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Schlagwortarchiv für: Verleumdung

Philip Musiol

BayObLG zu der Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Strafbarkeit wegen Beleidigung

Examensvorbereitung, Lerntipps, Rechtsgebiete, Rechtsprechung, Startseite, Strafrecht, Strafrecht BT

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hatte über die Strafbarkeit eines Mannes zu entscheiden, der einen Richter am Amtsgericht in einer Dienstaufsichtsbeschwerde als „ekelig parteiischen Amtsrichter“ und dessen Urteil als eine „schikanöse Schandtat“ bezeichnete (BayObLG, Beschl. v. 04.07.2022 – 202 StRR 61/22). Es handelt sich hierbei um einen weiteren von zahlreichen Fällen, der im grundrechtssensiblen Bereich zwischen Meinungsfreiheit und Strafbarkeit nach dem 14. Abschnitt des StGB spielt. Ob eine Äußerung die Grenze zur Strafbarkeit überschreitet, ist durch eine Grundrechtsprüfung und eine umfassende Abwägung zu ermitteln. Diese Stichworte lassen schon vermuten, dass sich eine solche Konstellation gleichermaßen für eine Strafrechtsklausur gleichermaßen, wie für eine Verfassungsbeschwerde eignet.

I.             Sachverhalt

Ausgangspunkt des Strafverfahrens war ein Zivilverfahren, an dem der spätere Täter als Partei, das spätere Opfer als Richter beteiligt war. Bei dem Täter handelt es sich um einen promovierten Mediziner, der in dem Verfahren vor dem Amtsgericht die Räumung seiner Eigentumswohnung durch seinen damaligen Mieter geltend machte. In dem Räumungsverfahren obsiegte er – trotzdem gab es aus seiner Sicht Anlass für eine Dienstaufsichtsbeschwerde: Denn der Täter wurde durch das Gericht als Zweitschuldner für die Gerichtskosten in Anspruch genommen, die der Beklagte in dem Ausgangsverfahren zu tragen hatte. Von dem vom Täter eingezahlten Gerichtskostenvorschuss wurde nur ein Teilbetrag an ihn ausbezahlt, der Rest wurde auf die Gerichtskosten angerechnet. Für diesen angerechneten Restbetrag hätte der Täter seinen ehemaligen Mieter im Rahmen eines von ihm anzustrengenden Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß den §§ 103 ff. ZPO in Anspruch nehmen müssen. Hierauf, sowie darauf, dass dies gängige Praxis ist, wurde der Täter dreimal hingewiesen, unter anderem durch das spätere Opfer und den Direktor des Amtsgerichts. Gleichwohl erhob der Täter gegen den Amtsrichter eine Dienstaufsichtsbeschwerde „wegen Entnahme von Geld aus einem Guthaben von mir (monatelang (!) ohne mich zu benachrichtigen!!?), um – ohne Not – die Schuld eines Dritten (!!?) zu begleichen!!? § 266 StGB (Untreue).“ In dem Schreiben führte der Täter weiterhin aus: „Der Beklagte musste aber aufgrund der extrem parteiischen Schandtat (Geldtransaktion) des Amtsrichters [namentliche Nennung des Richters] die 1. Gerichtskostenzahlung überhaupt nicht zahlen (!!?), wohl aber den ganzen Rest (2/3) […]“. Ferner wurde wiederum die angebliche „Entnahme aus dem Guthaben“ durch den zuständigen Richter, der namentlich genannt wurde, unter Hinweis auf § 266 StGB wiederholt. Die Dienstaufsichtsbeschwerde endete mit der Frage: „WIE bekomme ich jetzt meine 203,- € zurück? Billigt Präsident […] auch diese Schandtat des Herrn […]?“. In einer beigefügten Anlage zu der Dienstaufsichtsbeschwerde bezeichnete der Täter den Richter am Amtsgericht mit dessen namentlicher Nennung als „ekelig parteiischen Amtsrichter“, wiederholte den Vorwurf, der Richter habe sich „an einem Guthaben von mir vergriffen (§ 266 StGB/Untreue)“ und wertete dessen Verhalten als „schikanöse Schandtat“.

Wegen dieser Aussagen wurde der Täter vom Amtsgericht zu einer Geldstrafe wegen übler Nachrede gemäß § 186 StGB verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte keinen Erfolg, stattdessen wurde aufgrund der Berufung der Staatsanwaltschaft, die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt war, die Höhe der verhängten Tagessätze von 30 € auf 50 € festgesetzt. Hiergegen richtete sich der Täter nun in seiner Revision zum BayObLG.

II.            Entscheidung

Auch die Revision hatte keinen Erfolg. Das BayObLG hielt die Revision für unbegründet und änderte dabei lediglich den Schuldspruch.

Zwar sei die Verurteilung wegen übler Nachrede nach § 186 Alt. 1 StGB rechtsfehlerhaft. Bei der Aussage, der Amtsrichter habe aus dem „Guthaben“ des Angeklagten „Geld entnommen“, um damit „die Schuld eines Dritten zu begleichen“, handele es sich nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Aus dem Gesamtzusammenhang der Äußerung ergebe sich ohne weiteres, dass der Täter die Tätigkeit des Richters insoweit als fehlerhaft beanstanden wollte. Nicht entnehmen ließe sich den Äußerungen des Täters, dass er falsche oder zumindest nicht erweislich wahre Tatsachen behauptet habe. Dennoch hatte die Revision keinen Erfolg, der Täter habe sich wegen Beleidigung nach § 185 Alt. 1 StGB strafbar gemacht. Der Vorwurf der strafbaren Untreue stelle schon für sich genommen einen Angriff auf den Achtungsanspruch des Richters dar. Dieser werde dadurch noch verstärkt, dass der Täter den Richter als „ekelig parteiischen Amtsrichter“ und dessen Wirken als „schikanöse Schandtat“ bezeichnete. Das Verhalten des Täters sei auch nicht nach § 193 StGB unter Berücksichtigung seiner Meinungsäußerungsfreiheit gerechtfertigt, die vorzunehmende Interessenabwägung zwischen Meinungsfreiheit des Täters und dem Schutz der Persönlichkeit des Opfers gehe zulasten des Täters. Hierbei ging das Gericht auf die Umstände des Einzelfalls, die Person des Täters und die Rahmenbedingungen ein, die der Äußerung des Täters vorausgingen.

III.          Einordnung der Entscheidung

Dass das BayObLG im ersten Schritt die Verurteilung wegen übler Nachrede für rechtsfehlerhaft hielt, zeigt, dass schon bei der Frage, ob es sich bei einer Äußerung um eine Tatsachenbehauptung handelt, eine Auseinandersetzung mit dem gesamten Sachverhalt und nicht nur der Äußerung selbst erforderlich ist. Auch dies kann aus Art. 5 Abs. 1 GG hergeleitet werden.

Bei der Prüfung von Beleidigungsdelikten ist § 193 StGB der Aufhänger für die vorzunehmende Grundrechtsprüfung. Die Meinungsäußerungsfreiheit des Täters ist in Ausgleich mit dem Persönlichkeitsschutz des Täters zu bringen: Nach gefestigter verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung erfordert das Grundrecht der Meinungsfreiheit als Voraussetzung einer strafgerichtlichen Verurteilung nach § 185 StGB regelmäßig auf der Grundlage der konkreten Umstände einer Äußerung und ihrer Bedeutung eine abwägende Gewichtung der Beeinträchtigungen, die der persönlichen Ehre auf der einen und der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite drohen. Nur in Ausnahmefällen tritt bei herabsetzenden Äußerungen, die die Menschenwürde eines anderen antasten oder sich als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen, die Meinungsfreiheit hinter den Ehrenschutz zurück, ohne dass es einer Einzelfallabwägung bedarf. Bei einer Äußerung handelt es sich um Schmähkritik, wenn sie keinen nachvollziehbaren Bezug mehr zu einer sachlichen Auseinandersetzung hat und es bei ihr nur um das grundlose Verächtlichmachen der betroffenen Person als solcher geht. Von einer Formalbeleidigung ist bei der Verwendung besonders krasser, aus sich heraus herabwürdigender Schimpfwörter – etwa aus der Fäkalsprache – auszugehen, bei denen die gesellschaftlich absolut missbilligte und tabuisierte Begrifflichkeit dazu führt, dass sie in aller Regel von vornherein nicht dem grundrechtlichen Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit unterliegen würde. Beides lag nicht vor, die Äußerungen des Täters hatten namentlich einen Bezug zu dem Verhalten des Richters, das er kritisierte. Gerade aufgrund dieses Bezuges zu dem richterliche Verhalten ist noch zu thematisieren, dass es sich um eine Äußerung gegen eine Person bei der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben handelt. In der Vergangenheit war das Bundesverfassungsgericht mit Fällen befasst, in denen Behördenmitarbeiter bzw. der Finanzminister verbal angegriffen wurden (BVerfG, Beschl. v. 19.05.2020 – 1 BvR 362/18; 1 BvR 1094/19). Auch Personen, die öffentliche Ämter bekleiden, genießen einen Persönlichkeitsschutz. Dennoch besteht ein berechtigtes Interesse daran, „Machtkritik“ äußern zu dürfen, zumal wenn man sich im „Kampf ums Recht“ befindet. Diese Schlagworte sollten in einer Klausur fallen! Freilich darf auch „Machtkritik“ nicht unbegrenzt geäußert werden, Machtkritik bedeutet nicht a priori einen Vorrang der Meinungsäußerungsfreiheit, sondern stellt (nur) einen Gesichtspunkt im Rahmen der gebotenen Abwägung dar. Es ist zu untersuchen, ob Anknüpfungspunkt der Äußerung ein dienstliches Verhalten ist und in welchem Kreis die Äußerungen getätigt wurden (hier nur ggü. dem Dienstvorgesetzen). Ebenso ist im Rahmen der Abwägung zu prüfen, ob es einen nachvollziehbaren Anlass für die Äußerung gab. Dies verneinte das BayObLG im vorliegenden Verfahren. Dem Täter als promoviertem Mediziner hätte, zumal nach dreimaligem gerichtlichem Hinweis, erkennen können, dass es sich bei der Kostenentscheidung um gängige Praxis und nicht etwa eine Einzelfallentscheidung zu seinen Lasten handelte. Schließlich berücksichtigte das Gericht zulasten des Täters, dass es sich nicht um eine spontane Äußerung „im Eifer des Gefechts“ handelte, sondern dass sie schriftlich vorbereitet wurde, sodass ein höheres Maß an Bedacht und Zurückhaltung hätte erwartet werden müssen.

Die Entscheidung zeigt, dass im Rahmen von Beleidigungsdelikten eine umfassende Auseinandersetzung mit allen Umständen des Einzelfalls erforderlich ist. Insbesondere gegenüber staatlichem Handeln ist ein billigenswertes Interesse des Bürgers an der Übung von „Machtkritik“ in die Interessenabwägung einzustellen. In welchen Fällen es dieser Interessenabwägung nicht bedarf, sollte bekannt sein und in einer Klausur benannt werden (Menschenwürdeverstoß, Schmähkritik, Formalbeleidigung). Je mehr Sachbezug eine Äußerung aufweist, desto eher wird sie von der Meinungsfreiheit gedeckt sein. Je weiter sie sich demgegenüber von der Sache selbst entfernt und die Person des Amtsträgers in den Fokus nimmt, desto eher wird von einer strafbaren Beleidigung auszugehen sein. Im Rahme der Frage, ob ein Sachbezug besteht, muss thematisiert werden, ob der Täter einen haltbaren Standpunkt vertritt, den er im Rahmen seiner Möglichkeiten überprüft hat.

05.09.2022/0 Kommentare/von Philip Musiol
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Philip Musiol https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Philip Musiol2022-09-05 10:10:132022-10-24 14:41:48BayObLG zu der Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Strafbarkeit wegen Beleidigung
Dr. Lena Bleckmann

Grundlagen des Strafrechts: Straftaten gegen die persönliche Ehre

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Die Beleidigungsdelikte der §§ 185 ff. StGB bilden zwar nur selten den alleinigen Schwerpunkt einer Klausur – ihre Bedeutung sollte dennoch nicht unterschätzt werden. Sie eignen sich hervorragend zur Kombination mit anderen Deliktstypen, wie etwa Straftaten gegen die Rechtspflege, und werden hierbei von den Klausurbearbeitern gern übersehen. Auch können sie in öffentlich-rechtlichen Klausuren Bedeutung erlangen: Für die Bestimmung der Grenzen der Grundrechte aus Art. 5 GG ist ihre Kenntnis zum Teil unerlässlich.
Die Klausurrelevanz ergibt sich nicht zuletzt aus mehreren aktuellen und vieldiskutierten Gerichtsentscheidungen, die sich mit dem Thema der Ehrverletzungsdelikte befassen und deren Kenntnis vor allem von Examenskandidaten, aber auch im Rahmen der fortgeschrittenen Strafrechtsklausuren erwartet werden dürfte – siehe etwa die Entscheidungen des BVerfG zur Einordnung einer Äußerung als Schmähkritik (Az. 1 BvR 2433/17) und des LG Berlin zu beleidigenden Äußerungen gegenüber einer Politikerin (Az. 27 AR 17/19).
Der Beitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Tatbestände und eignet sich daher hervorragend für die Wiederholung sowie die Schärfung des Problembewusstseins.
I. Systematik
Die wichtigsten Tatbestände im Rahmen der Straftaten gegen die persönliche Ehre bilden die § 185 StGB, § 186 StGB und § 187 StGB. Während der Ehrbegriff als solcher umstritten ist (siehe MüKoStGB/Regge/Pegel, § 185 Rn. 7), ist weitgehend anerkannt, dass sowohl die innere Ehre, d.h. die persönliche Würde und der innere Wert des Menschen, als auch die äußere Ehre, d.h. der Geltungsanspruch in der Gesellschaft, geschützt sind. Die § 186 StGB und § 187 StGB können jeweils gem. § 188 StGB qualifiziert sein, wenn sich die Ehrverletzung gegen eine Person des politischen Lebens richtet. Die persönliche Ehre Verstorbener wird von § 189 StGB geschützt.
 Die Prüfung sollte in umgekehrter Reihenfolge erfolgen, d.h. zunächst die Verleumdung gem. § 187 StGB, dann die üble Nachrede gem. § 186 StGB und zuletzt die Beleidigung gem. § 185 StGB. Das bietet sich deswegen an, weil die § 186 StGB und § 185 StGB je nach Fallkonstellation als mögliche Auffangtatbestände in Betracht kommen – dazu sogleich.
II. Die Beleidigungsfähigkeit des Opfers
Alle genannten Delikte setzen voraus, dass das Opfer möglicher Ehrträger ist. Erfasst sind unstrittig alle lebenden Menschen (für Verstorbene siehe § 189 StGB). Schwieriger liegt der Fall, wenn mehrere Personen von der Äußerung betroffen sind. Fraglich ist insoweit, ob Personengemeinschaften als solche beleidigungsfähig sind und ob eine Beleidigung unter Nutzung einer Kollektivbezeichnung einzelne oder alle Mitglieder der Gruppe in ihrer persönlichen Ehre betrifft.
Nach der herrschenden Meinung haben Personengemeinschaften zwar keine individuelle persönliche Würde, ihre Beleidigungsfähigkeit kann aber aus einem schutzwürdigen sozialen Ansehen folgen (siehe zum Streitstand BeckOK StGB/Valerius, § 185 Rn. 11 ff.). Sie sind daher mögliche Opfer der §§ 185 ff. StGB, wenn sie
(a)eine rechtlich anerkannte soziale Aufgabe wahrnehmen und
(b) einen einheitlichen Willen bilden können.
Im Rahmen von Beleidigungen unter einer Kollektivbezeichnung ist zu differenzieren: Erfasst die Äußerung alle Mitglieder einer Gruppe (z.B. alle Soldaten, alle Regierungsmitglieder, alle Studenten, alle Mitglieder der Gruppe X), kann dadurch das einzelne Mitglied in seiner persönlichen Ehre verletzt sein, wenn die Gruppe sich von der Allgemeinheit abhebt, klar abgrenzbar und überschaubar ist und sich die einzelnen Mitglieder zweifelsfrei bestimmen lassen. Bezieht sie sich hingegen nur auf ein Mitgliedder Gruppe (z.B. ein Minister der Regierung, ein Mitglied der Gruppe X), können dadurch alle Mitglieder in ihrer Ehre verletzt sein, wenn die Gruppe klein und überschaubar ist und jedes Mitglied individualisierbar ist.
Gerade die letzte Fallgruppe ist beliebter Prüfungsstoff. Zum besseren Verständnis bietet sich die Lektüre der bekanntesten Entscheidungen zum Thema an, etwa BGH, Az. 1 StR 572/63 („Ein bayerischer Minister ist Kunde eines Call-Girl-Rings), BVerfG, Az. 1 BvR 1476/91 („Soldaten sind Mörder“) und BVerfG, Az. 1 BvR 1036/14 (Anstecker „FCK CPS“).
 III. Verleumdung: Tatbestand des § 187 StGB
 Der Tatbestand des § 187 StGB setzt die Kundgabe von Tatsachen in einem Drei-Personen-Verhältnis voraus, d.h. das Opfer darf weder Täter noch Empfänger der Äußerung sein. Dies folgt aus dem Wortlaut „in Beziehung auf einen anderen“. Fehlt es an einem Drei-Personen-Verhältnis, kommt insoweit § 185 StGB als Auffangtatbestand in Betracht (dazu sogleich).
Tatsachen sind alle Zustände der Gegenwart oder Vergangenheit, die dem Beweis zugänglich sind. Diese müssen geeignet sein, das Opfer verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Verächtlich machen bedeutet, die Person so darzustellen, als würde sie ihren sittlich-moralischen Pflichten nicht genügen. Herabgewürdigt wird, wessen gesellschaftlicher Ruf geschmälter wird (siehe hierzu MüKoStGB/Regge/Pegel, § 186 Rn. 14). Es genügt jeweils die bloße Eignung der Aussage, ein messbarer Erfolg ist nicht erforderlich. In seiner dritten Variante (Kreditgefährdung) handelt es sich bei § 187 StGB nicht um ein Ehrverletzungs-, sondern um ein Vermögensgefährdungsdelikt.
Die Tatsache muss behauptet, d.h. als nach eigener Überzeugung wahr hingestellt, oder verbreitet werden, d.h. mitgeteilt, ohne dass der Täter sich die Aussage zu eigen macht. Hierzu muss sie entäußert werden, das heißt insbesondere den privaten Bereich verlassen haben. Äußerungen im engen Privaten Bereich sind der „beleidigungsfreien Sphäre“ zuzuordnen und daher nicht entäußert.
Weiteres Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 187 StGB ist die objektive Unwahrheit der Tatsache – dies ist gerade für die Abgrenzung zu § 186 StGB wichtig und darf nicht übersehen werden. Eine Tatsache ist unwahr, wenn sie im Kern unzutreffend ist, was sich auch aus ihrer Unvollständigkeit ergeben kann (BeckOK StGB/Valerius, § 187 Rn. 2). Aus der Eigenschaft als Tatbestandsmerkmal folgt, dass Zweifel zugunsten des Täters gehen: kann die Unwahrheit nicht nachgewiesen werden, gilt indubio pro reo.
Im subjektiven Tatbestand ist wie üblich Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale sowie positive Kenntnis der Unwahrheit (siehe Wortlaut des § 187 StGB „wider besseres Wissen“) erforderlich.
IV. Üble Nachrede: Tatbestand des § 186 StGB
Für § 186 StGB gelten zunächst dieselben Grundsätze wie für § 187 StGB. Auch hier ist eine Tatsachenbehauptung oder -verbreitung im Drei-Personen-Verhältnis erforderlich. Wesentlicher Unterschied ist jedoch, dass die Unwahrheit der Tatsache kein objektives Tatbestandsmerkmal ist. Vielmehr fordert § 186 StGB, dass die Tatsache nicht erweislich wahr ist. Hierbei handelt es sich um eine objektive Bedingung der Strafbarkeit. Daraus folgt im Einzelnen: Der Vorsatz des Täters muss sich nicht auf die Unwahrheit der Tatsache beziehen. Auch trägt er die Beweislast – solange nicht erwiesen ist, dass die Tatsache wahr ist, bleibt die Strafbarkeit bestehen. Indubio pro reo findet auf diese objektive Bedingung der Strafbarkeit keine Anwendung.
V. Beleidigung: Tatbestand des § 185 StGB
Demgegenüber unterscheidet sich der Tatbestand des § 185 StGB in vielerlei Hinsicht von den vorgenannten Delikten. Der Gesetzeswortlaut ist hier ausgesprochen knapp. Beleidigung im Sinne des § 185 StGB ist die Kundgabe eigener Miss- oder Nichtachtung. Erfasst wird hier vor allem die Kundgabe von Werturteilen, sowohl gegenüber dem Betroffenen selbst als auch gegenüber Dritten. Ein bloßes Verbreiten wie bei §§ 186, 187 StGB genügt nicht, der Täter muss sich die Aussage zu eigen machen.
Tatsachenbehauptungen werden von § 185 StGB erfasst, soweit sie gegenüber dem Betroffenen selbst erfolgen – insoweit fungiert dieser als Auffangtatbestand gegenüber den §§ 186, 187 StGB. Nach h.M. ist hier die Unwahrheit der Tatsache ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal – bei der Kundgabe wahrer Tatsachen ist die Ehrverletzung ausgeschlossen (siehe hierzu BeckOK StGB/Valerius, § 185 Rn. 22).
Merke also: Die §§ 186, 187 StGB erfordern stets die Kundgabe von Tatsachen in einem Drei-Personenverhältnis, wobei der Täter sich die Aussage nicht zwingend zu eigen machen muss. Für § 185 StGB genügen auch Werturteile und die Kundgabe im Zwei-Personen-Verhältnis, aber auch nur die Kundgabe eigener Missachtung.
Im subjektiven Tatbestand genügt dolus eventualis.
VI. Was es sonst zu beachten gilt
In Fällen mit Bezug zu Ehrverletzungsdelikten kann es häufig erforderlich sein, einen Bezug den Grundrechten aus Art. 5 GG herzustellen und deren Grenzen herauszuarbeiten. Dies kann bereits im Tatbestand relevant werden – mehrdeutige Äußerungen sind im Lichte der Kunst- und Meinungsfreiheit auszulegen, eine Strafbarkeit besteht nur, wenn alle nicht strafbaren Auslegungsmöglichkeiten ausscheiden (siehe BeckOK StGB/Valerius, § 185 Rn. 31 ff.).
Auf der Ebene der Rechtfertigung ist zunächst eine mögliche Einwilligung des Betroffenen zu beachten. Weiterhin darf der besondere Rechtfertigungsgrund des § 193 StGB nicht übersehen werden. In diesem Rahmen kann erneut eine Abwägung mit den Grundrechten aus Art. 5 StGB erforderlich sein (siehe dazu eingehend MüKoStGB/Joecks/Pegel/Regge, § 193 Rn. 40 ff.).
Für alle Ehrverletzungsdelikte gilt das Strafantragserfordernis nach § 194 Abs. 1 StGB.
Wer diese Grundlagen in strafrechtlichen Klausuren beachtet, kann sich schon deutlich von der Vielzahl der Bearbeiter abheben, die die Beleidigungsdelikte übersehen oder mit der Systematik nicht vertraut sind. Ergänzend sei auf unser Prüfungsschema zu den §§ 185 ff. StGB hingewiesen. 

03.02.2020/1 Kommentar/von Dr. Lena Bleckmann
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Dr. Lena Bleckmann https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Dr. Lena Bleckmann2020-02-03 08:31:582020-02-03 08:31:58Grundlagen des Strafrechts: Straftaten gegen die persönliche Ehre
Redaktion

Schemata: Beleidigung, §§ 185ff. StGB

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Schemata: Ehrverletzungsdelikte

 
§ 185 StGB – Beleidigung

I. Tatbestandsmäßigkeit


1. Objektiver Tatbestand: Beleidigung
= Kundgabe eigener Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung durch:

a)  Eine unwahre ehrenrührige Tatsachenbehauptung
Tatsachen = Alle Zustände und Vorgänge der Gegenwart oder Vergangenheit, die dem Beweis zugänglich sind.


b)  Ein ehrverletzendes Werturteil

Werturteil = Dem Beweis gerade nicht zugänglich, sondern geprägt durch ein Element des Dafürhaltens- und der Stellungnahme.

2. Subjektiver Tatbestand: Zumindest bedingter Vorsatz

II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Qualifikation, § 185 Fall 2 StGB
 
 
§ 186 StGB – Üble Nachrede
Erforderlich ist – in Abgrenzung zu § 185 StG B stets ein Drei-Personen-Verhältnis, die Äußerung muss ggü. einer von dem Betroffenen verschiedenen Person erfolgen.
I. Tatbestandsmäßigkeit


1. Objektiver Tatbestand

a) Ehrenrührige Tatsache
d.h. die Tatsache muss geeignet sein, den anderen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.

b)  In Beziehung auf einen (beleidigungsfähigen) anderen

c)  Kundgabe gegenüber einem Dritten, durch

Behaupten
= Darstellung einer Tatsache als nach eigener Überzeugung wahr.
Verbreiten
= Weitergabe einer von dritter Seite stammenden Äußerung.
Kundgabe erfordert, dass die Äußerung dem Dritten zugänglich gemacht wird.

2. Subjektiver Tatbestand: Zumindest bedingter Vorsatz

II. Objektive Bedingung der Strafbarkeit: 
Die Tatsache darf nicht erweislich wahr sein.
III. Rechtswidrigkeit
IV. Schuld
V. Qualifikationen, §§ 186 Fall 2, 188 I StGB
Öffentlich = die Äußerung kann von einem größeren, individuell unbestimmten Personenkreis tatsächlich wahrgenommen werden.
 
 
§ 187 StGB – Verleumdung
I. Tatbestandsmäßigkeit


1. Objektiver Tatbestand

a) Unwahre ehrenrührige Tatsache
d.h. die Tatsache muss geeignet sein, den anderen verächtlich zu machen, in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder seinen Kredit zu gefährden.

b) In Beziehung auf einen (beleidigungsfähigen) anderen

c)  Kundgabe durch Behaupten oder Verbreiten ggü. einem Dritten

2. Subjektiver Tatbestand: Vorsatz

a)  Wissentlichkeit bzgl. der Unwahrheit

b)  Im Übrigen genügt dolus eventualis

II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
IV. Qualifikationen, §§ 187 Fall 2, 188 II i.V.m. I StGB
 
Das Schema ist entnommen von myjurazone.de.

20.07.2017/0 Kommentare/von Redaktion
https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg 0 0 Redaktion https://www.juraexamen.info/wp-content/uploads/2022/05/je_logo.svg Redaktion2017-07-20 10:00:572017-07-20 10:00:57Schemata: Beleidigung, §§ 185ff. StGB

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