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Schlagwortarchiv für: Vertragsschluss

Charlotte Schippers

Grundzüge des Minderjährigenrechts für die BGB-AT-Klausur

BGB AT, Für die ersten Semester, Lerntipps, Schon gelesen?, Startseite, Verschiedenes, Zivilrecht

In Kürze stehen die Abschlussklausuren, so auch im BGB AT, an. Besonders klausurrelevant ist hier das Minderjährigenrecht. Beherrscht werden sollte daher in diesem Zusammenhang die Prüfung des Zustandekommens von Verträgen mit beschränkt Geschäftsfähigen und von Herausgabeansprüchen. Wichtig zur gelungenen Klausur ist eine strukturierte Herangehensweise an die Falllösung, wobei der folgende Beitrag helfen soll.
 
A) Zustandekommen von Verträgen
Zunächst stellt sich also die Frage nach dem Abschluss eines Vertrags mit beschränkt Geschäftsfähigen. Prüft man einen solchen Vertragsschluss, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Normen und Überlegungen in die Prüfung einzubauen. So ist es möglich, zunächst den Vertragsschluss an sich zu bejahen und ihn dann auf seine Wirksamkeit hin zu untersuchen. Aber auch direkt iRd Willenserklärung des Minderjährigen kann eine Prüfung der Normen sinnvoll sein. Grundsätzlich steht der Aufbau insofern frei.
 
I. Ausgangspunkt der Prüfung: § 107 BGB
1. Rechtlich lediglich vorteilhaft?
Am Beginn der Prüfung steht die Frage, ob das Rechtsgeschäft für den beschränkt Geschäftsfähigen (Minderjährige zwischen 7 und 18 Jahren, §§ 2, 106 BGB) rechtlich lediglich vorteilhaft ist. Solche Rechtsgeschäfte darf er nämlich selbst vornehmen, sie fallen in seine eigene Rechtsmacht. Voraussetzung ist, dass seine Rechtsstellung hierdurch ausschließlich verbessert wird. Maßgeblich bei der Bestimmung, ob das der Fall ist, ist ausschließlich die rechtliche Sichtweise. Wirtschaftliche Gesichtspunkte bleiben nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut außer Betracht. Allerdings sind mit einer teleologischen Reduktion der Norm auch rechtlich neutrale Geschäfte hiervon erfasst (arg. ex § 165 BGB).
 
2. Beispiele

  • Der Abschluss eines Kaufvertrags bedeutet für den beschränkt Geschäftsfähigen einen rechtlichen Nachteil: Er verpflichtet sich hierdurch gem. § 433 Abs. 2 BGB zur Kaufpreiszahlung. Ob der Vertrag wirtschaftlich sinnvoll oder gar ein Schnäppchen ist, ist nicht relevant.
  • Gibt der beschränkt Geschäftsfähige das verbindliche Angebot auf Abschluss des Kaufvertrags ab, beinhaltet dieses bereits den rechtlichen Nachteil: Das Zustandekommen des ihn verpflichtenden Vertrags liegt nicht mehr in seinen Händen, sondern ist alleine von der Annahme des Erklärungsempfängers abhängig.
  • Eine dingliche Einigung i.S.d. § 929 S. 1 BGB, die auf Eigentumsübertragung an den Minderjährigen gerichtet ist, ist rechtlich lediglich vorteilhaft.

 
3. Zwischenfazit
Stellt sich also die Willenserklärung als rechtlich lediglich vorteilhaft heraus, ist sie auch ohne Zustimmung wirksam. Ist sie es hingegen nicht, geht die Prüfung weiter:
 
II. Einwilligung
1. Einwilligung nach § 183 S. 1 BGB
Zu prüfen ist dann, ob die gesetzlichen Vertreter, i.d.R. die Eltern, §§ 1626, 1629 Abs. 1 BGB, ihre Einwilligung erteilt haben. Hierbei handelt es sich um die vorherige Zustimmung, vgl. § 183 S. 1 BGB. Sie kann als Einzeleinwilligung, also für ein bestimmtes Geschäft, oder (beschränkter) Generalkonsens, also noch nicht näher bestimmte Geschäfte z.B. für eine Reise mit Freunden, erteilt werden. Eine ausdrückliche Erklärung hierüber ist nicht erforderlich.
 
2. Der Taschengeldparagraph: § 110 BGB
Wenn es an einer ausdrücklichen Einwilligung fehlt, ist an § 110 BGB (Taschengeldparagraph) zu denken: Hiernach wird ein durch einen beschränkt Geschäftsfähigen geschlossener Vertrag wirksam, wenn dieser seine vertragsgemäße Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen worden sind. Ein Bewirken der Leistung setzt voraus, dass der Leistungserfolg vollständig erbracht wurde, vgl. auch § 362 Abs. 1 BGB.
Bei der Überlegung, ob Mittel zur freien Verfügung überlassen worden sind, ist auch die Frage einzubeziehen, ob das infrage stehende Rechtsgeschäft mit dem von den Eltern zu verfolgenden Erziehungszweck der Mittelüberlassung (s. dazu auch Art. 6 Abs. 1, 2 GG) in Einklang steht.
Hinsichtlich des Bewirkens gilt zu beachten, dass auch die Vereinbarung von Ratenzahlung grundsätzlich zwar möglich ist. Ein Bewirken liegt aber erst dann vor, wenn die letzte Rate bezahlt wurde.
 
3. Beispiele

  • Die Eltern des minderjährigen M geben ihm 50 €, damit er sich neue Schulbücher kaufen kann, willigen also in solche Geschäfte ein.
  • Darüber hinaus bekommt M 10 € Taschengeld pro Woche, damit er lernt, mit Geld umzugehen. Hiervon kauft er sich meistens am Kiosk Comic-Hefte und Süßigkeiten, die er dort sofort bezahlt. Diese Verträge sind von Anfang an nach § 110 BGB wirksam.

 
4. Zwischenfazit
Wenn die Einwilligung der Eltern also wirksam erteilt wurde oder § 110 BGB einschlägig ist, ist das Rechtsgeschäft wirksam. Fehlt eine Einwilligung, ist noch an die Genehmigung zu denken, § 108 Abs. 1 BGB: „Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab“. Die Willenserklärung ist also zunächst schwebend unwirksam.
 
III. Genehmigung
1. Genehmigungserteilung
Die Genehmigung ist die nachträgliche Zustimmung, durch sie wird das Rechtsgeschäft rückwirkend, also von Anfang an, ex tunc, wirksam gem. § 184 Abs. 1 BGB. Wird sie verweigert, ist der Vertrag endgültig unwirksam. Sie kann gem. § 182 Abs. 1 BGB sowohl gegenüber dem Minderjährigen als auch seinem Vertragspartner gegenüber erteilt werden.
 
2. Aufforderung zur Genehmigung, § 108 Abs. 2 BGB
Fordert der Vertragspartner den Vertreter des beschränkt Geschäftsfähigen zur Genehmigung auf, hat dies mehrere Folgen: Zunächst wird eine etwaige Genehmigung oder Verweigerung, die zuvor gegenüber dem Minderjährigen erteilt wurde, unwirksam, § 108 Abs. 2 S. 1 HS. 2 BGB. Eine Erklärung über die Genehmigung kann dann nur noch dem Geschäftspartner gegenüber erfolgen, § 108 Abs. 2 S. 1 HS. 1 BGB. Wird die Genehmigung nicht bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Empfang dieser Aufforderung (vgl. zur Fristberechnung §§ 187 ff. BGB), gilt sie als verweigert gem. § 108 Abs. 2 S. 2 HS. 2.
 
3. Minderjähriger wird volljährig, § 108 Abs. 3 BGB
Wird der Minderjährige volljährig, also voll geschäftsfähig, sind seine Eltern nicht mehr i.S.d. § 108 BGB für ihn zuständig – als Volljähriger hat er keine gesetzlichen Vertreter mehr. Deshalb kann er selbst ab diesem Zeitpunkt die erforderliche Genehmigung erteilen oder verweigern, § 108 Abs. 3 BGB. Das gilt auch, wenn die Eltern bereits zur Erklärung über die Genehmigung aufgefordert wurden. Wurde noch keine Aufforderung ausgesprochen, kann dies auch nur noch ihm gegenüber erfolgen (MüKo BGB/Spickhoff § 108 Rn. 36).
 
4. Zwischenfazit
Hier endet in der Regel die Prüfung des Vertragsschlusses. Entweder ist der Vertrag durch die Genehmigung ex tunc wirksam geworden oder aufgrund Verweigerung oder Verweigerungsfiktion endgültig unwirksam. Wichtig ist, hier gründlich mit den entsprechenden Vorschriften zu arbeiten und diese strukturiert durchzuprüfen.
 
B) Herausgabeansprüche im Kontext des Minderjährigenrechts
Häufig wird in der BGB-Klausur die Kaufsache auch schon an den Minderjährigen übergeben und übereignet worden sein, sodass sich darüber hinaus die Frage nach Herausgabeansprüchen stellen wird. Bekannt sein sollten euch auf jeden Fall § 985 BGB und § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.
 
I. § 985 BGB
985 BGB ist der Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer ohne Besitzrecht. Dieser muss, wenn nach Herausgabe gefragt ist, zuerst geprüft werden.
 
1. Voraussetzungen
 

I. Anspruchssteller ist Eigentümer
II. Anspruchsgegner ist Besitzer
III. Besitzer hat kein Recht zum Besitz, § 986 BGB

 
Der Schwerpunkt der Prüfung wird normalerweise bei Punkt I. liegen. Hier ist die Prüfung chronologisch vorzunehmen, es kommt also darauf an, wer ursprünglicher Eigentümer war und an wen und wodurch er sein Eigentum verloren haben könnte.
 
2. Beispiel
V und der minderjährige M haben einen Kaufvertrag über ein Handy geschlossen, der aber mangels Zustimmung der Eltern des M unwirksam ist. V hat M das Handy bereits mit nach Hause gegeben und beide wollten auch, dass M das Eigentum hieran erhält.
Ursprünglich war also V Eigentümer des Handys. Er hat sein Eigentum an M durch Übergabe und Übereignung gem. § 929 S. 1 BGB verloren. Hierbei gilt es, i.R.d. dinglichen Einigung auf das Trennungs- und Abstraktionsprinzip zu achten: Während der Kaufvertrag (der hier gar nicht erst anzusprechen ist!) unwirksam ist, ist das Verfügungsgeschäft unabhängig davon wirksam: M erhält hierdurch Eigentum an dem Handy, also rechtlich lediglich einen Vorteil, sodass dieses keiner Zustimmung bedarf. Ein Anspruch aus § 985 BGB scheitert daher an der fehlenden Eigentümerstellung des V.
 
II. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB
Als nächstes zu prüfen ist der Anspruch aus Bereicherungsrecht, der eine ungerechtfertigte Bereicherung rückabwickeln soll.
 
Voraussetzungen
 

I. Etwas erlangt

  •  jeder vermögenswerte Vorteil

II. Durch Leistung

  •  bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens

III. Ohne rechtlichen Grund

 
Bei der Prüfung dieses Anspruchs ist darauf zu achten, dass iRd erlangten Etwas die genaue Rechtsposition zu benennen ist. Nicht ausreichend ist es, an dieser Stelle davon zu sprechen, der Minderjährige habe „das Handy“ erlangt. Richtig muss es heißen: „Eigentum und Besitz an dem Handy“.
I.R.d. Prüfung des rechtlichen Grundes kann es je nach Fallkonstellation auch vorkommen, dass die Prüfung des Zustandekommens des Vertrags hier eingeschachtelt werden muss. Hat man diese bereits vorgenommen, reicht insoweit ein Verweis.
 
C) Fazit
Das Minderjährigenrecht in der BGB-Klausur bietet viele Stellen, an denen der Klausursteller Wissen und Strukturverständnis abfragen kann. Mit einer gründlichen, strukturierten Lösung unter Zuhilfenahme der umfassenden Regelungen des BGB kann aber jede BGB-Klausur vernünftig gemeistert werden. Führt euch immer vor Augen, dass der Gesetzgeber den Minderjährigen vollumfänglich schützen wollte und schon das Gesetz euch daher für (fast) alle Fälle ausreichend wappnet, wenn ihr es nur richtig anwendet. Viel Erfolg bei den Klausuren!

20.01.2020/3 Kommentare/von Charlotte Schippers
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Charlotte Schippers https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Charlotte Schippers2020-01-20 09:29:362020-01-20 09:29:36Grundzüge des Minderjährigenrechts für die BGB-AT-Klausur
Dr. Sebastian Rombey

BGH: Examensrelevantes zur Kaufpreiszahlung via PayPal

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht

Der u.a. mit dem Kaufrecht befasste VIII. Senat des BGH hat sich in einer brandheißen Entscheidung (Urt. v. 22.11.2017 – VIII ZR 83/16, NJW 2018, 537) mit der seitens des Internet-Zahldienstes PayPal angebotenen „Käuferschutz-Option“ beschäftigt. Ähnlich wie auch bei Fallkonstellationen rund um die Internetplattform ebay ist auch bei PayPal mit einer erhöhten Examensrelevanz zu rechnen, lassen sich hier doch klassische Problemfelder mit weitgehend unbekannten Fragestellungen kombinieren und in neuartige Fallkonstellationen einkleiden – insbesondere, wenn – wie im vorliegenden Fall – Fragen rund um ebay und PayPal kombiniert werden können.
I. Einführung in die Rechtsfragen
Im Kern der Entscheidung ging es um die Auswirkungen der Rückerstattung eines durch einen Käufer bereits via PayPal gezahlten und per „Käuferschutz-Option“ zurückverlangten Betrages.
Nach den PayPal-Käuferschutz-RL werden Internetgeschäfte via PayPal wie folgt abgewickelt: Bezahlvorgänge können über virtuelle Konten mit E-Geld getätigt werden. Weicht der Kaufgegenstand erheblich von der Beschreibung desselben ab oder erhält der Käufer die Ware gar nicht erst, so kann der Käufer einen Antrag auf Rückerstattung des Kaufpreises stellen, der sich nach bestimmten Voraussetzungen richtet („Käuferschutz-Option“). Sind diese erfüllt, schreibt PayPal den Betrag wieder vollständig dem virtuellen PayPal-Konto des Käufers gut.
Rechtlich stellt sich nun die interessante Frage, ob der Verkäufer nach erfolgter Rückerstattung des Kaufpreises via PayPal erneut Zahlung vom Käufer verlangen kann.
II. Sachverhaltsdarstellung (vereinfacht)
Käuferin K erwarb auf der Internetplattform ebay von Verkäufer V ein Handy zum Preis von 600 €; die Zahlung wurde via PayPal abgewickelt. Nach Eingang des E-Geldes auf dem virtuellen PayPal-Konto des Verkäufers versandte dieser das Handy. Das wie vereinbart nicht versicherte Paket erreichte K nach deren Angaben allerdings nicht, weshalb sich diese an den Paketzusteller wandte. Dessen Nachforschungen blieben allerdings erfolgslos. Daraufhin machte die K gegenüber PayPal ihre „Käuferschutz-Option“ geltend. Den PayPal-Käuferschutz-RL entsprechend wurde der Kaufpreis dem PayPal-Konto der K wieder gutgeschrieben. V macht nun die (erneute) Zahlung des Kaufpreises iHv 600 € gerichtlich geltend.
III. Entscheidung des BGH
Der Anspruch auf (erneute) Kaufpreiszahlung iHv 600 € könnte sich aus § 433 II BGB ergeben.
1. Zunächst ist fraglos ein wirksamer Kaufvertrag zu Stande gekommen (hier ist in einer Klausur an die divergierenden Ansichten zum Zustandekommen des Vertrages sowie Einbeziehungs- und Auslegungslösung bzgl. der ebay-AGB zu erinnern).
2. Zu klären ist indes, ob der Anspruch nicht durch erstmalige Gutschrift der 600 € auf das virtuelle PayPal-Konto des V gemäß § 362 I BGB erloschen ist. Dazu der BGH:
„Wird der Kaufpreis vereinbarungsgemäß unter Verwendung des Online-Zahlungsdienstes PayPal entrichtet, ist die geschuldete Leistung bewirkt, wenn der vom Käufer geschuldete Betrag dem PayPal-Konto des Verkäufers vorbehaltlos gutgeschrieben wird, so dass dieser den Zahlbetrag endgültig zur freien Verfügung erhält.“
Dies ist der Fall, wenn der Betrag auf dem virtuellen PayPal-Konto des Verkäufers eintrifft. Dass der Betrag dagegen noch nicht auf das Bankkonto des V weitergeleitet wurde, ist dagegen unerheblich, liegt dies doch letztlich auch in der Hand des Verkäufers selbst. Damit ist der Anspruch zunächst einmal durch Erfüllung erloschen.
3. Gleichwohl könnte eben diese Erfüllung auf Grund der Rückerstattung des Betrages auf das virtuelle PayPal-Konto des K rückwirkend wieder entfallen sein, §§ 158 II, 159 BGB. Begründen ließe sich dies durch einen systematischen Vergleich mit einer Zahlung via Lastschriftverfahren, insbesondere § 675x BGB. Insoweit sieht der BGH allerdings strukturelle Unterschiede zwischen beiden Zahlungsweisen und lehnt, auch da sich eine derartige Sichtweise nur schwerlich mit der Theorie der realen Leistungsbewirkung vereinbaren ließe, eine derartige Bedingung ab.
„Die Erfüllungswirkung, die durch die vorbehaltlose Gutschrift der Kaufpreisforderung auf dem PayPal-Konto des Käufers eingetreten ist, entfällt nicht rückwirkend, wenn PayPal den Kaufpreis aufgrund eines erfolgreichen Antrags auf Käuferschutz zurückbucht und dem PayPal-Konto des Käufers wieder gutschreibt. […] Ein vereinbarter Vorbehalt der Rückforderung – hier in Gestalt erfolgreicher Inanspruchnahme des PayPal-Käuferschutzes – stünde der Erfüllungswirkung schon von Anfang an entgegen, weil diese nicht nur vorläufig eintreten kann […], sondern regelmäßig als objektive Folge der Leistungsbewirkung (Theorie der realen Leistungsbewirkung), ohne dass es weiterer Umstände bedarf […].“
4. Allerdings könnte man an eine Wiederbegründung der Kaufpreisforderung durch konkludente Einigung im Sinne des § 311 I BGB denken. Insoweit könnte bei Verwendung des Bezahldienstes PayPal stillschweigend eine weitere Vereinbarung der Neubegründung der Kaufpreisforderung für den Fall der erfolgreichen Geltendmachung der „Käuferschutz-Option“ hinzutreten.
„Eine – gegebenenfalls stillschweigende – Wiederbegründung einer getilgten Forderung kann bei entsprechendem Willen der Parteien, die frei darin sind, unter bestimmten Voraussetzungen das Wiederaufleben der ursprünglichen Schuld zu vereinbaren, bei einem nicht formgebundenen Vertrag bereits mit Vertragsabschluss und für den Fall getroffen werden, dass zukünftig eine Rückgabe oder Rückbuchung des bereits gezahlten Schuldbetrags erfolgt.“
Das heißt mit anderen Worten:
„Wird der Kaufpreis vereinbarungsgemäß unter Verwendung des Zahlungsdienstes PayPal entrichtet, vereinbaren die Kaufvertragsparteien – bei Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte – zugleich stillschweigend, dass die getilgte Kaufpreisforderung wiederbegründet wird, wenn das PayPal-Konto des Verkäufers nach einem erfolgreichen Antrag des Käufers auf Käuferschutz nach Maßgabe der PayPal-Käuferschutz-RL rückbelastet und der Kaufpreis dem PayPal-Konto des Käufers wieder gutgeschrieben wird.“
Diese Nebenabrede zur Tilgung des Kaufpreises für den Fall der erfolgreichen Rückerstattung via PayPal wäre in einer Klausur mittels interessengerechter Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung der PayPal-Käuferschutz-RL herzustellen, §§ 133, 157 BGB. So führt der VIII. Senat aus:
„Der Erklärungsgehalt der mit Abschluss des Kaufvertrags als Nebenabrede getroffenen Vereinbarung, zur Tilgung der Kaufpreisschuld den Zahlungsdienst PayPal zu verwenden, richtet sich neben den Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB grundsätzlich nach den Bestimmungen der von PayPal verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, unter anderem der PayPal-Käuferschutz-RL, denen die Kaufvertragsparteien vor der Inanspruchnahme des Zahlungsdienstes zugestimmt haben.“
Dabei gelten diese PayPal-Käuferschutz-RL ähnlich wie auch bei ebay nicht im Verhältnis von Käufer und Verkäufer, sondern jeweils im Verhältnis Käufer zu PayPal und Verkäufer zu PayPal. So verwundert es kaum, dass die PayPal-Käuferschutz-RL in Punkt 6.5 davon sprechen, dass „die gesetzlichen und vertraglichen Rechte zwischen Käufer und Verkäufer nicht“ berührt werden und „separat von diesen“ zu betrachten sind.
Deshalb ist es dem Käufer auch selbstredend möglich, sich an die staatlichen Gerichte und nicht an PayPal durch Beantragung der „Käuferschutz-Option“ zu wenden, will er sein Geld zurückerstattet haben. Nichts anderes kann dann aber spiegelbildlich für den Fall gelten, dass der Verkäufer seinen (wie gesehen wiederbegründeten) Anspruch auf Kaufpreiszahlung durch Inanspruchnahme staatlicher Gerichte einklagen will.
5. Insoweit ergibt sich der neubegründete Anspruch auf Kaufpreiszahlung aus der getroffenen Parteiabrede.
6. Allerdings ist fraglich, wie sich der Umstand auswirkt, dass das Mobiltelefon nach den Angaben der K nie angekommen und dem Paketzusteller zufolge auch nicht mehr auffindbar ist. Auch hier könnte der Kaufpreisanspruch nach § 326 I BGB erloschen sein, wenn seitens des V Unmöglichkeit gemäß § 275 BGB eingetreten ist, so dass dieser von seiner Pflicht aus § 433 I BGB frei geworden wäre.
Allerdings könnte hier die gegenüber § 326 I BGB speziellere Preisgefahrtragungsregel des § 447 I BGB eingreifen. Danach erfolgt der Gefahrübergang beim Versendungskauf und zufälligem Untergang der Sache bereits wenn der Verkäufer die Sache auf Verlangen des Käufers in Abweichung von § 269 BGB an einen anderen als den Erfüllungsort versendet, in dem er die Sache dem Paketzusteller ausliefert.
Erfüllungsort ist nach § 269 I BGB grds. der Wohnsitz des Schuldners V, so dass eine Holschuld vorliegt. Wie eine systematische Gegenüberstellung mit § 269 III BGB ergibt, kann aus dem Umstand, dass der Verkäufer die Transportkosten übernimmt, noch kein Rückschluss auf den Erfüllungsort gezogen werden. Da keine gegenläufige Vereinbarung zwischen den Parteien ersichtlich ist, stellt der Versand an den Wohnsitz des Käufers eine Abweichung von der gesetzlichen Grundkonzeption des § 269 I BGB dar (Wohnsitz des Verkäufers als Schuldner der Leistung), so dass eine Versendung an einen anderen Ort als den Erfüllungsort anzunehmen ist. Da dies auch auf Verlangen der K erfolgte und eine Übergabe an die Transportperson ebenso vorlag, greift § 447 I BGB ein. Demnach lag die Gefahr des – in Zusammenschau mit § 446 hineinzulesenden, zufälligen – Untergangs der Sache bei K.
Somit ist der Kaufpreisanspruch nicht nach § 326 I BGB erloschen.
7. Mithin kann V Zahlung iHv 600 € von K verlangen.
IV. Abschließender Hinweis 
Läge in der Klausur ein Verbrauchsgüterkauf vor, wäre § 447 BGB nach Maßgabe des § 475 II BGB n.F. ausgeschlossen. Das war hier allerdings nicht der Fall. Deshalb bleibt K allein der Weg, sich die Ansprüche des V gegen den Paketzusteller nach § 285 BGB abtreten zu lassen (näher Palandt/Weidenkaff, 77. Aufl. 2018, § 447 BGB Rn. 18).
 

14.05.2018/3 Kommentare/von Dr. Sebastian Rombey
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Sebastian Rombey https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Sebastian Rombey2018-05-14 09:00:452018-05-14 09:00:45BGH: Examensrelevantes zur Kaufpreiszahlung via PayPal
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Jur:Next Urteil: Schadensersatz bei vorzeitigem Abbruch der Ebay-Auktion – Wer riskiert, kann auch verlieren!

Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Zivilrecht

Der nachfolgende Beitrag stammt aus der gemeinsamen Kooperation mit jur:next und befasst sich mit auf der Online-Plattform Ebay geschlossenen Verträgen anhand eines aktuellen Urteils des Bundesgerichtshofs.
 
BGH Urteil vom 12. November 2014 – VIII ZR 42/14: Wirksamkeit eines im Rahmen einer Internetauktion geschlossenen Vertrages (Ebay), bei dem ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, Schadensersatzansprüche bei Abbruch der Auktion
Fundstelle: Entscheidungsdatenbank des BGH (http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=dcdadd3cdd2a6d09300a7ac388cee621&nr=69628&pos=0&anz=1)
 
I. Problemaufriss
Aktuell gibt es beim BGH zwei wichtige Entscheidungen zum Thema Abbruch von Internetauktionen bei Ebay sowie deren Folgen. In beiden Entscheidungen wird deutlich, dass es ein „Reuerecht“ des Verkäufers bei ungünstiger Entwicklung seines Angebots nicht gibt. Wenn er bewusst einen Startpreis weit unter Wert festsetzt ohne Angabe eines Mindestkaufpreises, so schützt ihn die Rechtsordnung nicht vor der Enttäuschung bei einem wirtschaftlich ungünstigen Ausgang der Auktion:
1) BGH vom 12. November 2014 – VIII ZR 42/14 (hier besprochene Entscheidung)
2) BGH vom 10. Dezember 2014 – VIII ZR 90/14 (Auslegung der Ebay-AGB a.F. bei vorzeitiger Beendigung des Angebots)
Kernfrage beider Entscheidungen ist, wann der Abbruch einer Auktion bei Ebay berechtigt ist und was die Folge eines unberechtigten Abbruchs ist. Bei der hier nicht besprochenen BGH Entscheidung werden die damals geltenden AGB von Ebay zum Thema Abbruch von Auktionen Punkt für Punkt ausgelegt. Streitpunkt war die damalige Formulierung bei Ebay, dass Angebote, die noch länger als 12 Stunden laufen, „ohne Einschränkungen“ vorzeitig beendet werden dürfen. Diese Formulierung muss jedoch laut BGH im Kontext der gesamten AGB gelesen werden, wonach Angebote eben nur aus bestimmten, näher definierten Gründen (z.B. Zerstörung oder Verlust der Sache) abgebrochen werden dürfen.
Ebay hat infolge dieser BGH-Entscheidung seine zumindest irreführenden AGB überarbeitet und in diesem Punkt komplett abgeändert. Diese Entscheidungen sind sehr praxisrelevant und auch für das Examen zentral von Bedeutung, da diese Konstellation sehr häufig vorkommen dürfte. Die Lektüre der anderen, hier nicht besprochenen Entscheidung des BGH ist daher dringend ratsam.
Das hier behandelte Urteil des BGH stellt die Frage in den Mittelpunkt, ob bei einem bindenden Gebot weit unter dem tatsächlichen Marktpreis der Vertrag gem. § 138 Abs. 1 BGB oder § 242 BGB unwirksam ist. Der BGH verneint dies und billigt im Ergebnis dem Bieter bei einer unberechtigt abgebrochenen Auktion einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB zu. Der BGH hat die Revision des Beklagten daher zurück gewiesen.
II. Sachverhalt
Streitgegenstand sind Schadensersatzansprüche des Klägers gegenüber dem Beklagten für dessen vorzeitig abgebrochenes Ebay-Angebot.
Der Beklagte stellte am Abend des 24. Mai 2012 einen gebrauchten VW Passat für 10 Tage zur Internetauktion bei Ebay mit einem Startpreis von 1 € ein. Einen Mindestpreis legte er nicht fest. Der Kläger nahm das Angebot wenige Minuten später an, wobei er ein Maximalgebot von 555,55 € festlegte. Nach rund 7 Stunden brach der Beklagte die Auktion ab. Zu dieser Zeit war der Kläger der einzige Bieter. Auf dessen Nachfrage teilte der Beklagte mit, dass er einen Käufer außerhalb der Auktion gefunden habe.
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 5.249 € mit der Behauptung in Anspruch, dass das Fahrzeug 5.250 € wert gewesen sei. Die Klage hat vor dem LG dem Grunde nach Erfolg gehabt. Das OLG hat die Berufung des Beklagten hiergegen abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die zulässige Revision hat keinen Erfolg und wird daher vom BGH zurückgewiesen.
III. Entscheidung des Gerichts
Das Gericht weist die zulässige Revision als unbegründet zurück, weil dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch des Klägers aufgrund der unberechtigt abgebrochenen Auktion besteht gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 und Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB.
Das Gericht prüft die Wirksamkeit des Vertrages vorbildlich wie in einer Examensklausur.
1. Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Kaufvertrag über das Fahrzeug entstanden durch Angebot und Annahme. Der Beklagte hat das Angebot ohne berechtigenden Grund vorzeitig abgebrochen (Genaueres findet sich hierzu im Urteil nicht, da die Feststellungen der Vorinstanz hier nicht angegriffen wurden. Hier wäre ggf. zu prüfen, ob der Abbruch berechtigt erfolgte z.B. wegen Zerstörung oder Verlust der Sache, siehe AGB a.F. von Ebay).
2. Eine Anfechtung des Vertrages durch den Beklagten nach §§ 119 ff. BGB wegen Irrtums greift nicht durch, da ein Irrtum nicht ersichtlich ist. Der Beklagte war daher nicht zur Anfechtung berechtigt.
3. Der Schadensersatzanspruch scheitert auch nicht an § 138 BGB. Der geschlossene Kaufvertrag ist nicht als wucherähnliches Rechtsgeschäft wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Zwischen dem Maximalgebot des Beklagten von 555,55 € und dem tatsächlichen Marktwert des Fahrzeugs besteht zwar ein enormes, grobes Missverhältnis. Bei einer Internetauktion rechtfertigt dies allein jedoch nicht ohne Weiteres den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Bieters im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB. Es bedarf vielmehr zusätzlicher Umstände, aus denen auf eine verwerfliche Gesinnung geschlossen werden kann.
Die Begrenzung des Maximalgebotes auf 555,55 € – also deutlich unter dem Marktpreis – ist sittlich nicht zu missbilligen. Der Bieter muss sein Maximalgebot nicht am Marktpreis ausrichten. Es ist gerade Sinn und Reiz der Internetauktion bei Ebay, „Schnäppchen“ zu schlagen und Sachen unter Marktpreis zu ersteigern. Umgekehrt hat der Bieter die Chance, eine Sache durch den Mechanismus des Überbietens über Wert zu verkaufen.
4. Auch der Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB greift nicht durch. Die Annahme eines Rechtsmissbrauchs erfordert eine sorgfältige und umfassende Prüfung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles und muss auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben.
Das Gebot des Käufers unter Marktwert ist keine unzulässige Rechtsausübung. Denn es ist Sache des Verkäufers, sein Risiko, weit unter Wert zu verkaufen, durch Eingabe eines Mindestkaufpreises zu reduzieren. Der Beklagte ist vorliegend dieses Risiko ganz bewusst eingegangen, da er das Fahrzeug für 1 € eingestellt hat und keinen Mindestverkaufspreis festgelegt hat. Dieses selbst eingegangene Risiko hat sich vorliegend durch den unberechtigten Abbruch durch den Beklagten selbst voll verwirklicht und stellt damit keine unzulässige Rechtsausübung dar. Der Beklagte hat die Ursache gesetzt und muss die Konsequenzen folgerichtig tragen.
IV. Bewertung der Entscheidung
Die Entscheidung des Gerichts überzeugt. Das Gericht prüft Schritt für Schritt beinahe wie in einer Examensklausur die Wirksamkeit des Vertrages. Dabei kommt es konsequent zu dem Ergebnis, dass der Kaufvertrag entgegen §§ 138 Abs. 1, 242 BGB wirksam ist. Da der Beklagte die Sache anderweitig veräußert hat, steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung zu.
V. Examensrelevanz
Die Entscheidung zeichnet insgesamt eine sehr leichte Lesbarkeit aus. Die Urteilsbegründung ist aus sich heraus sehr gut verständlich. Das gleiche gilt für die Parallelentscheidung des BGH, in der die AGB a.F. von Ebay durchgeprüft und ausgelegt werden. Daher können beide Entscheidungen gut als Vorlage für eine Examensklausur herangezogen werden.
Beide Entscheidungen haben Examensrelevanz. Zum eine muss der Bearbeiter BGB AT prüfen (Kaufvertrag bei Ebay, Anfechtung, §§ 138, 242 BGB). Zum anderen kann das AGB-Recht eingehend geprüft werden. Die Tatsache, dass eine Regelung der AGB von Ebay, die ja nicht Vertragsbestandteil zwischen den Parteien sind, zur Auslegung herangezogen wird, ist spannend. Außerdem legt der BGH eine eigentlich eindeutige Regelung, wonach Angebote, die noch länger als 12 Stunden andauern, ohne Einschränkungen abgebrochen werden dürfen, im Kontext der übrigen AGB aus. Eigentlich contra Wortlaut braucht es laut BGH doch eines berechtigten Grundes zum Abbruch. Diese höchstrichterliche Rechtsanwendung wird nicht jedem Bearbeiter ins Auge springen und ist daher besonders zur Verwendung im Examen geeignet.
Hinweis: Eine gute Zusammenfassung der Urteile findet sich bei JM (Juris Monatszeitschrift) 04, 2015 Seite 152 ff.
 

02.05.2015/3 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2015-05-02 09:01:052015-05-02 09:01:05Jur:Next Urteil: Schadensersatz bei vorzeitigem Abbruch der Ebay-Auktion – Wer riskiert, kann auch verlieren!
Redaktion

BGH: Stillschweigender Vertragsschluss durch Energieverbrauch

BGB AT, Rechtsprechung

Der BGH hat entschieden, dass ein Stromliefervertrag durch Entnahme von Energie auch bereits dann zustande kommen kann, wenn kein schriftlicher oder mündlicher Vertragsschluss erfolgte (Urteil vom 02.07.2014 – VIII ZR 316/13). Das Urteil kann insbesondere im Rahmen von mündlichen Prüfungsgesprächen zur Sprache kommen, wenn es darum geht die allgemeinen Grundsätze zum BGB AT, namentlich das Zustandekommen von Verträgen, abzuprüfen.

Der vom BGH entschiedene Fall
Im zu entscheidenden Fall nahm der BGH einen Vertragsschluss durch konkludentes Verhalten zwischen einem Grundstückspächter und einem Energieversorger an. Ein Vertragsschluss zwischen dem Eigentümer des Grundstücks und dem Energieversorger wurde hingegen vom BGH verneint, denn die Realofferte des Energieversorgungsunternehmens richte sich typischerweise an denjenigen, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Versorgungsanschluss ausübe, hier also den Pächter, der das Grundstück und den Strom auch tatsächlich nutzt. Indem der Pächter Strom verbrauchte, nahm er – so der BGH – aus objektiver Sicht des Energieversorgungsunternehmens die an ihn gerichtete Realofferte konkludent an, so dass ein wirksamer Stromliefervertrag vorlag. Der Pächter konnte sich so nicht darauf berufen, dass es an einem schriftlichen Vertragsangebot oder einer mündlichen Einigung fehlte. Umgekehrt konnte sich der Energieversorger nicht an den Eigentümer als Schuldner wenden, sondern musste sich an den Pächter wenden.
Examensrelevanz
Das Zustandekommen von Verträgen ist ein gerne geprüftes Thema. Prüflingen sollten deshalb neben aktuellen Entscheidungen (siehe z.B. auch hier und hier) die absoluten Klassiker in diesem Bereich, wie etwa den Hamburger Parkplatzfall oder die Lehre des faktischen Vertrages, kennen.
 

08.07.2014/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2014-07-08 09:00:142014-07-08 09:00:14BGH: Stillschweigender Vertragsschluss durch Energieverbrauch
Tom Stiebert

OLG Hamm: Vertragsschluss bei ebay trotz Angebotsabbruch?

BGB AT, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

Erneut hat sich das OLG Hamm (Urteil vom 4.11.2013, 2 U 94/13) zu der Frage geäußert, wann bei einer ebay-Auktion der Vertragsschluss zustande kommt und wie eine Abkehr von einem möglichen Vertrag erfolgen kann (PM siehe hier).
Bereits im vergangenen Jahr hatte das Gericht mit einem ähnlichen Urteil für Aufsehen gesorgt: auch hier ging es (unter anderem) um die Frage, zu welchem Zeitpunkt bei ebay ein Vertrag zustande kommt. Siehe hierzu auch unsere Besprechung. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle sowohl die äußerst relevante Diskussion über den Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Internet zusammengefasst werden als auch auf die Besonderheiten des aktuellen Falls hingewiesen werden.
I. Sachverhalt
Dem Geschehen lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der volljährige Sohn des Beklagten hatte über den ebay-Account seines Vaters einen Audi A4 2.0 TDI ohne Angabe eines Mindestpreises angeboten. Kurz nach dem Einstellen brach er die Auktion ab und stellte den Wagen erneut ein, diesmal mit der Angabe eines Mindestpreises. Zum Zeitpunkt des Abbruchs war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit einem Gebot von 7,10 Euro Höchstbietende. Nach der Übernahme des Geschäftsbetriebs dieser Gesellschaft hat der Kläger aus Passau vom Beklagten die Herausgabe des PKW für 7,10 Euro verlangt und die Ansicht vertreten, es sei ein Kaufvertrag zustande gekommen, der den Beklagten verpflichte, den PKW für diesen Preis abzugeben.

Die allgemeinen Geschäftsbedingungen von ebay enthalten folgende Regelung:

Stellt ein Anbieter, auf der eBay-Website einen Artikel im Angebotsformat Auktion ein, gibt er ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrags über diesen Artikel ab. Dabei bestimmt der Anbieter einen Startpreis und eine Frist (Angebotsdauer), binnen derer das Angebot per Gebot angenommen werden kann. Der Bieter nimmt das Angebot durch Abgabe eines Gebots über die Bieten-Funktion an. Das Gebot erlischt, wenn ein anderer Bieter während der Angebotsdauer ein höheres Gebot abgibt. Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.

Weiterhin findet sich unter dem Punkt „Wie beende ich mein Angebot vorzeitig?“ noch folgende Regelung:

In den folgenden Fällen dürfen Sie Ihr Angebot jedoch vorzeitig beenden: (…) Sie haben beim Eingeben des Angebots, des Startpreises oder des Mindestpreises einen Fehler gemacht.

 
II. Zeitpunkt Vertragsschluss
Das OLG Hamm bleibt bei seiner Linie, dass der Vertragsschluss nicht erst mit Zeitablauf eintritt, sondern direkt bei jedem einzelnen Gebot (auflösend bedingt) erfolgt. Welche Rechtsfolgen dies hat, ist insbesondere bei § 355 Abs. 2 S. 2 BGB ersichtlich (siehe hierzu unseren Beitrag).
Nach Ansicht des OLG Hamm liegt bereits im Einstellen der Auktion ein verbindliches Angebot (und keine invitatio ad offerendum), das durch die Abgabe des Höchstgebots angenommen wird. Diese Willenserklärung unterliegt einer auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB, die dann eintritt, wenn ein höheres Gebot abgegeben wird.
Der Vertrag wird damit direkt bei Gebotsabgabe geschlossen. Anders sah dies noch der BGH im sog. ricardo-Urteil. Hier blieben die Einzelheiten des Vertragsschlusses unklar. Das Gericht legte dar:

Dabei kann – weil für die Rechtsfolgen ohne Bedeutung – dahingestellt bleiben, ob die Willenserklärung des Beklagten rechtlich, wie das Berufungsgericht gemeint hat, als Verkaufsangebot und das spätere Höchstgebot des Klägers als dessen Annahme zu qualifizieren sind oder ob, wie es der Wortlaut der vom Beklagten abgegebenen Erklärung nahe legt und vom Berufungsgericht hilfsweise angenommen wird, die Willenserklärung des Beklagten eine – rechtlich zulässige – vorweg erklärte Annahme des vom Kläger abgegebenen Höchstgebots darstellt.

Zumindest das OLG Hamm scheint seine Linie zum Vertragsschluss nun aber beizubehalten. Dies ist im Hinblick auf die Rechtssicherheit zu begrüßen, obgleich die praktischen Unterschiede zwischen den Ansichten im Regelfall gering sein dürften.
 
III. Abkehrmöglichkeit vom Vertrag
Nimmt man das OLG damit beim Wort, würde folglich ein Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer bestehen, mit der Folge, dass der Käufer Übereignung des PKW Zug um Zug gegen Zahlung der 7,10 Euro verlangen könnte. Auch auf den Einwand, es läge ein Wuchergeschäft vor, könnte er sich – da dies die immanente Gefahr eines solchen Geschäfts darstellt – nicht berufen (siehe hierzu unseren Beitrag).
Wie könnte sich aber der Verkäufer noch vom Vertrag lösen? In Betracht kommt die Möglichkeit der Anfechtung wegen Irrtums (über die Art des Irrtums lässt sich je nach Fallgestaltung trefflich diskutieren). Hier ist dann aber das Problem, dass den Anfechtenden die Folgen des § 122 BGB treffen könnten. Er wäre damit am besten gestellt, wenn er sich folgenlos vom Vertrag lösen könnte.
Hier könnte ein Widerruf in Betracht kommen, der zumindest in den AGB von ebay angedeutet ist. Allerdings sind diese Geschäftsbedingungen kein Bestandteil des Vertrages zwischen V und K geworden; sie gelten nur gegenüber der Plattform. Und dennoch wendet das Gericht diese AGB mit folgendem Trick auf das konkrete Vertragsverhältnis an: Die Willenserklärung des V wird nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) ausgelegt; in diesen werden aber die Wertungen der AGB hineingelesen. Folglich lautet die Wertung des OLG:

Ein bei ebay eingestelltes Angebot stehe unter dem Vorbehalt, dass kein Widerrufsgrund nach den ebay-Bedingungen gegeben sei. Ein Widerrufsgrund liege unter anderem dann vor, wenn dem Anbieter beim Einstellen des Angebots ein Fehler unterlaufen sei. Das könne auch ein Fehler bei der Angabe des Mindestpreises sein. Im Fall eines Widerrufgrundes könne der Anbieter sein Angebot zurückziehen und damit wirksam widerrufen.

Das Angebot unterliegt folglich im Ergebnis den Vorgaben der AGB, die in die Auslegung einzubeziehen sind. Über diesen „Umweg“ kommt das OLG folglich zu dem Ergebnis, dass das Angebot nachträglich – aufgrund der Widerrufsmöglichkeit – entfallen ist, mit der Folge, dass ein Vertragsschluss nicht (mehr) vorliegt.
 
IV. Stellungnahme
Im Ergebnis überzeugt die Darlegung des OLG Hamm; in der Herleitung freilich nicht.
Zum einen kommt das OLG überhaupt nur durch seine komplizierte Konstruktion des Vertragsschlusses zu der hier dargelegten Problematik. Dann hat der Verkäufer aber gerade auch die – abschließenden – Möglichkeiten der Anfechtung. Eines Rückgriffs auf die Regelungen der AGB bedarf es folglich nicht; ein Schutzdefizit ist nicht erkennbar.
Noch unklarer ist aber der Verweis auf die „gesetzlichen Regelungen“ in den ebay AGB. Das Gericht scheint hier – die exakten Urteilsgründe sind nicht verfügbar – die ergänzenden Vorschriften „Wie beende ich mein Angebot vorzeitig?“ als gesetzliche Vorschriften anzusehen. Dies überzeugt nicht, haben diese doch einen abweichenden und unverbindlichen Rechtscharakter. Eher ist der Verweis allein als ein Bezug auf die gesetzlichen Rücknahme- und Widerrufsvorschriften (also auch auf das Recht der Anfechtung) zur verstehen. Diese und insbesondere deren Rechtsfolgen übergeht man aber, wenn man die Anfechtungsvorschriften gleichzeitig als vertragliche ungeschriebene Widerrufsmöglichkeit ansieht. Eine solche Auslegung erscheint äußerst problematisch.
Besser wäre es damit entweder den Vertragsschluss bereits zu verneinen, oder aber den Verkäufer auf die Anfechtungsregeln zu verweisen.
 
V. Examensrelevanz
Vertragsschlüsse bei ebay sind und bleiben im Examen ein Dauerbrenner, wie auch die weiteren in diesem Beitrag verlinkten Artikel deutlich machen. Hier lassen sich Fälle beliebig modifizieren. Wichtig ist dabei, dass in der Klausur die bewährten Pfade nicht verlassen werden, sondern sauber gearbeitet und argumentiert wird. Ein richtiges Ergebnis gibt es – wie auch die Diskussion hier zeigt – nicht; eine falsche Begründung bzw. unsaubere Herleitung dagegen schon.

 

10.12.2013/4 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2013-12-10 16:50:222013-12-10 16:50:22OLG Hamm: Vertragsschluss bei ebay trotz Angebotsabbruch?
Dr. Christoph Werkmeister

AG München: Pflichten eines Auktionators ggü. dem Ersteigerer

BGB AT, Rechtsprechung

Das AG München befasste sich vor Kurzem mit einem  Fall (Urteil vom 29.8.11, Az. 191 C 199/10), der sehr geeignet wäre, um im Rahmen einer Examensklausur abgefragt zu werden.
Der Leitsatz der Entscheidung lautet folgendermaßen:

Ein Auktionator wird nur dann Vertragspartner des Ersteigerers, wenn er im eigenen Namen handelt. Allerdings wird ihm ein besonderes Vertrauen entgegen gebracht und er hat ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertragsschluss, so dass er Sorgfaltspflichten auch gegenüber dem Ersteigerer hat, deren Verletzung zu Schadenersatzansprüchen führen können. Allerdings dürfen die Anforderungen daran nicht überspannt werden.

Den genauen Sachverhalt und die Lösung des AG München findet Ihr konzis aufbereitet hier.

03.06.2012/0 Kommentare/von Dr. Christoph Werkmeister
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Christoph Werkmeister https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Christoph Werkmeister2012-06-03 16:06:082012-06-03 16:06:08AG München: Pflichten eines Auktionators ggü. dem Ersteigerer
Tom Stiebert

OLG Hamm: Zeitpunkt Vertragsschluss bei e-bay

BGB AT, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Zivilrecht, Zivilrecht

In der vergangenen Woche haben wir über ein Urteil des OLG Hamm zum Zeitpunkt der Widerrufsbelehrung bei e-bay berichtet.  Diese Urteil hat aber noch unter einem weiteren Gesichtspunkt hohe praktische Bedeutung, enthält es doch auch Ausführungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bei Internetauktionen. Hier sind zwei Ansatzpunkte denkbar: die Abgabe des Gebots oder das zeitliche Ende der Auktion.
I. OLG Hamm: Vertragsschluss bei Gebotsabgabe
Nach Ansicht des OLG Hamm liegt bereits im Einstellen der Auktion ein verbindliches Angebot (und keine invitatio ad offerendum) das durch die Abgabe des Höchstgebots angenommen wird. Diese Willenserklärung unterliegt einer auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB, die dann eintritt, wenn ein höheres Gebot abgegeben wird.

„Denn bei Verträgen der genannten Art auf der Online-Handelsplattform X kommt der Vertrag (schon) dadurch zustande, dass der Verkäufer durch die Freischaltung der Artikelbeschreibung ein verbindliches Angebot unter Bestimmung einer Frist nach § 148 BGB abgibt, das der Käufer bei einer solchen Online-Auktion durch die Abgabe des Gebotes annimmt. Hieraus folgt, dass der Vertrag (bereits) mit der Abgabe des Gebotes durch den Käufer zustande kommt. Die vertragliche Bindung beruht damit nicht auf dem Ablauf der Auktionsfrist, sondern auf den innerhalb der Laufzeit abgegebenen Willenserklärungen der Parteien. Die verbindliche Annahmeerklärung des Käufers erlischt gemäß § 158 Abs. 2 BGB nur dann, wenn ein Dritter während der Angebotsdauer ein höheres Angebot abgibt.“

Klar ist auch, dass die essentialia negotii hier erfüllt. Ist das Angebot noch als offerte ad incertas personas anzusehen, so steht bei dem Gebot der Vertragspartner auch fest – denn der konkrete Vertrag soll zwischen dem Bieter und dem Anbieter zustandekommen.
II. Ansicht des BGH im ricardo-Urteil (VIII ZR 13/01)
Am bedeutendsten für den Vertragsschluss bei Internetauktionen ist das sog. ricardo-Urteil von 2001. Der BGH legte hier dar:

„Außer Frage steht, daß das online abgegebene Höchstgebot des Klägers eine wirksame, auf den Abschluß eines Kaufvertrages mit dem Beklagten gerichtete Willenserklärung darstellt.[…]
Dabei kann – weil für die Rechtsfolgen ohne Bedeutung – dahingestellt bleiben, ob die Willenserklärung des Beklagten rechtlich, wie das Berufungsgericht gemeint hat, als Verkaufsangebot und das spätere Höchstgebot des Klägers als dessen Annahme zu qualifizieren sind oder ob, wie es der Wortlaut der vom Beklagten abgegebenen Erklärung nahe legt und vom Berufungsgericht hilfsweise angenommen wird, die Willenserklärung des Beklagten eine – rechtlich zulässige – vorweg erklärte Annahme des vom Kläger abgegebenen Höchstgebots darstellt.“
Die Einzelheiten des Vertragsschlusses bleiben hier aber unklar. Insbesondere bleibt offen, in welcher Art und Weise der Vertrag zustandekommt.  Gerade die  Bedeutung einer Bedingung nach § 158 BGB wird offengelassen. Aus dem Urteil kann sich damit keine Antwort auf die Frage des Zeitpunkts des Vertragsschlusses herleiten lassen.
III. (Zusätzlich) aufschiebende Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB

Möglich ist es aber auch alternativ oder ergänzend zur auflösenden Bedingung nach § 158 Abs. 2 BGB auch eine aufschiebende Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB festzuschreiben, nach der EIN Vertrag mit demjenigen zustandekommt, der zum Zeitpunkt des Zeitablaufs Höchstbietender ist. Dies hätte zur Folge, dass während der Schwebezeit noch kein Vertrag besteht, sondern dieser erst am Ende und einmalig geschlossen wird.
Hinweis: Meines Erachtens müsste, folgt man dieser Ansicht, aber zumindest auch diskutiert werden, an welchen Zeitpunkt die Informationspflicht aus § 355 Abs. 2 BGB anknüpft, spricht diese Norm doch nur von Vertragsschluss. Als solcher kann ebensogut auch die Abgabe des Höchstgebots angesehen werden, ist das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft ist mit seiner Vornahme tatbestandlich vollendet (BGH NJW 1994, 3227, 3228). Allerdings wird der Telos des § 355 Abs. 2 BGB gebieten, erst dann zu informieren, wenn der Vertrag tatsächlich wirksam ist – zu diskutieren wäre dies aber allemal.
Nimmt man also eine aufschiebende Bedingung an, so wird im Ergebnis Vertragsschluss zumindest i.S.d § 355 BGB erst beim Zeitablauf der Auktion sein.
IV. Stellungnahme
Welcher Ansicht man im Ergebnis folgt, ist Geschmackssache, führen beide doch – zumindest bei § 355 Abs. 2 BGB durch die Rechtsprechung des OLG Hamm –  zum gleichen Ergebnis.
Ein Unterschied liegt aber darin, dass ohne eine aufschiebende Bedingung eine verstärkte vertragliche Bindung des Anbieters an verschiedene Bieter eintritt und diese Bindung auch bereits vor Zeitende eintritt. Eine vorzeitige Beendigung der Auktion führt damit dennoch zu einer vertraglichen Bindung an den bis dahin Höchstbietenden. Dem könnte entgegen gehalten werden, dass der Zeitablauf gerade ein maßgeblicher Faktor des Anbietenden ist – auch um einen höheren Preis zu erzielen, steigen die Gebote erfahrungsgemäß gegen Ende der Auktion noch einmal stark an.
Aus den ebay-AGB ergibt sich eine solche Rücknahmemöglichkeit aber nicht. So ergibt sich aus § 9 Nr. 11:
„Anbieter, die ein verbindliches Angebot auf der eBay-Website einstellen, dürfen nur dann Gebote streichen und das Angebot zurückziehen, wenn sie gesetzlich dazu berechtigt sind.“
Noch deutlicher wird dies in § 10 Nr. 1 der ebay-AGB:
„Bei Ablauf der Auktion oder bei vorzeitiger Beendigung des Angebots durch den Anbieter kommt zwischen Anbieter und Höchstbietendem ein Vertrag über den Erwerb des Artikels zustande, es sei denn der Anbieter war gesetzlich dazu berechtigt das Angebot zurückzunehmen und die vorliegenden Gebote zu streichen.“
Auch wenn diese AGB zwischen ebay und dem Anbieter keine rechtliche Wirkung für den Bietenden haben, so sind sie aber doch zumindest als Indiz anzusehen. Der Anbieter muss sich zumindest bewusst sein, dass sofort durch die Abgabe des Gebots eine vertragliche Bindung und damit verbunden auch eine mögliche vertragliche Haftung eintritt. Ebenso muss auch der Bietende schutzwürdig sein, vertraut er doch auf auf die Wirksamkeit seines Gebotes und möchte nicht, dass hieraus – nur durch eine Handlung des Anbietenden – keine Rechtswirkung erwächst. Eine vertragliche Bindung schon vor Zeitablauf und im Zweifel auch (ablösend) zu mehreren Bietern widerspricht damit gerade nicht der Grundkonzeption der ebay-Versteigerung. Bestätigung findet dies auch in einem Urteil des OLG Oldenburg v. 28.07.2005 (8 U 93/05), das betont:
„Der Beklagte hat zwar die Internetauktion unter Berufung auf die eBay-Grundsätze vorzeitig beendet und die bis dahin abgegebenen Gebote gestrichen; das berührt indes die Wirksamkeit seines zuvor abgegebenen Angebots nicht.“
Der Schutzzweck fordert damit die Annahme einer aufschiebenden Bedingung nach § 158 Abs. 1 BGB gerade nicht; die alleinige Annahme einer auflösenden Bedingung ist ausreichend.
Vertragsschluss wäre nach der hier vertretenen Ansicht damit bei Abgabe des Gebots anzunehmen. Selbstverständlich ist hier auch die andere Ansicht bei entsprechender Argumentation vertretbar, gerade weil diese Frage höchstrichterlich noch nicht geklärt ist. Für Examensklausuren ist dieses Problem, insbesondere in der Verbindung zu § 355 Abs. 2 BGB als hochbrisant anzusehen und wird sicher geprüft werden.

13.02.2012/4 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-02-13 14:00:302012-02-13 14:00:30OLG Hamm: Zeitpunkt Vertragsschluss bei e-bay
Tom Stiebert

OLG Hamm – Voraussetzungen eine unverzüglichen Widerrufsbelehrung bei ebay

BGB AT, Rechtsprechung, Rechtsprechungsübersicht, Schon gelesen?, Startseite, Verbraucherschutzrecht, Zivilrecht, Zivilrecht

In einer Entscheidung vom 10.01.2012 (Az. I -4 U 145/11), die am 3.2.2012 als Pressemitteilung veröffentlicht wurde, hat das OLG Hamm eine interessante Frage beantwortet, die sich mit dem Widerrufsrecht nach § 355 BGB befasst. Fraglich war hier, ob dem Verbraucher eine Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 S. 2 BGB von 14 Tagen oder nach § 355 Abs. 2 S. 3 BGB von einem Monat zusteht. Gerade Fragen des Widerrufsrechts sind sehr klausurrelevant, sodass der hier besprochene Fall kurz wiederholt werden sollte.
Sachverhalt
Der Sachverhalt ist denkbar einfach: Der Käufer gibt bei ebay am 31.01. nachmittags ein Gebot ab, das auch bei Auktionsende am 2.2. nachmittags noch das Höchstgebot war. Kurz nach Auktionsende wurde dem Käufer eine Widerrufsbelehrung übermittelt, in der ein Widerrufsrecht von 14 Tagen vorgesehen war. Fraglich ist, ob dies wirksam ist
Entscheidung
Maßgeblich für die Entscheidung ist die Auslegung des § 355 Abs. 2 S. 2 BGB, wonach bei Fernabsatzverträgen die Widerrufsfrist 14 Tage beträgt, wenn dies „unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform“ mitgeteilt wird. Fraglich ist hier, ob eine solche unverzügliche Mitteilung vorlag.
Unverzüglich definiert sich nach § 121 Abs. 1 S. 1 BGB als Handeln „ohne schuldhaftes Zögern“. Fraglich ist, ob ein solches Zögern hier bestanden hat.
Kein schuldhaftes Zögern wenn Vertragsschluss erst bei Auktionsende
Ein schuldhaftes Zögern läge dann nicht vor, wenn der Vertrag erst mit Auktionsende zustandekommt. Hier sind damit die Grundsätze des Vertragsschlusses im Internet bei Online-Auktionen zu wiederholen. Hier gilt es folgendes zu beachten:

  • Der Vertragsschluss kommt nicht gem. § 156 S. 1 BGB durch Zuschlag zustande. Einen solchen gibt es bei ebay nämlich nicht. Hier läuft nur die Zeit ab.
  • Ebay ist nicht der Auktionator, sondern stellt lediglich die Plattform für Vertragsschlüsse zur Verfügung
  • Bereits in der Freischaltung der Angebotsseite liegt ein rechtlich verbindliches Angebot und nicht bloß eine invitatio ad offerendum (§§133, 157 BGB). Das Angebot ist an denjenigen gerichtet, der während der Bietzeit das höchste Angebot abgibt.
  • Die Annahme erklärt im Unterschied zur normalen Auktion also der Bieter!
  • Zentrales Urteil hierzu ist das sog. ricardo-Urteil des BGH v. 7.11.2001 (Az. VIII ZR 13/01, BGHZ 149, 129).

Der Vertrag ist damit bereits mit Abgabe des Höchstgebots zustandegekommen – die Widerrufsbelehrung erfolgte aber erst zwei Tage später.
 
Hinweis: Dies kann mit guter Argumentation auch anders gesehen werden. Siehe hierzu unseren Artikel, der sich mit dieser Frage befasst.
Unverzüglich trotz Abwarten von zwei Tagen
Es stellt sich aber die Frage, ob – trotz der Verzögerung von zwei Tagen, ein unverzügliches Handeln zu bejahen ist, da das Auktionsende abgewartet wurde. Dies wird vom OLG bejaht.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist die unmittelbar im Anschluss an das Auktionsende übermittelte Widerrufsbelehrung in diesem Sinne „unverzüglich nach Vertragsschluss“ erfolgt, auch wenn der Vertrag bereits mehr als 49 Stunden zuvor mit Abgabe des Höchstgebots zustande gekommen und damit tatsächlich mehr als der vom Gesetzgeber in der Regel vorgesehene Zeitraum von einem Tag nach Vertragsschluss bis zur Übermittlung der Belehrung verstrichen ist.
Dem Unternehmer sei ein früheres Handeln faktisch nicht möglich und auch unzumutbar. Erst nach dem erfolgreichen Abschluss der Aktion werde dem Anbieter die Identität seines Vertragspartners bekannt gegeben. Außerdem sei denkbar, dass das erste Höchstgebot mehrfach überboten werde, so dass dem Unternehmer zuzubilligen sei, bis zum Aktionsende zu warten, um den letztendlichen Käufer über dessen Widerrufsrecht zu belehren. Auch der Verbraucher werde hierdurch nicht länger als unvermeidlich über sein Widerrufsrecht im Unklaren gelassen. Bis zum Ende der Auktion müsse auch er damit rechnen, dass der zunächst mit ihm zustande gekommene Vertrag überhaupt nicht fortbestehe, weil ein weiterer Bieter ein neues Höchstgebot abgebe.

Hauptargument dürfte hier wohl die fehlende Kenntnis von der Person des Höchstbietenden und dessen fehlende Schutzbedürftigkeit sein. Weniger überzeugend ist hingehend das Argument, dass mehrere Käufer hilfsweise belehrt werden müssten – dieses Risiko ist der Online-Auktion gerade immanent. Dennoch im Ergebnis ein vollständig überzeugendes Urteil.
Das Abwarten des Auktionsendes führt damit dazu, dass das Handeln des Verkäufers – trotz einer rel. langen zeitlichen Spanne – unverzüglich bleibt.
Examensrelevanz
Meines Erachtens ein sehr examensrelevantes Urteil, werden doch Fragen des Vertragsschlusses bei Online-Auktionen (die zwingend beherrscht werden müssen) mit Fragen nach dem Widerrufsrecht kombiniert. Gerade diese Verknüpfung macht den Fall zu einem optimalen Klausureinstieg.
 

06.02.2012/8 Kommentare/von Tom Stiebert
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Tom Stiebert https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Tom Stiebert2012-02-06 18:32:042012-02-06 18:32:04OLG Hamm – Voraussetzungen eine unverzüglichen Widerrufsbelehrung bei ebay

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