfahren Zustimmung. Allerdings wird das zuständige Gericht im Rahmen des Hauptsacheverfahrens in rechtlich belastbarer Weise festzustellen haben, ob die vom Antragsteller innerhalb der NPD verfolgten Ziele tatsächlich gegen die in § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG genannten Verfassungsgrundsätze verstoßen und ob nicht möglicherweise Umstände vorliegen, die die Vermutung der Unzuverlässigkeit widerlegen. Dies könnte insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Antragssteller über einen längeren Zeitraum beanstandungsfrei im Besitz einer Waffe war.

 

24.01.2013/1 Kommentar/von Zaid Mansour
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Zaid Mansour https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Zaid Mansour2013-01-24 10:58:442013-01-24 10:58:44VG Weimar: NPD-Mitgliedschaft als potentieller Rechtfertigungsgrund für Widerruf einer Waffenbesitzkarte

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