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Schlagwortarchiv für: Versammlungsverbot

Gastautor

Gewaltsames Blockieren ist nicht Demonstrieren – zum Urteil des BVerwG vom 27.3.2024 – 6 C 1.22

Aktuelles, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Versammlungsrecht, Verwaltungsrecht

Wir freuen uns, nachfolgend einen Gastbeitrag von Moritz Augel veröffentlichen zu können. Der Autor ist studentische Hilfskraft am Institut für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn.

Die Versammlungsfreiheit aus Art. 8 GG ist ein konstitutiver Bestandteil unseres demokratischen Gemeinwesens. Sie ist eine der zentralen politischen Grundrechte und gewährleistet eine Einflussnahme auf den politischen Prozess und die öffentliche Meinungsbildung. Über die Grenzen der Versammlungsfreiheit hatte das Bundesverwaltungsgericht im Fall einer versuchten Blockade eines AfD-Bundesparteitags zu entscheiden. Diese Entscheidung eignet sich wunderbar, um die Grundzüge des examensrelevanten Versammlungsrechts zu wiederholen. Dabei geht es sowohl um das Verhältnis zwischen dem allgemeinen Polizeirecht und dem spezielleren Versammlungsrecht als auch den Schutzbereich des Art. 8 GG.

I. Der Sachverhalt (Kurzfassung)

Im Jahr 2016 veranstaltete die AfD auf dem Messegelände Stuttgart einen zweitägigen Bundesparteitag, in dessen Vorfeld die Polizei Kenntnis erlangte, dass bis zu 1000 gewaltbereite Personen aus dem linksautonomen Spektrum Zufahrtswege blockieren und Ausschreitungen begehen wollten. Im Zuge dessen blockierte eine Gruppe von circa 500 Teilnehmern einen Kreisverkehr in der Nähe des Messegeländes, errichtete Barrikaden und zündete Pyrotechnik. Daraufhin wurde die Gruppe von der Polizei eingekesselt und zu einer in der Nähe eingerichteten Gefangenensammelstelle verbracht, wo die Personen erkennungsdienstlich behandelt wurden. Anschließend erhielten die Betroffenen einen Platzverweis und wurden zum circa 16 Kilometer entfernten Bahnhof in Esslingen verbracht. Hiergegen wandte sich der Kläger und begehrte die Feststellung der Rechtswidrigkeit des polizeilichen Handelns.

II. Die Entscheidungen der Vorinstanzen

Zunächst soll ein kurzer Blick auf die Entscheidungen der Vorinstanzen geworfen werden. Die unterschiedlichen Urteile des VG Sigmaringen und des VGH Mannheim zeigen, dass neben der Frage der sogenannten Polizeifestigkeit auch die Eröffnung des Schutzbereichs der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG streitig war.

1. VG Sigmaringen, Urt. v. 13.02.2019 – 1 K 4335/17

Das Verwaltungsgericht Sigmaringen gab der Klage statt. Wegen der Sperrwirkung („Polizeifestigkeit“) [hierzu sogleich unter III.1.] des Versammlungsgesetzes habe die Polizei ihre Maßnahmen nicht auf das Polizeirecht stützen dürfen, ohne zuvor die Versammlung nach § 15 Abs. 3 VersG aufzulösen. [Beachte, dass sich einige Bundesländer, darunter auch Nordrhein-Westfalen, mit dem VersG NRW, eigene Versammlungsgesetze gegeben haben. Das Versammlungsrecht ist seit der Föderalismusreform 2006 der Gesetzgebungskompetenz der Länder zugeordnet, jedoch gilt gemäß Art. 125a Abs. 1 GG das Versammlungsrecht des Bundes fort, sofern nicht ein eigenes Versammlungsgesetz erlassen wurde]

2. VGH Mannheim, Urt. v. 18.11.2021 – 1 S 803/19

Das Land Baden-Württemberg ging gegen die Entscheidung des VG Sigmaringen in Berufung. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim wies die Klage daraufhin in großen Teilen ab. Grund hierfür: Aus Sicht des VGH stellte das Vorgehen der Demonstranten eine sogenannte „Verhinderungsblockade“ dar, die nicht in den Anwendungsbereich des VersG fällt, da es am tatbestandlich vorausgesetzten Zweck der Meinungsbildung fehlt. Die „Verhinderungsblockade“ ist dabei von der „demonstrativen Blockade“ abzugrenzen. Letztere dienen einem Kommunikationsanliegen, welches durch die Blockade lediglich symbolisch verstärkt wird [hierzu sogleich unter III.2.].

III. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts

Am 27.03.2024 urteilte schließlich das Bundesverwaltungsgericht und legte in einer sehr differenzierten Entscheidung die Grundlagen des Versammlungsrechts dar.

1. Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts

Zunächst widmete sich das BVerwG der Frage, inwiefern die handelnden Beamten das Polizeirecht Baden-Württembergs als Ermächtigungsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen heranziehen durften. Die sogenannte Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts ist eine Ausprägung sowohl des Grundsatzes des Vorrangs eines speziellen Gesetzes (lex specialis), als auch des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Das Versammlungsgesetz geht dem Polizeirecht als Spezialgesetz vor, sodass sich Maßnahmen der Gefahrenabwehr grundsätzlich nach dem Versammlungsgesetz richten müssen. Solange sich eine Person auf einer Versammlung befindet und sich auf die Versammlungsfreiheit berufen kann, ist ein auf das allgemeine Polizeirecht gegründeter Platzverweis unrechtmäßig. Diese Sperrwirkung gilt jedoch nur dann, wenn auch der Schutzbereich des Versammlungsrechts eröffnet ist.

2. Eröffnung des Schutzbereichs der Versammlungsfreiheit für Blockaden

Das Bundesverfassungsgericht definiert die Versammlung im Sinne des Art. 8 GG in ständiger Rechtsprechung als örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Ebenso definiert das Bundesverwaltungsgericht den Versammlungsbegriff des § 1 Abs. 1 VersG.

Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob eine derart gemischte Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Blockaden bilden insoweit einen Grenzfall, da jedenfalls auch eine Realwirkung (regelmäßig in Form einer Störung) beabsichtigt ist. Eine Blockade unterfällt dem Schutz von Art. 8 GG, wenn mit ihr ein kommunikatives Anliegen verfolgt wird, durch das am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung teilgenommen wird. Steht jedoch anstelle der Mitwirkung an der Meinungsbildung die Erzwingung des eigenen Vorhabens im Vordergrund der Blockade, so unterfällt diese nicht dem Schutzbereich des Art. 8 GG (BVerfG, Urt. v. 24.10.2001 – 1 BVR 1190/90, NJW 2002, 1031).

Das bloße Stören einer anderen Veranstaltung genügt jedoch nicht, um eine Verhinderungsblockade anzunehmen. Vielmehr unterfallen nur solche Veranstaltungen nicht dem Versammlungsbegriff, die auf die vollständige Verhinderung einer anderen Versammlung abzielen. Es bedarf mithin einer Abgrenzung zwischen den grundsätzlich zulässigen demonstrativen Blockaden und unzulässigen Verhinderungsblockaden. Anders als der VGH Mannheim ließ es das BVerwG vorliegend genügen, dass mit Transparenten und Sprechchören kollektiv Meinungen geäußert wurden. Der VGH hatte demgegenüber die Auffassung vertreten, dass Meinungsäußerungen die bloß bei Gelegenheit einer Verhinderungsblockade stattfinden, keine Versammlung begründen können. Das BVerwG stellt demgegenüber klar, dass der Versammlungscharakter einer Blockade allenfalls dann verneint werden könne, wenn das kommunikative Anliegen und der Einsatz entsprechender Kommunikationsmittel „in handgreiflicher Weise einen bloßen Vorwand darstellen“ (BVerwG, Urt. v. 27.03.2024 – 6 C 1.22, BeckRS 2024, 5595; Rn. 50).

3. Erfordernis der friedlichen Versammlung

Jedoch gewährleistet Art. 8 Abs. 1 GG, ebenso wie Art. 11 Abs. 1 EMRK, nur das Recht, sich friedlich zu versammeln. Unfriedliche Versammlungen, die von Beginn an und durchgehend einen unfriedlichen Charakter haben, bedürfen vor der Anwendung des Polizeirechts keiner Auflösung nach § 15 Abs. 3 VersG. Unfriedlich ist eine Versammlung, wenn Handlungen von einiger Gefährlichkeit stattfinden, wie etwa aggressive Ausschreitungen gegen Personen und Sachen oder sonstige Gewalttätigkeiten. Es genügt demgegenüber jedoch nicht, wenn es zu Behinderungen Dritter kommt, seien diese auch gewollt und nicht nur in Kauf genommen. Es muss sich zudem um eine kollektive Unfriedlichkeit handeln, das heißt, die Versammlung muss im Ganzen einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nehmen bzw. der Veranstalter oder sein Anhang müssen einen solchen anstreben oder zumindest billigen. Begehen nur einzelne Versammlungsteilnehmer oder eine Minderheit unter ihnen im Verlauf einer Versammlung Ausschreitungen, bleibt der Schutz der Versammlung mit Blick auf die friedlichen Teilnehmer erhalten. Gegen die störende Minderheit ist vielmehr isoliert vorzugehen (Lembke in JuS 2005, 984 (985)).

Blockaden und Besetzungen sind nicht per se als unfriedlich einzuordnen, soweit sie nicht mit aktiven gewalttätigen Handlungen einhergehen (Wapler in Ridder/Breitbach/Deiseroth, Versammlungsrecht, § 1 VersG, Rn. 39). Unter anderem wegen des Einsatzes von Pyrotechnik gegen die Polizeibeamten war jedoch die konkrete Versammlung nach Ansicht des BVerwG als unfriedlich anzusehen. Während das VG Sigmaringen und der VGH Mannheim noch die Auffassung vertraten, dass das Versammlungsrecht auch für unfriedliche Versammlungen gelte, stellt das Bundesverwaltungsgericht klar, dass bei erkennbar unfriedlichen Versammlungen unmittelbar nach Polizeirecht vorgegangen werden kann (BVerwG, Urt. v. 27.03.2024 – 6 C 1.22, BeckRS 2024, 5595, Rn. 66). Aus diesem Grund bedurfte es keiner versammlungsrechtlichen Auflösungsverfügung, um unter Anwendung des Landespolizeirechts gegen die Störer vorzugehen.

4. Grenzen des polizeilichen Gewahrsams

Hierbei sind jedoch die Grenzen der Normen des Polizeigesetzes Baden-Württemberg zu wahren. Unter anderem erklärte der VGH Mannheim die Verwehrung eines Toilettengangs sowie die Vorenthaltung von Trinkwasser während der polizeilichen Maßnahme für rechtswidrig. Das Bundesverwaltungsgericht äußerte darüber hinaus Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Dauer des Gewahrsams über fast den ganzen Tag, womit sich nachfolgend nun erneut der VGH zu befassen hat.

IV. Fazit

Die Versammlungsfreiheit umfasst auch demonstrative Blockaden, sofern sie nicht allein der Verhinderung einer anderen Veranstaltung dienen. Kein noch so hehres Ziel erlaubt es jedoch, dabei unfriedlich und gewaltsam vorzugehen. Aus diesem Grund konnte sich die Polizei für das Handeln auf das Landespolizeirecht stützen. Das Urteil hat auch Auswirkungen über den konkreten Einzelfall hinaus: Für friedliche Blockadeaktionen wie etwa das vieldiskutierte „Klimakleben“ dürften mit der Entscheidung letzte Zweifel ausgeräumt sein, dass sie von der Versammlungsfreiheit geschützt sind (so Hohnerlein, becklink 2030351). Das Bundesverwaltungsgericht stärkt damit moderne Protestformen (vgl. hierzu auch die Entscheidung zur Zulässigkeit eines Protestcamps: BVerwG, Urt. v. 24.05.2022 – 6 C 9/20, NVwZ 2022, 1197). An einem lässt das BVerwG jedoch keinen Zweifel: Gewalt ist kein Mittel der politischen Auseinandersetzung und unterfällt daher auch nicht dem Schutz des Art. 8 GG.

14.05.2024/1 Kommentar/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2024-05-14 09:39:232024-05-14 11:53:28Gewaltsames Blockieren ist nicht Demonstrieren – zum Urteil des BVerwG vom 27.3.2024 – 6 C 1.22
Dr. Yannik Beden, M.A.

Die Versammlungsfreiheit nach Art. 8 GG: Definitionen und Streitstände

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Das Recht auf Versammlung ist in seiner grundrechtlichen Dimension regelmäßig Prüfungsgegenstand, oftmals werden auch in verwaltungs- bzw. polizeirechtlichen Klausurkonstellationen Kenntnisse zum Versammlungsrecht vorausgesetzt. Einige Problemstellungen zur Versammlungsfreiheit gehören dabei zu „Klausurklassikern“, bei denen von jedem Prüfling Grundkenntnisse bis hin zu vertieften Kenntnissen erwartet werden. Neben den notwendigen Definitionen müssen auch eine Reihe von Meinungsstreitständen zu Problemstellungen, die überdurchschnittlich häufig abgefragt werden, bekannt sein. Der nachstehende Beitrag gibt einen Überblick zu den klausur- bzw. examensrelevantesten Definitionen und zeigt zudem – nicht abschließend – die wichtigsten Streitstände mit kurzen Erläuterungen zu den jeweils vertretenen Ansichten in Rechtsprechung und Literatur auf.
I. Definitionen
1. Versammlung
(1) Enger Versammlungsbegriff (BVerfG): Nach dem engen Versammlungsbegriff, den das BVerfG vertritt, ist eine Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Erörterung und Kundgebung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung (BVerfG v. 12.7.2001 – 1 BvQ 28/01 und BvQ 30/01, NJW 2001, 2459 (2460)).  
(2) Erweiterter Versammlungsbegriff: Nach dem erweiterten Versammlungsbegriff bedeutet Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zwecks gemeinschaftlicher Meinungsbildung und Meinungsäußerung (so noch BVerwG v. 21.4.1989 – 7 C 50/88, NJW 1989, 2411 (2412)).
→ Im Gegensatz zum engen Versammlungsbegriff muss die kollektive Meinungsbildung nicht auf öffentliche Angelegenheiten gerichtet sein.
(3) Weiter Versammlungsbegriff: Nach dem weiten Versammlungsbegriff versteht man unter einer Versammlung eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen, zwischen denen durch einen gemeinsamen Zwecke eine innere Verbindung besteht
→ Der weite Versammlungsbegriff verzichtet auf das Merkmal der kollektiven Meinungsäußerung und Meinungsbildung und lässt jede Art von Verbundenheit der Teilnehmer ausreichen.
2. Friedlich
Friedlich ist eine Versammlung, die keinen gewalttätigen bzw. aufrührerischen Verlauf annimmt oder von vornherein auf die Begehung von Straftaten ausgerichtet ist. Entscheidend sind im Zweifel das Verhalten der Versammlungsleitung und/oder die Mehrzahl der Versammlungsteilnehmer.
3. Ohne Waffen
Die Versammlung findet ohne Waffen statt, wenn keine Waffen im Sinne von § 1 Abs. 2 WaffG mitgeführt werden und auch keine gefährlichen Werkzeuge, die zum Zwecke des Einsatzes mitgeführt werden, vorhanden sind.
4. Unter freiem Himmel
Die Begrifflichkeit aus dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt nach Art. 8 Abs. 2 GG ist nicht wortwörtlich zu verstehen. Vielmehr muss nach Sinn und Zweck zwischen Versammlungen unter freiem Himmel und solchen in geschlossenen Räumlichkeiten differenziert werden: Die Versammlung „unter freiem Himmel“ birgt vergleichsweise eher die Gefahr einer unmittelbaren Konfrontation mit Unbeteiligten, sie hat ein größeres Konfliktpotential mit Blick auf Rechte Dritter. Die Versammlung in geschlossenen Räumen ruft hingegen üblicherweise weniger regelungsbedürftige Konflikte hervor. Entscheidend ist deshalb für die Versammlung unter freiem Himmel, dass eine erhöhte Gefährlichkeit dadurch besteht, dass ein unkontrollierter Zugang grundsätzlich für jedermann möglich ist. Davon ist auszugehen, wenn keine Eingangs- bzw. Zugangskontrollen existieren.
II. Problemstellungen / Streitstände
Im Zusammenhang mit der Versammlungsfreiheit werden einige Problemfälle wiederkehrend abgefragt. Oftmals geht es dabei nur um verfassungsrechtliche Spezifika, teilweise werden auch versammlungsrechtsspezifische Fragestellungen aufgeworfen. Die nachstehenden Klausurkonstellationen sind – ohne dass man sich in der Vorbereitung hierauf beschränken sollte – diejenigen, die jedem Prüfling für eine erfolgreiche Fallbearbeitung bekannt sein sollten.
1. Unmittelbare Grundrechtsbindung Privater
Ein echter Klausurklassiker dürfte mittlerweile die Fraport Entscheidung des BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 sein. Zwei der zentralen Rechtsfragen des Urteils sind die Grundrechtsbindung öffentlich beherrschter (privater) Unternehmen sowie das Verständnis des Forums, das für die Versammlung genutzt wird.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt (aus dem Urteil entnommen) zugrunde:

Der Flughafen Frankfurt a. M. wird von der Fraport-AG, der Bekl. des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Bekl.), betrieben, in deren Eigentum auch das Flughafengelände steht. Zum Zeitpunkt des den Anlass für den Zivilrechtsstreit bildenden „Flughafenverbots“ gegenüber der Bf. im Jahr 2003 besaßen das Land Hessen‚ die Stadt Frankfurt a. M. und die Bundesrepublik Deutschland zusammen circa 70% der Aktien, während sich der Rest in privater Hand befand. Seit dem Verkauf der Bundesanteile halten das Land Hessen und die Stadt Frankfurt a. M., Letztere über eine 100%-ige Tochter, zusammen nunmehr rund 52% der Aktien. Die übrigen Anteile befinden sich in privatem Streubesitz. Bei Verhängung des Meinungskundgabe- und Demonstrationsverbots befanden sich auf dem Flughafen Frankfurt a. M. sowohl auf der „Luftseite“, dem nur mit Bordkarte zugänglichen Bereich hinter den Sicherheitskontrollen, als auch auf der „Landseite“, dem ohne Bordkarte zugänglichen Bereich vor den Sicherheitskontrollen, eine Vielzahl von Läden und Serviceeinrichtungen sowie eine Reihe von Restaurants, Bars und Cafés.
Die Benutzung des Flughafengeländes durch Flugpassagiere und andere Kunden regelte die Bekl. durch die vom Land Hessen genehmigte Flughafenbenutzungsordnung in der für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Fassung vom 1. 1. 1998. Diese enthielt in Teil II (Benutzungsvorschriften) unter anderem folgende Bestimmung:
4.2. Sammlungen, Werbungen, Verteilen von Druckschriften. Sammlungen, Werbungen sowie das Verteilen von Flugblättern und sonstigen Druckschriften bedürfen der Einwilligung des Flughafenunternehmers.
In der derzeit geltenden Fassung vom 1. 12. 2008 erklärt die Flughafenbenutzungsordnung Versammlungen in den Gebäuden des Flughafens ausdrücklich für unzulässig.
Die Bf. betrat gemeinsam mit fünf weiteren Aktivisten der „Initiative gegen Abschiebungen“ am 11. 3. 2003 den Terminal 1 des Flughafens, sprach an einem Abfertigungsschalter Mitarbeiter der Deutschen Lufthansa an und verteilte Flugblätter zu einer bevorstehenden Abschiebung. Mitarbeiter der Bekl. und Einsatzkräfte des Bundesgrenzschutzes beendeten die Aktion. Mit Schreiben vom 12. 3. 2003 erteilte die Bekl. der Bf. ein „Flughafenverbot“ und wies sie darauf hin, gegen sie werde Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs gestellt, sobald sie „erneut hier unberechtigt angetroffen“ werde. Mit einem erläuternden Schreiben vom 7. 11. 2003 wies die Bekl. die Bf. unter Verweis auf ihre Flughafenbenutzungsordnung darauf hin, sie dulde „mit uns nicht abgestimmte Demonstrationen im Terminal aus Gründen des reibungslosen Betriebsablaufs und der Sicherheit grundsätzlich nicht“. 

Fraglich war zunächst, ob die Fraport AG als privates Unternehmen überhaupt unmittelbar an die Grundrechte gebunden ist. Ausgangspunkt ist dabei Art. 1 Abs. 3 GG, wonach die Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht binden. Zwischen Bürgern wirken die Grundrechte grundsätzlich nicht unmittelbar, sondern nur im Wege der sog. mittelbaren Drittwirkung, die im Zivilrecht wiederum durch „Einfallstore“ wie Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe stattfindet.
Was gilt aber, wenn ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen sowohl im Eigentum Privater, als auch der öffentlichen Hand steht? Das BVerfG stellt in der Fraport Entscheidung fest: „Ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen unterliegt dann der unmittelbaren Grundrechtsbindung, wenn es von den öffentlichen Anteilseignern beherrscht wird. Dies ist in der Regel der Fall, wenn mehr als die Hälfte der Anteile im Eigentum der öffentlichen Hand stehen. Insoweit kann grundsätzlich an entsprechende zivilrechtliche Wertungen angeknüpft werden“ (BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 (1203)). Auf die konkreten Einwirkungsbefugnisse soll es hingegen nicht ankommen. Die Gegenansicht lehnt eine unmittelbare Grundrechtsbindung des Unternehmens insgesamt ab, vielmehr soll die Grundrechtsbindung und Grundrechtsverpflichtung nur den einzelnen öffentlich-rechtlichen Anteilseigner treffen. Im Übrigen kann danach allenfalls eine mittelbare Drittwirkung von Grundrechten in Betracht kommen. Anknüpfungspunkt für diese Ansicht ist der Wortlaut aus Art. 1 Abs. 3 GG. In tatsächlicher Hinsicht obläge es dann dem öffentlich-rechtlichen Anteilseigner, auf das privatrechtlich organisierte Unternehmen einzuwirken und dadurch seinen grundrechtlichen Pflichten nachzukommen. Vermieden werden soll dadurch in erster Linie eine übermäßige Belastung der privaten Anteilseigner. Dieses Argument wird seitens der Rechtsprechung entkräftet, indem auf die Freiwilligkeit einer Beteiligung am Unternehmen abgestellt wird. Den privatrechtlichen Akteuren stehe es danach frei, sich am Unternehmen zu beteiligen oder nicht, was auch dann gelte, wenn die Eigentumsverhältnisse erst nachträglich durch Eintritt der öffentlichen Hand verändert werden. In der Klausur sind beide Ansichten vertretbar, allerdings wird man mit Blick auf den Aufbau des Gutachtens im Zweifel besser fahren, wenn man der Ansicht des BVerfG folgt.
Zuletzt muss auch mit Blick auf das Forum, in dem eine Versammlung zulässig ist, nach den Vorgaben des BVerfG unterschieden werden: Art. 8 GG berechtigt nicht dazu, Versammlungen überall und uneingeschränkt abzuhalten. Das bedeutet allerdings im Umkehrschluss nicht, dass nur der öffentliche Straßenraum genutzt werden darf. Das Gericht weitet das Grundrecht in seiner örtlichen Dimension aus: „Entsprechendes gilt aber auch für Stätten außerhalb des öffentlichen Straßenraums, an denen in ähnlicher Weise ein öffentlicher Verkehr eröffnet ist und Orte der allgemeinen Kommunikation entstehen. Wenn heute die Kommunikationsfunktion der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze zunehmend durch weitere Foren wie Einkaufszentren, Ladenpassagen oder sonstige Begegnungsstätten ergänzt wird, kann die Versammlungsfreiheit für die Verkehrsflächen solcher Einrichtungen nicht ausgenommen werden, soweit eine unmittelbare Grundrechtsbindung besteht oder Private im Wege der mittelbaren Drittwirkung in Anspruch genommen werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob die Flächen sich in eigenen Anlagen befinden oder in Verbindung mit Infrastruktureinrichtungen stehen, überdacht oder im Freien angesiedelt sind.“ (BVerfG v. 22.2.2011 – 1 BvR 699/06, NJW 2011, 1201 (1204)).
2. Spontanversammlungen
Versammlungen sind nicht immer von langer Hand geplant, sie können auch spontan, etwa aufgrund eines aktuellen, möglicherweise unerwarteten Geschehens entstehen. Die Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 GG schützt auch solche Versammlungen. § 14 Abs. 1 VersG sieht nun vor, dass öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel spätestens 48 Stunden vor Bekanntgabe bei der zuständigen Behörde unter Angabe des Gegenstands der Versammlung anzumelden sind.
Das Spannungsverhältnis zwischen Spontanversammlungen und der Anmeldepflicht aus § 14 Abs. 1 VersG muss im Wege der verfassungskonformen Auslegung gelöst werden: Die Pflicht zur rechtzeitigen Anmeldung von Spontanversammlungen bzw. Spontandemonstrationen entfällt, sofern sich diese aus aktuellem Anlass augenblicklich ergeben. Die versammlungsrechtlichen Bestimmungen sind auf Spontanversammlungen nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht anwendbar, „soweit der mit der Spontanveranstaltung verfolgte Zweck bei Einhaltung dieser Vorschriften nicht erreicht werden könnte. Ihre Anerkennung trotz Nichtbeachtung solcher Vorschriften lässt sich damit rechtfertigen, dass Art. 8 Abs. 1 GG grundsätzlich die Freiheit garantiert, sich “ohne Anmeldung oder Erlaubnis” zu versammeln, dass diese Freiheit zwar nach Absatz 2 für Versammlungen unter freiem Himmel auf gesetzlicher Grundlage beschränkbar ist, dass solche Beschränkungen aber die Gewährleistung des Absatz 1 nicht gänzlich für bestimmte Typen von Veranstaltungen außer Geltung setzen dürfen, dass vielmehr diese Gewährleistung unter den genannten Voraussetzungen von der Anmeldepflicht befreit.“ (BVerfG Beschl. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, NJW 1985, 2395 (2397)). 
3. Hervorrufen gewaltbereiter Gegendemonstration
Verursacht eine Versammlung eine Gegendemonstration, kollidieren regelmäßig verfassungsrechtlich geschützte Güter. Das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters hinsichtlich des Ortes der Versammlung ist im Ausgangspunkt zwar von Art. 8 GG geschützt, allerdings kann es durch Rechte Dritter beschränkt sein. Die gegenläufigen Interessen müssen dabei austariert werden. Trifft eine Veranstaltung auf eine Gegendemonstration und sind damit Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung  – etwa aufgrund Konfrontationsgefahren – verbunden, so ist der zuerst angemeldeten Versammlung grundsätzlich Priorität einzuräumen (VGH München v. 16.9.2015 – 10 CS 15.2057). Etwas anderes gilt jedoch, wenn wichtige Gründe wie etwa die besondere Bedeutung des Ortes und des Zeitpunktes für die Verfolgung des jeweiligen Versammlungszwecks für eine andere Vorgehensweise sprechen. Maßgebend ist der Prioritätsgrundsatz jedenfalls, wenn die später angemeldete Versammlung allein oder überwiegend den Zwecke verfolgt, die zuerst angemeldete Versammlung an einem bestimmten Ort zu verhindern (BVerfG Beschl. v. 6.5.2005 – 1 BvR 961/05, NVwZ 2005, 1055 (1055)).
4. Auflösen der Versammlung bei einzelnen unfriedlichen Teilnehmern
Probleme bereiten Versammlungen oftmals, wenn sie zwar in ihrer Gesamtheit keinen aufrührerischen bis hin zu einem gewalttätigen Verlauf nehmen, allerdings einzelne Teilnehmer der Veranstaltung unfriedliches Verhalten aufweisen. Das Spannungsverhältnis ergibt sich daraus, dass diejenigen Teilnehmer der Versammlung, die sich friedlich verhalten, nicht in ihren verfassungsrechtlichen geschützten Positionen durch unfriedliches Verhalten anderer Teilnehmer beeinträchtigt bzw. beschränkt werden sollen. Das BVerfG geht davon aus, dass die Versammlungsfreiheit auch dann geschützt werden muss, wenn mit Ausschreitungen durch einzelne Teilnehmer oder eine Minderheit zu rechnen ist. Das gilt jedenfalls, soweit nicht zu befürchten ist, dass die Veranstaltung im Ganzen einen unfriedlichen Verlauf annehmen wird. Ein präventives Verbot der gesamten Versammlung ist nur unter Zugrundelegung eines strengen Maßstabs an die Gefahrenprognose möglich. Erforderlich ist deshalb eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ des Schadenseintritts (vgl. Drosdzol, JuS 1983, 414 (415)). Zudem müssen alle sonstigen in Betracht kommenden Mittel zuvor ausgeschöpft worden sein (vgl. insgesamt hierzu BVerfG Beschl. v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81, NJW 1985, 2395).   
5. Versammlungen mit musikalischen/künstlerischen Elementen
Sind politisch motivierte Veranstaltungen, die auch musikalische Darbietungen und kommerzielle Elemente enthalten, unter den Schutz der Versammlungsfreiheit zu fassen? Mit dieser Fragestellung befasste sich u.a. das VG Hannover, Beschl. v. 8.11.2013 – 10 B 7448/13. Bei einer dem linken Spektrum zuzuordnenden mit dem Leitthema „Für ein menschenwürdiges Leben – Gegen Sozialabbau und Behördenwillkür“ fanden neben Reden und Diskussion zu politischen Inhalten auch öffentliche Konzerte sowie der Verkauf von CDs und Merchandise Produkten statt. Legt man den engen Versammlungsbegriff des BVerfG an, ist fraglich, ob in einer solchen Konstellation noch von einer gemeinschaftlichen Erörterung und Kundgebung mit dem – ausschließlichen – Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gesprochen werden kann. Nach der Rechtsprechung bedarf es einer Schwerpunktbetrachtung: Der Schutz von Art. 8 GG entfällt jedenfalls dann, wenn die musikalischen und kommerziellen Bestandteile der Veranstaltung den eigentlichen Zweck – Einflussnahme auf die öffentliche Meinungsbildung – „an den Rand drängen“. Andererseits ist es nicht unüblich und für die Durchsetzung der kollektiven Meinungsbildung sogar oftmals förderlich, wenn Inhalte der Versammlung durch musikalische Begleitung unterstützt bzw. verstärkt werden. Dies gilt umso mehr, wenn die musikalische Darbietung einen Kontext zur politischen Diskussion aufweist.
 
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18.03.2019/0 Kommentare/von Dr. Yannik Beden, M.A.
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Gastautor

Versammlungsverbot an einem Tag des Gedenkens

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Wir freuen uns, einen Gastbeitrag von Marius Marquardt veröffentlichen zu können. Der Autor ist Jurastudent (5. Semester) im Schwerpunktbereich Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Konstanz.
 
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich ausgehend von einem Sachverhalt mit dem Versammlungsrecht und der Problematik des Verbots einer Versammlung an besonders geschützten Tagen. Neben der Behandlung dieses Problems aus dem besonderen Verwaltungsrecht wird ebenfalls auf den einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 80 Ab. 5 VwGO eingegangen.
Zur Aktualität der Problematik sei auf die Entscheidung des Thüringer OVG (3 EO 842/16) hingewiesen.
 
Sachverhalt

V meldet für seine Vereinigung „ Patriotische Deutsche für das christliche Abendland und gegen dessen Islamisierung“ eine Versammlung von 500 Personen am 09.11. an, bei der diese gegen die Bildungspolitik der Landesregierung Baden-Württemberg protestieren wollen.
Die Vereinigung hat bereits an anderen historisch sensiblen Daten solche Veranstaltungen angemeldet und letztlich doch gemäß ihrer rechtsextremen Gesinnung gegen Geflüchtete oder „die Stigmatisierung der Herrschaft unseres Führers“ demonstriert und die Teilnehmer* haben dies lautstark, insbesondere durch Sprechchöre, kundgetan (dies ist als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung zu unterstellen).
Die zuständige Behörde ordnete die Verlegung der Versammlung auf den 10.11. an, sowie die sofortige Vollziehbarkeit (diese ist als formell rechtmäßig zu unterstellen). Zur Begründung führte sie aus, dass an diesem Tag einige bereits genehmigte Veranstaltungen zum Gedenken an die im Rahmen des Naziregimes Ermordeten statt finde. Diesen Marsch würde die Versammlung insbesondere deshalb stören, weil Megafone dieses Gedenken unmöglich machen würden. Außerdem sei wegen anderer, in diesem Jahr bereits erfolgter Versammlung, die ebenfalls geltend machten ein unproblematisches Thema behandeln zu wollen letztlich doch in menschenverachtender Weise gegen bestimmte Gruppen demonstriert worden sei. Aufgrund dessen, dass die Vereinigung die Taten des Unrechtsregimes nicht verurteile, sondern sogar preise, sei das ethische und soziale Empfinden der Gesellschaft verletzt.
Der Verlegungsbescheid erging am 05.11., V fragt, ob die Anrufung eines Gerichts erfolgreich wäre.
Es ist davon auszugehen, dass dem 9.11. wegen der „Reichsprogromnacht“ ein eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt.

 
Gutachten
 
V könnte sich erfolgreich gegen den Verlegungsbescheid wehren, wenn ein Rechtsmittel zulässig und begründet wäre.
 
I. Zulässigkeit
1. Verwaltungsrechtsweg
Mangels aufdrängender oder abdrängender Sonderzuweisung, bleibt nur die Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Nach der modifizierten Subjektstheorie liegt eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vor, wenn die voraussichtlich streitentscheidende Norm öffentlich-rechtlich ist und dies ist dann der Fall, wenn zumindest auf einer Seite ein Träger hoheitlicher Gewalt als solcher berechtigt oder verpflichtet wird. Diese Norm ist hier § 15 VersG. Dadurch dass diese die Behörde berechtigt, zum Schutze der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit einzugreifen, ist diese öffentlich-rechtlicher Art. Da sich vorliegend keine Verfassungsorgane um Verfassungsrecht streiten, ist der Streit doppelt verfassungsunmittelbar.
Der Verwaltungsrechtsweg ist daher eröffnet.
 
2. Statthaftes Rechtsschutzmittel
Angesichts dessen, dass die Versammlung innerhalb von 4 Tagen stattfinden soll, bleibt dem V nur der einstweilige Rechtsschutz. Fraglich ist, ob § 123 VwGO oder § 80 Abs. 5 VwGO anzuwenden ist. Dies hängt davon ab, welche Klage im Hauptsacheverfahren statthaft wäre.
Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren. Dadurch dass Versammlungen keiner Erlaubnis bedürfen, will sich V nur gegen die Verlegung der Versammlung richten. Dieser Bescheid könnte ein VA sein. Dadurch dass eine Behörde bezogen auf die konkrete Veranstaltung (Einzelfall) eine Regelung (Verlegungsanordnung) als hoheitliche Maßnahme traf, liegt ein solcher vor.
In der Hauptsache wäre die Anfechtungsklage statthaft, hier ist § 80 Abs. 5 VwGO einschlägig. 
 
3. Antragsbefugnis
Fraglich ist, ob V den Antrag für die Vereinigung stellen kann. Hierfür müsste er durch Art. 8 GG geschützt sein. Die Vereinigung ist eine inländische juristische Person. Gemäß Art. 19 Abs. 3 finden die Grundrechte hier entsprechend Anwendung, soweit sie ihrem Wesen nach anwendbar sind. Dadurch dass Art. 8 GG gerade die gemeinsame Versammlung schützt, ist dieses Grundrecht auf diese Vereinigung anwendbar, da sonst die dahinterstehenden natürlichen Personen ihr Grundrecht nicht effektiv ausüben könnten.
Als Adressat eines belastenden VA ist die Vereinigung antragsbefugt, da zumindest eine Verletzung der Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG möglich erscheint.
 
4. Rechtsschutzbedürfnis
Streitig ist, ob ein Vorverfahren nach § 80 Abs. 4 erforderlich ist. Dadurch dass § 80 Abs. 6 dies nur für einen bestimmten Fall anordnet (Anforderung von Kosten und Abgaben), ist davon auszugehen, dass dies nicht der Fall ist.
Problematisch ist außerdem, dass V keinen Widerspruch eingelegt hat. Ob dies erforderlich ist, ist umstritten. Angesichts dessen, dass die Erforderlichkeit zu einer Verkürzung der Widerspruchsfrist führen würde (statt einem Monat hätte V hier nur wenige Tage Zeit), ist dies abzulehnen. V muss keinen Widerspruch einlegen. Das gleiche gilt für die Erhebung der Anfechtungsklage, auch diese ist daher entbehrlich. Nach der anderen Ansicht wäre die Klage nicht unzulässig, Widerspruch und/oder Anfechtungsklage müssten nur bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erhoben werden.
 
5. Antragsgegner, Beteiligten- und Prozessfähigkeit
Richtiger Antragsgegner ist der Rechtsträger der Behörde (§ 78 VwGO analog). Die Beteiligten- und Prozessfähigkeit ergibt sich für die Vereinigung aus §§ 61 Nr. 1, 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.
 
II. Begründetheit
Der Antrag ist begründet, wenn die Vollzugsanordnung formell rechtswidrig ist, oder das Aussetzungsinteresse des Einzelnen das öffentliche Interesse an der Vollziehung überwiegt. Letzteres ist der Fall, wenn sich in einer summarischen Prüfung [Anm.: Dies bedeutet keinesfalls eine nur oberflächliche juristische Prüfung sondern nur ein Absehen vom Grundsatz des Vollbeweises. Im ersten jur. Examen ist dies daher von geringer Bedeutung.] ergibt, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist (am Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Interesse bestehen) oder dass kein besonderes Vollzugsinteresse besteht.
 
1. Formelle Rechtmäßigkeit der Vollzugsanordnung
Die Anordnung ist formell rechtmäßig, wenn die Behörde in der Begründung die wesentlichen Gründe für die Ermessensentscheidung im Einzelfall von der Regelwirkung der aufschiebenden Wirkung der Rechtsmittel abzuweichen angegeben hat, wobei nicht nur die Ausführungen des Hauptverwaltungsakts wiederholt werden dürfen. Da die Argumentation dennoch eine ähnliche sein kann, sind grundsätzlich keine zu hohen Anforderungen zu stellen.
Hiervon ist laut Sachverhalt auszugehen.
 
2. Rechtmäßigkeit des Bescheids
a) Ermächtigungsgrundlage
Beim Eingriff in ein Grundrecht ist eine Ermächtigungsgrundlage erforderlich (Vorbehalt des Gesetzes, Wesentlichkeitstheorie).
Alle Deutschen haben gemäß Art. 8 Abs. 1 GG das Recht, sich ohne Anmeldung zu versammeln. Einschränkungen sind nach Art. 8 Abs. 2 GG nur durch oder auf Grund eines Gesetzes und nur für Versammlungen unter freiem Himmel zulässig. Eine Versammlung läge bei der Zusammenkunft von mindestens zwei Personen (str.) vor, die damit den Zweck verfolgen, an der öffentlichen Meinungsbildung teilzunehmen (str.). Entgegen dem Wortlaut ist „unter freiem Himmel“ keine Begrenzung nach oben, sondern eine zu Seite. Es kommt darauf an, ob die Veranstaltung von allen Menschen erreicht werden kann (öffentlich ist) oder ob sie nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich ist. Hier möchte V in der Stadt demonstrieren und somit liegt eine Versammlung unter freiem Himmel i.S.d. Art 8 Abs. 2 GG vor, da sowohl bei Zugrundelegung der Absichten die die Stadt unterstellt wie auch derer, die V vorträgt die Meinungsbildung beeinflusst werden soll.
Mangels Versammlungsgesetz des Landes bleibt nur das Bundesrecht. Hier kommt als Ermächtigungsgrundlage für Verbote oder Auflagen nur § 15 VersG in Betracht. Einschlägig könnte § 15 Abs. 2 Nr. 1, 2 VersG sein. Dieser spricht von Gedenkstätten, also Orten. Angesichts des Vorbehalts des Gesetzes scheidet eine Ausdehnung auf Gedenktage aus. Somit durfte die Behörde nur gemäß § 15 Abs. 1 VersG ein Verbot oder eine Auflage erteilen, wenn die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet ist.
 
b) Formelle Rechtmäßigkeit
Mangels Sachverhaltsangaben ist davon auszugehen, dass die zuständige Behörde gemäß den Verfahrensvorschriften (insbesondere: Anhörung des V) den VA gemäß den Formvorschriften erlassen hat, er formell rechtmäßig ist.
 
c) Materielle Rechtmäßigkeit
Eine Versammlung i.S.d. § 15 Abs. 1 VersG liegt vor. Des Weiteren müsste eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bestehen. Unter der öffentlichen Sicherheit versteht man die gesamte objektive Rechtsordnung, alle subjektiven Rechte sowie die Einrichtungen des Staates. Anhaltspunkt für eine Verletzung dieser Rechtsgüter liegen nicht vor.
Jedoch kommt eine Verletzung der öffentlichen Ordnung in Betracht. Dies ist die Gesamtheit der ungeschriebenen Regeln, die nach den herrschenden sozialen und ethischen Anschauung unerlässliche Voraussetzung für ein geregeltes Zusammenleben in einer Gesellschaft sind und mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sind. Soweit einem bestimmten Tag ein eindeutiger Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt, so darf bei einer Versammlung dieser Sinngehalt nicht in einer Weise angegriffen werden, die gleichzeitig die soziale und ethische Anschauung in erheblicher Weise verletzt (vgl.: BVerfG 6 C 1/13). Dieses Gedenken würde empfindlich gestört werden, wenn diese Veranstaltung von Reden via Megafon begleitet würde. Durch die Veranstaltung droht ein „Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes“ (BVerfG 1 BvQ 22/01) sodass Bürger eingeschüchtert werden können. Auch ein provozierendes Verhalten der Teilnehmer erscheint zumindest möglich. Die öffentliche Sicherheit ist daher betroffen.
Fraglich ist, ob eine Gefahr für die öffentliche Ordnung vorliegt. Darunter versteht man einen Sachverhalt, der bei ungehinderter Fortentwicklung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an der öffentlichen Ordnung führt. Je höher der Wert des geschützten Rechtsguts, desto eher liegt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit vor. Bei der Beschränkung der Versammlungsfreiheit muss beachtet werden, dass die Gefahr nicht von der geäußerten Meinung selbst abhängen darf, sondern von der Art und Weise der Durchführung (BVerfGE 1 BvQ 9/01). Zur Art der Durchführung gehört auch die Wahl des Datums. Hiervon kann eine provozierende Wirkung ausgehen, denn es wird gezeigt, dass die Vereinigung „Patriotische[r] Deutsche[r] für das christliche Abendland und gegen dessen Islamisierung“ als rechtsextreme Vereinigung auch an solchen Daten demonstrieren kann. Des Weiteren ist das Verhalten der Vereinigung, die für ihre Veranstaltungen regelmäßig historisch sensible Daten wählt, rechtsmissbräuchlich. Der Vortrag, es sei eine bloß zufällige Häufung stellt sich als Schutzbehauptung dar, die auf Grund der tatsächlichen Durchführung bereits erfolgter Veranstaltungen nicht zu überzeugen vermag. Zwar wird ein allgemeinpolitischer Grund vorgeschoben, dieser ist jedoch wenig glaubhaft, sodass hier davon ausgegangen werden kann, dass die Versammlung eine eindeutig gegen das Gedenken gerichtete Stoßrichtung hat. Etwas anderes könnte sich nur ergeben, wenn die Gründe nicht vorgeschoben wären/ es hierfür nicht ausreichend Anhaltspunkte gäbe, denn dann wäre zu befürchten, dass eine von der, von den Teilnehmern vertretenen Meinung abhängige Entscheidung vorläge, was mit den grundsätzlichen Wertentscheidungen des Grundgesetzes (z.B. Meinungsfreiheit, Gleichbehandlungsgrundsatz) unvereinbar wäre. Dadurch dass die Vereinigung dies früher bereits getan hat und dabei die Art und Weise der Durchführung gegen die öffentliche Ordnung verstieß, ist die Gefahr auch keine bloße Unterstellung, sondern stützt sich auf Tatsachen. Das Argument, dass so jede Veranstaltung rechtsextremer Vereinigungen an historisch sensiblen Daten verhindert werden könne und insbesondere in der Rechtsprechung Anklang findet (vgl.: VG Trier 1 K 180/12.TR), ist nicht tragfähig: Wenn bei jeder Veranstaltung dieser Vereinigung an einem solchen Termin eine Gefahr für die öffentliche Ordnung vorliegt, kann sich aus dem ständigen rechtswidrigen Verhalten keine Besserstellung dieser Vereinigung ergeben. [Anm.: a.A. hier gut vertretbar; sofern man eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ablehnt, sollte hilfsgutachtlich weiter geprüft werden.]
Fraglich ist des Weiteren, ob eine Auflage oder ein Verbot vorliegt, denn es ist umstritten, ob eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ein Verbot oder nur Auflagen rechtfertigen kann. Im Brockdorf-Entschluss hatte das BVerfG entschieden, dass Verbote von Versammlungen nur zum Schutz wesentlicher Rechtsgüter in Betracht kommen. Eine bloße Gefährdung der öffentlichen Ordnung genüge regelmäßig nicht. Später ergänzte es diese Ansicht um den Aspekt, dass ein Verbot bei der Gefahr für die öffentliche Ordnung nur in Betracht kommt, wenn nicht auf die Meinung selbst (dann wären die Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG zu beachten) sondern auf Art und Weise der Durchführung abgestellt wird. Insbesondere bei Veranstaltungen an Tagen, die dem Gedenken an den Holocaust oder allgemein dem Unrecht im Nationalsozialismus dienen sollen, sei auch bei einer Gefahr für die öffentliche Ordnung ein Verbot denkbar, die Einzelfallmaßnahme muss aber dem Gebot der Verhältnismäßigkeit gerecht werden. Daher kann eine Gefahr für die öffentliche Ordnung auch eine Verbot rechtfertigen und eine Abgrenzung der Verlegungsverfügung ist hier entbehrlich. 
Fraglich ist, ob die Maßnahme im Rahmen des Ermessens der Behörde lag. In Betracht kommt hier ein Verstoß gegen die Verhältnismäßigkeit. Ein legitimer Zweck liegt in der Verhinderung der Gefahr für die öffentliche Ordnung. Die Verlegung ist geeignet dies zu erreichen, da an anderen Tagen, die nicht dem Gedenken dienen Meinungsäußerungen durch Megafone nicht geeignet sind die ethischen und sozialen Anschauungen zu stören. Die Maßnahme müsste aber auch erforderlich sein. In Betracht kommt etwa die Auflage, keine Megafone zu benutzen. Dies schränkt jedoch die Meinungsäußerung stark ein, da die Sprechenden dann von den Teilnehmern nicht mehr gehört werden können. Ob diese Maßnahme daher milder ist, kann stark bezweifelt werden. Außerdem sind Sprechchöre der Teilnehmer ebenso wahrscheinlich und kaum zu verhindern, stören das Gedenken aber ebenso. Eine mildere Maßnahme als die Verlegung gab es daher nicht. Im Rahmen der Angemessenheit ist insbesondere zu beachten, dass sich die Verfügung eher als Auflage darstellt. Die Wahl eines in naher Zukunft liegenden Datums betrifft weniger das Ob der Veranstaltung, sondern vielmehr das Wie [Anm.: wenngleich diese Abgrenzung oben nicht relevant war, so ist eine Auflage natürlich eher gerechtfertigt, als ein Verbot]. Die Veranstaltung wird nicht vollständig verboten, es wird lediglich eine Regelung in Hinblick auf die Zeit der Versammlung vorgenommen. Dadurch dass die erlaubte Versammlung der nicht gestatteten stark ähnelt und ohne weiteres wiedererkannt werden kann, wird nicht der Kern der Versammlung verändert. Auch indem die Veranstaltung direkt auf den nächstmöglichen Termin verlegt wird, an dem keine Störung der öffentlichen Ordnung vorliegt, ist die Maßnahme  angemessen.
 
c) Besonderes Vollzugsinteresse
Dadurch dass wegen der rechtshemmenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage  eine tatsächliche Verlegung nur durch die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erreicht werden kann, liegt das besondere Vollzugsinteresse vor.
Der VA ist formell und materiell rechtmäßig.
 
III. Ergebnis
Der zulässige Antrag ist unbegründet, er hat keine Aussicht auf Erfolg.
 
Literatur:
Detterbeck, Steffen: Allgemeines Verwaltungsrecht
Kopp, Ferdinand; Schenke, Wolf-Rüdiger: VwGO Kommentar (insbes. § 80)
Pieroth, Bodo; Schlink, Bernhard; Kniesel, Michael: Polizei und Ordnungsrecht (insbes. §§ 20ff.)
*Zur besseren Lesbarkeit wird nur die männliche Form verwendet, es ist stets auch die weibliche gemeint.

02.01.2017/17 Kommentare/von Gastautor
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Gastautor https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Gastautor2017-01-02 11:00:012017-01-02 11:00:01Versammlungsverbot an einem Tag des Gedenkens
Dr. Stephan Pötters

Notiz: Versammlungsverbot für HoGeSa-Veranstaltung „Europa gegen den Terror des Islamismus“ rechtswidrig

Aktuelles, Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Polizei- und Ordnungsrecht, Rechtsprechungsübersicht, Startseite, Verfassungsrecht, Versammlungsrecht

Beschluss des VG Hannover im einstweiligen Rechtschutzverfahren
Das VG Hannover hat mit Beschluss vom 13.11.2014 (10 B 12882/14) dem Antrag des Anmelders der für den 15.11.2014 in Hannover angekündigten Versammlung „Europa gegen den Terror des Islamismus“ im einstweiligen Rechtschutzverfahren teilweise stattgegeben. Die Anmelder der Versammlung sind Mitglieder der Gruppe „Hooligans gegen Salafismus“ (HoGeSa), die auch maßgeblich an den Ausschreitungen in Köln beteiligt war.
Sachverhalt
Die Polizeidirektion Hannover untersagte den Aufzug sowie jede Form der Ersatzveranstaltung mit Verfügung vom 10.11.2014 und ordnete die sofortige Vollziehbarkeit dieses Verbots an: Die angezeigte Veranstaltung genieße schon nicht den Schutz der Versammlungsfreiheit, weil keine friedliche Versammlung beabsichtigt sei. Die Versammlung diene als Vorwand dafür, dass ein dominierender Teilnehmerkreis die gewalttätige Auseinandersetzung suchen werde. Wegen des zu erwartenden unfriedlichen Verlaufs bestehe eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Der Anmelder der Versammlung und der Versammlungsleiter seien der Gruppierung „Hooligans gegen Salafismus“ zuzurechnen. Es deuteten Tatsachen darauf hin, dass es zu schweren Ausschreitungen und dabei zu Körperverletzungen und Sachbeschädigungen kommen werde.
Mit seinem am 11.11.2014 bei Gericht eingegangenen Eilantrag wendet sich der Antragsteller gegen das Verbot: Die Polizeidirektion unterstelle zu Unrecht einen unfriedlichen Verlauf. Die Versammlung in Köln sei „ungeplant unfriedlich“ verlaufen. Die Exzesse seien nicht von der Versammlung sondern von Einzelpersonen ausgegangen und zudem durch Versagen der Polizei befördert worden. Der Veranstalter habe solche Gewalttätigkeiten weder befürwortet noch gefördert. Er wolle Eskalationen in Hannover vermeiden und sei zur Kooperation mit der Polizei, die polizeitaktische Maßnahmen ergreifen könne, bereit.
Entscheidung des VG Hannover
Statthafter Antrag ist hier ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO. Eine Versammlung ist nicht genehmigungspflichtig, sodass in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage ausscheidet. Das Versammlungsverbot (§ 8 Abs. 2 NVersG; falls keine landesrechltiche Regelung: § 15 Abs. 1 VersG) stellt einen Verwaltungsakt dar. Gegen diesen wäre in der Hauptsache die Anfechtungsklage statthaft. Für das Verbot wurde gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet, sodass im Rahmen des einstweiligen Rechtschutzes § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO einschlägig ist.
Das VG gab dem Antrag nach § 80 V VwGO teilweise statt. Die Versammlung könne zwar nicht verboten werden, es seien aber in der Tat Gefahren für die öffentliche Sicherheit gegeben, denen mit Auflagen (§ 8 Abs. 1 NVersG; falls keine landesrechltiche Regelung: § 15 Abs. 1, 2 VersG) begegnet werden müsse.
Exkurs: Bei einer Versammlungsauflage handelt es sich nicht um Auflagen i.S.v. § 36 VwVfG, da mangels Genehmigungspflichtigkeit der Versammlung schon kein Hauptverwaltungsakt vorliegt.
In der Pressemitteilung des VG Hannover wird die Entscheidung wie folgt begründet:

„Mit seinem Beschluss vom 13.11.2014 gibt die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts dem Eilantrag teilweise statt. Es erlaubt eine stationäre Versammlung auf der Fläche des alten Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) in Hannover (zwischen der Hamburger Allee, Lister Meile, Karl-Heinrich-Ulrich-Straße und Rundestraße), ordnet Beschränkungen an und gibt der Polizeidirektion die Möglichkeit, weitere Beschränkungen anzuordnen.
Bei der angemeldeten Versammlung handle es sich – entgegen der Einschätzung der Polizeidirektion – um eine solche, die grundsätzlich den Schutz der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 des Grundgesetzes (GG) in Anspruch nehmen könne. Mit ihrem Motto „Europa gegen den Terror des Islamismus“ sei sie ersichtlich auf Meinungskundgabe gerichtet und nicht auf die Ausübung von Gewalt. Sie sei auch nicht per se unfriedlich, zumal der Antragsteller selbst zur Gewaltlosigkeit aufrufe.
Gründe für ein vollständiges Verbot der Versammlung lägen nicht vor. Ein solches Verbot sei als „ultima ratio“ nur zulässig, wenn unmittelbare Gefahren für die öffentliche Sicherheit auch durch Beschränkungen der Versammlungen nicht abgewendet werden könnten. Die Kammer hält unter Berücksichtigung und Abwägung aller ihr vorliegenden Erkenntnisse eine Abwendung solcher Gefahren durch die Anordnung von Beschränkungen für möglich, aber auch für nötig.
Sie teilt die Einschätzung der Polizeidirektion, dass eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestünde, wenn der Demonstrationszug wie geplant durch die Stadt geführt würde. weil ein unfriedlicher Verlauf zu erwarten wäre. Die Versammlung ist nach Auffassung des Gerichts der Organisation „HoGeSa“ (Hooligans gegen Salafismus) zuzuordnen. Die Aktionsformen des Hooliganismus seien mit dem Versammlungsrecht unvereinbar. Gleichwohl dürften aber auch Hooligans als Einzelpersonen oder als Gruppe am gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess teilnehmen und von der Versammlungsfreiheit Gebrauch machen. Ein unfriedlicher Verlauf sei erst dann zu erwarten, wenn die Aktionsformen und Merkmale der Hooliganszene das Bild der Versammlung maßgeblich prägten. Für eine solche Annahme spreche der Verlauf der Veranstaltung in Köln. Es gebe zudem Anhaltspunkte, dass bei dem vom Antragsteller vorgesehenen Verlauf der Veranstaltung in Hannover ein unfriedlicher Ablauf zu erwarten sei. Solche Anhaltspunkte seien unter anderem die breite Mobilisierung in der Szene, die Veranstaltung von Köln zu wiederholen, aggressive Äußerungen im Internet und ein hohes Risiko von Provokationen durch Teilnehmer von Gegendemonstrationen.
Andererseits gebe es gewichtige Anhaltspunkte, die zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen seien: Er habe sich zumindest öffentlich von Gewalt distanziert und auf die Beachtung einer von ihm veröffentlichten „Hausordnung Hannover“ hingewirkt. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass nicht alle der ca. 4.500 bis 5.000 erwarteten Teilnehmer dem Kreis der Hooligans zuzurechnen sei, sondern selbst nach Einschätzung der Polizeidirektion nur ca. 700 bis 800.
Ein vollständiges Verbot der Versammlung sei mit Rücksicht auf die hohe Bedeutung des Grundrechts aus Art. 8 GG unverhältnismäßig, weil die abzusehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit durch Beschränkungen in hinreichendem Maß verringert werden könnten, insbesondere dadurch, dass die Kundgebung nur stationär durchgeführt werde und zwar an einem Ort, an dem Provokationen der Versammlungsteilnehmer durch „meinungsgegnerische Kräfte“ weitgehend ausgeschlossen sei. Die von dem Antragsteller für eine stationäre Versammlung genannten möglichen Orte seien deswegen ungeeignet, anders hingegen die Fläche des alten Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB). Wegen des Einbruchs der Dunkelheit sei die Versammlung schon um 16.00 Uhr und nicht – wie vom Antragsteller beabsichtigt – erst um 17.00 Uhr zu beenden.
Als weitere Beschränkungen ordnet die Kammer an, dass mindestens ein Ordner je 30 Teilnehmer einzusetzen sei und verunglimpfende Äußerungen zu unterbleiben hätten. Das Gericht lässt der Polizeidirektion nach, darüber hinausgehende Beschränkungen anzuordnen, die der Antragsteller zu befolgen habe.“

Weiterführende Hinweise / Beiträge zum Versammlungsrecht

  • Mit dem örtlichen Schutzbereich des Versammlungsrechts befasst sich dieser Beitrag zu aktuellen BVerfG-Entscheidungen
  • ebenso Fraport/räumlicher Schutzbereich
  • NPD-Versammlung am Holocaust-Gedenktag
  • virtuelle Versammlungen
  • Open-Air-Konzert
14.11.2014/1 Kommentar/von Dr. Stephan Pötters
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Stephan Pötters https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Stephan Pötters2014-11-14 08:55:542014-11-14 08:55:54Notiz: Versammlungsverbot für HoGeSa-Veranstaltung „Europa gegen den Terror des Islamismus“ rechtswidrig
Samuel Ju

VG Neustadt: NPD-Versammlung mit rassistischem Motto anlässlich des Länderspiels in Kaiserlautern bleibt verboten

Öffentliches Recht, Öffentliches Recht, Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht

Wie aus einer aktuellen Pressemitteilung hervorgeht, hat das VG Neustadt an der Weinstraße mit Beschluss vom 25.03.2011 (5 L 266/11.NW) ein durch die Stadt erlassenes Versammlungsverbot nach § 15 VersG für eine am nächsten Tag geplante Versammlung des NPD-Kreisverbandes Westpfalz bestätigt, welche unter dem Motto „Weiß ist nicht nur eine Trikotfarbe – für eine echte deutsche Nationalmannschaft“ stehen sollte. Die Versammlung sollte am 26.3.2011 zwischen 18.00 und 20.00 Uhr vor dem Hauptbahnhof Kaiserslautern abgehalten werden, also vor dem Länderspiel zwischen Deutschland und Kasachstan stattfinden. Das VG Neustadt lehnte den Eilantrag ab.
Die Stadt hatte geltend gemacht, dass das Motto rassistisch sei und sich in verächtlich machender Weise gegen deutsche Staatsbürger mit Migrationshintergrund richte, zudem bestehe die unmittelbare Gefahr der Verwirklichung des Straftatbestandes des § 130 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr.2 StGB (Volksverhetzungsparagraph). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet, Ersatzveranstaltungen anderswo im Stadtgebiet wurden ebenfalls verboten. Der Antragsteller vertrat jedoch die Auffassung, das Motto habe keinen volksverhetzenden Inhalt, so dass die Versammlung nicht wegen Verletzung der Grundrechte aus Art. 8 GG und Art. 5 GG verboten werden könne.
Das VG Neustadt hat sich jedoch der Auffassung der Stadt angeschlossen, dass das Motto nach Wortlaut und Begleitumständen nicht anders verstanden werden könne, als dass der Begriff „weiß“ für Angehörige einer „weißen Rasse“ stehe und – auch in Verbindung mit dem Begriff „echt“ somit Deutsche anderer Hautfarbe bzw. mit Migrationshintergrund in böswilliger und verächtlich machender Weise als nicht zur deutschen Nation gehörend ausgrenzen wolle. Die Grenzen der Meinungsfreiheit seien nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aber überschritten, wenn in dieser Weise die Würde anderer angetastet werde, auch wenn dies in oder durch eine Versammlung geschehe.
In diesem Zusammenhang sollte man sich auch noch einmal das BVerfG Urteil vom Dezember 2009 zu § 130 IV StGB und die aktuelle BVerfG Entscheidung (1 BvR 1106/08) vom 8.12.2010 zum uneingeschränkten Publikationsverbot bezüglich „rechtsextremistischen oder nationalsozialistischen Gedankenguts“ anschauen.
Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 25. März 2011 – 5 L 266/11.NW –

29.03.2011/1 Kommentar/von Samuel Ju
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Samuel Ju https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Samuel Ju2011-03-29 08:12:042011-03-29 08:12:04VG Neustadt: NPD-Versammlung mit rassistischem Motto anlässlich des Länderspiels in Kaiserlautern bleibt verboten

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