Im Folgenden der Sachverhalt von der 1. Zivilrecht Examensklausur, die im Dezember 2010 in Nordrhein-Westfalen gelaufen ist.
Sachverhalt
Teil I:
B hat einen Sicherheitsfimmel und beauftragt den U damit, sein Grundstück sicherer zu machen. Die beiden einigen sich auf eine Installation von sieben Kameras zum Preis von 10.000 Euro. N, der Nachbar des B, ist davon wenig begeistert. Zwar sind die Kameras technisch so eingestellt, dass sie nicht auch das Grundstück des N filmen können, aber diese mechanische Blockade kann gelöst werden. Eine etwaige Manipulation wäre von außen nicht sichtbar (was U und B nicht ahnen können). N verlangt Entfernung der Kameras von B. B hält dem entgegen, dass sowieso nur das Grundstück, nicht aber das Hausinnere gefilmt werden könnte. N glaubt dem nicht, weil die beiden schon länger im Nachbarschaftstreitigkeiten haben. B schildert U die Sachlage. U reagiert jedoch nicht. B verlangt von U unverzügliche Nachbesserung, U reagiert nicht. B verlangt von U Rückzahlung der 10.000 Euro.
1. Frage: Kann N Beseitigung der Kameras verlangen?
2. Frage: Kann B von U Zahlung von 10.000 Euro verlangen?
Teil II:
B und U haben bereits einmal im März 2003 Geschäfte gemacht. Damals hatte U bei B eine Alarmanlage eingebaut. Diese war jedoch mangelhaft. B verlangt von U 10.000 Euro als Vorschuss für eine Selbstvornahme. U zahlt. B macht davon eine Kreuzfahrt im Juli 2003. U verliert den Sachverhalt aus den Augen. 2010 kriegt er von der Verwendung des Vorschusses Wind.
1. Frage: Kann U von B die 10.000 Euro zurückfordern?
2. Frage: Unterstellt B kann von U 10.000 (Sachverhalt Teil 1) verlangen, kann U gegen die Forderung des B aufrechnen?
Schwerpunkte und Infos:
– Rechtsmängelhaftung im Werkvertrag
– Kameraüberwachung eines Grundstücks und APR der Nachbarn
– Rückzahlung des Vorschusses für Mängelbeseitigung im Werkvertragsrecht gem. §§ 634 Nr. 2, 637 Abs. 3 BGB
Die Klausur ist angelehnt an zwei BGH Entscheidungen aus dem Frühjahr 2010:
BGH, Urteil vom 16. März 2010 – VI ZR 176/09 zu Teil I
Das Urteil im Volltext
Leitsatz der Entscheidung:
Bei der Installation von Überwachungskameras auf einem privaten Grundstück kann das Persönlichkeitsrecht eines vermeintlich überwachten Nachbarn schon aufgrund einer Verdachtssituation beeinträchtigt sein. Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung reicht dazu aber nicht aus.
BGH, 14.01.2010 – VII ZR 108/08 zu Teil II
Das Urteil im Volltext
Leitsätze der Entscheidung:
a) Der Auftragnehmer kann einen an den Auftraggeber gezahlten Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten zurückfordern, wenn feststeht, dass die Mängelbeseitigung nicht mehr durchgeführt wird. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftraggeber seinen Willen aufgegeben hat, die Mängel zu beseitigen.
b) Ein Rückforderungsanspruch entsteht auch dann, wenn der Auftraggeber die Mängelbeseitigung nicht binnen angemessener Frist durchgeführt hat.
c) Welche Frist für die Mängelbeseitigung angemessen ist, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu ermitteln, die für diese maßgeblich sind. Abzustellen ist auch auf die persönlichen Verhältnisse des Auftraggebers und die Schwierigkeiten, die sich für ihn ergeben, weil er in der Beseitigung von Baumängeln unerfahren ist und hierfür fachkundige Beratung benötigt.
d) Der Vorschuss ist trotz Ablauf einer angemessenen Frist zur Mängelbeseitigung nicht zurückzuzahlen, soweit er im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zweckentsprechend verbraucht worden ist oder es feststeht, dass er alsbald verbraucht werden wird.