• Suche
  • Lerntipps
    • Karteikarten
      • Strafrecht
      • Zivilrecht
      • Öffentliches Recht
    • Examensvorbereitung
    • Fallbearbeitung und Methodik
    • Für die ersten Semester
    • Mündliche Prüfung
  • Examensreport
    • 2. Staatsexamen
    • Baden-Württemberg
    • Bayern
    • Berlin
    • Brandenburg
    • Bremen
    • Hamburg
    • Hessen
    • Lösungsskizzen
    • Mecklenburg-Vorpommern
    • Niedersachsen
    • Nordrhein-Westfalen
    • Rheinland-Pfalz
    • Saarland
    • Sachsen
    • Sachsen-Anhalt
    • Schleswig-Holstein
    • Thüringen
    • Zusammenfassung Examensreport
  • Interviewreihe
    • Alle Interviews
  • Rechtsgebiete
    • Strafrecht
      • Klassiker des BGHSt und RGSt
      • StPO
      • Strafrecht AT
      • Strafrecht BT
    • Zivilrecht
      • AGB-Recht
      • Arbeitsrecht
      • Arztrecht
      • Bereicherungsrecht
      • BGB AT
      • BGH-Klassiker
      • Deliktsrecht
      • Erbrecht
      • Familienrecht
      • Gesellschaftsrecht
      • Handelsrecht
      • Insolvenzrecht
      • IPR
      • Kaufrecht
      • Kreditsicherung
      • Mietrecht
      • Reiserecht
      • Sachenrecht
      • Schuldrecht
      • Verbraucherschutzrecht
      • Werkvertragsrecht
      • ZPO
    • Öffentliches Recht
      • BVerfG Leitentscheidungen & Klassiker
      • Baurecht
      • Europarecht
      • Europarecht Klassiker
      • Kommunalrecht
      • Polizei- und Ordnungsrecht
      • Staatshaftung
      • Verfassungsrecht
      • Versammlungsrecht
      • Verwaltungsrecht
      • Völkerrrecht
  • Rechtsprechungsübersicht
    • Strafrecht
    • Zivilrecht
    • Öffentliches Recht
  • Juri§kripten
  • Click to open the search input field Click to open the search input field Suche
  • Menü Menü
Du bist hier: Startseite1 > Verwaltungsgericht

Schlagwortarchiv für: Verwaltungsgericht

Dr. Philip Musiol

BayVGH zum „Kreuzerlass”

Examensvorbereitung, Für die ersten Semester, Lerntipps, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschied schon im Juni diesen Jahres über die rechtliche Zulässigkeit einer Regelung, die Landesbehörden aufgibt, ein Kreuz im Eingangsbereich anzubringen (BayVGH, Urt. v. 01.06.2022 – 5 N 20.1331; 5 B 22.674). In der Zwischenzeit befasste sich der BayVGH mit Anträgen auf Zulassung der Berufung zur Entfernung der Kreuze von mehreren Einzelpersonen (BayVGH, Beschl. v. 23.08.2022 – 5 ZB 20.2243). Nunmehr sind die Entscheidungsgründe veröffentlicht. Nachdem sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in jüngerer Vergangenheit im Kontext von Kopftuchverboten mit dem Verhältnis von staatlicher Neutralitätspflicht und (negativer) Religionsfreiheit befasste, wird das Problemfeld von dem BayVGH aus einer anderen Perspektive betrachtet, die nicht weniger prüfungsrelevant ist.

I.             Der Sachverhalt

Die Bayerische Staatsregierung bestimmte mit Erlass aus dem Jahr 2018, dass in Dienstgebäuden im Freistaat Bayern als „Ausdruck der kulturellen Prägung Bayerns“ gut sichtbar ein Kreuz im Eingangsbereich anzubringen sei, § 28 Allgemeine Geschäftsordnung für die Behörden des Freistaats Bayern (AGO). Daneben bestimmt § 36 AGO: „Gemeinden, Landkreisen, Bezirken und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird empfohlen, nach dieser Geschäftsordnung zu verfahren“.

Mehrere Einzelpersonen und zwei als Körperschaften des öffentlichen Rechts verfasste Weltanschauungsgemeinschaften (Bund für Geistesfreiheit Bayern; Bund für Geistesfreiheit München) wendeten sich gegen die Umsetzung dieses sogenannten „Kreuzerlasses“ der Bayerischen Staatsregierung. Sie beantragten, bei der Bayerischen Staatskanzlei die Entfernung der im Eingangsbereich der Dienstgebäude angebrachten Kreuze. Ferner beantragten sie, den Gemeinden, Landkreisen, Bezirken und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu empfehlen, ebenso zu verfahren. Die Einzelpersonen sahen sich in ihrer negativen Religionsfreiheit verletzt. Die Weltanschauungsgemeinschaften trugen vor, dass auch sie in ihrer negativen Religionsfreiheit und in ihrem Recht auf Gleichbehandlung verletzt seien. Hierdurch werde eine bestimmte Religionsgemeinschaft bevorzugt. Der Staat habe auf eine am Gleichheitssatz orientierte Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu achten. Die Bayerische Staatskanzlei half den Anträgen nicht ab. Die Kläger verfolgten diese Begehren vor dem Verwaltungsgericht München im Wege der Allgemeinen Leistungsklage weiter. Das Verwaltungsgericht trennte die Verfahren ab und behandelte sie getrennt voneinander. Schließlich wies das Verwaltungsgericht wies die Klagen der Weltanschauungsgemeinschaften und der Einzelpersonen ab, der „Kreuzerlass“ blieb also in Kraft.

II.            Die Entscheidung

Die Berufung der klagenden Einzelpersonen und der Weltanschauungsgemeinschaften vor dem BayVGH blieb ohne Erfolg.

Zunächst zu der Klage der Einzelpersonen: Zum einen könnten sich die Kläger nicht gegen die Verwaltungsvorschrift wenden, da diese keine Außenwirkung entfalte. Als Anknüpfungspunkt kommen also nur die behördlichen Umsetzungsakte in Betracht. Der BayVGH entschied, dass die Klage schon unzulässig sei, da die Kläger nicht klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO seien, der analog auch für die Allgemeine Leistungsklage gelte. Da es keine „generelle“ Allgemeine Leistungsklage gäbe, hätten die Kläger substantiiert vortragen müssen, durch welche Kreuze sie konkret in ihren Rechten betroffen seien. Hieran fehle es, da die Kläger pauschal die Entfernung der Kreuze aus den Dienststellen verlangt hatten. Dieses Begehren richteten sie an die Bayerische Staatskanzlei, hierin sah der BayVGH allerdings keine konkludente Konkretisierung darauf, dass man sich insbesondere gegen das Kreuz im Eingangsbereich der Staatskanzlei richte – wie von den Klägern im Verfahren vorgetragen wurde. Stattdessen sei der Antrag der Kläger „offensichtlich“ nur deshalb an die Staatskanzlei gerichtet worden, weil diese die Bayerische Staatsregierung u.a. bei ihren verfassungsmäßigen Aufgaben unterstützt.

Die Klage sei auch nicht deshalb zulässig, weil die Kläger bei Betreten jedes staatlichen Dienstgebäudes in Bayern potentiell betroffen sein könnten. Insoweit handele es sich der Sache nach um vorbeugenden Rechtsschutz, sodass es zumindest einer möglichen künftigen Verletzung in eigenen Rechten bedarf. Mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG ist vorbeugender Rechtsschutz zulässig, wenn ein besonders schützenswertes Interesse gerade hieran besteht, weil der Verweis auf nachgehenden Rechtsschutz mit für die Kläger unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre. Der BayVGH hielt diese Voraussetzungen für nicht erfüllt, da es an einem Eingriff in das Grundrecht auf negative Religionsfreiheit der Kläger fehle. Die Anbringung eines Kreuzes durch staatliche Stellen könne nur dann als Eingriff in das Grundrecht eines Einzelnen aus Art. 4 Abs. 1 GG und Art. 107 Abs. 1 BV gewertet werden, wenn der Einzelne durch eine vom Staat geschaffene Lage ohne Ausweichmöglichkeiten dem Einfluss eines bestimmten Glaubens oder seiner Symbole ausgesetzt wird. Hieraus ergebe sich zunächst, dass ein Eingriff in das Grundrecht des Art. 4 Abs. 1 GG nicht automatisch schon immer dann vorliegt, wenn der Staat gegen seine objektiv-rechtliche Pflicht zu weltanschaulich-religiöser Neutralität verstoßen sollte. Die Kläger würden durch das Anbringen eines Kreuzes im Eingangsbereich staatlicher Dienststellen nicht dem Einfluss eines bestimmten Glaubens oder seiner Symbole in grundrechtswidriger Weise ausgesetzt. Denn zum einen handele es sich bei dem Kreuz an der Wand um ein im wesentlichen passives Symbol ohne missionierende oder indoktrinierende Wirkung. Zum anderen handele es sich bei dem Eingangsbereich eines Dienstgebäudes um einen Durchgangsbereich, der nicht dem längeren Verweilen der Bürger diene. Zwar ginge die Konfrontation mit dem Kreuz vom Staat aus. Dennoch befinde sich das Kreuz nur im Eingangsbereich, der Bürger werde also nicht unmittelbar bei der Ausführung staatlicher Aufgaben mit dem Kreuz konfrontiert. Hierdurch unterscheide sich der Sachverhalt etwa von Kreuzen in Unterrichtsräumen, bei denen der Bürger über einen längeren Zeitraum gerade im Zusammenhang mit staatlichen Aufgaben mit religiösen Symbolen konfrontiert sei.

Eine Verletzung der Kläger in ihren subjektiven Rechten sei auch nicht wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der weltanschaulich-religiösen Neutralität anzunehmen. Hierbei handelt es sich um ein objektives Verfassungsprinzip, das als solches keine einklagbaren subjektiven Rechte der Kläger begründet. Der Verstoß gegen objektive Verfassungsprinzipien kann nicht im Wege der allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht werden, die dem Schutz der subjektiven Rechte des Klägers dient.

Auch die Berufung der beiden Weltanschauungsgemeinschaften blieb ohne Erfolg: Der BayVGH hielt die Klagen für zulässig, aber unbegründet. Der BayVGH stellte zunächst fest, dass das Grundrecht auf Religions- und Weltanschauungsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG sowie das Rechts auf Gleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG nach Art. 19 Abs. 3 GG auch Weltanschauungsgemeinschaften zusteht und hielt eine Verletzung dieser Rechte zumindest für möglich. Aus dem Grundsatz der religiösen und weltanschaulichen Neutralität des Staates, der sich aus einer Zusammenschau der Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 33 Abs. 3, Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 1, Abs. 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV ableiten lässt, folge, dass der Staat auf eine am Gleichheitssatz orientierte Behandlung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu achten habe. Wo er mit Religionsgemeinschaften zusammenarbeitet oder sie fördert, dürfe dies nicht zu einer Identifikation mit bestimmten Religionsgemeinschaften oder zu einer Privilegierung bestimmter Bekenntnisse führen. Auf der Ebene der Begründetheit kam der BayVGH gleichwohl zu dem Ergebnis, dass eine Verletzung besagter Rechte nicht vorliege, obwohl die objektiv-rechtliche Neutralitätspflicht des Staates verletzt werde. Durch die Anbringung der Kreuze in den Eingangsbereichen der staatlichen Dienstgebäude werde das Symbol des christlichen Glaubens in einem öffentlich zugänglichen staatlichen Raum präsentiert. Die Symbole anderer Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften werden nicht in gleicher Weise ausgestellt. Hierin liege eine sachlich nicht begründete Bevorzugung des christlichen Symbols. Zwar berief sich der Freistaat Bayern darauf, dass das in Dienstgebäuden anzubringende Kreuz als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns zu verstehen sei. Jedoch könne der Freistaat keine Deutungshoheit über das Symbol beanspruchen. Nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont eines Besuchers könne das Kreuz im Sinne einer Nähe zum Christentum interpretiert werden. Erneut betonte das Gericht, dass die Pflicht des Staates zur weltanschaulich-religiösen Neutralität ein objektiv-rechtliches Verfassungsprinzip sei, das als solches keine einklagbaren subjektiven Rechte der Kläger als Weltanschauungsgemeinschaften begründe. Subjektiven Schutz gegen eine staatliche Maßnahme, die zugleich gegen die Neutralitätspflicht verstößt, können Weltanschauungsgemeinschaften wie die Kläger erst dann beanspruchen, wenn nicht bloß eine Berührung des Schutzbereichs, sondern ein nicht gerechtfertigter, benachteiligender Eingriff in die Grundrechte vorliegt, aus denen das Verfassungsprinzip hergeleitet wird, nämlich aus Art. 4 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Die strittige Maßnahme hebe zwar objektiv ein Symbol des christlichen Glaubens hervor. Damit sei aber keine Einmischung in das subjektive Recht der Kläger zu religiöser oder weltanschaulicher Betätigung, zur Verbreitung ihrer Weltanschauung sowie zu deren Pflege und Förderung verbunden. Das Anbringen von Kreuzen erfolge auch nicht im Benehmen und im erkennbaren Interesse christlicher Kirchen. Das Kreuz als christliches Symbol könne seiner religiösen Bedeutung jedoch nicht entkleidet werden. Gleichwohl gäbe es daneben weitere, z.B. historische oder kulturelle Deutungsmöglichkeiten. Jedenfalls sei weder nach dem Wortlaut von § 28 AGO noch nach dem prozessualen Vorbingen des Freistaats Bayern von diesem eine Identifikation mit christlichen Glaubensinhalten und christlichen Glaubensgemeinschaften oder eine Bezugnahme auf den christlichen Glauben bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben und Befugnisse beabsichtigt. Auch seien die Kreuze im Eingangsbereich von Dienstgebäuden anzubringen, wo keine inhaltliche Wahrnehmung behördlicher Aufgaben stattfinde und daher keine hinreichende Verknüpfung zwischen staatlicher Aufgabenerfüllung und Verwendung des christlichen Symbols gegeben sei. Abermals stellte der BayVGH darauf ab, dass dem Kreuz keine missionierende oder indoktrinierende Wirkung zukomme, wodurch die Weltanschauungsfreiheit der beiden Kläger nicht beeinträchtigt werde. Daher nehme der Staat keinen grundrechtsrelevanten Einfluss auf den Wettbewerb der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften untereinander.

III.          Einordnung der Entscheidung

Die Entscheidung ist im Kontext zu den Entscheidungen des BVerfG zum Kopftuchverbot für Referendarinnen und zu dem Beschluss des BVerfG zur Zulässigkeit eines Kreuzes im Klassenzimmer (BVerfG, Beschl. v. 16.5.1995 – 1 BvR 1087/91) zu sehen.

Auf prozessualer Ebene ist herauszuarbeiten, dass Verwaltungsvorschriften keine Außenwirkung haben und deshalb nur die behördlichen Umsetzungsakte angegriffen werden können. Insoweit kann die Frage aufgeworfen werden, ob durch die gewählte Handlungsform ein Verstoß gegen die Wesentlichkeitstheorie vorliegt. Dass der BayVGH dies nicht annahm, ist angesichts des Umstands, dass er schon die Eingriffswirkung der Maßnahme ablehnte, konsequent.

Materiell ist klar zwischen einem Verstoß gegen objektive Verfassungsprinzipien und der Betroffenheit in subjektiven Rechten zu unterscheiden. Für einen Eingriff in die negative Religionsfreiheit der Bürger durch die Verwendung religiöser Symbole durch staatliche Stellen kommt es nach gefestigter Rechtsprechung darauf an, ob der Bürger den Symbolen in einer unausweichlichen Art und Weise „ausgeliefert“ ist. Dies verneinte der BayVGH hier, da das Kreuz „nur“ in dem Eingangsbereich der Behörden aufzuhängen war. Zwar ist richtig, dass der Bürger damit nicht bei der unmittelbaren Behördentätigkeit mit dem Kreuz konfrontiert wird (wie etwa bei einem Kreuz im Klassenzimmer oder im Gerichtssaal). Der Bürger werde im Eingangsbereich, der häufig ein Durchgangsbereich sei, nur „flüchtig“ mit dem Kreuz konfrontiert. Gleichzeitig erkennt der BayVGH an, dass die Kreuze in sämtlichen Behördengebäuden anzubringen seien. Hieraus folgert er lediglich, dass es sich um vorbeugenden Rechtsschutz handele, weil die Kläger nicht hinreichend konkretisiert hätten, durch welches Kreuz sie betroffen seien. Zu diskutieren wäre wohl auch, ob nicht dadurch, dass in jedem Behördengebäude ein Kreuz angebracht ist, der Eindruck erweckt wird, dass sämtliches behördliche Handeln „im Angesichts des Kreuzes“ erfolge. Da jeder Bürger im Laufe seines Lebens darauf angewiesen ist, behördliche Gebäude zu besuchen (Beantragen von Ausweisdokumenten etc.), kann insoweit durchaus von einem gewissen Ausgeliefertsein ausgegangen werden. Unabhängig davon, ob man hier einen Eingriff annimmt, sollte deutlich werden, dass die Bearbeitung zwischen einer Verletzung von objektiven, nicht einklagbaren Verfassungsprinzipien und einer Verletzung von subjektiven Rechten unterscheidet.

Auch das der BayVGH dem Kreuz „keine missionierende oder indoktrinierende“ Wirkung beimisst, ist zumindest fragwürdig, handelt es sich doch um das zentrale Symbol des christlichen Glaubens für das Leiden Christi. Hier ist Argumentationsarbeit gefragt, auch ein Hinweis darauf, dass dem Freistaat Bayern hier keine Interpretationshoheit zukommt, sollte in einer Klausur nicht fehlen.

12.09.2022/1 Kommentar/von Dr. Philip Musiol
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Philip Musiol https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Philip Musiol2022-09-12 12:24:572022-10-24 14:39:30BayVGH zum „Kreuzerlass”
Dr. Marius Schäfer

VG Aachen: Teilnahme an Auswahlverfahren für Polizeidienst auch mit Unterarm-Tätowierungen

Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Verfassungsrecht

Sachverhalt (verkürzt)
Das VG Aachen hat mit noch nicht veröffentlichtem Urteil (1 K 1518/12) vom 29.11.2012 entschieden, dass ein Bewerber, welcher sich für den Vorbereitungsdienst im Rahmen der Einstellung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst beworben hat, nicht schon deshalb als für den Polizeidienst ungeeignet abgelehnt bzw. nicht schon von vornherein vom Auswahlverfahren ausgeschlossen werden darf, weil dieser an beiden Armen große Tätowierungen von der Schulter bis zu den Unterarmen aufweist. Die Teilnahme am Auswahlverfahren ist für jeden Bewerber Voraussetzung für dessen Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst und das am 01.09.2012 beginnende Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung. In diesem Sinne folgt das Urteil einer Entscheidung (1 L 277/12) gleichen Rubrums vom 31.07.2012, welche durch das VG Aachen bereits im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 I 2 VwGO erfolgt ist.
Rechtliche Würdigung
Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zur Geeignetheit eines Beamten aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes häufen sich in den letzten Jahren, sodass damit fast zwangsläufig auch eine gewisse Klausurrelevanz verbunden ist. Es gilt hier stets die Grundrechte des Beamten – oder in diesem Falle des Bewerbers – in Einklang mit den im öffentlichen Dienst vorherrschenden Strukturprinzipien zu bringen.
In diesem Fall könnten der Einstellung eines auffällig tätowierten Bewerbers für den Polizeivollzugsdienst die in Art. 33 GG verankerten Strukturprinzipien des öffentlichen Dienstrechts entgegenstehen. Betroffen ist, mit der Berücksichtigung für das Auswahlverfahren und der vom Kläger beabsichtigten Einstellung in den Polizeivollzugsdienst, insbesondere der Zugang zu einem öffentlichen Amt. Zwar enthält das in Art. 33 II GG begründete Leistungsprinzip für jeden Bewerber in diesem Zusammenhang das Recht, bei seiner Bewerbung um ein öffentliches Amt allein nach den hier genannten Voraussetzungen – d.h. Eignung, Befähigung und fachliche Leistung – beurteilt und unter gleichen Zugangsmöglichkeiten eingestellt zu werden,[1] doch bleibt insofern fraglich, inwieweit das äußere Erscheinungsbild des Klägers diesem eine Eignung für das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis versagen könnte. Vom Begriff der Eignung umfasst sind die Persönlichkeit sowie auch solche charakterlichen Eigenschaften, die für ein bestimmtes Amt von Bedeutung sind.[2] Zu beachten ist dabei, dass die Auswahlkriterien des Art. 33 II GG in gleicher Weise auch für ein vorgeschaltetes Auswahlverfahren gelten, mit dem der Dienstherr das Vorliegen der Eignungsvoraussetzungen möglichst zuverlässig in Erfahrung bringen möchte.[3]
So führte das Landesamtes für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen (LAFP) aus, dass eine deutlich sichtbare Tätowierung nicht mit der Neutralität eines Polizeibeamten in Einklang zu bringen sei. Ausgehend von einem Erlass des Innenministeriums aus dem Jahre 1995, welche durch einen weiteren Erlass im August des Jahres 2012 bestätigt wurde, stellten derartige Tätowierungen, die beim Tragen von Hemden mit kurzen Ärmeln zu sehen seien, mithin einen Eignungsmangel dar. Von daher berief sich die Einstellungsbehörde darauf, dass der Kläger anhand seines äußeren Erscheinungsbildes nicht dem in Art. 33 II GG enthaltenen Leistungsprinzip gerecht werde und sich somit auch nicht für einen Zugang zum Polizeivollzugsdienst qualifizieren könne.
Gegenüber einem so begründeten, generellen Ausschluss vom Auswahlverfahren zur Einstellung in den Vorbereitungsdienst des Polizeivollzuges, können die Grundrechte des Bewerbers allerdings nicht unbeachtet bleiben. Zum einen könnte sich der Kläger auf sein Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I GG berufen, denn dessen erkennbare Tätowierungen sind gerade ein nach außen kundgegebener Ausdruck seiner Persönlichkeit. Andererseits könnte der Bewerber auch geltend machen, dass eine verfassungsrechtlich unzulässige Vorenthaltung des in Art. 12 I GG verbürgten Grundrechts auf freie Wahl des Berufes bzw. des in Art. 33 II GG grundrechtsgleich gewährleisteten Rechts auf Zugang zu einem öffentlichem Amt verletzt wurde, indem die Einstellungsbehörde die Eignung des Bewerbers fehlerhaft beurteilt hat und diesem so die Teilnahme am erforderlichen Auswahlverfahren versagt hat. Diese verfassungsrechtliche Gewährleistung ist überdies auch einfachgesetzlich in den §§ 8, 9 BeamtStG i.V.m. § 15 III 1 LBG NRW enthalten.
Unter dem Aspekt, dass eine Einschränkung von Grundrechten möglich ist, um die Funktionsfähigkeit des Polizeivollzugsdienstes zu erhalten, ist sodann eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anzustellen, um die Grundrechte des Bewerbers in Einklang mit den Strukturprinzipien des Beamtentums zu bringen. Insoweit könnte der Einstellungsbehörde bei der Beurteilung hinsichtlich der Eignung eines an beiden Armen tätowierten Bewerbers, eine ermessensfehlerhafte Entscheidung im Rahmen des Auswahlermessens zur Last zu legen sein.
Die Versagung der Teilnahme am Auswahlverfahren müsste einen legitimen Zweck verfolgen und an sich auch geeignet sein, diesen legitimen Zweck zu erreichen. Sinngemäß stellt die Einstellungsbehörde hier darauf ab, dass vor allem Polizeibeamten eine Geltung in der Öffentlichkeit zukomme, dessen Auftreten es erforderlich mache, eine gewisse Neutralität und Einheitlichkeit des Staates und seiner Beamten zu bewahren und auszudrücken. Der Respekt gegenüber einem Polizeibeamten könnte von daher vermindert sein, wenn dieser deutlich sichtbare Tätowierungen zur Schau stellt und so eine überzogene Individualität nach außen Preis gibt, mit dem die Toleranz anderer übermäßig beansprucht wird. Um jedoch die Funktionstüchtigkeit des Polizeivollzugsdienstes dahingehend zu sichern, dass den Beamten in der Öffentlichkeit das gleiche Maß an erforderlicher Geltung zukommt, erscheint es durchaus als geeignet, tätowierten Bewerbern bereits die Teilnahme am Auswahlverfahren zu versagen. Allerdings dürfen darüber hinaus keine milderen aber gleich geeigneten Mittel zur Verfügung stehen oder eine unzureichende Abwägung mit den Grundrechten des Bewerbers erfolgt sein.
Das VG führte im Ergebnis hierzu aus, dass eine generelle Versagung der Teilnahme, mit ablehnendem Bescheid des LAFP, zu beanstanden sei, soweit die Behörde die Prüfung einer Entscheidungsrelevanz der individuellen Tätowierung nicht vorgenommen hat. Vielmehr müsse aus einer solchen Einzelprüfung hervorgehen, dass es dem Bewerber an einer geeigneten Persönlichkeit oder charakterlichen Eigenschaft mangele. Es gehe aus dem Bescheid insofern nicht klar hervor, inwieweit es diesbezüglich überhaupt an der Eignung des Bewerbers fehle, zumal das Grundrecht des Bewerbers aus Art. 2 I GG nicht hinreichend beachtet wurde, denn eine Versagung – unter Verweis auf einen 15 Jahre alten Erlass – werde dem vollzogenen gesellschaftlichen Wandel hinsichtlich der Akzeptanz von Tätowierungen in der Öffentlichkeit nicht mehr in anzustellendem Maße gerecht. Schließlich komme auch ein milderes Mittel in Betracht, welches vorrangig zu berücksichtigen wäre, um dem Ausdruck des Persönlichkeitsrechts des Beamten sowie der Funktionsfähigkeit des Polizeivollzugsdienstes gerecht zu werden: Der Dienstherr kann den Beamten auch im Sommer anweisen, ein Hemd mit langen Ärmeln zu tragen, um so die Tätowierungen ggf. zu verdecken. Damit ist es nicht erforderlich, dem Bewerber im vorgeschalteten Auswahlverfahren eine Teilnahme hieran zu versagen, ohne hinreichende Versagensgründe für dessen Eignung darzulegen, welche sich nicht von vornherein aus dessen auffälliger Tätowierung ergeben. Generell könne eine solche Tätowierung nicht als Eignungsmangel herangezogen werden, sodass sich das Auswahlermessen des LAFP jedenfalls dahingehend reduziere, den Kläger zumindest zum Auswahlverfahren zuzulassen.
Bewertung
Eine Entscheidung des VG Aachen, welche im Ergebnis überzeugt und sich ohne weiteres in einer Klausur wiederfinden könnte. Angesichts der Abwägung der Grundrechte des Bewerbers mit der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sollte das Augenmerk in Bezug auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung insbesondere auf den gesellschaftlichen Wert der Tätowierung als Ausdruck des Persönlichkeitsrechtes nach Art. 2 I GG sowie die Möglichkeit eines Eignungsmangels im Sinne des Art. 33 II GG gelegt werden.



[1] Jarass/Pieroth, Art.33, Rn. 7.
[2] Sachs, Art. 33, Rn. 28.
[3] OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2007 – 6 B 48/07.

19.12.2012/1 Kommentar/von Dr. Marius Schäfer
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Marius Schäfer https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Marius Schäfer2012-12-19 10:00:412012-12-19 10:00:41VG Aachen: Teilnahme an Auswahlverfahren für Polizeidienst auch mit Unterarm-Tätowierungen
Dr. Christoph Werkmeister

VG Karlsruhe: Konkurrentenklage am BGH

Öffentliches Recht, Rechtsprechung, Verwaltungsrecht

Wir berichteten bereits über eine  Klage um die Besetzung des Postens des Vorsitzenden des 2. Strafsenats: Dessen stellvertretender Vorsitzender Thomas Fischer (Autor des Fischer StGB) will demnach die Ernennung seines Kollegen Rolf Raum (derzeit stellvertretender Vorsitzender des 5. Strafsenates) zum Vorsitzenden des 2. Strafsenates im Wege der Konkurrentenklage verhindern. Nunmehr war Fischer in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az. 4 K 2146/11) vor dem VG Karlsruhe erfolgreich. Die Besetzung des Senatsvorsitzes wurde durch diesen Beschluss vorerst vereitelt. Der Fall eignet sich ideal, um die verwaltungsprozessualen Besonderheiten einer Konkurrentenklage abzufragen (ist der Rechtsweg eröffnet, welches ist die statthafte Klage- und Antragsart, Rechtsschutzbedürfnis etc.).
Kernpunkt der Entscheidung war eine dienstliche Beurteilung Fischers durch BGH-Präsidenten Tolksdorf. Die Bewertung Fischers wurde in seiner letzten Beurteilung nämlich um eine Stufe herabgesetzt, und zwar von der höchsten Beurteilung  „besonders geeignet“ auf lediglich „sehr gut geeignet“. Das VG bewertete die Beurteilung als rechtsfehlerhaft.  Nach dem Beschluss des VG  seien keine tragfähigen Erwägungen in der Beurteilung erkennbar, die die Herabstufung nachvollziehbar rechtfertigen würden. An dieser Stelle ließen sich in einem Prüfungsgespräch etwa hervorragend die Grundsätze zu gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielräumen erörtern.

27.10.2011/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2011-10-27 14:24:372011-10-27 14:24:37VG Karlsruhe: Konkurrentenklage am BGH

Über Juraexamen.info e.V.

Deine Online-Zeitschrift für Jurastudium, Staatsexamen und Referendariat.

Wir sind ein gemeinnütziger Verein aus Bonn und auf Eure Unterstützung angewiesen, sei es als Mitglied oder durch Gastbeiträge. Über Zusendungen und Nachrichten freuen wir uns daher sehr!

Werbung

Anzeige

Neueste Beiträge

  • Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur
  • Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW
  • Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Weitere Artikel

Auch diese Artikel könnten für dich interessant sein.

Gastautor

Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur

Aktuelles, Deliktsrecht, Examensvorbereitung, Fallbearbeitung und Methodik, Karteikarten, Lerntipps, Rechtsgebiete, Startseite, Uncategorized, Verschiedenes, Zivilrecht, Zivilrecht

Im Ausgangspunkt ist klar: „Ein allgemeines Verbot, andere nicht zu gefährden, wäre utopisch“ (vgl. nur BGH, Urt. v. 19.1.2021 – VI ZR 194/18) Damit ist allerdings nicht geklärt, welche Anforderungen […]

Weiterlesen
12.06.2025/0 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2025-06-12 09:39:522025-06-12 09:39:53Verkehrspflichten in der zivilrechtlichen Klausur
Redaktion

Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW

Aktuelles, Examensreport, Nordrhein-Westfalen, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Uncategorized, Verfassungsrecht

Wir freuen uns sehr, ein Gedächtnisprotokoll zur zweiten Klausur im Öffentlichen Recht des April-Durchgangs 2025 in Nordrhein-Westfalen veröffentlichen zu können und danken Tim Muñoz Andres erneut ganz herzlich für die […]

Weiterlesen
04.06.2025/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2025-06-04 08:43:322025-06-04 08:44:08Gedächtnisprotokoll Öffentliches Recht II April 2025 NRW
Miriam Hörnchen

Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Aktuelles, Examensvorbereitung, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Verwaltungsrecht

Die vom VG Berlin zu beantwortende Frage, ob die Ablehnung einer Bewerbung für den Polizeidienst wegen sichtbarer Tätowierungen rechtswidrig erfolgt, wirft eine Vielzahl examensrelevanter Fragestellungen auf: Aufgrund der Eilbedürftigkeit im […]

Weiterlesen
03.06.2025/0 Kommentare/von Miriam Hörnchen
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Miriam Hörnchen https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Miriam Hörnchen2025-06-03 08:45:032025-06-06 10:50:46Tätowierungen als Einstellungshindernis im Polizeidienst?

Mitmachen

Du hast Lust, Autor bei uns zu werden? Wir freuen uns!

Mitmachen

  • Über JE
  • Das Team
  • Spendenprojekt
  • Gastautor werden
  • Mitglied werden
  • Alumni
  • Häufige Fragen
  • Impressum
  • Kontakt
  • Datenschutz

© juraexamen.info e.V.

Nach oben scrollen Nach oben scrollen Nach oben scrollen